In dieser Arbeit möchte ich mich mit dem Thema toxische Maskulinität befassen und erörtern, inwiefern sich die Rolle des Mannes über die Jahre verändert hat. Ich beschäftige mich spezifisch mit der Frage, warum Männer keine Gefühle zeigen können oder zeigen dürfen.
Das Ziel ist es, Probleme in der Gesellschaft zu erkennen, die zuvor als ganz normal gesehen wurden. Zunächst werde ich eine Definition zur toxischen Maskulinität geben und konkret erklären, was man darunter versteht. Daraufhin beschäftige ich mich mit den Folgen dieser toxic und wie man sie schon in der Erziehung erkennen kann. Dafür betrachte ich noch mal genau die Suizidrate, welche nach Geschlecht und dem alter von null bis 95 Jahren sortiert wurde. Danach befasse ich mich mit der Veränderung der Männlichkeit in den vorherigen Jahrhunderten, um zu sehen, ob sich etwas ins Positive verändert. Dabei betrachte ich auch mögliche Vorgehensweisen, die Männer anwenden können, um sich mit ihrem Verhalten besser auseinanderzusetzen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Was ist toxische Maskulinität?
2.1. Folgen toxischer Maskulinität
2.2. Toxische Männlichkeit in der Erziehung
3. Männlichkeit in der Geschichte
4. Wie können Männer ihre Gefühle akzeptieren?
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
7. Anhang
1. Einleitung
Seit ihrer Geburt müssen sich Jungs immer anhören, dass sie nicht weinen dürfen und sich nicht wie ein Mädchen verhalten sollen. Gesten, die für eine Frau als normal gelten und zum Alltag gehören, wie zum Beispiel eine Freundin zu umarmen oder auch mal ihre Hand zu halten, werden bei Männern als negativ aufgegriffen. Es ist etwas, was fast verboten scheint. JJ Bola beschreibt in seinem Buch „Sei kein Mann – Warum Männlichkeit ein Albtraum für Jungs ist“ ein Ereignis aus seiner Jugendzeit, welche circa 15 Jahre zurückliegt. Er ging die Straße entlang und hielt dabei die Hand seines Onkels, dabei sahen ihn einige Jungs aus seiner Gegend und er ließ die Hand sofort los und tat so, als hätte er sie nie gehalten (vgl. Bola 2020, S. 12-14). Und er ist wahrscheinlich nicht der Einzige, der solch eine Situation erlebt hat. Jungs suchen sich ab einem gewissen Alter Vorbilder aus, welche meist ihre Vorstellung eines richtigen Mannes entsprechen. Meist ist das dann ein berühmter Sportler der viel Geld verdient und eine schöne Frau heiratet. Männer die offen ihre Gefühle zeigen sieht man kaum und werden auch selten als Vorbild genommen, da diese eher als „schwach“ gelten. Und auch heutzutage steht das Alleinernährer-Modell stark im Fokus, da Männer mehr Geld verdienen als die Frau und sie dann meist auf die Kinder aufpassen muss. Doch langsam ändert sich dieses Modell, da die Geburtenrate in Deutschland auf circa 1,6 Kinder pro Frau gesunken ist (vgl. Schulze 2009, S.25f). Der Anteil erwerbstätiger Frauen in Deutschland steigt auch langsam an und der Abstand der erwerbstätigen Frau und des erwerbstätigen Mannes nimmt auch deutlich ab (siehe Anhang). In dieser Hausarbeit möchte ich mich deshalb hauptsächlich mit dem Thema toxische Maskulinität befassen und inwiefern sich die Rolle des Mannes über die Jahre verändert hat. Ich beschäftige mich spezifisch mit der Frage, warum Männer keine Gefühle zeigen können oder aber zeigen dürfen. Das Ziel ist es, Probleme in der Gesellschaft zu erkennen, die zuvor als ganz normal gesehen wurden. Zunächst werde ich eine Definition zur toxischen Maskulinität geben und erstmal konkret erklären, was man darunter versteht. Daraufhin beschäftige ich mich mit den Folgen dieser toxic und wie man sie schon in der Erziehung erkennen kann. Dafür betrachte ich nochmal genau die Suizidrate, welche nach Geschlecht und dem alter von null bis 95 Jahren sortiert wurde. Danach befasse ich mich mit der Veränderung der Männlichkeit in den vorherigen Jahrhunderten, um zu sehen, ob sich etwas ins Positive verändert. Dabei betrachte ich auch mögliche Vorgehensweisen die Männer anwenden können, um sich mit ihrem Verhalten besser auseinander zu setzen. Zum Schluss ziehe ich dann ein Fazit, wo ich die vorher erarbeiteten Ergebnisse zusammenfasse und eine Antwort auf die Forschungsfrage formuliere.
