In dieser Hausarbeit wird Friedrich Eberhard von Rochow und seine Idee, die Bildung für Alle, behandelt. Dabei wird auch über den Lehrer Bruns gesprochen. Es wird außerdem ein Blick auf die Auswirkungen dieser Ideen auf die heutige Zeit geworfen. Am Ende steht eine Zusammenfassung und die Beantwortung der Themenfrage. Diese Hausarbeit beschäftigt sich vorrangig mit der bildungspolitischen Bedeutung von Friedrich Eberhard von Rochow. Seine ökonomischen Erfolge werden hier nicht behandelt.
Inhaltsverzeichnis
1. Allgemeiner Teil
1.1. Wer ist Friedrich Eberhard von Rochow?
1.2. zentrale Konzepte/ Ideen
1.3. Heinrich Julius Bruns
2. Hauptteil
2.1. Dorfschule Reckahn
2.2. Lesebuch “Der Kinderfreund”
2.3. heutige Bedeutung- Reckahner Reflexionen
3. Schluss
3.1. Zusammenfassung
3.2. Beantwortung der Themenfrage
Literaturverzeichnis
Einleitende Worte
Seitdem ich denken kann, lese ich. Ich lese sehr gerne. Von Klassikern wie Johann Wolfgang von Goethes “Faust” über moderne True Crime Bücher wie jene von Mark Benecke, ist alles dabei. Wenn ich nun zurück denke, an die Zeit, wo mir das Lesen beigebracht wurde, dann kommen gemischte Gefühle in mir zum vorschein. Ich kann mich noch genau an jene Zeit erinnern. Ich besaß ein Kinderbuch, welches sich mit einer Hasenfamilie und deren Abenteuern beschäftigte. Das Buch war zwar mit großer Schrift, jedoch nicht mit Bildern ausgestattet. Ich lernte also, wie man Wörter aussprach, Silben bildete und ganze Sätze und Abschnitte zusammenhängend laß. Was mir fehlte, war nicht nur die Verknüpfung zu dem Realen, sondern auch der Spaß am Lesen. Wenn ich also die Geschichte der Hasen laß, dann wusste ich zwar worum es geht, konnte mir jedoch kein Bild dazu vorstellen. Das sollte sich eines Tages ändern. Meine Eltern schenkten mir ein kleines, blaues Buch. Meine erste Lesefibel. Dieses Buch war besonders, denn es gab nicht nur Bilder neben den Geschichten, sondern in den Sätzen waren Wörter durch Bilder ersetzt. So sollte ich lernen Bilder mit Worten zu verknüpfen und einen sinnvollen Zusammenhang herzustellen. Jeden Abend, vor dem schlafen gehen, musste ich eine Seite aus dieser Fibel lesen. Ich hatte sehr viel Spaß dabei, denn ich konnte mir endlich etwas unter den Wörtern vorstellen. Das Gelesene erschien lebendig. Diese Fibel werde ich niemals vergessen, denn dadurch habe ich meine Leidenschaft für das Lesen entdeckt.
Diese Fibel sprang mir wieder in mein Gedächtnis, als ich mich mit Friedrich Eberhard von Rochow beschäftigte. Der adlige Menschenfreund war ein Verfechter der Idee, dass alle Menschen ein Recht auf Bildung und ein vernünftiges Leben haben. Dazu entwickelte er Konzepte und Ideen, die heutzutage noch zu finden sind und mit denen wahrscheinlich jeder in seiner Kindheit in Berührung kam. Das Ziel war es durch eine ausreichenden und gute Schulbildung die Volksaufklärung zu erreichen. Doch ist es Friedrich Eberhard von Rochow gelungen Bildung für alle umzusetzen?
Um diese Frage beantworten zu können, werde ich in meinem ersten Teil dieser Arbeit auf das Leben und die Ideen/ Konzept von ihm eingehen. Als Abschluss des ersten Teils und Übergang zu dem zweiten Teil, werde ich den Lehrer Heinrich Julius Bruns vorstellen, da dieser maßgeblich an der Umsetzung der Ideen beteiligt war. Des Weiteren werde ich die gegründete Dorfschule in Reckahn und das Lesebuch “Der Kinderfreund” thematisieren. Die heutige Bedeutung der Ideen Rochows spiegelt sich in den Reckahner Reflexionen wieder, welche ich ebenso erläutern werde. Am Ende steht eine Zusammenfassung und die Beantwortung der Themenfrage. Diese Hausarbeit beschäftigt sich vorrangig mit der bildungspolitischen Bedeutung von Friedrich Eberhard von Rochow. Seine ökonomischen Erfolge werden hier nicht behandelt.
