Wie verortet sich das Arbeitsfeld Suchthilfe in der Sozial- und Organisationspädagogik? Es wird herausgearbeitet, was die Sozial- und Organisationspädagogik für den Bereich Suchthilfe bedeutet.
Dieses Arbeitsfeld wurde von mir ausgewählt, da ich diesen Bereich sowohl in meinem Praktikum als auch für mein zukünftiges Arbeitsfeld anstreben möchte. Beginnend mit dem Bereich Institution, Organisation sowie Akteure und der thematischen Aufsplittung des Studiengangnamens „Sozial- und Organisationspädagogik“ in die Themenbereiche Sozialpädagogik und Organisationspädagogik, sollen die Grundlagen der Sozial- und Organisationspädagogik im Hauptteil thematisiert werden. Darauffolgend sollen die Punkte Systemische Haltung sowie die sozial- und organisationspädagogische Professionalität die professionelle Haltung innerhalb der Sozial- und Organisationspädagogik aufgreifen. Die Vertiefung auf die Studienschwerpunkte Human Resource, Soziale Dienste und Transnationalisierung bildet den abschließenden Themenblock des Hauptteils. Alle aufgezählten Themenfelder des Hauptteils sollen jeweils einzeln in Zusammenhang mit dem ausgewählten Arbeitsfeld „Jugendamt“ gesetzt und diskutiert werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung: Unter Einbettung des Sozial- und Organisationspädagogik-Studiums als Rahmen
2 Hauptteil
2.1 Institution - Organisation - Akteur
2.2 Sozialpädagogik
2.3 Organisationspädagogik
2.4 Die systemische Haltung
2.5 Professionalität
2.6 Studienschwerpunkt I: Human Resource
2.7 Studienschwerpunkt II: Soziale Dienste
2.8 Studienschwerpunkt III: Transnationalisierung
3 Fazit
4 Reflexion
5 Quellen- und Literaturverzeichnis
5.1 Literatur
5.2 Internetquellen
1 Einleitung: Unter Einbettung des Sozial- und OrganisationspädagogikStudiums als Rahmen
Das Studium Sozial- und Organisationspädagogik, welches bereits durch seine Namensgebung einen interdisziplinären Ansatz verdeutlicht, als Studiengang der Universität Hildesheim, befasst sich sowohl mit den Kompetenzen für Leitungs- als auch Entwicklungsfunktionen innerhalb der sozialen Dienste und richtet sich im Wesentlichen „auf die Kompetenzbereiche Organisations- und Personalentwicklung, Beratung und Personalwesen in lokalen und transnationalen Organisationen“ (Stiftung Universität Hildesheim 2018, Institut für Sozial- und Organisationspädagogik). Während im Bachelorstudiengang festgehalten wird, dass das Verständnis ebenso wie die Gestaltung von organisatorischen Zusammenhängen und auch die Arbeit mit dem einzelnen Menschen zentral sind (vgl. Stiftung Universität Hildesheim 2018, Studiengänge), werden im Masterstudiengang unter anderem Organisationen im Hinblick auf soziale Veränderungen sowie Lernchancen betrachtet (vgl. ebd., Studiengänge).
Der Studiengang Sozial- und Organisationspädagogik hält im Bachelor sowie im Master neben den interdisziplinären auch innerhalb der einzelnen Disziplinen ausdifferenzierte Anforderungen bereit. An die Studierenden wird unter anderem der Anspruch gestellt, bei der Breite möglicher Schwerpunkte die individuell passenden Vertiefungsfelder für die Einzelperson zu verfolgen. Dieser Aspekt ist in dieser Hausarbeit wiederzufinden, indem sich auf diejenigen Bereiche bezogen wird, die sich gezielt auf den gewählten Anwendungsbereich beziehen. Alle Bereiche, welche nicht in direkter Verbindung zu dem gewählten Anwendungsbereich stehen, werden ausgeblendet.
Das Studium Sozial- und Organisationspädagogik bildet letztlich den Bezugsrahmen dieser Hausarbeit.
