Die nachfolgende Arbeit beschäftigt sich im theoretischen Teil mit den Symptomen, die im Rahmen einer Borderline-Störung auftreten, sowie mit weiteren empirischen Grundlagen des Themas. Auch mögliche Entstehungsursachen und allgemeine Prävalenzraten werden aufgezeigt. Außerdem erfolgen statistische Daten und Verläufe in Bezug auf das Angebot von Psychotherapie für Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, die durchschnittliche stationäre Behandlungsdauer und die häufigsten potentiell chronisch-psychischen Erkrankungen unter Kindern und Jugendlichen.
In dem Praxisteil der Arbeit wird eine horizontale und eine vertikale Verhaltensanalyse an einem Fallbeispiel durchgeführt. Hierbei ist es wichtig, die Biografie der Patientin zu erarbeiten. Es folgt eine Fallkonzeptualisierung, sowie eine Therapieplanung für die Beispielpatientin. Zum Schluss sind die Ergebnisse zu diskutieren und Empfehlungen für Präventionsmaßnahmen abzuleiten. Die Arbeit endet mit einem kurzen Ausblick, in welchem erläutert wird, inwiefern die Empfehlungen weiterverwendet werden können, welche praktische Relevanz diese haben und was der nächste Schritt wäre.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theorieteil
2.1 Klassifizierung und Symptomatik der Borderline-Störung
2.2 Ätiologie
2.3 Statistik
3 Praxis
3.1 Problemanalyse auf der Makroebene: Die vertikale Verhaltensanalyse
3.1.1 Biografie
3.1.2 Biografische Lernerfahrungen
3.1.2.1 Klassische Konditionierung
3.1.2.2 Operante Konditionierung
3.1.2.3 Lernen am Modell
3.1.2.4 Überdauernde physiologische Schemata
3.1.2.5 Bio-Psycho-Soziales Krankheitsmodell
3.2 Mikroanalyse: Die horizontale Verhaltensanalyse nach dem SORC- Modell
3.3 Fallkonzeption Checkliste
4 Disskussion
4.1 Empfehlungen zur Prävention von Borderline
4.2 Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Praxis des biopsychosozialen Krankheitsverständnisses Simultandiagnostik und Simultantherapie im klinischen Alltag
Tabelle 2: Fallkonzeptualisierung und Therapieplanung 26-
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Anteil deutscher Krankenhäuser, die Psychotherapie zur Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) anbieten, im Jahr 2013
Abbildung 2: Durchschnittliche stationäre Behandlungsdauer in stationären Erwachsenenpsychiatrien in Deutschland nach ausgewählten Diagnosen im Jahr 2012
Abbildung 3: Häufigste chronisch-psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland im Jahr 2017
Abbildung 4: Schematische Darstellung des klassischen Konditionierens
Abbildung 5: Biopsychosoziale Modell von Gesundheit und Krankheit
Abbildung 6: SORKC-Modell Verhaltensanalyse
1 Einleitung
Laut Expertenschätzungen leiden ungefähr zwei bis drei Prozent der Weltbevölkerung an der Borderline-Störung. Die meisten Betroffenen sind jung. Die Störung zeigt sich meist im Jugendalter bzw. jungen Erwachsenenalter. Die Patienten, welche wegen der Borderline-Störung in Therapie sind, sind zu 80% weiblich. Dabei sind Männer mindestens genauso oft von der Störung betroffenen wie Frauen. Doch warum nehmen zum Großteil nur Frauen an den heutigen Hilfsangeboten für Borderline teil? Dies hat zwei Gründe: Zum einen sind Frauen eher dazu bereit sich bei ihren Problemen Hilfe zu holen und zum anderen äußert sich die Borderline-Störung bei den beiden Geschlechtern unterschiedlich. Männer externalisieren Probleme häufig, was dazu führt, dass sie beispielsweise Streit suchen und häufiger bei der Polizei sind. Frauen hingegen internalisieren Probleme eher, wie z.B. durch Selbstwertprobleme, Selbstverletzung, Ängste oder Rückzug, was dazu führt das sie eher dem Weg zum Therapeuten aufsuchen.1
Die nachfolgende Arbeit beschäftigt sich im theoretischen Teil mit den Symptomen, die im Rahmen einer Borderline-Störung auftreten, sowie mit weiteren empirischen Grundlagen des Themas. Auch mögliche Entstehungsursachen und allgemeine Prävalenzraten werden aufgezeigt. Außerdem erfolgen statistische Daten und Verläufe in Bezug auf das Angebot von Psychotherapie für Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, die durchschnittliche stationäre Behandlungsdauer und die häufigsten potentiell chronisch-psychischen Erkrankungen unter Kindern und Jugendlichen. In dem Praxisteil der Arbeit wird eine horizontale und eine vertikale Verhaltensanalyse an einem Fallbeispiel durchgeführt. Hierbei ist es wichtig, die Biografie der Patientin zu erarbeiten. Es folgt eine Fallkonzeptualisierung, sowie eine Therapieplanung für die Beispielpatientin. Zum Schluss sind die Ergebnisse zu diskutieren und Empfehlungen für Präventionsmaßnahmen abzuleiten. Die Arbeit endet mit einem kurzen Ausblick, in welchem erläutert wird, inwiefern die Empfehlungen weiterverwendet werden können, welche praktische Relevanz diese haben und was der nächste Schritt wäre.
