Der zentrale Fokus dieser Arbeit liegt auf der Betrachtung der Frage, welche Vorteile und Nachteile für den Zeitarbeitnehmer und das Kundenunternehmen bestehen. Einleitend wird hierzu auf die grundlegende Begriffsdefinition der Zeitarbeit und die Einordnung in die Beschäftigungsformen eingegangen. Nachfolgend soll der geschichtliche Aufschwung der Zeitarbeit und der damit verbundenen Entwicklung eines gesetzlichen Rahmens in Deutschland erläutert werden. Darauf aufbauend erfolgte die Beleuchtung der gesetzlichen Vertragsbedingungen des sogenannten Dreiecksverhältnisses, welches die Beziehung zwischen Zeitarbeitnehmer, Einsatzbetrieb und Zeitarbeitsunternehmen beschreibt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsdefinition und Einordnung der Zeitarbeit
3. Entwicklung der Zeitarbeit in Deutschland
4. Dreiecksverhältnis der Zeitarbeit
5. Vorteile und Nachteile für das Kundenunternehmen und den Zeitarbeitnehmer
6. Fazit
7. Literatur- und Quellenverzeichnis
8. Anhangsverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Reformen und Änderungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung
Abbildung 2: Entwicklung der Anzahl von Leiharbeitnehmerinnen und
Leiharbeitnehmern
Abbildung 3: Das Dreiecksverhältnis der Zeitarbeit
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Im Jahre 1980 waren insgesamt 33.000 Menschen als Zeitarbeitnehmer tätig, zehn Jahre später steigerte sich die Zahl auf 119.000 Personen, im Jahr 2000 verdreifachte sich diese Zahl und im Jahr 2011 waren bereits 910.000 Erwerbstätige in der Branche beschäftigt. Der Höhepunkt wurde im Juli 2018 mit exakt 1.030.856 Zeitarbeitnehmem erreicht. Jedoch verzeichnete die Zeitarbeitsbranche, insbesondere durch die erste Welle der Corona- Pandemie und den damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen, einen wesentlichen Rückgang (vgl. Wellner 2014, S. 17f.; vgl. Bundesagentur für Arbeit 2021, S. 7). Im Juni 2020 sank die Zahl der Beschäftigten bis auf 747.623 ab (vgl. ig-zeitarbeit 2020).
Begründet durch die oben aufgezeigte rasche Entwicklung der Zeitarbeitnehmerzahlen und der vielseitig strittig geführten Diskussionen, liegt der zentrale Fokus dieser Arbeit auf der Betrachtung der Frage, welche Vorteile und Nachteile für den Zeitarbeitnehmer und das Kundenunternehmen bestehen. Einleitend wird hierzu auf die grundlegende Begriffsdefinition der Zeitarbeit und die Einordnung in die Beschäftigungsformen eingegangen. Nachfolgend soll der geschichtliche Aufschwung der Zeitarbeit und der damit verbundenen Entwicklung eines gesetzlichen Rahmens in Deutschland erläutert werden. Darauf aufbauend erfolgte die Beleuchtung der gesetzlichen Vertragsbedingungen des sogenannten Dreiecksverhältnisses, welches die Beziehung zwischen Zeitarbeitnehmer, Einsatzbetrieb und Zeitarbeitsunternehmen beschreibt.
In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausschließlich die männliche Form verwendet. Sie bezieht sich aufPersonen der Geschlechter männlich, weiblich und divers.
2. Begriffsdefinition und Einordnung der Zeitarbeit
Unter dem Begriff der Zeitarbeit wird die vertraglich geregelte Überlassung eines Arbeitnehmers durch einen Arbeitgeber an einen Dritten verstanden (vgl. Brungs/Kolb 2013, S. 23). Neben der Bezeichnung Zeitarbeit sind zahlreiche weitere Begriffe seitens des Gesetzgebers, der Autoren von Fachliteratur oder der Praxis anzutreffen. Der Gesetzgeber spricht im§l des aus dem 1972 verabschiedeten Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) von den Begriffen der Arbeitnehmerüberlassung, der Leiharbeit und des Leiharbeitsverhältnisses (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2021, S. 5). In der Fachliteratur und in der Praxis sind weitere Bezeichnungen wie Zeitarbeit oder Personaldienstleistung zu finden (vgl. Schwaab/Durian 2017, S. 16; vgl. Brungs/Kolb 2013, S. 25). Der weitverbreitetste Begriff istjedoch die Zeitarbeit (vgl. Schwaab/Durian 2017, S. VI f.). Den im Gesetzestext verankerten Begriff Leiharbeit betrachtet der Großteil der Autoren hingegen als ungeeignet und irreführend, da im § 598 ff. BGB die Leihe als die Unentgeltlichkeit einer Sache definiert ist (vgl. Schwaab/Durian 2017, S. 16; vgl. Brungs/Kolb 2013, S. 25).