Die vorliegende Hausarbeit, welche im Rahmen des Abschlussmoduls des Modul 1 „Theorien der Sozial- und Organisationspädagogik“ vorgelegt wird, folgt vorgegebenen Richtlinien, welche sich von regulären Hausarbeiten absetzen: Ersatzweise wird statt der Verfolgung einer eigenständig entwickelten Fragestellung die Analyse sowie wissenschaftliche Reflexion eines selbst gewählten Arbeitsfeldes der Kern der schriftlichen Ausarbeitung. Das eigenständig gewählte Arbeitsfeld „Suchthilfe“, welches sich dabei als eines der vielfältigen Aufgabenfelder des Bereichs „Soziale Dienste“ verorten lässt, soll im Rahmen dieser Arbeit auf die verschiedenen in der Veranstaltung veranschaulichten Themenfelder angewandt und erörtert werden. Dieses Arbeitsfeld wurde von mir ausgewählt, da ich diesen Bereich sowohl in meinem Praktikum als auch für mein zukünftiges Arbeitsfeld anstreben möchte. Die in der Veranstaltung behandelten Themenfelder beinhalten im Hauptteil der Ausarbeitung acht Punkte: Beginnend mit dem Bereich Institution, Organisation sowie Akteure und der thematischen Aufsplittung des Studiengangnamens „Sozial- und Organisationspädagogik“ in die Themenbereiche Sozialpädagogik und Organisationspädagogik, sollen die Grundlagen der Sozial- und Organisationspädagogik im Hauptteil thematisiert werden. Darauffolgend sollen die Punkte Systemische Haltung sowie die sozial- und organisationspädagogische Professionalität die Professionelle Haltung innerhalb der Sozial- und Organisationspädagogik aufgreifen. Die Vertiefung auf die Studienschwerpunkte Human Resource, Soziale Dienste und Transnationalisierung bildet den abschließenden Themenblock des Hauptteils. Alle aufgezählten Themenfelder des Hauptteils sollen jeweils einzeln in Zusammenhang mit dem ausgewählten Arbeitsfeld „Jugendamt“ gesetzt und diskutiert werden. Die in diesem Kontext zu berücksichtigende vorgegebene und zielführende Fragestellung formuliert sich wie folgt: „ Wie verortet sich das Arbeitsfeld Suchthilfe in der Sozial- und Organisationspädagogik? “. Die acht Themenfelder werden demnach darauf untersucht, inwiefern sie im Einzelnen mit dem selbstgewählten Anwendungsbereich Suchthilfe in Verbindung stehen - gemäß den Vorgaben für das Erstellen der Hausarbeit. Auf diese Weise wird herausgearbeitet, was die Sozial- und Organisationspädagogik für den Bereich Suchthilfe bedeutet. Das Fazit bildet den Abschluss der Arbeit und fasst die elementaren Kernaussagen bündig zusammen.
2 Hauptteil
Im folgenden Hauptteil werden acht unterschiedliche Themenfelder, welche innerhalb der Einführungsveranstaltung des Sozial- und Organisationspädagogik-Masterstudiengangs thematisiert wurden, näher betrachtet und darauf untersucht, inwiefern die einzelnen Themenfelder mit dem selbstgewählten Anwendungsbereich Suchthilfe in Verbindung stehen.
2.1 Institution - Organisation - Akteur
Institution, Organisation und Akteur stellen individuelle elementare Begrifflichkeiten der Sozial- und Organisationspädagogik dar. Die Sozial- und Organisationspädagogik setzt auf vielfältige Weise an den einzelnen drei Instanzen an.
In einzelner Betrachtung mit Bezug auf die Suchthilfe setzt auch dieses Arbeitsfeld an den drei Instanzen an. Die Institutionen - als soziale Einrichtungen zu verstehen - sind im engen Sinne spezifische soziale Handlungsmuster, welche die Interaktion von Menschen untereinander regeln und damit dem Fortbestehen und Funktionieren der Gesellschaft dienen (vgl. Esser 2000, S. 2 ff.). Sie sind dauerhaft strukturiert sowie normativ geregelt und legitimiert über Wert- und Sinnbezüge (vgl. Nolda 2000, S. 21). Institutionen stehen in Verbindung mit den Alltagstheorien der Träger sozialen Handelns und leben von der Einhaltung der Reglementierung der einzelnen Akteure. Es bedarf sozialer Normen im Rahmen einer Institution als Standards sozialer Regeln für ein bestimmtes (pädagogisches) Handeln (vgl. Esser 2000, S. 55). Unter der Suchthilfe sind eine Vielzahl von Institutionen zu verstehen, welche sich in verschiedene Einrichtungsarten untergliedern. Diese wären beispielsweise Kontaktläden, kommunale Suchtbeauftragte, Suchtprophylaxe, Gesundheitsämter, Fachkliniken zur stationären Suchthilfebehandlung, Fachkliniken für den Entzug für Drogenabhängige, Einrichtungen für chronisch mehrfachabhängige Suchtkranke, Fachverbände für ambulante sowie stationäre Prävention oder psychosoziale Beratungs- sowie Behandlungsstellen (vgl. Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren 2010, S. 4-7).
