Erstmalig erschienen 1921. Auszug: Auch die größten Reiche der Welt sind klein, will man sie messen am unermeßlichen Raume. - Paquitos Reich aber war besonders klein. Es bestand nur aus einer offenen Kiste, auf deren einer Seite in halb verwischten, schwarzen Buchstaben die Worte „Pommery Greno“ zu lesen waren. Diese Kiste, die einst ein Schiff über das große Meer nach Mexiko gebracht, und deren Inhalt frohen Wahn spendender Schaum gewesen, war zur Wohnstätte eines Atoms des großen menschlichen Elends geworden; in ihr verbrachte Paquito seine Tage.
Ein verkrüppeltes Kind war Paquito. Eine Zusammensetzung von lauter zu viel und zu wenig; ein völlig mißlungenes Stück des Menschen formenden Töpfers. Zwischen den Schultern saß ihm ein Höcker und seine Brust sprang spitz vor, von den Hüften an aber war überhaupt wenig mehr von Paquito vorhanden - ein Fetzen Decke verhüllte diesen Teil des mißratenen Werkes. Das einzig Schöne an dem ganzen Mißgebilde waren seine Augen. Schwarz und unendlich tief, blickten sie träumerisch, als schauten sie zurück in weite Fernen uralten Unrechts; fragend war oft ihr Ausdruck, als sähen sie ein Rätsel und flehten um eine Antwort, die Befreiung brächte.
Das Rätsel, das die Kinderaugen gewahrten, hieß: Woher, wohin, wozu?
Und hätte es unter den Menschen, die mit Paquito einen der armseligen Höfe der Stadt bewohnten, solche gegeben, denen die äußeren Erscheinungen Anlaß zur Grübelei über Ursache und Endzweck bieten, so wäre des Kindes Anblick so recht dazu angetan gewesen, diese Fragen in ihnen hervorzurufen. Aber Don Eusebio und Donna Guadalupe, Paquitos Onkel und Tante, waren träg veranlagte Menschen, die überhaupt wenig dachten und nie den Wunsch empfunden hatten, dem Rätsel näher zu kommen, das hinter jeder Existenz liegt. Donna Lupe erschien es höchst einfach, woher Paquito gekommen. Er war eben der Sohn ihrer Schwester - und die Geschichte dieser Schwester war auch wiederum höchst einfach.
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Paquitos Reich
- Kapitel 2: Soledad
- Kapitel 3: Soledads Tod und Paquitos Geburt
- Kapitel 4: Soledads Begräbnis
- Kapitel 5: Paquitos Leben bei seiner Tante
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Erzählung "Paquito" von Elisabeth von Heyking zeichnet ein eindrückliches Bild des Lebens eines behinderten Kindes in ärmlichen Verhältnissen in Mexiko. Die Geschichte beleuchtet die sozialen und familiären Umstände, die zu Paquitos Schicksal führten.
- Das Leben eines behinderten Kindes in Armut
- Die Rolle der Familie und Gesellschaft
- Soledads Schicksal und ihr Einfluss auf Paquitos Leben
- Die Frage nach dem Sinn des Lebens angesichts von Leid und Armut
- Die Darstellung von Armut und sozialer Ungerechtigkeit in Mexiko
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Die Geschichte beginnt mit der Beschreibung von Paquito, einem verkrüppelten Kind, das in einer alten Kiste lebt. Sein Aussehen und seine Lebensumstände werden detailliert geschildert, wobei seine ausdrucksvollen Augen besonders hervorgehoben werden.
Kapitel 2: Dieses Kapitel erzählt die Geschichte von Soledads, Paquitos Mutter. Sie wird als lebensfrohes Mädchen dargestellt, das das Leben in ausgelassener Gesellschaft genießt. Ihr Lebensstil steht im Kontrast zu ihrer späteren, tragischen Situation.
Kapitel 3: Hier wird Soledads schicksalhafter Tod bei der Geburt Paquitos geschildert. Die Szene beschreibt die Armut und die fehlende medizinische Versorgung. Die Reaktion der Familie und der Nachbarn wird detailliert dargestellt.
Kapitel 4: Das Kapitel beschreibt Soledads einfache Beerdigung, die die Armut der Familie nochmals unterstreicht. Der Kontrast zwischen ihrem früheren Leben und ihrem Ende wird betont.
Kapitel 5: Dieses Kapitel zeigt Paquitos Leben bei seiner Tante, die ihn als unerwünschten Gast betrachtet. Die Reaktionen der Familie auf Paquito werden dargestellt.
Schlüsselwörter
Behinderung, Armut, Mexiko, Familie, soziale Ungerechtigkeit, Tod, Schicksal, Lebensfreude, Leid, Soledad, Paquito.
- Quote paper
- Elisabeth von Heyking (Author), 2008, Paquito, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/119229