Eine Besonderheit der Zeitarbeit ist das Auseinanderfallen des Beschäftigungs- und Arbeitsverhältnisses und die dadurch entstehende Dreiecksbeziehung zwischen den zu Beginn genannten Parteien (vgl. Dütch 2011, S. 301). Laut Bornewasser und Zülch ist die Zeitarbeit die einzige Beschäftigungsform, bei der dies zutrifft (vgl. Bornewas- ser/Zülch 2012, S. 50). Der Gesetzgeber definiert die Beteiligten der Dreiecksbeziehung im § 1 AÜG als Entleiher, Verleiher sowie Leiharbeitnehmer (vgl. Schwaab/Durian 2017, S. 16). Jedoch fordern die Zeitarbeitsunternehmen eine sprachliche Umformulierung der vom Gesetzgeber verwendeten Bezeichnungen. Sie verlangen, dass die Begriffe Leiharbeitnehmer, Entleiher und Verleiher zu Zeitarbeitnehmer, Einsatzbetrieb (oder auch Kun- denuntemehmen) und Zeitarbeitsunternehmen umgewandelt werden (vgl. Brungs/Kolb 2013, S. 25). Im Rahmen dieser Arbeit werden die zuletzt genannten Begriffe verwendet, wobei alle Bezeichnungen synonym zu betrachten sind.
Neben der geringfügigen Beschäftigung, der befristeten Beschäftigung und der Teilzeitarbeit unter 20 Wochenstunden zählt die Zeitarbeit mit zu den atypischen Beschäftigungsverhältnissen (vgl. Baron/Hill 2018, S. 1; Bornewasser/Zülch 2012, S. 46). Dem gegenüber steht das normale Arbeitsverhältnis, welches sich durch verschiedene Merkmale beschreiben lässt (vgl. Keller/Seifert 2007, S. 12). Der Arbeitnehmer muss sich in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 21 Stunden befinden. Dabei führt er seine Tätigkeit bei dem Unternehmen aus, mit dem er den Arbeitsvertrag geschlossen hat, d. h. das Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis darf nicht auseinanderfallen. Des Weiteren unterliegt der Arbeitnehmer der Weisungsbefugnis des Arbeitsgebers. Außerdem erfolgt eine vollumfängliche Aufnahme in die sozialen Sicherungssysteme wie die Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung (vgl. Keller/Seifert 2007, S. 12). Sobald eines der genannten Kriterien nicht erfüllt wird, handelt es sich um ein atypisches Beschäftigungsverhältnis (vgl. Keller/Seifert 2007, S. 12).
3. Entwicklung der Zeitarbeit in Deutschland
Die Wurzeln der geregelten entgeltlichen Vermittlung in Deutschland reichen bis in das Jahr 1922 zurück und haben sich seitdem zu einer der dynamischsten Branchen entwickelt. Innerhalb der vergangenen einhundert Jahre wurde sie durch eine Vielzahl von Ereignissen geprägt und dadurch zu der Zeitarbeit, wie wir sie heute kennen.
Im Jahr 1927 folgte mit der Verabschiedung des Gesetzes über die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) die Grundsteinlegung der Arbeitslosenversicherung in Deutschland. Aufgrund einer Verfassungsbeschwerde von einem schweizerischen Zeitarbeitsunternehmen im Jahre 1967 wurde das bisherige staatliche Monopol und das damit geltende Verbot, die Zeitarbeit als Dienstleistung durch private Unternehmen anzubieten, aufgehoben (vgl. Wellner 2014, S. 14). Mit einigen Lücken und Ausnahmeregelungen wurde 1972 der Grundstein der Zeitarbeit mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (kurz: Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, AÜG) eingeführt (vgl. Bornewasser/ Zülch 2012, S. 87). Das Ziel des AÜG war zum einen die Gewährleistung eines arbeits- und versicherungspflichtigen Mindestschutzes der Zeitarbeitnehmer. Zum anderen zielt das Gesetz auf die Abgrenzung zur Arbeitsvermittlung ab, welches durch die staatliche Kontrolle und Aufsicht durch die Einführung der Erlaubnispflicht nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des AÜG durch die Bundesagentur für Arbeit erreicht werden sollte (vgl. Hayen 2005, S. 8; vgl. Wellner 2014, S. 14).