Organisationen bilden den Rahmen des organisationalen Handelns der einzelnen Personen und entwickeln sich darüber hinaus aus dem Handeln dieser einzelnen Personen heraus weiter. Sie stellen einen Zusammenschluss von Menschen dar, welche einen spezifischen Zweck verfolgen (vgl. Schöpf 2018, S. 385). Eine Organisation ist somit also als ein Vorgang zu verstehen. Die Suchthilfe setzt ebenfalls an dieser Stelle an. Sie verfolgt im Zusammenschluss den spezifischen Zweck, der Zielgruppe, Suchtkranken, Suchtgefährdeten und deren Familienmitgliedern, Hilfe zu leisten. Die Suchthilfe hat sich aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit mit einer in erster Linie fürsorglichen Intention professionalisiert, mit dem spezifischen organisationalen Zweck, Suchtkranken, Suchtgefährdeten und deren Umfeld, unabhängig von der Art der konsumierten Substanz sowie der Verhaltensauffälligkeiten, welche im Zusammenhang mit der Sucht stehen, zu helfen (vgl. Arenz-Greiving 1998, S. 910). Das wichtigste gemeinsame Ziel, worauf die Akteure der Suchthilfe abzielen, ist die Hilfe bei der Rückkehr der Suchtkranken oder Suchtgefährdeten in das gesellschaftliche Leben (vgl. Schay 2013, S. 21).
Akteure handeln auf der Grundlage von Rollenerwartungen, welche innerhalb der Suchthilfe organisational begründet sind. Sie sind die Träger von Aktionen, durch welche die organisationalen und die institutionellen Einflüsse gelebt werden. Die jeweiligen Rollen sind dabei stets von der Position in der Organisation abhängig. So agieren die Akteure der Suchthilfe zum einen auf Mikroebene auf der Ebene des individuellen Kontakts und zum andern auf Makroebene auf der Ebene der Vernetzung von Institutionen. Das bereitgestellte Angebot der einzelnen Akteure innerhalb der Suchthilfe reicht dabei von der Rolle des_der Herstellers_in der ersten Kontaktaufnahme bis über die Beratungsangebote, die Vermittlung an weitere suchtspezifische Angebote, medizinische oder psychotherapeutische Angebote sowie der Nachsorge nach abgeschlossenen Therapien oder Angehörigenarbeit. Die Akteure handeln jeweils auf der Grundlage von denjenigen Rollen, welche sie einnehmen oder ihnen zugewiesen werden. Innerhalb des Bereichs der Beratung wird beispielsweise Beratung bei Fragen oder Problemen im Umgang mit Suchtmitteln, bei suchtmittelbedingten Problemen am Arbeitsplatz oder zur Prävention von gesundheitlichen Gefährdungen, als Information und Aufklärungsarbeit, angeboten. Darüber hinaus wird jedoch beispielsweise seitens der Suchtberatung auch die Öffentlichkeitsarbeit oder die Information und Schulung von Vorgesetzten durchgeführt (vgl. Schay 2013, S. 30-33). Die Akteure orientieren sich somit nicht nur rein nach ihren Verhaltenserwartungen, die der individuellen Rolle zugeteilt sind, sondern füllen zugleich immer mehrere Rollen, die beispielsweise über die reine Beratung hinausgehen. Die organisational handelnden Akteure sind dabei in ihrer autonomen Existenz sowie der gleichzeitigen Verortung innerhalb eines überindividuellen Systems differenziert voneinander zu betrachten (vgl. Simon 2015, S. 16 f.). Die Zielgruppe ist vielfältig - beispielsweise Migranten_innen, Wohnungslose, ältere Menschen oder Kinder von Suchtkranken (vgl. Abstein 2012, S. 9).
Akteure, Dienste, Einrichtungen und Berufsgruppen haben sich stets weiter untergliedert sowie spezialisiert und haben die Suchthilfe in Deutschland so zu einem in dieser Vielfalt sowie Differenziertheit international einzigartigen Hilfesystem entwickelt (vgl. ebd., S. 9).
