Diese wissenschaftliche Hausarbeit widmet sich den folgenden Forschungsfragen: Auf welche Art und Weise erlangte der Fürst von Gommern den Zugang zu (Luxus-)Gütern aus römischer Herstellung? Gab es eine friedliche Koexistenz zwischen den Völkern oder waren gewalttätige Raubzüge auf römischem Gebiet der Grund dafür? Da das späte römische Kaiserreich und seine Krisen, die Entwicklung der Germanenreiche und das Thema „Transkulturalität“ immer wieder ihren Weg in das Kerncurriculum finden, stellen sich auch einige Fragen aus geschichtsdidaktischer Sicht: Hat das germanische Fürstengrab von Gommern eine Relevanz für den Geschichtsunterricht? Kann es einen Beitrag zum Geschichtsunterricht leisten, Schülern und Schülerinnen die Zusammenhänge dieser Zeit näher bringen und ein Verständnis für die damaligen Geschehnisse in Europa erzeugen? Und falls ja, wäre es sinnvoll das germanische Fürstengrab von Gommern als Beispiel für Transkulturalität in der späten römischen Kaiserzeit in das Kerncurriculum aufzunehmen?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Germanen und Römer in der späten römischen Kaiserzeit
3. Das germanische Fürstengrab von Gommern
3.1 Auffindung
3.2 Lage und Aufbau
3.3 DerBestattete
4. Relevanz für den Schulunterricht
4.1 Germanen und Römer im Kemcurriculum
4.2 Der Fürst von Gommern als Beispiel für Transkulturalität
5. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Mit dem Fürstengrab von Gommern wurde eines der reichsten Gräber aus der römischen Kaiserzeit entdeckt. In Fachkreisen wurde die Entdeckung als Sensationsfund gefeiert.1 Wie bemerkenswert dieser Fund war und welche geschichtswissenschaftliche Relevanz er hatte, lässt sich an folgendem Zitat ablesen:
Zinnoberrot und Ägyptisch-Blau als Farben auf dem Schild verweisen dadurch ebenso auf römisch-mediterrane Ursprünge wie die Pigmente aus der Färberpflanze Krappwurzel, die als einziger Rest vom Textil der Kleidungsstücke geblieben sind. (...) Zum anderen zeigt die Verarbeitung vieler Gegenstände, dass lokale Handwerker mit ganzem Einsatz am Werk waren. So stand der Fürst von Gommern mit einem Bein in der römischen, mit dem anderen in seiner heimatlichen Welt.2
Dem aktuellen Forschungsstand zufolge stehen für den direkten Vergleich nur sehr wenige Gräber in Europa zur Verfügung. Vergleichsparameter wären in diesem Falle die Anlage der Grabkammern und der Inhalt der Gräber.3 Die reiche Ausstattung eines solchen Grabes lässt darauf schließen, dass es sich bei dem Bestatteten um eine einflussreiche Person, vermutlich den Herrscher bzw. wie der Name solcher Gräber bereits impliziert, den (Germanen-)Fürsten derjeweiligen Region handelt.4 Die Objekte, die im Fürstengrab von Gommern gefunden wurden, sind hierbei, wie das oben genannte Zitat schon erahnen lässt, wahrlich Besondere. Neben einigen Gefäßen aus germanischer Herstellung, sind auch eine Vielzahl von Gefäßen aus römischen Beständen vorhanden gewesen.5 Auch der Schildbuckel des Prunkschildes, der einen absolut einmaligen Fund im Kontext der Fürstengräber darstellt, war ursprünglich ein Gegenstand aus römischer Herstellung6, welcher vermutlich von einem germanischen Schmied umgearbeitet wurde.7 Ebenfalls zum Inventar gehörte ein bronzener Dreifuß mit Pantherfüßen und Bacchusbüsten, welcher eindeutig römischer Herkunft ist.8
Die Arbeit mit dieser Thematik lässt einige Fragen aufkommen: Auf welche Art und Weise erlangte der Fürst von Gommern den Zugang zu (Luxus-)Gütem aus römischer Herstellung? Gab es eine friedliche Koexistenz zwischen den Völkern oder waren gewalttätige Raubzüge auf römischem Gebiet der Grund dafür? Da das späte römische Kaiserreich und seine Krisen, die Entwicklung der Germanenreiche und das Thema „Transkulturalität“ immer wieder ihren Weg in das Kemcurriculum finden, stellen sich auch einige Fragen aus geschichtsdidaktischer Sicht: Hat das germanische Fürstengrab von Gommern eine Relevanz für den Geschichtsunterricht? Kann es einen Beitrag zum Geschichtsunterricht leisten, Schülern und Schülerinnen die Zusammenhänge dieser Zeit näher bringen und ein Verständnis für die damaligen Geschehnisse in Europa erzeugen? Und fallsja, wäre es sinnvoll das germanische Fürstengrab von Gommern als Beispiel für Transkulturalität in der späten römischen Kaiserzeit in das Kerncurriculum aufzunehmen?
