Diese Arbeit behandelt die Frage, wie es Beschäftigten im Finanzdienstleistungssektor gelingen kann, die eigenen beruflichen Kompetenzen kontinuierlich anzupassen, um die hohe Dynamik des digitalen Wandels bewältigen zu können. Ziel der Seminararbeit ist die Beantwortung der Forschungsfragen mit Hilfe der verfügbaren Fachliteratur sowie eine Untersuchung innerhalb eines ausgewählten Kreditinstitutes.
Eine der prägendsten Entwicklungen des 21. Jahrhunderts ist die Digitalisierung. Durch informationstechnologische Entwicklungen, verbunden mit einer hohen Veränderungsgeschwindigkeit, bewirkt sie einen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft. Unternehmen müssen deshalb innovative Geschäftsmodelle entwickeln und Potenziale des digitalen Wandels nutzen, um den Wandel bewältigen zu können. Gegenüber anderen Branchen hat der Finanzdienstleistungssektor die Veränderungsprozesse verzögert aufgegriffen, wodurch sich heute ein unmittelbarer Handlungsdruck für Innovationsprozesse ergibt. Eine wesentliche Herausforderung für Unternehmen stellt in diesem Zusammenhang die regelmäßige bedarfsorientierte Qualifikation ihrer Beschäftigten dar. Dabei gilt es, sich nicht nur auf die Qualifizierung in klassischen Bildungseinrichtungen zu konzentrieren, denn die Beschäftigten können mehr, als ihnen in Zeugnissen oder Zertifikaten bescheinigt wird. Etwa 70 bis 80 Prozent ihres Wissens und Könnens eignen sich Menschen außerhalb organisierter Bildungseinrichtungen an. Gerade diese "versteckten" Kompetenzen der Beschäftigten gelten als Schlüssel für eine erfolgreiche Gestaltung von Veränderungsprozessen und einen langfristigen Organisationserfolg. Sie bilden somit eine der bedeutendsten Ressource in einem Unternehmen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Glossar
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz des Themas
1.2 Forschungsfrage und Zielsetzung
1.3 Methodik
1.4 Aufbau der Arbeit
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Kompetenz
2.2 Informelles Lernen als digitale Lernstrategie
2.2.1 Digitalisierte Arbeitswelt
2.2.2 Informelles Lernen
2.3 Folgen der Digitalisierung für den Finanzdienstleistungssektor
2.4 Zwischenfazit
3 Empirische Untersuchung
3.1 Zielsetzung
3.2 Digitalisierungsoffensive der Genossenschaftlichen FinanzGruppe
in der Firma 1
3.3 Bestimmung des Forschungsdesigns
3.4 Zusammenfassung
4 Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Verlauf von Leistungsfähigkeit
Abbildung 2: Lernmethoden für den Kompetenzerwerb
Abbildung 3: Das MVP-Prinzip
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Qualifikation und Kompetenz im Vergleich
Tabelle 2: Merkmale des formellen und informellen Lernens
Tabelle 3: Theoretische Verknüpfung der Handlungsstrategien
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Glossar
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz des Themas
Eine der prägendsten Entwicklungen des 21. Jahrhunderts ist die Digitalisierung. Durch informationstechnologische Entwicklungen, verbunden mit einer hohen Veränderungsgeschwindigkeit, bewirkt sie einen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft. Unternehmen müssen deshalb innovative Geschäftsmodelle entwickeln und Potenziale des digitalen Wandels nutzen, um den Wandel bewältigen zu können (Stöger, 2019: 21 f.). Gegenüber anderen Branchen hat der Finanzdienstleistungssektor die Veränderungsprozesse verzögert aufgegriffen, wodurch sich heute ein unmittelbarer Handlungsdruck für Innovationsprozesse ergibt (Alt/ Puschmann, 2016: 30). Eine wesentliche Herausforderung für Unternehmen stellt in diesem Zusammenhang die regelmäßige bedarfsorientierte Qualifikation ihrer Beschäftigten dar. Dabei gilt es, sich nicht nur auf die Qualifizierung in klassischen Bildungseinrichtungen zu konzentrieren, denn die Beschäftigten können mehr, als ihnen in Zeugnissen oder Zertifikaten bescheinigt wird. Etwa 70 bis 80 Prozent ihres Wissens und Könnens eignen sich Menschen außerhalb organisierter Bildungseinrichtungen an (Lang-von Wins/ Triebel, 2006: 36 f.). Gerade diese „versteckten“ Kompetenzen der Beschäftigten gelten als Schlüssel für eine erfolgreiche Gestaltung von Veränderungsprozessen und einen langfristigen Organisationserfolg. Sie bilden somit eine der bedeutendsten Ressource in einem Unternehmen (Lenbet, 2004: 226).