2. Was ist toxische Maskulinität?
Zunächst, um ein besseres Verständnis für das Thema zu bekommen, sollte man sich als erstes mit der Frage auseinandersetzen, was toxische Maskulinität überhaupt ist. Der Begriff an sich kommt von dem englischen Wort ‚toxic masculinity‘ und wurde wortwörtlich ins Deutsche übersetzt. Es beschreibt das Verhalten eines Mannes, welches man Jahrhunderte lang für normal und selbstverständlich empfand. Männer dürfen keine Gefühle zeigen, oder eben keine Gefühle, die mit Frauen in Verbindung gebracht werden (vgl. Salam 2019). Darunter versteht man Traurigkeit oder auch weinen, wenn man sich gestresst fühlt. Solche Emotionen werden oft mit Schwäche in Verbindung gebracht, weshalb viele auch meinen, dass das weibliche auch das schwächere Geschlecht sei. Toxische Maskulinität entstand bei der Männerbewegung aus den 1980er Jahren, welche von Shepherd Bliss geprägt wurde (vgl. Harrington 2020, S.3). Bliss bestätigte 2019 in einer E-Mail an Dr. Carol Harrington, dass er diesen Begriff gewählt hat, um die militärische und autoritäre Männlichkeit seines Vaters zu charakterisieren (ebd.). Jagoda Marinic beschrieb es in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung so: „Die Diagnose von der toxischen Männlichkeit beschreibt provokativ Verhaltensmuster, die als männlich behauptet und von Männern behauptet und von Männern reproduziert werden.“ (Marinic 2019). Männer haben nämlich einen großen Anteil bei der Erziehung von einem Jungen zu einem Mann. Wenn der Vater zu seinem Sohn sagt, dass er wegen einem Kratzer nicht weinen soll, bestimmt er dadurch, wie dieser sich in der Zukunft in solchen Situationen verhält. Diese emotional distanzierte Beziehung zwischen Vater und Sohn wird auch durch toxisch maskuline Männer verursacht (vgl. Harrington 2020, S.3). Dr. Wizdom Powell erklärt in einem Interview mit Audrey Hamilton von der American Psychlogical Association (APA), dass die Männliche Norm auch vorherbestimmt, wie Männer sich Hilfe suchen, falls sie sich Hilfe suchen (vgl. Hamilton & Wizdom, 2016). Eine Studie über Schuljungen von Frosh et al (2002) zeigt, dass Maskulinität für Jungs in diesem Alter etwas ist, das Abstand hält von Dingen die als feminin oder auch homosexuell wahrgenommen werden, wie unter anderem seine Gefühle offen zu zeigen (vgl. Branney & White 2008, S.5). Jungs, die dies taten und nicht der Norm der anderen entsprachen wurden häufiger gemobbt als die Jungs, die ihre Gefühle unterdrückten (ebd.). Die Unterdrückung seiner Gefühle hat aber viele Nachteile, die einem vieles erschweren.