2 Theorieteil
Im ersten Teil der Arbeit, soll veranschaulicht werden, was das BorderlineSyndrom ist, welche Symptome diese Erkrankung aufweisen kann, was mögliche Entstehungsursachen (Ätiologie) sind. Wie sehen allgemeine Prävalenzraten in der Bevölkerung und spezifisch bei Jugendlichen aus (Männer und Frauen)? Warum sind insbesondere junge Frauen von dieser Erkrankung betroffen?
2.1 Klassifizierung und Symptomatik der Borderline-Störung
Die Borderline-Störung wird laut ICD-10 zu den spezifischen Persönlichkeitsstörungen gezählt. Diese werden als schwere Störungen der Persönlichkeit und des Verhaltens der betroffenen Person beschrieben, welche jedoch nicht auf eine Hirnschädigung oder -krankheit oder auf eine andere psychiatrische Störung zurückzuführen sind. Spezifische Persönlichkeitsstörungen erfassen verschiedene Persönlichkeitsbereiche und betroffene Personen leiden fast immer unter persönlichen und sozialen Beeinträchtigungen. Die meisten spezifischen Persönlichkeitsstörungen treten meist in der Kindheit oder im jungen Erwachsenenalter auf und bleiben bis ins Erwachsenenalter bestehen. In der ICD-10 werden insgesamt über 10 verschiedene spezifische Persönlichkeitsstörungen aufgelistet (z.B. Dissoziale Persönlichkeitsstörung, Schizoide Persönlichkeitsstörung und Paranoide Persönlichkeitsstörung). Die Borderline Störung lässt sich in die Gruppe der emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen einteilen (F60.3). Typisch für die Persönlichkeitsstörung ist, dass Betroffene oftmals dazu tendieren, Impulse ohne Berücksichtigung von Konsequenzen auszuagieren. Zudem zeigen sie während dessen unvorhersehbare und launenhafte Stimmung. Auch die Neigung zu emotionalen Ausbrüchen und die Unfähigkeit, impulsartiges Verhalten zu kontrollieren sind kennzeichnend für eine Borderline-Störung. Die Betroffenen zeigen oft streitsüchtiges Verhalten und sind überdurchschnittlich in Konflikte und Auseinandersetzungen verwickelt, vor allem dann, wenn jemand versucht, ihr impulsives Verhalten zu durchkreuzen. Zusätzlich lässt sich die emotional instabile Persönlichkeitsstörung Borderline-Typ durch Störungen des Selbstbildes, der Ziele und der inneren Präferenzen kennzeichnen. Des Weiteren besteht bei den Betroffenen ein chronisches Gefühl von Leere, durch intensive, aber unbeständige Beziehungen und eine Neigung zu selbst destruktivem Verhalten mit parasuizidalen Handlungen und Suizidversuchen.2
2.2 Ätiologie
Im Folgenden Teil der Arbeit beschäftigen wir uns mit den Ursachen und der Entstehung einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung Borderline-Typ.
