Ungefähr 80 Prozent der Borderline-Betroffenen suchen im Laufe ihres Lebens psychiatrische oder psychotherapeutische Hilfe auf. Von allen Patienten in psychiatrisch-psychotherapeutischen Kliniken erfüllen zudem circa 15 Prozent zumindest als Zweitdiagnose die Kriterien einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Im Folgenden soll ein Bild der Störung gewonnen werden, indem eine Definition gegeben und auf die Diagnostik, die Ursachen, typische Verhaltensweisen und Behandlungsmöglichkeiten eingegangen wird.
Die Borderline-Störung gehört als Persönlichkeitsstörung zu den psychischen Störungen und ist eines der häufigsten Krankheitsbilder. Sie kann sich vielfältig äußern und geht häufig mit einem hohen Leidensdruck für die Betroffenen und ihrem Umfeld einher. Zu den Erscheinungsformen zählen beispielsweise eine zweifelhafte und verschobene Wahrnehmung des Selbst und der Umwelt, ein Schwarz-Weiß-Denken, emotionale Instabilität und häufig selbstverletzendes und suizidales Verhalten.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Persönlichkeitsstörung
Borderline-Persönlichkeitsstörung
Diagnostik
Ätiologie
Auswirkungen auf das Verhalten
Behandlungsmöglichkeiten
Fazit
Quellenverzeichnis
Einleitung
Die Persönlichkeit eines Menschen ist die Summe aller seiner Erfahrungen, psychischen Eigenschaften und Verhaltensweisen, die ihm eine individuelle und von anderen unterscheidbare Identität verleihen. Dazu gehören auch das Gefühlsleben, die Wahrnehmung, das Denken und die Beziehung anderen Personen. Die Persönlichkeit unterliegt über die Lebensspanne Veränderungsprozessen, bildet sich aber durch genetische Ausstattung und Lern- und Beziehungserfahrungen besonders in der Kindheit und der Adoleszenz bedeutsam aus.
Die Borderline-Störung gehört als Persönlichkeitsstörung zu den psychischen Störungen und ist eines der häufigsten Krankheitsbilder. Sie kann sich vielfältig äußern und geht häufig mit einem hohen Leidensdruck für die Betroffenen und ihrem Umfeld einher. Zu den Erscheinungsformen zählen beispielsweise eine zweifelhafte und verschobene Wahrnehmung des Selbst und der Umwelt, ein Schwarz-Weiß-Denken, emotionale Instabilität und häufig selbstverletzendes und suizidales Verhalten.
Laut den meisten Expertenschätzungen leiden ungefähr 2 Prozent der Gesamtbevölkerung, also 1,6 Millionen Menschen, unter einer Borderline- Persönlichkeitsstörung. Die meisten Betroffenen der Borderline-Persönlichkeitsstörung befinden sich in einer Altersgruppe von 15-45 Jahren und sind mit einem Anteil von 70-75 Prozent Frauen. So erfüllen über drei Prozent aller Frauen und ca. ein Prozent aller Männer in Deutschland die Kriterien für eine Borderline-Störung. Dieses Krankheitsbild ist liegt deutlich häufiger vor als beispielsweise Schizophrenie.
Ungefähr 80 Prozent der Borderline-betroffenen suchen im Laufe ihres Lebens psychiatrische oder psychotherapeutische Hilfe auf. Von allen Patienten in psychiatrischpsychotherapeutischen Kliniken erfüllen zudem ca. 15 Prozent zumindest als Zweitdiagnose die Kriterien einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (Bohus & Schmal, 2007)
Im persönlichen Kontakt mit Borderline-Patienten während eines Praktikums, stellte ich mir immer wieder die Frage, was die Krankheit genau ausmacht. Für mich war sie, bis auf das selbstverletzende Verhalten, manchmal nicht von anderen psychischen Störungen zu unterscheiden.Persönliches Ziel dieser Arbeit ist es, die Borderline-Persönlichkeitsstörung für ein besseres Verständnis zu erörtern und mich so auf ein erneutes Zusammentreffen mit Borderline-Patienten vorzubereiten.
Im folgenden soll ein Bild der Störung gewonnen werden, indem eine Definition gegeben und auf die Diagnostik, die Ursachen, typische Verhaltensweisen und Behandlungsmöglichkeiten eingegangen wird.
Persönlichkeitsstörung
Die Persönlichkeit setzt sich zusammen aus genetischen Faktoren, gemachten Erfahrungen und der psychischen Interpretation dieser Erfahrungen. Dadurch entstehen Persönlichkeitszüge und -eigenschaften. Persönlichkeitszüge sind überdauernde Formen des Wahrnehmens, der Beziehungsmuster und des Denkens, und zwar im Hinblick auf die Umwelt und sich selbst. In einem breiten Spektrum von wichtigen sozialen und persönlichen Situationen und Kontexten kommen sie zum Ausdruck.
Wir sprechen von Persönlichkeitsstörungen, wenn einer oder mehrere der oben benannten Faktoren gestört ist. Dann sind Persönlichkeitszüge unflexibel und wenig angepasst und die Leistungsfähigkeit ist wesentlich beeinträchtigt oder es kommt zu subjektiven Beschwerden. Die Betroffenen haben ein gestörtes Erleben und Verhalten, das auffällig von seiner Umgebung und gesellschaftlich gegebenen Normen abweicht. Das langanhaltende Muster einer Persönlichkeitsstörung manifestiert sich in Affekten, Impulskontrolle, Identitätswahrnehmung und zwischenmenschlichen Beziehungen.