2.1. Folgen toxischer Maskulinität
Das Statista Research Department veröffentlichte 2020 eine Tabelle, welche die Anzahl der Sterbefälle durch Suizid (ICD-10: X60-84 Vorsätzliche Selbstbeschädigung) aus dem Jahre 2018 in Deutschland anzeigt. Insgesamt gab es in diesem Jahr 9.396 Selbstmorde, interessant dabei ist jedoch, dass davon 2.285 weibliche und 7.111 Männliche Suizide waren (vgl. Statistika 2020). Dabei beginnt die Statistik mit einem Alter von 5 Jahren bis 90 Jahre oder älter und bei beiden Geschlechtern sind die Zahlen in einem Alter von 50 bis 55 Jahren am höchsten (ebd.). was einem sofort auffällt ist, dass die Zahl männlicher Suizide ungefähr dreimal so hoch ist wie die der weiblichen. Laut der AOK wurden 2018 in Deutschland jedoch bei 11,3 Prozent der Frauen und bei 5,1 Prozent der Männer Depressionen diagnostiziert (vgl. Thamerus 2020). Wie kommt es also, dass dreimal so viele Männer als Frauen Selbstmord begehen, obwohl nur halb so viele von ihnen Depressionen haben, wobei über 70 Prozent der Suizidopfer vorher an dieser Krankheit gelitten haben (ebd.)?
2017 hielt Sozialwissenschaftlerin Prof. Dr. rer. sec. Anne-Maria Möller-Leimkühler in Wien eine Vorlesung mit dem Thema „Depressionen beim Mann“. Sie beschäftigt sich mit der Frage, warum Männer genauso häufig depressiv werden können wie Frauen, warum dies nicht so häufig erkannt wird und wie man es im Endeffekt besser erkennen kann und ob Männer und Frauen zwei unterschiedliche Therapieformen benötigen (vgl. Möller-Leimkühler 2017, 0:32). Wenn Männer depressiv sind, fällt dies meist nicht auf, weil sie sich durch die Gesellschaft dazu verpflichtet fühlen, ihre Gefühle hinter einer „Fassade des Funktionierens“ vor der Umwelt und sich selbst zu verstecken (vgl. Möller-Leimkühler 2017, 1:27). Demnach versuchen sie also ihre Gefühle zu unterdrücken und zu ignorieren, was für die Psyche eines Menschen nicht gesund ist. Es gibt aber auch Statistiken, die zeigen das Männer, aufgrund des Privilegs ihres Geschlechts, durch ihrer hormonellen Ausstattung (nämlich dem Testosteron) oder ihrer Hautfarbe, seltener an Depressionen leiden (vgl. Möller-Leimkühler 2017, 2:48). Ein Grund für die große Dunkelziffer der nicht diagnostizierten Männer liegt an der mangelnden Inanspruchnahme von professioneller Hilfe (vgl. Möller-Leimkühler 2017, 4:34). Dreimal mehr Frauen als Männer suchen sich Hilfe, wenn sie denken, dass sie welche benötigen (ebd.). Besonders deutlich kann man das bei den Altersgruppen 18 bis 34 und 65 bis 79 sehen, die die größten Abweichungen aufzeigen. Auch wenn Männer sich Hilfe suchen, werden sie dennoch bei gleichen Symptomen wie Frauen oder einem hohen Depressions-Score, seltener mit Depressionen diagnostiziert, weshalb man bei Depressionen auch häufig von einer Frauenkrankheit spricht (vgl. Möller-Leimkühler 2017, 5:14). Die Folgen einer Unterdiagnostizierung und einer fehlenden Behandlung sind die Chronifizierung von Symptomen der Erkrankung, wenn man über sieben Jahre von Beginn des ersten Symptoms mit der Behandlung wartet, ein hohes Risiko an physischer und psychischer Komorbidität, hohe Kosten durch Präsentismus und Absentismus am Arbeitsplatz, eine Fehlversorgung durch stationäre Behandlungen in physischen Kliniken, ein erhöhtes Sterberisiko und ein stark erhöhtes Suizidrisiko (vgl. Möller-Leimkühler 2017, 6:05).
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