Im ersten Teil dieser Hausarbeit (Kapitel zwei) wird zunächst Humes Verständnis von Kausalität dargestellt und erläutert. Auch werde ich darauf eingehen, worin sich das Humesche Problem begründet. Die Grundlage dafür bildet vor allem der vierte Abschnitt der "An Enquiry concerning Human Understanding", wo Hume sich mit der Erfahrung und dem Prinzip der Kausalität auseinandersetzt.
Im zweiten Teil (Kapitel drei) werde ich dagegen Kants Verständnis des Humeschen Problems darstellen und auf die Unterschiede zu Humes Sicht eingehen. Dazu werde ich insbesondere die Absätze 8-14 des Vorwortes hinzuziehen. Danach werde ich die von Kant vorgeschlagene Lösung diskutieren, die vor allem in §§ 27-30 der Prolegomena, aber auch in der Kritik der reinen Vernunft enthalten ist. Damit werde ich gleichzeitig sein Verständnis von Kausalität darstellen. Im letzten Teil (Kapitel vier) werde ich abschließend meine Ergebnisse zusammenfassen und Stellung dazu beziehen, ob und wie Kant das Humesche Problem gelöst hat.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Humes Verständnis von Kausalität und das Humesche Problem
3. Kant und das Humesche Problem
3.1 Kants Verständnis des Humeschen Problems
3.2. Die Lösungsversuche des Humeschen Problems
3.2.1 Kritik der reinen Vernunft
3.2.2 Prolegomena
3.3 Diskussion der Lösungsversuche
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Siglen
1. Einleitung
Kausalität trifft man in jeder Lebenslage an. Obwohl sie jedoch solch ein alltägliches Phänomen ist, wirft sie verschiedene philosophische Rätsel und Fragen auf. Es ist zum Beispiel auf den ersten Blick unklar, was genau passiert, wenn eine Sache oder ein Ereignis etwas anderes verursacht. Diese Frage wurde schon im 18. Jahrhundert von Philosophen diskutiert. Dazu gehörten unter anderem David Hume und Immanuel Kant, die beide die moderne Philosophie in ihrer Entwicklung sehr nachhaltig beeinflusst haben. Ersterer lieferte mit seiner empiristischen Kausalitätsanalyse den ersten wichtigen Beitrag zu dieser Diskussion. Doch Kant bezweifelte Humes Ergebnisse, sah darin sogar ein Problem (Stichwort: Humesches Problem1(Prol 261)) und versuchte dieses zu lösen. Wie viele Versuche es tatsächlichen waren und ob einer davon gelungen ist, gilt es, in dieser Hausarbeit zu untersuchen.
Dementsprechend werde ich im ersten Teil dieser Hausarbeit (Kapitel zwei) zunächst Humes Verständnis von Kausalität darstellen und erläutern. Auch werde ich darauf eingehen, worin sich das Humesche Problem begründet. Die Grundlage dafür bildet vor allem der vierte Abschnitt der An Enquiry concerning Human Understanding 2, wo Hume sich mit der Erfahrung und dem Prinzip der Kausalität auseinandersetzt. Im zweiten Teil (Kapitel drei) werde ich dagegen Kants Verständnis des Humeschen Problems darstellen und auf die Unterschiede zu Humes Sicht eingehen. Dazu werde ich insbesondere die Absätze 8-14 des Vorwortes hinzuziehen. Danach werde ich die von Kant vorgeschlagene Lösung diskutieren die vor allem in §§ 27-30 der Prolegomena, aber auch in der Kritik der reinen Vernunft 3enthalten ist. Damit werde ich gleichzeitig sein Verständnis von Kausalität darstellen. Im letzten Teil (Kapitel vier) werde ich abschließend meine Ergebnisse zusammenfassen und Stellung dazu beziehen, ob und wie Kant das Humesche Problem gelöst hat.
2. Humes Verständnis von Kausalität und das Humesche Problem
Bevor ich zu Kants Verständnis des Humeschen Problems der Kausalität und dessen Lösung komme, werde ich zunächst kurz darstellen müssen, wie Hume selbst den Begriff der Kausalität versteht. Dazu unterscheidet er die Gegenstände der menschlichen Vernunft in zwei Arten: Beziehungen von Vorstellungen und Tatsachen.4
Zweitere sind dahingehend besonders, dass sie nicht immer notwendig der Fall sind. Das Gegenteil einer Tatsache ist immer möglich, weil es niemals einen Widerspruch in sich schließen kann. Als Beispiel nimmt Hume an dieser Stelle den Sonnenaufgang. Die Behauptung, dass die Sonne morgen nicht aufgehen wird, ist nicht weniger missverständlich und widersprüchlich, als die Behauptung, dass sie aufgehen wird.5Tatsachen sind auch deswegen von großer Bedeutung, weil sich alles, was sie betrifft, auf die Beziehung von Ursache und Wirkung gründet.6Hier deutet Hume das erste Mal den Begriff der Kausalität an. Wenn man zum Beispiel etwas begründen will, so hat man immer den Fall, dass man zunächst eine bestimmte Tatsache hat und aus dieser dann eine weitere ableitet; dazwischen besteht eine Verknüpfung. Diese muss vorliegen (Stichwort: Notwendigkeit), ansonsten macht die „Ableitung“ keinen Sinn. Wenn ich nach Hause zu meinen zwei Katzen komme und im Bad Katzenstreu verteilt ist, dann muss ich daraus schließen, dass mindestens eine Katze auf der Toilette war - etwas anderes würde keinen Sinn machen.