1.2 Forschungsfrage und Zielsetzung
Auf Grundlage der beschriebenen Problemstellung stellt sich daher die Frage, wie es Beschäftigten im Finanzdienstleistungssektor gelingen kann, die eigenen beruflichen Kompetenzen kontinuierlich so anzupassen, um die hohe Dynamik des digitalen Wandels bewältigen zu können. Daraus lassen sich die folgenden Teilforschungsfragen ableiten:
1. Was bedeutet in einer digitalisierten Arbeitswelt informelles Lernen für den Kompetenzerwerb von Beschäftigten?
2. Welche Relevanz haben informelle Lernstrategien von Beschäftigten im Finanzdienstleistungssektor für den Umgang mit digitalen Veränderungsprozessen und welche weiteren Faktoren spielen in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle?
Ziel der Seminararbeit ist die Beantwortung der Forschungsfragen mit Hilfe der verfügbaren Fachliteratur sowie eine Untersuchung innerhalb eines ausgewählten Kreditinstitutes.
1.3 Methodik
Theoretische Grundlage für diese Arbeit bildet die derzeit verfügbare Fachliteratur. Zur Recherche wurden neben der Online-Bibliothek der FOM Hochschule auch Präsenzbestände der Fachhochschule Dortmund verwendet. Die Auswahl der Quellen erfolgte nach Relevanz für die Arbeit sowie nach Aktualität und Qualifizierung der Inhalte. Darüber hinaus wurde unternehmensinternes Informationsmaterial zur Digitalisierungsoffensive der Genossenschaftlichen FinanzGruppe genutzt, um die Aktualität der Problemstellung aufzuzeigen. Zur Überprüfung der gewonnenen Erkenntnisse wurde eine Mitarbeiterbefragung in der Firma 1 hinzugezogen.
Wenn im Rahmen dieser Seminararbeit geschlechtsneutrale oder männliche Formulierungen verwendet werden, dann geschieht dies nur aus Gründen der besseren und vereinfachten Lesbarkeit. Die Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter.
1.4 Aufbau der Arbeit
Die Bedeutung von Kompetenzen im Kontext einer digitalisierten Arbeitswelt ist Gegenstand des folgenden Kapitels. Dabei wird zunächst der Kompetenzbegriff eingegrenzt und erläutert. Anschließend wird auf Lernstrategien für den Kompetenzerwerb in der Digitalisierung eingegangen, wobei zunächst der Digitalisierungsbegriff definiert wird und Konsequenzen für Beruf und Bildung aufgezeigt werden. Auf dieser Grundlage wird dargelegt, wie informelles Lernen einer gelingenden Kompetenzentwicklung dient. Bezugnehmend auf die vorherigen Erkenntnisse werden die Folgen der Digitalisierung auf den Finanzdienstleistungssektor beschrieben und Rückschlüsse darüber getroffen, welche Handlungsstrategien künftig zur Bewältigung des digitalen Wandels notwendig werden.
