Die Schüler und Schülerinnen sollen die Geschichte, die Nutzung und die Symbolik (Gestaltung, Merkmale, Besonderheiten) dreier Gebäude kennen. In diesem Zusammenhang sollen sie die Merkmale und den Zweck nationalsozialistischer Architektur erkennen können.
Nach der Einleitung wird der schriftliche Unterrichtsentwurf folgen, der in die Sachanalyse, die didaktische Analyse, die Lernziele und Kompetenzen und den Ablauf mit der methodischen Analyse gegliedert sein wird. Die Sachanalyse wird sich mit den äußeren Merkmalen und der Funktion nationalsozialistischer Architektur befassen. Zudem werden in der Sachanalyse die drei Gebäude, um die es in diesem Unterrichtsentwurf gehen wird, separat von einander beleuchtet. Darauf folgt die didaktische Analyse, die sich mit der Definition und dem Erreichen der Lernziele befassen wird. Zudem sollen darin auch der Ablauf der Projektwoche und die damit verbundenen Methoden erläutert werden. Abgeschlossen wird diese Hausarbeit mit einem Fazit zu der behandelten Thematik und einem Ausblick für die zukünftige Nutzung und Weiterentwicklung der Ergebnisse.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Sachanalyse
2.1 Ursprung, Aussehen und Funktion von NS-Architektur
2.2 Die Akademie für deutsche Jugendführung
2.2.1 Entstehung und Aufbau
2.2.2 Nutzung damals und heute
2.2.3 Architekturund Symbolik
2.3 Die Bemhard-Rust-Hochschule für Lehrerbildung
2.3.1 Entstehung und Aufbau
2.3.2 Nutzung damals und heute
2.3.3 Architekturund Symbolik
2.4 Das Luftflottenkommando 2
2.4.1 Entstehung und Aufbau
2.4.2 Nutzung damals und heute
2.4.3 Architektur und Symbolik
3. Didaktische Analyse
3.1 Lernziele und Kompetenzen
3.2 Ablauf und Methodische Analyse
4. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Die großen Aufgaben, die der Führer seiner Jugend gestellt hat, erfordern ein Führerkorps, das nach Charakter und Leistung höchsten Anforderungen genügt. Der Heranbildung dieses Führerkorps dient die Akademie für Jugendführung in Braunschweig.“1 Mit diesen Worten wird die Entstehung der „Akademie für deutsche Jugendführung“ in Braunschweig in der Ausbildungsordnung für das Führerkorps der Hitlerjugend vom 23. Februar 1938 kommentiert.
Heutzutage kennen die in Braunschweig Ansässigen das Gebäude als das Braunschweig Kolleg und als Braunschweiger Abendgymnasium. Mittlerweile kann hier auf dem zweiten Bildungsweg die allgemeine Hochschulreife erworben werden. Die Vergangenheit des Geländes lässt sich nur noch an der Architektur erahnen. „In der Kunst, und insbesondere in der Baukunst, ist der „Geist der Zeit“ ablesbar“2, so stellt es Manfred Bültemann treffend in seinem Werk über die Architektur des Dritten Reichs am Beispiel der „Akademie für Deutsche Jugendführung“ in Braunschweig fest. Ähnlich verhält es sich mit einem Gebäude, welches die Studenten Braunschweigs sehr gut kennen werden: der ehemaligen „Bemhard-Rust- Hochschule“ für Lehrerbildung, deren Gebäude wir heute als „Haus der Wissenschaft“ kennen. Beide Gebäude, die zum festen Bestandteil des Braunschweiger Stadtbildes gehören, wurden in der Zeit des Nationalsozialismus genutzt, um die Doktrin der NSDAP zu lehren und zu verbreiten. Bei dem dritten Gebäude, welches in dieser Arbeit behandelt wird, handelt es sich um eines, welches heute als Bildungseinrichtung genutzt wird, seinen Ursprungjedoch ebenfalls in der Zeit des Nationalsozialismus hatte: das ehemalige Quartier des „Luftflottenkommandos II“ in Braunschweig, das heutige Gebäude der IGS Franzsches Feld.