In der heutigen Wissenschaft liegt der Ätiologie der Borderline-Störung ein ätiologisches Modell, welches Wechselwirkungen zwischen genetischen und psychosozialen Variablen, sowie dysfunktionalen Verhaltens- und Interaktionsmustern beschreibt, zu Grunde. Im Jahr 2000 wurde die erste und einzige Zwillingsstudie, bei welcher einer der Geschwister eine diagnostizierte Persönlichkeitsstörung aufweist, veröffentlicht. Bei dieser Studie wurden Konkordanzraten von monozygoten mit bizygoten Zwillingen verglichen. Dadurch konnte eine hohe Einflussnahme von genetischen Faktoren auf die Entstehung der Borderline-Störung nachgewiesen werden. Zu den psychosozialen Belastungsfaktoren zählen sexuelle Gewalterfahrung (ca. 65%), körperliche Gewalterfahrungen (ca. 60%) und schwere Vernachlässigung (ca. 40%). Beim Thema sexuelle Gewalterfahrung ist zudem erwähnenswert, dass es sich um sehr frühe, lang andauernde Traumatisierungen handelt. Hinzu kommt, dass sie meisten Betroffenen diese Erfahrung im familiären Kreis machen. Die sexuelle Traumatisierung ist jedoch keine notwendige oder hinreichende Voraussetzung für die Borderline-Störung. In vielen Klinken ist die Annahme, dass die Borderlinestörung auf ein chronisches Posttraumatisches Belastungssyndrom zurückzuführen ist, weit verbreitet. Diese Hypothese findet jedoch auf der wissenschaftlichen Ebene keine Evidenz. Bei genauerer Betrachtung des pathogenetischen Modells fällt auf, dass die destabilisierende Wirkung dysfunktionaler Kognitionen bei der Borderline-Störung eine große Rolle spielt. Auf der phänomenologischen Ebene des Modells fällt vor allem das selbstschädigende Verhalten (Schneiden, Schlagen, Brennen, Verätzen usw.) bei ca. 85% der Betroffenen ins Auge. In Etwa 80% der Fälle schneiden sich Betroffene in dissoziativen, analgetischen Zuständen, um aversive Anspannung zu reduzieren.3
Eine zentrale Dimension der Borderline-Psychopathologie sind tiefgreifende Störungen der Emotionsregulation, des Selbstkonzepts und der sozialen Interaktion. Bei Betroffenen mit komorbider Posttraumatischer Belastungsstörung kommen zudem Störungen des Trauma-Gedächtnisses hinzu. Die oben genannten Störungen manifestieren sich auf der Verhaltensebene in häufigen Suizidversuchen, Selbstverletzungen, aggressivem, teilweise auch gewalttätigem Verhalten, Drogen und Alkoholkonsum, sowie Störungen der Impulskontrolle. Für viele dieser dysfunktionalen Prozesse lassen sich mittlerweile neuronale Korrelate nachweisen.4
2.3 Statistik
Laut Bohus und Kröger liegt die Lebenszeitprävalenz von Borderline bei ungefähr drei Prozent, das entspricht ca. 1,6 Millionen Menschen. Gerade in der mittleren Adoleszenz und im jungen Erwachsenenalter zählt die Störung zu den häufigen psychiatrischen Störungsbildern. Dieser Wert wurde in vielen Studien bestätigt und gilt heutzutage Richtwert. Mit drei Prozent Prävalenz ist die Borderline-
Störung viermal weiterverbreitet als z.B. Schizophrenie. Jedoch ist es hierbei wichtig, immer die Dunkelziffer im Hinterkopf zu behalten.5
Anteil deutscher Krankenhäuser, die Psychotherapie zur Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen (BPS) anbieten, im Jahr 2013 i nno/-
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Anteil deutscher Krankenhäuser, die Psychotherapie zur Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) anbieten, im Jahr 2013. (Quelle: Bundespsychotherapeutenkammer (2014))
Die obere Statistik zeigt die Ergebnisse einer Umfrage der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) aus dem Jahr 2013 zum Angebot von Psychotherapie für Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) in deutschen Krankenhäusern. Für die Studie wurden insgesamt 109 Krankenhäuser befragt. Der Anteil deutscher Krankenhäuser, die allen Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung eine Psychotherapie anbieten konnten, betrug rund 85,4 Prozent. 12,8 Prozent konnten zumindest einem Teil ihrer Patienten mit einer Borderline-Störung eine psychotherapeutische
