Wie definiert sich die Identität des saudischen Staates und inwieweit spiegelt sich diese Identität durch die militärische Intervention im Jemen wieder?
Diese Hausarbeit soll zu Beginn die Saudische Identität definieren und anhand sozialkonstruktivistischer Gesichtspunkte, aus dieser das außenpolitische Interesse des Staates definieren. Im Hauptteil soll das Akteursverhalten Saudi Arabiens im Jemenkonflikt auf die Konformität mit der zuvor definierten Identität und im Schwerpunkt auf die daraus abzuleitenden Motive beleuchtet werden.
Inhalt:
1. Einleitung
1.1 Leitfrage
1.2 Kurzübersicht der Saudischen Geschichte
2.0 Hauptteil
2.1 Saudische Identität und der Wahhabitische Islam
2.2 Sozialkonstruktivistische Analyse
2.2. Der Jemen Krieg als Ausdruck der Saudischen Identität
3.0 Fazit
4.0 Literatur
Einleitung:
Ende 2014 begann die von Saudi-Arabien und einer Militärkoalition geführte Offensive gegen den Jemenitischen Staat. Dieser Krieg, welcher nun fünf Jahre nach seinem Ausbruch immer noch wütet, ist militärisch für keine der beteiligten Konfliktparteien kaum mehr zu gewinnen und hat im Jemen eine humanitäre Katastrophe ausgelöst. Gleichzeitig hat er sich, entgegen den Erwartungen der Krieg führenden Parteien, unter der Führung Saudi-Arabiens entgegen der saudischen Interessen entwickelt und droht, die Stabilität des Königreichs zu gefährden. Statt die Huthis zu schwächen, hat der Militäreinsatz zu einer Konsolidierung ihrer Position geführt und anstatt den vermuteten iranischen Einfluss zu zerschlagen, ermöglicht Saudi Arabiens Intervention Teheran mehr und mehr die Möglichkeit der tatsächlichen Einflussnahme. Zeitgleich hat der Krieg den Jemenitischen Staat an den Rande eines ,,Failed Staates'' getrieben. Ein gescheiterter Nachbarstaat jedoch steht den saudischen, europäischen und globalen Sicherheitsinteressen entscheidend entgegen. (vgl. Heibach 2016)
Leitfrage:
Wie definiert sich die Identität des Saudischen Staates und in wie weit spiegelt sich diese Identität durch die militärische Intervention im Jemen wieder?
Diese Hausarbeit soll zu Beginn die Saudische Identität definieren und anhand sozialkonstruktivistischer Gesichtspunkte, aus dieser das außenpolitische Interesse des Staates definieren. Im Hauptteil soll das Akteursverhalten Saudi Arabiens im Jemenkonflikt auf die Konformität mit der zuvor definierten Identität und im Schwerpunkt auf die daraus abzuleitenden Motive beleuchtet werden.
Saudische Geschichte:
Der Staat Saudi-Arabien wurde im Jahr 1932 von König Al-Saud gegründet. Er ist seit seiner Entstehung in der Hand der selben ehemaligen Beduinenfamilie Al-Saud. Saudi-Arabien wird daher zu einer der wenigen verbleibenden absoluten Monarchien der Welt gezählt. Der Wüstenstaat, der später zum Ölstaat mit den weltweit zweitgrößten Rohöl-Reserven der Welt werden würde, entwickelte sich in seinem Ursprung aus einem Machtverhältnis zwischen der um 1744 von Mohammed Ibn Saud und Mohammed ibn Bad al-Wahhab gegründeten Wahhabitenbewegung und der Familie al-Saud, unter Abdul Aziz bin-Saud, welche im Jahr 1932 mit Hilfe der wahhabitischen Beduinenarmee die Al-Rashid Familie im Territorialkampf siegt und somit die Königreiche Hedscha und Nadschd zum Königreich Saudi-Arabien eint. In den Folgejahren um 1938 wurden reiche Ölvorkommen an der Küste des Persischen Golfs entdeckt, welches das Zeitalter des saudischen Aufstiegs zur Ölnation begründete. So wurde es möglich, dass der bis dato noch mehrheitlich landwirtschaftliche und einstige Beduinenstaat in kürzester Zeit einen beispiellosen Transformationsprozess bestritt. (vgl.Sons 2016: 38-42) (vgl. Chubin 1981: 3-5)
Hauptteil:
Die Saudische Identität und der Wahhabitische Islam:
Dieser Abschnitt der Arbeit soll in mehre Sinnabschnitte gegliedert werden, um einen roten Faden für die Beantwortung der Leitfrage zu gewährleisten. Zunächst soll anhand empirischer Daten eine Definition über die Saudische Identität ,im Besonderen in Bezug auf das Selbstverständnis des eigenen Staates im internationalem System, definiert werden.