Das dritte Kapitel umfasst die empirische Untersuchung in Form einer Mitarbeiterbefragung. Damit sollen die theoretischen Erkenntnisse überprüft und diskutiert werden. Aus den Erfahrungen der Beschäftigten der Firma 1 können Rückschlüsse gezogen werden, ob und inwiefern informelles Lernen zur Bewältigung der Digitalisierung bereits Anwendung findet oder künftig in Arbeitsabläufe integriert werden muss. Eine abschließende Antwort auf die Forschungsfrage wird im Fazit gegeben.
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Kompetenz
Zunächst soll der Kompetenzbegriff genauer eingegrenzt werden. Es gibt derzeit noch keine eindeutige und abschließende Meinungsbildung über eine Kompetenzdefinition. Einerseits existieren eine Vielzahl von unterschiedlichen Begrifflichkeiten, Verständnisweisen sowie Analyseebenen in den verschiedenen wissenschaftlichen Fachrichtungen. Andererseits kann jedoch festgestellt werden, dass sich innerhalb der Forschung allmählich ein anerkanntes Grundverständnis für den Kompetenzbegriff herausbildet. Erpenbeck fasst diesen Aspekt passend zusammen, wenn er sagt: „Wer auf die Kompetenzdefinition hofft, hofft vergeblich“ [Hervorhebung nicht im Original] (1996: 9).
Um den Begriff „Kompetenz“ transparenter darzustellen, bietet sich die Möglichkeit der Abgrenzung zu einem verwandten Begriff an. Hier ist der Terminus „Qualifikation“ naheliegend, mit dem der Kompetenzbegriff oftmals fälschlich verwechselt wird.
Tabelle 1: Qualifikation und Kompetenz im Vergleich
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an Heyse, Volker / Erpenbeck, John, Kompetenzmanagement, 2007, S. 22
In dieser Gegenüberstellung von Heyse und Erpenbeck wird deutlich, dass Qualifikation Voraussetzung für eine gelingende Kompetenzentwicklung ist. Qualifikation allein reicht aber nicht aus; sie ist ein Teil der Kompetenz, da es kaum Kompetenz ohne Qualifikation gibt (Heyse, 2007: 22 f.).
Kauffeld und Paulsen führen an, dass die Lernprozesse vielmehr im täglichen Leben und Arbeiten vorkommen, als in organisierten Bildungseinrichtungen (2018: 15). Während sich Qualifikation überwiegend auf Lerninhalte beziehe, deren erfolgreicher Erwerb im Rahmen von Zertifikaten oder Zeugnissen überprüfbar sei, orientiere sich Kompetenz vielmehr am Output von Lernprozessen (ebd.). Sevsay-Tegethoff stellt demgegenüber den subjektbezogenen Charakter des Kompetenzbegriffs heraus. Ebenso sei Kompetenzerwerb ein dynamischer und lebenslanger Prozess (2004: 272 f.). Kompetenz umfasst folglich die praktische Verwendbarkeit, den damit verbundenen Transfer des Gelernten sowie die Bewältigung von Veränderungen (Gnahs, 2010: 21; Lenbet, 2004: 222).
Entsprechend bietet sich als Definition für den Kompetenzbegriff Dehnbostel an:
„Unter dem allgemeinen Begriff Kompetenz sind zunächst Fähigkeiten, Methoden, Wissen, Einstellungen und Werte zu verstehen, deren Erwerb, Entwicklung und Verwendung sich auf die gesamte Lebenszeit eines Menschen beziehen. Die Kompetenzentwicklung wird aus der Perspektive des Subjekts, seiner Fähigkeiten und Interessen gesehen und bezieht in ihrer Subjektorientierung die Bildungsdimension mit ein“ (2005: 210).