Wie aus Abbildung 1 zu entnehmen ist, mussten an dem AÜG aufgrund der bereits erwähnten Lücken und den sich immerzu ändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit der Einführung mehrere Anpassungen vorgenommen werden (vgl. Bundesagentur für Arbeit2021, S. 5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Reformen und Änderungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung
Quelle: BundesagenturfürArbeit 2021, S. 5
Nennenswerte Veränderungen brachte das Inkrafttreten der Hartz-Reformen im Jahr 2003 mit sich. Beispielsweise sind die zuvor eingeführten Synchronisations-, Wiedereinstellungsverbote und die Höchstüberlassungsdauer weggefallen. Im Gegenzug führt der Gesetzgeber den Gleichstellungsgrundsatz, welcher im § 8 des AÜG geregelt ist, ein. Dieser hatte das Ziel die Zeitarbeitnehmerrechte an die Rechte der im Unternehmen festangestellten Arbeitnehmer anzupassen, insofern keine abweichenden Tarifvereinbarungen bestehen („equal pay“ und „equal treatment“) (vgl. Siemund 2013, S. 52 f.). Weitere bedeutende Veränderungen traten 2017 in Kraft. Dabei wurde die Höchstüberlassungsdauer wieder eingeführt und auf maximal 18 Monate nach § 1 Absatz lb Satz 1 des AÜG festgelegt, sofern keine anderweitige Regelung im Tarifvertrag vereinbart wurde. Aktuell gelten immer noch 109 Tarifverträge, bei denen die gesetzlich festgelegte Höchstüberlassungsdauer überschritten wird (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2021, S. 6). Um den Missbrauch der Zeitarbeit zu bekämpfen, führte der Gesetzgeber außerdem eine zeitarbeitnehmerfreundlichere Erweiterung der gesetzlichen Regelung des im § 8 des AÜG verankerten equal-pay-Grundsatzes ein, welcher besagt, dass der Zeitarbeitnehmer nach spätestens neun Monaten den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft des Unternehmens erhalten muss. Fallsjedoch tarifliche Regelungen gelten, dann kann bis zu einer Dauer von 15 Monaten vom Gleichbehandlungsgrundsatz abgewichen werden. Die aktuellen Anpassungen des Gesetzes betreffen zum einen die Vergütungsrichtlinien in der Pflege und zum anderen eine zeitlich begrenzte Einführung der Kurzarbeit für Zeitarbeitnehmer aufgrund der Corona Pandemie. Ursprünglich war diese nur bis zum Ende des Jahres 2020 vorgesehen, wurde aber aufgrund der weiter andauernden Pandemie bis zum Ende des Jahres 2021 verlängert (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2021, S. 6).
Die hohe Dynamik der Zeitarbeitsbranche wurde jedoch nicht nur durch die oben beschriebenen gesetzlichen Regelungen, sondern auch durch saisonal- und konjunkturbedingte Fluktuationen geprägt. Dabei ist jedoch hervorzuheben, dass die eindeutigen Wachstumsfaktoren nur schwer identifizierbar sind. Der Zusammenhang zwischen den Veränderungen der Beschäftigungszahlen in der Zeitarbeitsbranche und die Einführungen oder Änderungen von Gesetzen sind empirisch nicht eindeutig belegt. Tendenziell lässt sich jedoch ein Zusammenhang zwischen gewissen Ereignissen und den von der Bundesagentur für Arbeit erhobenen Daten nach Brungs und Kolb erkennen (vgl. Brungs/Kolb 2013, S. 28ff). Die eben genannten Daten, welche von der Bundesagentur für Arbeit in Bezug auf die zeitliche Entwicklung der Zeitarbeitnehmerzahlen von 1980 bis Juni 2020 erhoben wurden, sind in der Abbildung 2 dargestellt. Darin lassen sich die vermeintlich positiven und negativen Auswirkungen von gesetzlichen Regelungen erkennen. Nach der Einführung der Hartz-Reformen im Jahr 2003 ist die Anzahl der Zeitarbeitnehmer erkennbar gestiegen. Dem gegenüber stehen die Gesetzesänderungen im Jahre 2017, welche einen deutlichen Einbruch mit sich brachten (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2021, S. 7). Zu einer der bedeutendsten konjunkturbedingten Schwankungen der Beschäftigungszahlen in der Zeitarbeitsbranche zählt die Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008/2009. Ein weiterer erheblicher Rückgang der Beschäftigungszahlen lässt sich aus der aktuell andauernden Corona Pandemie ableiten. Das gesamte Ausmaß der Corona Krise auf die Anzahl von Zeitarbeitnehmem istjedoch noch nicht absehbar, da in Abbildung 2 bisher nur die erste Infektionswelle berücksichtigt wurde.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Entwicklung der Anzahl von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmem
Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2021, S. 7
Die über Jahrzehnte geschaffenen gesetzlichen Rahmenbedingungen und die scheinbare Attraktivität der Zeitarbeit als eine Beschäftigungsform wird in der Abbildung 2 ersichtlich. Die Vor- und Nachteile für die Beteiligten an der Dreiecksbeziehungen werden im nächsten Kapitel näher beleuchtet.