All diese Gebäude haben einen Bezug zur damaligen und heutigen Bildung und daher erscheint es mir sinnvoll, ihren Ursprung, ihre Nutzung und ihre Symbolik für einen Unterrichtsentwurf aufzubereiten, um mit den Schülerinnen und Schülern einen Einblick in die Geschichte, die Architektur und die Wirkung dieser Gebäude zu erarbeiten. Zu diesem Zweck würde ich diese Orte in drei unterschiedlichen Sitzungen, beispielsweise im Rahmen einer Projektwoche, mit einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern im Sinne eines außerschulischen Lernorts besuchen. In einer finalen Sitzung, könnten die Ergebnisse der als Projekt konzipierten Unterrichtseinheit ausgiebig besprochen werden. Das Lernziel könnte auf folgende Weise formuliert werden: die Schüler und Schülerinnen sollen die Geschichte, die Nutzung und die Symbolik (Gestaltung, Merkmale, Besonderheiten) der drei Gebäude kennen. In diesem Zusammenhang sollen sie die Merkmale und den Zweck nationalsozialistischer Architektur erkennen können.
Diese Arbeit wird sich wie folgt gliedern: Auf diese Einleitung wird der schriftliche Unterrichtsentwurf folgen, der in die Sachanalyse, die Didaktische Analyse, die Lernziele und Kompetenzen und den Ablauf mit der methodische Analyse gegliedert sein wird. Die Sachanalyse wird sich mit den äußeren Merkmalen und der Funktion nationalsozialistischer Architektur befassen. Zudem werden in der Sachanalyse die drei Gebäude, um die es in diesem Unterrichtsentwurf gehen wird, separat von einander beleuchtet. Darauf folgt die Didaktische Analyse, die sich mit der Definition und dem Erreichen der Lernziele befassen wird. Zudem sollen darin auch der Ablauf der Projektwoche und die damit verbundenen Methoden erläutert werden. Abgeschlossen wird diese Hausarbeit mit einem Fazit zu der behandelten Thematik und einem Ausblick für die zukünftige Nutzung und Weiterentwicklung der Ergebnisse.
2. Sachanalyse
Das zu behandelnde Unterrichtsthema gehört zum Oberthema „Deutschland im Nationalsozialismus“ und somit zum Fach Geschichte. Dieses Thema wird an Gymnasien in der Regel in den Schuljahrgängen 9 und 10 unterrichtet. Der Unterrichtsinhalt ist aus mehreren Gründen als interdisziplinär zu bezeichnen. Beispielsweise steht das Thema in Verbindung zum Fach Politik, da hierbei auch die Herrschaftsform im Nationalsozialismus näher beleuchtet wird, was wiederum aus einer politikwissenschaftlichen Perspektive heraus analysiert werden könnte. Weiterhin könnte das Thema im Fach Werte und Normen behandelt werden, da der Nationalsozialismus grundsätzlich eine Vielzahl von ethischen Fragen aufwirft, die behandelt werden könnten. Die Komplexität des Themas ist einer 10. Klasse am Gymnasium entsprechend angemessen. Besonders für Braunschweiger Schülerinnen und Schüler oder gar für Schülerinnen und Schüler der IGS Franzsches Feld ist das Thema exemplarisch für ihre heutige Lebenswelt, da sie die Gebäude kennen oder zumindest schon einmal gesehen haben dürften. Eventuell sind ihnen die Gebäude, aufgrund der markanten Architektur, sogar aufgefallen, nur kannten sie ihren Ursprung und Kontext nicht. Eine fachliche Schwierigkeit liegt in der Komplexität und der Weitläufigkeit des Themas. So könnte es passieren, dass die Schülerinnen und Schüler die jeweiligen Architekturstile der Zeit durcheinander bringen oder sie von der Fülle an Merkmalen überfordert werden. Zudem muss von der Lehrkraft darauf geachtet werdet, dass das Thema sinnvoll eingegrenzt wird, um ein Ausschweifen, bei einem so weitläufigen Thema wie diesem, zu vermeiden.
Um das Thema behandeln zu können, muss die Klasse ein grobes Wissen über den Aufstieg Hitlers und der NSDAP, die Ideologie des Nationalsozialismus und den zweiten Weltkrieg verfügen. Die Vermittlung dieses Basiswissens kann dem Thema vorausgehen. Auf das Thema könnte eine detaillierte Behandlung des Zweiten Weltkriegs und des darauffolgenden Untergangs des Dritten Reichs und der dazugehörigen Staatsbauten folgen, um das Oberthema abzuschließen und der Chronologie folgend mit der deutschen Nachkriegsgeschichte und der „Deutschen Teilung“ fortzufahren. Die folgenden Punkte sollten in einer solchen Projektwoche thematisiert werden.