2.2 Informelles Lernen als digitale Lernstrategie
Aufgrund der zunehmenden Entwicklungsgeschwindigkeit durch die Digitalisierung gilt es, neue Lernmethoden zu entwickeln und zu nutzen, da Lernen nicht mehr auf Vorrat, sondern regelmäßig und flexibel stattfindet. Neue Lernstrategien bilden die Grundlage für den Kompetenzerwerb und sind künftig für Unternehmen und ihre Beschäftigten erfolgsentscheidend, um die Herausforderungen des digitalen Wandels in der Arbeitswelt bewältigen zu können.
2.2.1 Digitalisierte Arbeitswelt
Der Begriff „Digitalisierung“ kann als digitale Transformation verstanden werden, womit hauptsächlich technische Veränderungen von Geräten, Werkzeugen und Maschinen gemeint sind. Daneben kann der Digitalisierungsbegriff mit den Termini „digitale Revolution“ oder „digitale Wende“ gleichgesetzt werden, die einen umfassenderen Blickwinkel eröffnen. Informationstechnologischen Entwicklungen wie dem Internet der Dinge, Künstliche Intelligenz und Big Data werden dabei eine große Bedeutung als Treiber des Wandels zugeschrieben (Bendel, 2018b). Nach Stöger lassen sich die folgenden Punkte als Charakteristika der Digitalisierung anführen (2019: 21): „1) die Vernetzung von Menschen, Maschinen und Daten; 2) die Individualisierung von Produkten, Dienstleistungen und Informationen; 3) die deutliche Zunahme an Geschwindigkeit; 4) die Dezentralisierung bzw. Selbstorganisation und 5) die tendenzielle Auflösung von Branchen- und Unternehmensgrenzen“. In diesem Zusammenhang müssen Unternehmen auf steigende Anforderungen reagieren, wobei hohe Veränderungsgeschwindigkeiten und die schnelle Umsetzung von Entwicklungsprozessen entscheidend sind (ebd.: 23 ff.).
Der Digitale Wandel habe ebenso Auswirkungen auf die Veränderungsfähigkeit, den Kompetenzaufbau sowie auf methodische Fähigkeiten von Beschäftigten (ebd.: 22). Als Konsequenz des digitalen Wandels beschreibt Niemeier fünf Trends, die sich für die Bildung im beruflichen Kontext ergeben (2017: 74 ff.): Erstens wandle sich in der digitalisierten Arbeitswelt Arbeiten zum Lernen und Lernen zum Arbeiten. Die durch neue Technologien zunehmende Veränderungsgeschwindigkeit führe zu einem wachsenden Bewusstsein über die Relevanz von Beschäftigten als Wissensträger. Zum Erhalt dieser wertvollen Ressource sei gemeinsames, kollaboratives Lernen in Form von Erfahrungsaustausch sowie die gegenseitige fachliche Unterstützung entscheidend. Da künftig alle Mitarbeiter Wissensträger werden, gewinne als zweiter Trend analytisches Denken und Urteilsvermögen auch für Industriebeschäftigte an Bedeutung. Dabei löse sich die Grenze zwischen Blue Collar und White Collar zunehmend auf. Drittens entwickle sich betriebliche Weiterbildung zum Corporate Learning im Rahmen von Erfahrungslernen. Das bedeute, dass sich sowohl auf die methodische Befähigung zum Lernen als auch auf die Rolle der Beschäftigten für die betriebliche Weiterbildung als Lern-Coach oder Lernbegleiter konzentriert werde. Die Förderung einer Kultur des selbstorganisierten Lernens sei also erfolgsentscheidend. So schreibt Niemeier im vierten Trend den Beschäftigten eine erhöhte Verantwortung über die eigenen Kompetenzen zu und führt an, dass eine aktive Mitgestaltung über die persönliche Entwicklung ausschlaggebend sei. Eine stärkere Nutzung der vielfältigen Lernformate könne als fünfter Trend beschrieben werden. Das bereits genannte soziale und kollaborative Lernen geschehe zunehmend über digitale und informelle Lernformate. Dazu werden vermehrt externe Inhalte auf YouTube, TED Talks oder fachlichen Blogs genutzt.
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