2.2 Sozialpädagogik
Die Ausdruck Sozialpädagogik bringt in seiner Definition die Schwierigkeit mit sich, dass trotz der einhundert Jahre langen Verwendung des Begriffs die Bedeutung sowohl von Autor_in zu Autor_in, als auch von Interessengruppe zu Interessengruppe schwankt. Auch historisch betrachtet vermerkt die Sozialpädagogik im Hinblick auf ihre Bedeutung Veränderungsprozesse. Nach aktuellen Definitionen lässt sich die Sozialpädagogik als eine eigene Disziplin darstellen, welche sich inhaltlich nicht lediglich auf eine wissenschaftlichen, sondern ebenfalls auf einen praxisbezogenen Begriff bezieht (vgl. Hamburger 2008, S. 14). Die Sozialpädagogik eröffnet den Blick für die sozialen Eigensinnigkeiten und Ambivalenzen innerhalb sozialer Prozesse (vgl. Schröer; Wolff 2018, S. 68). Sie setzt dort an, wo Konflikte wahrgenommen werden, und versucht, die Konflikte zu klären und den selbstständigen Umgang der Menschen mit allgemeinen Lebenslagen innerhalb der Gesellschaft zu stärken. Dies umfasst die Arbeit mit den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen und Personen und diversen Bereichen, wie etwa Schule oder Freizeitbereich. Ihre enorme Abhängigkeit vom gesellschaftlichen Wandlungsprozess lässt stets neue Tätigkeitsfelder entstehen (vgl. Hamburger 2008, S. 14-17).
Die Sozialpädagogik lässt sich in der Basis der Suchtberatung stark wiederfinden. Die Suchthilfe lässt sich als gelebte Sozialpädagogik betrachten, denn ihr Leitbild ist, für die Menschen innerhalb der Einrichtungen der Suchthilfe die passenden Rahmenbedingungen für soziale sowie medizinische Rehabilitation zu schaffen, welche ihr in dem Zuge ermöglicht, ihre Lebensqualität als auch ihre Selbstwirksamkeitserwartungen zu verbessern und dazu positive Lebens- und Arbeitsperspektiven zu erreichen (vgl. Schay 2013, S. 21). Suchtkranke, welche aus unterschiedlichsten Religionen, sozialen Schichten etc. stammen, erhalten beispielsweise bei bestehenden Konflikten Hilfestellungen bei der Stabilisierung ihrer Lebenssituation. Diese Lebenssituationen umfassen ebenfalls diverse Bereiche, wie den Schul-, Arbeits-, Freizeitbereich etc. Suchtarbeiter_innen können gemeinsam mit Lehrern_innen, Auszubildenden, Arbeitgebern_innen oder den Kindern der Suchtkranken für den Suchtkranken scheinbar ausweglose Situationen klären, Negativprozesse stoppen und Lösungen anbieten, welche mit der Schule oder dem Beruf in Einklang stehen (vgl. Niemeier 2012, S. 22-25). Durch den Einbezug von Familienangehörigen über die Angehörigenarbeit wird beispielsweise nach Bedarf auch explizit das familiäre Umfeld mit in die Arbeit einbezogen. So wird bei der Arbeit mit Suchtkranken nicht nur an dem Individuum, welches Hilfe benötigt, angesetzt, und dieses resozialisiert, sondern auch der Weg zurück in die Gesellschaft, mit einem neuen sozialen Umfeld, gebaut. Durch das Aufgreifen des sozialen Umfelds in die Arbeit wird die Suchthilfearbeit sehr von einem sozialpädagogischen Charakter geprägt.
Ferner fragt die Sozialpädagogik, was der gesellschaftliche Wandlungsprozess für die Lebenschancen sowie die Lebensführung von Menschen bedeutet. Die Suchthilfe setzt auch an diesem Standpunkt an, denn sie fokussiert sich auf den Wandel der Lebensführung sowie der Lebenschancen eines Suchtkranken. Mit der Therapie am Patienten werden neue
Lebenschancen offengelegt, indem neben dem Aufbau eines neuen Umfeldes beispielsweise auch geholfen wird, ein festes Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis aufzunehmen, was nach der Therapie zu einer strukturierteren Lebensführung führen kann.
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