Intervention anbieten. Lediglich 1,8 Prozent der befragten Krankenhäuser konnten keinem ihrer Borderline-Patienten eine geeignete Therapie anbieten.6
Durchschnittliche stationäre Behandlungsdauer in stationären
Erwachsenenpsychiatrien in Deutschland nach ausgewählten
Diagnosen im Jahr 2012 (in Tagen)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Durchschnittliche stationäre Behandlungsdauer in stationären Erwachsenenpsychiatrien in Deutschland nach ausgewählten Diagnosen im Jahr 2012. (Quelle: Statistisches Bundesamt (2014))
Das Statistische Bundesamt hat im Jahr 2012 die durchschnittliche stationäre Behandlungsdauer in stationären Erwachsenenpsychiatrien in Deutschland nach ausgewählten Diagnosen im Jahr 2012 untersucht. Dabei konnte festgestellt werden, dass bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung die durchschnittliche Behandlungsdauer 19 Tage beträgt. Das sind im Schnitt etwa zwei Wochen weniger als bei unipolaren Depressionen, denn hier beträgt die Behandlungsdauer 33 Tage.7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Häufigste chronisch-psychischen Erkrankungen bei Kindern und
Jugendlichen in Deutschland im Jahr 2017. (Quelle: DAK (2019))
Die obere Statistik zeigt das Ergebnis einer Querschnittsstudie der DAK zu den häufigsten potenziell chronisch-psychischen Erkrankungen unter Kindern und Jugendlichen. Die Studie wurde im Jahr 2017 durchgeführt. Man kam zum Entschluss, dass von 1.000 Kindern und Jugendlichen im Alter bis 17 Jahren 40,5 von der ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung) und 40,5 von der Borderline-Persönlichkeitsstörungen betroffen sind.
3 Praxis
In diesem Kapitel der Hausarbeit, soll beispielhaft anhand des Fallbeispiels Frau S. eine horizontale (Mikroanalyse) und vertikale Verhaltensanalyse (Makroanalyse) erstellt werden. Die Einzelfallanalyse beginnt mit der Makroanalyse, bei welcher die biografischen Lernerfahrungen der Patientin erarbeitet werden. Hierbei steht vor allem das bio-psycho-soziale- Krankheitsmodell im Vordergrund. Daraufhin werden mögliche disponierende, auslösende und aufrechterhaltende Faktoren diskutiert und Belastungen und Ressourcen gegenübergestellt. Im Anschluss folgt eine Mikroanalyse nach dem SORC-Modell.
3.1 Problemanalyse auf der Makroebene: Die vertikale Verhaltensanalyse
3.1.1 Biografie
Frau S. ist 31 Jahre alt und Mutter eines mittlerweile fünfjährigen Sohnes. Zu Ihrer Biografie berichtet Frau S., dass sich ihre Eltern kurz nach ihrer Geburt getrennt hätten. An ihren Vater, welcher nach der Trennung ausgezogen ist und eine neue Frau gefunden hat, hat sie viele schöne Erinnerungen. Ihre Mutter war laut Frau S. auch Borderlinerin und war in der Kindheit fast nie da für sie. Ihre Mutter war oft in Kneipen unterwegs und ist dementsprechend häufig betrunken nachhause gekommen. Als Frau S. 25 Jahre alt war, ist ihre Mutter jedoch an Suizid verstorben. Das hat damals zur Verstärkung der psychischen Symptome von Frau S. geführt und sie befand sich nach dem Ereignis, aufgrund von Schuldgefühlen wegen dem Kontaktabbruch, mehrere Wochen auf Therapie.
Ab ihrem sechsten Lebensjahr wuchs Frau S. bei ihrer Oma und ihrem Stiefgroßvater auf. Ihr Stiefgroßvater hat sie als Kind zum Missbrauch herangezogen und beispielsweise im Grundschulalter zusammen mit ihr Pornos geschaut. Dieser starb laut ihrer Aussage früh. Das damalige Verhältnis zur Oma, mit welcher sie mittlerweile nur sporadisch Kontakt hat, beschreibt sie als insgesamt liebevoll. Ihre Großmutter sah früher bei dem Missbrauch des Stiefgroßvaters an Frau S., oft weg.
[...]
1 Himmer (2014).
2 ICD-10-GM-2021 F60.- Spezifische Persönlichkeitsstörungen - ICD10 (2021).
3 Gesellsch (2009), S. 86.
4 Margraf/Schneider (2018), S. 472.
5 Bohus/Kröger (2011), S. 19.
6 Statista (2021).
7 Statista (2021).