Meine Nachforschungen führten mich zu der These, dass das Fürstengrab von Gommern im Kontext der späten römischen Kaiserzeit durchaus einen Platz im niedersächsischen Kerncurriculum verdient hätte, da es den Schülerinnen und Schülern einen wertvollen Einblick in das Zusammenleben und die Konflikte unterschiedlicher Kulturen im antiken Germanien vermitteln kann. Unterstützend möchte ich hier ein Zitat von Herrn Dr. Matthias Becker anführen: „Wir können anhand der Funde die für Europa wesentliche Epoche des allmählichen Untergangs des Römischen Reiches besser verstehen und Beziehungen zu Norwegen, ja bis zur Ukraine in dieser Zeit nachweisen.“9
Um diese These zu untermauern und die aufgeworfenen Fragen zu beantworten, werde ich in der folgenden Hausarbeit zunächst die Auffindung und den Aufbau des germanischen Fürstengrabs von Gommern näher beleuchten. Hierfür werden mir unter anderem mehrere Aufsätze des Ausstellungskatalogs „Gold für die Ewigkeit: Das germanische Fürstengrab von Gommern“ als Grundlage dienen. Sodann werde ich die Relevanz der Thematik für den Unterricht in deutschen Schulen analysieren. Der Textteil der Hausarbeit wird schließlich mit einem Fazit und einem Ausblick bezüglich zukünftiger Forschungsfragen- und Möglichkeiten abgeschlossen.
2. Germanen und Römer in der späten römischen Kaiserzeit
Um die eventuelle Relevanz der Thematik für den heutigen Schulunterricht darstellen zu können, muss das germanische Fürstengrab von Gommern und der darin Bestattete im Kontext der damaligen Zeit betrachtet werden. Nachdem Gaius Julius Caesar Gallien eroberte, lagen die Gebiete der Römer und der Germanen eng beieinander. Der Rhein fungierte als natürliche Grenze zwischen den Gebieten. Aus dieser Nachbarschaft gingen zwangsläufig ebenso friedliche wie gewaltsame Kontakte hervor, wie die weitere Geschichte der Römer in Germanien zeigt.10 Eben jene Kontakte und die daraus entstehenden Beziehungen sind für die Fragestellung dieser Arbeit relevant.
Das römische Imperium eröffnete den Germanen eine Vielzahl an Optionen, um den eigenen Wohlstand auszubauen, wie es augenscheinlich auch am Beispiel des Fürsten von Gommern zu sehen ist. Einerseits bereicherten sich Germanen mithilfe von Überfällen auf das römische Territorium, was zu einem Ausbau der römischen Befestigungsanlagen entlang der Grenze führte.11 Andererseits waren Germanen, besonders die gesellschaftliche Oberschicht, auch am Dienst für das römische Heer interessiert, um von der Kultur und der wirtschaftlichen Kraft der Römer zu profitieren.12 Auch die Römer hatten ein Interesse daran, einzelne Germanenstämme an sich zu binden. Allgemein strebten sie nach einer Romanisierung der Germanen um eine Eingliederung ihrer Gebiete in das römische Imperium zu vereinfachen. Zudem nützte ihnen das Anbinden einzelner Oberhäupter der Germanen an das römische Imperium, um die Germanenstämme auf der anderen Seite des Rheins untereinander aufzuwiegeln und sie somit zu beschäftigen, um Überfälle auf das eigene Territorium vorzubeugen.13
Die gegenseitige Einflussnahme nahm auch nach dem gescheiterten Expansionsversuch der Römer kein Ende. Die Römer setzten fortan auf die diplomatische Einflussnahme, mit Hilfe eines Systems der sozialen Bevorteilung.14 Die Germanen waren oft auf Handelsbeziehungen mit den Römern angewiesen, was diese für sich nutzten, um die Geschehnisse in Germanien zu beeinflussen.15 Germanen, die eine gute Beziehung zu den Romern fuhretn, hatten eine gute Aussicht auf Belohnung und konnte sich so begehrte und prestigetrachtige Kulturguter sichern, die anderen verwehrt blieben.16
[...]
1 Vgl. Wiesigel: Goldschatz.
2 Kowa: Fürstengrab.
3 Vgl. Becker: Germanische, S. 371.
4 Vgl. Ebd.
5 Vgl. Becker: Haushalt, S. 148.
6 Vgl. Becker: Bekleidung, S. 142.
7 Vgl. Becker: Germanische, S. 370.
8 Vgl. Ebd.,S.371.
9 Wiesigel: Goldschatz.
10 Vgl. Leineweber: Römer, S. 82.
11 Vgl. Ebd.
12 Vgl. Ebd.
13 Vgl. Ebd., S. 83.
14 Vgl. Ebd.
15 Vgl. Ebd., S. 82.
16 Vgl. Speidel: Franke, S.244.