Dieser Unterrichtsentwurf präsentiert eine Unterrichtsstunde zum Thema des Liedes "Zu Potsdam unter den Eichen" mit einem Fokus auf die Umsetzung des Musiktheater-Konzeptes von Brecht und Weill. Die zentrale Frage der Stunde lautet: Wird Weill den eigenen Ansprüchen gerecht oder ist der Song doch nur unterhaltend?
1. Übersicht über die Unterrichtseinheit
Thema der Unterrichtsreihe: Musik & Politik. Brecht/Weill - Episches Musiktheater als „Schmutzaufwirblerin“1
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2. Der fachlich-inhaltliche Schwerpunkt
Die Beschäftigung mit dem Song „Zu Potsdam unter den Eichen“ im Unterricht, als Beispiel für das kompositorische Schaffen Weills im Zusammenhang mit dem epischen Musiktheater-Konzept, ist aus folgenden Gründen lohnenswert:
Der Song bewegt sich an der Schnittstelle zwischen tradierten, populären sowie massenmedial tauglichen Musikformen und neuer Musik mit politischen Bezügen, da er beide Kompositionsweisen verbindet. Den Schüler*innen wird hierdurch erleichtert, einen Zugang zu Neuer Musik zu finden, nachdem zuvor im Unterricht der Fokus auf der Auseinandersetzung mit einfachen politischen Liedern im Marsch- und Volksliedduktus lag.
Die Untersuchung Neuer Musik kann für die Lernenden vor allem daher als relevant angesehen werden, weil hier der Übertritt gewagt wird, sowohl aus musikalischen als auch aus politisch-problematischen Denkgewohnheiten auszubrechen. In „Zu Potsdam unter den Eichen“ werden in diesem Zusammenhang zum einen auf musikalischer Ebene Ausbrüche z.B. aus harmonischen Gewohnheiten und den Text illustrierender Musik veranschaulicht. Zum anderen wird sich auf intentionaler Ebene dagegen erhoben, bspw. bürgerlichen Tugenden der Opfer- und Kampfbereitschaft für „Heimat“ und „Vaterland“ unreflektiert zu folgen. Durch Musik Widerstand gegen Entgrenzung sowie Entmenschlichung darzustellen und wecken zu wollen, sollte den Schüler*innen als menschliche Artikulationsform nicht vorenthalten werden. Eine Diskussion um diese ambitionierten Ansprüche Neuer Musik befördert eine Erweiterung des Wahrnehmungsfeldes für künstlerische Versuche, sich emanzipiert, selbstverwirklichend und ethisch verantwortungsvoll ausdrücken und in das Lebensumfeld einbringen zu wollen.
Im Unterrichtsgang wird nach der Behandlung der Kompositionsversuche Weills als Mischform zwischen massentauglich-populärer und Neuer Musik angestrebt, sich letzterer in ihrer „Reinform“ und ohne Text im Kontext politischer Inhalte und Kritikformen zu widmen (bspw. Walter Steffens: „Guernica“ op. 32, Elegie für Bratsche und Orchester).
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4. Erwartete Kompetenzniveaus
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5. Die Begründung der Lehr-und Lernstruktur
I. Einstieg und Problematisierung
Zu Beginn wird über das Stundenvorhaben informiert, damit die Schüler*innen Zieltransparenz für die Stunde haben. Die sich anschließende Problematisierung soll zum einen das Interesse für das Analysevorhaben von „Zu Potsdam unter den Eichen“ wecken und den Widerspruch auftun, dass der Song beim Publikum scheinbar nur unterhaltenden Wert hatte, obwohl Weill eigentlich ambitioniertere Ziele hegte. Zum anderen soll hiermit die Stundenfrage angestoßen werden.
II. Hörphase
Nach der Problematisierung ist eine Hörphase des Songs ohne Notenbild geplant. Diese Phase war in bisherigen Unterrichtsstunden stets Bestandteil einer Analysestunde. Sie begründet sich damit, aufmerksames Hören, als grundlegenden Bildungsauftrag des Musikunterrichts, zu schulen. Zudem ermöglicht der erste Höreindruck eine persönliche Annäherung an den Song und die Problemfrage.
III. Erarbeitung
Da in der Unterrichtsstunde erstmals in der Reihe ein Song von Weill analytisch betrachtet wird, soll die Annäherung durch die Zuordnung und Erläuterung bereits vorgegebener Musikbausteine erleichtert werden. Um den Arbeitserfolg der Schüler*innen zu gewährleisten, werden zusätzlich zwei Lösungsbeispiele im Sinne des Modelllernens nach Bandura vorgestellt. Daneben sind die Schüler*innen in den bisherigen Unterrichtseinheiten mit analytischen Schwerpunkt gewohnt, ein Hilfsangebot mit Empfehlungen zur Verfügung gestellt zu bekommen, auf welche Parameter besonders geachtet werden sollte. In der Regel nutzen dies alle Schüler*innen als Selbstkontrolle, nachdem sie eigene Lösungsansätze gefunden haben. Zur Lernprogression ist in den beiden folgenden Stunden angedacht, den nächsten Song mit gleicher Fasson ohne vorgegebene Musikbausteine zu analysieren.
IV. Zwischenergebnis (= Notausstieg)
In dieser Phase gilt es, die Analyse-Ergebnisse treffend zusammenzuführen und als Lernzuwachs festzuhalten. Für die sich in der nächsten Unterrichtsstunde anschließenden Analyse soll diese Fixierung Arbeitsgrundlage und Vergleichsmoment für die Kompositionsmittel des in dieser Stunde behandelten Weill-Songs und des neu zu betrachtenden „Kanonen-Songs" bilden.
V. Erkenntnisgewinn
Die Auseinandersetzung mit der Bedeutung Weillscher Kompositionsmittel für das Anregen kritischen Denkens und Handelns soll bei den Schüler*innen das Nachdenken darüber anstoßen, inwieweit Musik gestaltet sein müsste, um solche Prozesse zu aktivieren.
Aspekte der Sprachbildung
In der Stunde wird darauf Wert gelegt, das die Schüler*innen Ihre bildungs- und fachsprachlichen Kompetenzen verfeinern. Dieserart soll fachsprachliches Begründen und Erläutern in Anlehnung an die Modellbeispiele geübt werden. Auch sind konkrete Fachbegriffe zu den Parametern der Musik, ggf. mit Hilfsangebot (siehe 10.4), anzuwenden.
6. Geplanter Verlauf der Stunde
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1 Brecht zit. nach Csampai & Holland, 1983, S. 83.
- Arbeit zitieren
- Nico Schloß (Autor:in), 2021, Der Song "Zu Potsdam unter den Eichen". Eine Umsetzung des Musiktheater-Konzepts von Brecht und Weill (11. Klasse Musik), München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1153612