4. Dreiecksverhältnis der Zeitarbeit
Eine charakteristische Besonderheit der Zeitarbeit besteht darin, dass drei Vertragsparteien in dem sogenannten Dreiecksverhältnis beteiligt sind. Für das Zustandekommen eines herkömmlichen Arbeitsvertrages nach § 611a BGB werden in der Regel zwei Vertragsparteien, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, benötigt. Bei der Zeitarbeit hingegen sind drei Vertragsparteien involviert, da die Funktion des Arbeitgebers auf zwei Parteien aufgeteilt wird (vgl. Wellner 2014, S. 16). Die wechselseitigen Rechte und Pflichten der beteiligten Vertragsparteien sind in insgesamt 20 Paragrafen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes geregelt (vgl. Egle/Nagy 2008, S. 479). Um die vertraglichen Rahmenbedingungen dieser Konstellation zu regeln, sind mehrere Verträge notwendig, welche im Folgenden kurz erläutert und in der Abbildung 3 visualisiert werden.
Zwischen dem Zeitarbeitsuntemehmen und dem Kundenunternehmen wird nach § 12 des AÜG ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, welcher die Überlassung von Arbeitskräften regelt, geschlossen. In diesem werden u. a. die Rechnungsstellung, der Kundentarif und die Qualifikation des benötigten Zeitarbeiters festgelegt (vgl. Egle/Nagy 2008, S. 479).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Das Dreiecksverhältnis der Zeitarbeit
Quelle: inAnlehnunganBrungs/Kolb 2013, S. 24; Gutmann/Kilian2014, S. 170f.
Dabei kann das Zeitarbeitsuntemehmen üblicherweise entscheiden, welchen Zeitarbeitnehmer es dem Kundenuntemehmen überlässt. Des Weiteren hat das Zeitarbeitsuntemehmen die Möglichkeit, den eingesetzten Zeitarbeitnehmer durch einen anderen Zeitarbeitnehmer zu ersetzen. Voraussetzung ist lediglich, dass dieser die geeigneten Fähigkeiten und Qualifikationen für die im Kundenunternehmen auszuführende Arbeitsleistung besitzt (vgl. Gutmann/Kilian2013, S. 170).
Der herkömmliche Arbeitsvertrag wird zwischen dem Zeitarbeitsunternehmen und die Zeitarbeitnehmer im Sinne des § 611a BGB i.V. m. § 11 AÜG geschlossen. Wie eingangs erwähnt, wird die Funktion des Arbeitgebers auf die beiden Parteien, die Zeitarbeitsunternehmen und die Kundenunternehmen aufgeteilt. Die Hauptpflichten wie beispielsweise die Urlaubsregelung, die Entgeltzahlung und die damit verbundenen Sozialversicherungsabgaben und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall übernimmt das Zeitarbeitsunternehmen. Das Zeitarbeitsuntemehmen besitzt gegenüber dem Zeitarbeitnehmer ein arbeitsrechtliches Weisungsrecht (auch Direktionsrecht genannt). Außerdem ist es verpflichtet, durch Kontrollen sicherzustellen, dass die Arbeitsschutzbestimmungen am Arbeitsort gewährleistet sind. Somit übernimmt es auch eine Schutz- und Fürsorgepflicht (vgl. Gutmann/Kilian 2014, S. 170f.).
Zwischen dem Kundenunternehmen und dem Zeitarbeitnehmer besteht kein Vertrag, dem Kundenuntemehmen obliegtjedoch das fachliche Weisungsrecht, welches sich aus dem §106 GewO ergibt. Darunter fällt die Bestimmung des Arbeitsortes, der Arbeitszeit und der zu erbringenden Arbeitsleistung (vgl. Brungs/Kolb 2013, S.23). Außerdem hat der Entleihbetrieb auch Schutz- und Fürsorgepflichten für den Zeitarbeitnehmer (vgl. Brömser 2008, S. 479f.). Laut dem Nachweisgesetz (NachwG) und dem § 11 Absatz 1 des AÜG ist das Zeitarbeitsuntemehmen dem Zeitarbeitnehmer gegenüber verpflichtet, spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses dem Zeitarbeiter einen schriftlichen Arbeitsvertrag, welcher alle wesentlichen Vertragsbedingungen festhält, schriftlich auszuhändigen. Ein Muster für einen solchen Arbeitsvertrag befindet sich im Anhang 1. Bedeutend ist, dass der Arbeitsvertrag nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des AÜG unwirksam ist, wenn das Zeitarbeitsunternehmen keine Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit besitzt, den Zeitarbeitnehmer an einen Dritten zu verleihen oder die Höchstüberlassungsdauer nach § 1 Absatz lb des AÜG überschritten wird. Eine Erlaubnis ist nach § 1 Absatz 3 des AÜG in zwei Fällen allerdings auch nicht erforderlich (vgl. Wilcken 2008, S. 52).