Hume verallgemeinert dies nun in seiner Enquiry. Dazu nimmt er Bezug auf die Erfahrung, auf die er generell einen besonderen Wert legt. Laut ihm kann man Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung nicht a priori, also unabhängig von der Erfahrung, erkennen. Das wird besonders dann deutlich, wenn ich einen unbekannten Gegenstand vor mir liegen habe. Ich kann nur dann feststellen, um was es sich handelt, wenn ich ihn mit anderen, mir aus der Erfahrung bekannten, Gegenständen vergleiche. Bei einem Glas mit einer durchsichtigen Flüssigkeit werde ich nie durch bloßes Hinsehen erkennen, ob es sich entweder um Wasser, Vodka oder Brennspiritus handelt. Ich muss die Flüssigkeit zumindest riechen und schmecken und dann mit den mir bekannten Eindrücken abgleichen.
Um das weiter zu verdeutlichen, führte er als Beispiel das Billardspiel an.7Wenn eine Billardkugel A auf eine Billardkugel B zurollt, treffen diese zusammen. Danach bleibt Kugel A stehen und Kugel B rollt weg. Wir sehen das und sagen dann, dass Kugel A Kugel B in Bewegung gesetzt hat und dass entsprechend eine Beziehung zwischen Ursache und Wirkung gibt. In der Alltagssprache nennen wir dies „Kausalität“8, obwohl das nichts weiter als unsere Wahrnehmung bzw. Erfahrung ist. Laut Hume sehen wir diese Beziehung bzw. die Kausalität jedoch nicht. Dazu definiert er Ursache bzw. Kausalität auf verschiedene Weisen:
"[...] to be an object, followed by another, and where all the objects, similar to the first, are followed by objects similar to the second. Or in other words, where if the first object had not been, the second never had existed.“9
Wenn man noch die Erfahrung hinzufügt erhält man folgende Definition:
“[.] an object followed by another, and whose appearance always conveys the thought to that other.“10
Wie man also erkennen kann, ist hauptsächlich von einer regelmäßigen Aufeinanderfolge von raumzeitlich benachbarten Ereignissen die Rede (Stichwort: Regularitätstheorie). Das heißt also, dass wir lediglich eine Abfolge sehen. Die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung bzw. die Kausalität die „dazwischen“ liegt, vermuten wir nur bzw. interpretieren wir mit Hilfe unserer Erfahrung hinein. Solche induktiven Schlussfolgerungen findet man dann auch in der Natur (oder meint es zumindest), was wiederum dazu führt, dass man von ihr immer wieder dasselbe erwartet.11
Das ist zwar eine notwendige Voraussetzung für Induktion, laut David Hume kann man diese Schlussfolgerungen jedoch nicht vernünftig begründen. Denn, wenn man sie a priori begründen will, so kann man dies nicht, da man ja von der Erfahrung abhängig ist. Eine Schlussfolgerung a posteriori ist aber auch nicht wirklich möglich, da man nicht von der reinen Erfahrung ausgeht, sondern davon, dass sich bestimmte Ereignisse in Zukunft immer gleich abspielen werden - und damit ist mehr von „Gewohnheit“ die Rede. So kann man auch keine Naturgesetze definieren. Dasselbe liegt vor, wenn man bei einigen Gegenständen bestimmter Klassen bestimmte Eigenschaften feststellt und diese dann über die Gewohnheit für jeden Gegenstand einer Klasse annimmt. Wenn man das in ein Argument umformt, könnte es wie folgt aussehen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hinzu kommt, dass es auch möglich ist, dass Ereignisse oder Gegenstände in Vergangenheit und Zukunft verschieden sind. Es ist also nicht rational, von mehreren gleichen Beobachtungen auf die Gültigkeit eines induktiven Schlusses zu folgern. Das ist der Kern des Humeschen Problems (oder auch: Induktionsproblem) nach Hume selbst. Hinzu kommt sogar noch ein weiteres Problem.
[...]
1Bei der verwendeten Ausgabe der Prolegomena handelt es sich um Folgende: Immanuel Kant: Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können. Hg. v. Karl Vorländer. 7. durchges. Aufl. Hamburg 1993. Im Text wird jeweils immer nur die Paginierung des Originals zitiert.
2Bei der verwendeten Ausgabe der Enquiry handelt es sich um Folgende: David Hume: An Enquiry concerning Human Understanding. Hg. v. Tom L. Beauchamp. Oxford 1999.
3 Bei den verwendeten Ausgaben der KrV handelt es sich um folgende: Immanuel Kant: Werksausgabe. Hg. v. Wilhelm Weischedel. Bd. 3: Kritik der reinen Vernunft 1. 14. Aufl. Frankfurt a. M. 1990. und Immanuel Kant: Werksausgabe. Hg. v. Wilhelm Weischedel. Bd. 4: Kritik der reinen Vernunft 2. 14. Aufl. Frankfurt a. M. 1990.
4Vgl. Hume, Enquiry IV, i, 1
5Vgl. Hume, Enquiry IV, i, 2
6Vgl. Hume, Enquiry IV, i, 4
7Vgl. Hume, Enquiry IV, i, 8-10
8Hume selbst benutzt diesen Begriff jedoch nicht so direkt.
9Hume, Enquiry VII, ii, 29
10Hume, Enquiry VII, ii, 29
11Vgl. Hume, Enquiry IV, ii, 20