2.1 Ursprung, Aussehen und Funktion von NS-Architektur
Mit der Frage nach dem Ursprung der nationalsozialistischen Architektur stellt sich auch die Frage nach dem Stand der Kunst allgemein in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Dazu muss der Architekturstil der vorangegangenen Epochen näher betrachtet werden. So war die Baukunst in der Wilhelminischen Kaiserzeit vom Klassizismus des 18. Jahrhunderts inspiriert.3 Die Zeit bis zum ersten Weltkrieg, die sogenannte Gründerzeit, war auch die Zeit des Historismus, in welcher unter anderem neoklassizistisch gebaut wurde. In der darauffolgenden Zeit des Ersten Weltkriegs und der Weimarer Republik entstanden neue Stilrichtungen, wie zum Beispiel die klassische Moderne, welche hauptsächlich vom Bauhausstil geprägt wurde.4 Manfred Bültemann schreibt, die Architekten des „Neuen Bauens“ hatten „die sozialistische Vorstellung von einem vom Kapitalismus befreiten Menschen, der in der Gemeinschaft des Kollektivs lebt und arbeitet.“5 Die Baukunst der Moderne wurde daher von den Nationalsozialisten abgelehnt und ihre Vertreter bekämpft, da sie diese als „bolschewistisch“ sahen.6
Die nationalsozialistische Führung setzte auf den neoklassizistischen Baustil, wie man anhand vieler Gebäude des Nationalsozialismus, zum Beispiel der „Akademie für deutsche Jugendführung“ in Braunschweig, aber auch dem „Haus der Deutschen Kunst“ in München, sehen kann. Repräsentative Gebäude in der Zeit des Nationalsozialismus wurden in einer vereinfachten und schlichteren Form des Neoklassizismus gebaut. Die Gebäude erhielten einen monumentalen Charakter, nicht nur durch ihre Größe, sondern auch durch die Gestaltung der Fassaden, die „endlos“ erscheinen sollten.7
Adolf Hitler selbst sah sich als obersten Architekten und Baumeister des dritten Reichs.8 Ehemalige Begleiter und Personen aus Hitlers engstem Umfeld bezeugen dessen Affinität zur Architektur.9 Sein Anspruch an die Architektur lässt sich anhand einiger Zitate, unter anderem aus dieser Rede vom 09. April 1929 ablesen:
Weil eine grandiose Umgestaltung unseres Denkens und Fühlens, unserer Staats- und Weltauffassung die Neugeburt nur ermöglichen können, wünschen wir auch, daß dieser neue Staat sich Jahrtausende hindurch zu erhalten vermag durch die Repräsentation seines Dritten Reiches, das kein Reich von Warenhäusern und Fremdenverkehrsziffem, von Wolkenkratzern und Hotel sein wird. Wir bekennen, daß dieses Dritte Reich Dokumente der Kunst und Kultur aufweisen muß, die Jahrtausende überdauemMittelpunkte..., die mehr Wert sind als Warenhäuser und Hotels, gemeinsam verbindende Mittelpunkte, die die Menschen brauchen, wenn sie nicht zerfallen sollen.10
Neben antikapitalistischen und auch antisemitischen Aussagen, denn Hitler bezieht sich in diesem Zitat auf die Warenhäuser jüdischer Geschäftsleute, lässt sich auch sein Anspruch an die Architektur erkennen. Er wollte sogenannte „Mittelpunkte“, also charakteristische Monumentalbauten in das Stadtbild integrieren. Monumentalbauten, die das Volk Zusammenhalten und an ihre „Identität“ und den Machtanspruch des deutschen Volkes erinnern sollten. Für Hitler war die Architektur ein Mittel um Politik zu betreiben. Er nutzte sie, um Sehnsüchte und Wunschträume in der, von den Folgen des ersten Weltkriegs gebeutelten, deutschen Bevölkerung zu wecken. Ihm zufolge ging es auch darum, das deutsche Selbstbewusstsein nach dem verlorenen Weltkrieg wiederherzustellen und zu stärken. Darum inszenierte er die Gebäude selbst als unübersehbare, denkmalartige Symbole des Nationalsozialismus. In einem weiteren Zitat sagt er dazu: „Der politische Emporstieg reißt auch die Kunst mit sich. Ich könnte mir den Sieg unserer Weltanschauung nicht denken, ohne daß er sich verkörpert in Denkmälern, die Zeiten überdauern, als Beweise des Sieges dieser Überzeugung.“11 Sie sollten als Machtdemonstrationen nach innen und außen, als Zeichen des Sieges der nationalsozialistischen Ideologie und des deutschen Machtanspruchs in der Welt fungieren und in ferner Zukunft noch zu sehen sein. Daher ließ Hitler seine Staatsgebäude auch vornehmlich aus Granit bauen.12 Mit der Fantasie eines tausendjährigen Reiches schuf er eine Illusion, die mithilfe seiner Bauwerke real werden sollte.