Diese Art von Störungen sind das Ergebnis von Problemen bei der Persönlichkeitsentwicklung im Kindes und Jugendalter und können nicht erst im Erwachsenenalter entstehen.
Eine Persönlichkeitsstörung wird nach ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) wie folgt definiert:
„Es handelt sich um schwere Störungen der Persönlichkeit und des Verhaltens der betroffenen Person, die nicht direkt auf eine Hirnschädigung oder -krankheit oder auf eine andere psychiatrische Störung zurückzuführen sind. Sie erfassen verschiedene Persönlichkeitsbereiche und gehen beinahe immer mit persönlichen und sozialen Beeinträchtigungen einher. Persönlichkeitsstörungen treten meist in der Kindheit oder in der Adoleszenz in Erscheinung und bestehen während des Erwachsenenalters weiter.“
Eine präzise und allgemein gültige Definition zu formulieren ist jedoch schwierig, da jede Persönlichkeit sehr individuell ist und sich im Laufe der Lebensspanne oder durch Krankheiten, wie z.B. Alzheimer oder Demenz, verändern kann.
Borderline-Persönlichkeitsstörung
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (abgekürzt BPS) gehört zur Gruppe der emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen, welche in zwei Subtypen aufgeteilt werden: Ein impulsiven Typus der vorwiegend durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle gekennzeichnet ist und den Borderline-Typus, der zusätzlich durch Störungen des Selbstbildes und der Ziele, sowie intensiver aber unbeständiger Beziehungen gekennzeichnet ist.
Der Begriff Borderline bedeutet „Grenzlinie“ und entstammt der Vorstellung des amerikanischen Psychoanalytikers William Louis Stern aus den 30er Jahren, nach der sich die Borderline-Patienten in einem Grenzbereich zwischen Neurose und Psychose befinden (Herpertz & Sass, 2000). Dabei fühlen sich Betroffene als ständige Grenzgänger zwischen „normal“ und „verrückt“.
Persönlichkeitsstörungen, wie das Borderline-Syndrom, entstehen während der Entwicklung im Kindes und Jugendalter und haben große Komplikationen in den Bereichen Impulskontrolle, Affektregulation, Selbst- und Objektwahrnehmung und zwischenmenschliche Beziehungen zur Folge und sind von einem instabilen Bindungsstil geprägt (Lohmer, 2013). Die Reizschwelle für interne oder externe Ereignisse, die Emotionen hervorrufen, ist niedrig, das Erregungsniveau ausgesprochen hoch und das emotionale Ausgangsniveau wird nur verzögert wieder erreicht. Dabei werden die unterschiedlichen Gefühle nicht differenziert wahrgenommen und als quälende, diffuse Spannungszustände erlebt (Lohmer, 2013). Dies äußert sich in starken Stimmungsschwankungen, aggressiven Ausbrüchen und starken Selbstzweifeln. So werden etwa Selbstverletzungen, Essanfälle oder Drogenmissbrauch häufig zur Milderung von intensiven Erregungszuständen, also als „Lösungsversuche“, eingesetzt, welche sich langfristig als komorbide Störungen manifestieren. Diese komorbiden Störungen haben 5 negativen Einfluss auf die Symptomatik der BPS und erschweren in den meisten Fällen die Therapie (Bohus & Schmahl, 2007)
Ungefähr 85 Prozent der Borderline-Patienten weisen über einen gewissen Zeitraum selbstschädigendes Verhalten, wie Schneiden, Schlagen, Brennen oder Verätzen auf. Dieses Verhalten stellt einen sehr wichtigen Risikofaktor für gezielte Suizidversuche dar, die etwa 80 Prozent der Patienten mindestens einmal, häufig aber mehrmals, begangen haben. Bei ca. acht Prozent gelingt dieser Versuch (Bohus & Schmal, 2007)
Eine eindrückliche Sicht auf die Borderline-Persönlichkeitsstörung stellt Dr. Birger Dulz, Chefarzt der Abteilung für Persönlichkeitsstörungen und Trauma der Asklepios Klinik Nord-Ochsenzoll in einem Interview dar, welche folglich beschrieben wird.
Er versteht die Borderline-Störung als seelische Erkrankung, die sich auf zwei Ebenen äußert: die Ebene der Symptome und die Ebene der Beziehung.
Beispiele für die Symptomebene sind Depression, selbstverletzendes Verhalten oder auch paranoide Symptome.
Auf der Beziehungsebene kennzeichnet er die besondere Rolle der Herstellung von Beziehungsmuster. Die durch starke Angst geprägte Innenwelt soll außen reinszeniert werden. Um ihr diffuses Erleben zu strukturieren, teilen Borderline-Betroffene ihre innere und äußere Welt in gut und böse ein, um eine Scheinordnung zu schaffen, die Entlastung herbeiführt. Dabei können sich diese verteilten Kategorien unvorhersehbar und ohne direkt erkennbaren Grund sehr schnell ändern und impulsartiges Verhalten auslösen.
Laut Dr. Birger Dulz zählen Betroffene, mit einem Anteil von etwa zwei Prozent in der Bevölkerung, zu den klinisch relevantesten Patientengruppierungen.
Diagnostik
KLASSIFIKATION NACH ICD-10
Borderline ist im ICD-10, dem in Deutschland angewandten Klassifikationssystems, unter der emotional instabile Persönlichkeitsstörung aufgeführt, bei der es sich um eine schwere Störung der Persönlichkeit und des Verhaltens handelt, die nicht auf physiologische Schädigungen des Gehirns oder andere psychologische Krankheiten zurückzuführen ist.
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