1. Allgemeiner Teil
1.1 Wer ist Friedrich Eberhard von Rochow?
Friedrich Eberhard von Rochow wurde am 11. Oktober 1734 in Berlin geboren. Sein Vater, Friedrich Wilhelm von Rochow, war Staatsminister, Kammerpräsident und Leiter diverser Rittergüter. Seine Mutter Fridericke Eberhardine spielt, gerade im Hinblick auf seine späteren Konzepte und Ideen eine große Rolle, denn sie ließ ihm die sogenannte Herzensbildung zukommen. Das Geschlecht Rochow ist eines der ältesten märkischen Adelsgeschlechter. Friedrich Eberhard von Rochow (nachfolgend F.E von Rochow genannt) gehört dem Reckahner Zweig aus Brandenburg an.
Seinen ersten Hauslehrer bekam er bereits mit vier Jahren. Aufgrund seiner Begabung, langweilte er sich schnell. Dies führte dazu, dass er bis zu seinem 15. Lebensjahr ganze elf Hauslehrer hatte. Da F.E von Rochow nicht der älteste Sohn war, kam auf ihn eine militärische Laufbahn zu. 1750 wurde er in eine Ritterakademie aufgenommen. Zwei Jahre später trat er dem Elitetrupp bei. Im gleichen Jahr erkrankte er jedoch schwer an Pocken, was zu einer Versetzung nach Potsdam führte. 1756 begann ein Krieg, welcher sieben Jahre dauern sollte. Dieser Krieg war Fluch und Segen zugleich für den jungen F.E von Rochow. Fluch, da er durch einen Schuss in den linken Arm in ein Winterquartier kam und Segen, da er dort Christian Gellert kennenlernte. Gellert war ein Universitätsprofessor für Moral und Beredsamkeit. Die beiden Herren pflegten eine tiefe Freundschaft mit späteren Briefwechsel. Im Jahre 1758 endete seine militärische Karriere, nach einer unehrenhaften Entlassung aus der Armee. Diese kam zustande, nachdem er ein Jahr zuvor zum Leutnant befördert wurde und sich mit einem anderen Leutnant duellierte. Hierbei wurde F.E von Rochow die Pulsader durchtrennt. Dies überlebte er schwer.
Die Genesung zog sich dementsprechend lange hin. Der König missbilligte das Duell und unterstellte Rochow, er wolle sich vor dem Kriegsdienst drücken. Dies führt dazu, dass Rochow aus der Armee entlassen wurde. Es folgte eine tiefe Krise. In dieser Zeit lernte er durch seinen Freund Christian Gellert seine zukünftige Frau kennen. 1759 heiratete er Christiane Louise von Bose.
Nur ein Jahr später starb seine Mutter. Daraufhin übereignete sein Vater ihm sämtliche Familiengüter. Darunter auch der neu sanierte und schuldenfreie Familienbesitz in Reckahn. Dafür war F.E von Rochow seinem Vater sehr dankbar. Ihn störten jedoch die sozialen Verhältnisse seiner Untertanen. Durch den Krieg gab es viele Witwen mit Kindern, Bettler und Waisenkinder. Dieser großen Verwahrlosung wollte er durch Maßnahmen entgegenwirken. So errichtete er eine Armenkasse, eine allgemeine Armenfürsorge und Armenhäuser. F.E von Rochow erkannte jedoch ein weiteres, tiefgehendes Problem; Die Bevölkerung besaß kein Wissen, war demoralisiert. Ihm war bewusst, dass er von dem Wohl seiner Bauern abhing. Rochow suchte nun eine Lösung für dieses Problem. Dazu trat er auch in Austausch mit seinen Freunden. Schließlich entschloß Rochow sich, sein Geld in die Bildung, Erziehung und Ausbildung der Kinder zu investieren.
F. E von Rochow eröffnete 1773 die Dorfschule in Reckahn. Des Weiteren schrieb er das Lesebuch “Der Kinderfreund”, welches in zwei Teilen 1776 und 1779 erschien.
Friedrich Eberhard von Rochow starb am 16. Mai 1850 in Reckahn. Er war der einzige Sohn, der seine Eltern überlebte. Rochow selbst hatte keine Kinder. Damit erlosch 1805 der Reckahner Zweig der Rochows.
1.2 Zentrale Konzepte/ Ideen
F. E von Rochow teilte die Ideen der Philanthropen. Er war ein Menschenfreund. Er setzte sich vor Allem für die Bildung ländlicher Regionen ein. Bildung sollte ein Mittel zur Bekämpfung sozialer Probleme und Armut sein. Sein Ziel war dabei die Volksaufklärung durch Schulbildung. Diese wollte er durch die Herzensbildung, welche er durch seine Mutter zu spüren bekam, vermitteln. Die Herzensbildung beschreibt die Hinwendung zum Kind. Dabei soll kein Kind vernachlässigt oder als dumm bezeichnet werden. Das Kind soll eigenes Nachdenken und hinterfragen lernen. Schule und Bildung sollte als Hilfe zur Selbsthilfe angesehen werden. Bildung gilt dabei als Belohnung. Die Schule sollte ein Ort werden, wo die Kinder gerne hingehen und gerne verweilen.