Hitler störte sich zudem an der angeblich einsetzenden Wandlung der deutschen Städte von „Kulturstätten“13 zu „reinen Menschenansiedlungen“14. Er verglich die deutschen Städte mit denen der Antike, allen voran dem antiken Rom und führte dazu aus, dass die Monumente und Denkmäler der Antike, welche der Allgemeinheit zugänglich waren, das Stadtbild ausschlaggebend prägten und dass diese in vielen deutschen Städten fehlten. Von diesem Standpunkt aus begründet er auch, weshalb Staatsbauten einen höheren Stellenwert hätten als gemeine Wohnhäuser: Weil Staatsbauten neben ihrer tatsächlichen Nutzung, auch eine repräsentative und ideologische Funktion, als vermeintliches Gemeingut des Volkes, haben sollten. In diesem Kontext schrieb Hitler: „Selbst im Prunke des Roms der Spätzeit nahmen den ersten Platz nicht die Villen und Paläste einzelner Bürger, sondern Tempel und Thermen, die Stadien, Zirkusse, Aquädukte, Basiliken usw. des Staates, also des ganzen Volkes ein.“15 und „So fehlt unseren Städten der Gegenwart das überragende Wahrzeichen der Volksgemeinschaft, und man darf sich deshalb nicht wundern, wenn diese in ihren Städten kein Wahrzeichen ihrer selbst sieht.“16
Bültemann stellt fest, dass Hitlers architekturhistorisches und machtpolitisches Vorbild das antike Rom gewesen sei, und dass er die Griechen, Römer und Germanen des Altertums als kulturell identisch und „rassisch“ miteinander verbunden sah, woraus sich die Vorstellung entwickelte, die antike Kultur sei in Form einer „Griechisch-Nordischen“ weiterzuführen. Hierauf lässt sich auch der Rückgriff auf den Neoklassizismus als Basis für ihren eigenen Baustil zurückführen, da sich die Nationalsozialisten als Nachfolger der „griechisch-römischen Kultur“ sahen und sich auch als solche darstellen wollten.17
Nicht nur die Gebäudearchitektur war von diesem Größenwahn betroffen, sondern die gesamte Städteplanung. Sie war nicht auf den einzelnen Menschen ausgerichtet, sondern auf eine Menschenmasse, die „Volksgemeinschaft“, die Hitler vereinen und lenken wollte. So wurden überdimensionierte Straßen geplant und gebaut, die in großen Aufmarschplätzen oder Thingplätzen endeten. Dieser Städtebau wurde unterstützt durch die monumentale Architektur, in welche die Aufmarschplätze eingebettet waren. Die Aufmarschplätze und Gebäude selbst waren spärlich dekoriert. Die wichtigste Dekoration war die nationalsozialistische Ikonographie. Die relevantesten Symbole waren klassische Herrschaftssymbole wie der Adler oder der Löwe. Hinzu kam das Hakenkreuz als Symbol des Nationalsozialismus. Straßen, Plätze und Gebäude wurden nach Persönlichkeiten des Nationalsozialismus benannt.1819
[...]
1 Rühle: Reich, S. 132 ff.
2 Bültemann: Architektur, S. 30.
3 Vgl. Bültemann: Architektur, S. 30.
4 Vgl. Ebd.,S.32-33.
5 Ebd.,S.33.
6 Vgl. Ebd.,S.37.
7 Vgl. Ebd.,S.33 -34.
8 Vgl. Schultz: Akademie, S. 75.
9 Vgl. Bültemann: Architektur, S. 35.
10 Völkischer Beobachtervom 10. April 1929, zitiert inBültemann: Architektur, S. 35.
11 Ebd. vom 04. Dezember 1929, zitiert inBültemann: Architektur, S. 35.
12 Vgl. Bültemann: Architektur, S. 36.
13 Hitler: Mein Kampf, S. 288 ff., zitiert in Bültemann: Architektur, S. 35.
14 Ebd.
15 Hitler: Mein Kampf, S. 288 ff., zitiert in Bültemann: Architektur, S. 36.
16 Ebd.
17 Vgl. Bültemann: Architektur, S. 36.
18 Vgl. Bultemann: Architektur, S. 40-42.
19 Vgl. Ebd., S. 43.