Der Begriff der Saudischen Identität implementiert regelrecht die Frage nach der Geschichte des saudischen Staates. Diese lässt sich in seiner Gesamtheit in mehrere Pfeiler unterteilen. Der moderne Saudische Staat, wie er von der Dynastie al-Saud geschaffen wurde, fundiert zum einen auf der Familie selbst, dem Wahhabitischen Islam und der noch jungen Staatsgeschichte als Ölnation. Für die Definition der saudischen Identität ist vor allem die Geschichte des Staates von Bedeutung, welche unmittelbar mit der Familie al-Saud und dem Aufstreben des Wahhabitischen Islam verbunden ist. Daher werden im Folgenden eben diese Bereiche näher beschrieben.
Wie bereits erwähnt, steht die Geschichte des Staates Saudi Arabiens in einer unmittelbaren Verbindung mit dem Aufstieg des Wahhabitisch sunnitischen Glaubens im Islam. Die Wahhabitische Beduienarmee unter Mohammed ibn Bad al-Wahhab, verhalf der Familie al-Saud bereits in den Gründungstagen mit der Konstituierung ihrer Macht und der Staatsgründung 1932. Die Verbindung des Königshauses mit der islamischen Strömung besteht daher seit Anbeginn des Saudischen Staates und beruht auf einer gegenseitigen Stabilisationsfunktion von Staat und Religion. ,, In Muslim history relations between State and Religion were introduced in two ways: (a) the resources and apparatus of the State were used to promote Islam, as in the time of the Prophet and the first four Khalifas; (b) Islam was mobilized to protect the state. Saudi Arabia is a modern manifestation of the latter.'' (Nevo 1998:34)
Nevo beschreibt im Folgenden einen weiten elementaren Bestandteil in der Verbindung von Religion und Staat. Da es in einem absolutistisch monarchischen System wie Saudi Arabien keine politische Beteiligung gibt, über die das System sich von der Bevölkerung legitimieren lassen kann, erfolgt diese Legitimation über die Identifikation mit der Rolle der religiös legitimierten Schutzmacht des Glaubens, welcher für die Bevölkerung einen zentralen Identitätsfakor darstellt. Dies wird durch den Ursprung der herrschenden Familie al-Saud und deren intime Verbindung zur wahhabitischen Strömung versichert. (vgl. Nevo 1998:34) Dieses von Nevo angesprochene Konstrukt von Herrschaft und Legitimation, sieht sich auch durch die Ausführungen von Sons bestätigt:
,,Etwa 88% der saudischen Bevölkerung sind sunnitische Muslime, der Islam in der wahhabitischen Auslegung ist Staatsreligion. Als Saudi-Arabiens Verfassung dienen der Koran und die Sunna (die Überlieferungen des Propheten Muhammads), das Rechtssystem beruht auf der Scharia, dem islamischen Rechts- und Wertekanon, wenngleich vor allem im Handels- und Finanzrecht längst weltliche Gerichtsbarkeit dominiert. Gleichwohl definiert sich Saudi-Arabien als islamischer Staat, in dem die Religion die omnipräsente Rolle spielen muss [...]. Mit ihrer Hilfe will der Staat eine kollektive Identität schaffen, bei der Loyalität zum Königshaus auch als Loyalität zum Islam im Allgemeinen verstanden werden soll.“ (Sons 2016:46-47) Für die weitere Bearbeitung der Leitfrage und der Suche nach der saudischen Identität, soll kurz anhand eines Zitates dargelegt werden ,wo der Ursprung der Wahabitenbewegung liegt und wie sich die Inhalte dieser islamischen Strömung definieren lassen: ,,The Wahhabi doctrine (derived from the Hanbali school of Sunni Islam) was first preached in Najd in central Arabia in the 1740s by a native Muslim scholar, Muhammad Ibn Abd al-Wahhab. The school he founded was later named after him. He called for the reinstatement of exactly the same religious, social and political customs that had been practised by the prophet Muhammad and his followers, namely adherence to the Quran and the sunna as the only sources for religious conduct, and the rejection of any new element or concept introduced into Islam thereafter; those were branded as bid’a. The most important Wahhabi tenet was tawhid, the oneness of God.’’(Nevo1998:36-37)
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