F.E von Rochow war es außerdem wichtig, dass der Unterricht unterhaltsam, sachangemessen und kinderfreundlich zugleich ist. Sein Lesebuch “Der Kinderfreund” sollte eine besondere Rolle spielen. Dadurch, dass sich in diesem neben Text auch Bilder befanden, konnten sich die Kinder etwas unter dem Gelesenen vorstellen. Das Prinzip der Anschauung war nicht nur in dem Lesebuch, sondern auch im Klassenzimmer zu finden. Im späteren Verlauf dieser Arbeit, werde ich darauf konkreter eingehen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Berücksichtigung der Individualität der Kinder. Rochow erkannte, dass jedes Kind besonders ist und individuelle Fähigkeiten und Voraussetzungen mitbringt. Diese sollen in der Schule berücksichtigt werden.
1.3 Heinrich Julius Bruns
“Er war ein Lehrer” so lautet die Aufschrift auf dem Denkmal, welches F.E von Rochow dem Lehrer Heinrich Julius Bruns, nach seinem Tode widmete. Diese Aufschrift lässt erkennen, wie wichtig Heinrich Julius Bruns (nachfolgend H.J Bruns genannt) als Lehrerpersönlichkeit war.
H.J Bruns wurde 1746 geboren und starb 1794 in Reckahn. Schon in seiner Kindheit und Jugend stach er durch seine hervorragenden Schulleistungen heraus. Diese guten Leistungen verhalfen ihm zu einer Freistelle an der Domschule in Halberstadt. Dort stach er ebenfalls durch überdurchschnittliche Leistungen hervor. Der Besuch der Domschule in Halberstadt sollte schicksalsgebend für Bruns sein, da er dort F.E von Rochow kennenlernte. Rochow stellte Bruns, nachdem diese sich näher kennengelernt hatten, als Schreiber auf Schloss Reckahn ein. In dieser Zeit berieten Bruns und Rochow über die Reformierung der Landschule und des Volksschulwesens. 1771 ging Bruns zurück nach Halberstadt. Dort arbeitete er als Kantor und Organist in der Johanniskirche. Kurz nachdem Bruns seine Tätigkeit antrat, starb der Schulmeister zu Reckahn. H.J Bruns ergriff die Chance und bewarb sich auf die freie Stelle. Nachdem er diese bekam, zog er 1773 erneut nach Reckahn. Dort arbeitete er nun als Lehrer an der Dorfschule.
Ein Alleinstellungsmerkmal des Lehrers, war das Sokratische Gespräch, welches er in Perfektion beherrschte. Da Bruns und Rochow der Meinung waren, dass das Lesen und das Katechisieren über das Gelesene “die erste und wichtigste Schularbeit” (Rochow, Sämtliche pädagogische Schriften, Bd. 3, S.15) sein sollte, übten sie jenes Katechisieren durch das Sokratische Gespräch. Dabei schlüpfte einer in die Rolle des Lehrers und einer in die des Schülers. Durch diese Übung und durch die Bemühungen Rochows, Bruns pädagogisch zu qualifizieren, wurde Bruns zum Meister des Sokratischen Gesprächs.
Der Zeitzeuge Karl Christoph Gottlieb Zerrenner berichtet von dieser Perfektion wie folgt: “[...] Seine hohen Wendungen, der Gang der Unterredung, die Manier, die Kinder auszufragen, und die richtigen Ideen in ihren Kinderseelen zu veranlassen, vorzubereiten, und gleichsam herauszuspinnen; dann seine Übergänge und die ihm ganz eigene Art und Weise alles, auch das Geringfügiste, sogleich praktisch fürs Leben brauchbar zu machen, und in eigene gute Vorsätze und Entschließungen zu verwandeln, ist in der That einzig, und beinahe unnachahmlich!” (Zerrenner: Noch etwas über Rekan, in: Journal für Prediger 20 (1788), S.16). Dieses Zitat belegt, die Kunst, welche von H.J Bruns ausging und hebt die Bedeutsamkeit eindeutig hervor.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der zu nennen ist, wenn man über H.J Bruns spricht, ist der der Lehrerbildung. Denn obwohl die Dorfschule Reckahn kein Lehrerseminar war, bot Bruns lehrerbildende Maßnahmen an. In jenen Maßnahmen unterrichtete er seine Schüler über die Methode der modellhaften Dialoge. Diese Dialoge kann man mit dem Sokratischen Gespräch vergleichen. Denn durch sie soll man zum Denken anregen, Sachkenntnis vermitteln und letztendlich zu einem moralischen Urteil führen. Denkbare Antwort- und Fragemuster werden durch ein solches Gespräch als Lehr- Lernerfahrungen habitualisiert. Des Weiteren vermittelte Bruns in diesen Maßnahmen sein positives Menschenbild. Er betonte dabei die kindliche Wissbegierde und Neugier, welche normalerweise vorhanden sei. Außerdem betonte er, wie wichtig es ist frühkindliche Entwicklungen wahrzunehmen, zu fördern und zu nutzen. Heinrich Julius Bruns vermittelte mit diesen Maßnahmen auch seinen Lehrerethos, welcher besagt, dass man seinen Beruf als Berufung sehen sollte.
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