5. Vorteile und Nachteile für das Kundenunternehmen und den Zeitarbeitnehmer
Eine bloße Betrachtung der steigenden Beschäftigungszahlen in der Zeitarbeit weist auf die scheinbare Vorteilhaftigkeit dieser Beschäftigungsform hin. Trotz allem wird das Thema Zeitarbeit vielseitig kontrovers diskutiert. Auf einen Auszug dieser Diskussionen soll nachfolgend eingegangen werden.
Heutzutage ist eine flexible sowie zügige Anpassung an das Marktgeschehen und die Wettbewerbssituation sehr bedeutsam. Dabei spielt der Einsatz der Zeitarbeit für das Kundenunternehmen eine große Rolle und bietet einige wichtige Vorteile (vgl. Wellner 2014, S. 10; vgl. Truchseß/Brandl 2017, S. 18ff.). Einerseits ermöglicht die Zeitarbeit eine schnelle Reaktion auf einen temporär vorliegenden Anstieg der Nachfrage und den damit verbundenen Personalengpässen. Diesbezüglich ist der zeitliche Rahmen, mit dem durch eine Zeitarbeiterüberlassung neue Mitarbeiter im Falle eines plötzlichen Krankheitsausfalls oder ähnlichem rekrutiert werden können, ein weiterer wichtiger Aspekt (vgl. Wilcken 2008, S.53). Andererseits verringert das Kundenunternehmen ihr betriebswirtschaftliches Risiko, in dem sie einen Zeitarbeitnehmer einstellen, anstatt ihre Stammbelegschaft zu vergrößern (vgl. Schwaab/Durian 2017, S. 58). Zudem sinkt der eigene Personalkosteneinsatz des Unternehmens, welcher für die Personalbeschaffung notwendig ist, da die Rekrutierung und Administration durch das Zeitarbeitsunternehmen abgenommen wird (Wilcken 2008, S.53). Beispielsweise fallen keine mit der Einstellung von Personal verbundenen Kosten wie das Schalten von Stellenanzeigen an. Weiterhin können die sonst in Anspruch genommenen Kapazitäten für den Bewerbungsprozess anderweitig genutzt werden (vgl. Schwaab/Durian 2017, S. 58). Jedoch muss dabei beachtet werden, dass alle Mitarbeiter, unabhängig davon, ob es sich um Mitarbeiter der Stammbelegschaft oder einen Zeitarbeitnehmer handelt, eine entsprechende Einarbeitungszeit zu Beginn der Tätigkeit in dem Einsatzbetrieb benötigen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann sich die kumulierte Einarbeitungszeit von sich möglicherweise ständig wechselnder Zeitarbeitnehmem daher auch als Nachteil erweisen. Die schnelle Handlungsmöglichkeit im Falle einer Fehlbesetzung ist aus Sicht des Kundenunternehmens allerdings von Vorteil, für den Zeitarbeitnehmer hingegen ist diese Flexibilität eher bedenklich (vgl. Schwaab/Durian 2017, S. 87; vgl. Wilcken 2008, S. 53). Die Möglichkeit, der sich ständig ändernden kurzfristigen Einsätze, birgt für diese ein hohes Maß an Unsicherheit (vgl. Grimm 2004, S. 135). Diese Diskontinuität hat zur Folge, dass die Zeitarbeitnehmer immer einer Ungewissheit ausgesetzt sind, da sie sich ihrer aktuellen Arbeitssituation nie richtig sicher sein können. Dies könnte sich negativ auf die Psyche des betroffenen auswirken (vgl. Grimm 2004, S.135). Weiterhin empfinden sie die Inanspruchnahme der Zeitarbeit häufig als Minderung ihres beruflichen und/oder sozialen Status. Außerdem entsteht durch die mangelnde Würdigung ihrer Arbeitsleistung und der fehlenden Anerkennung ihrer Flexibilität von Seiten der Kollegen und Vorgesetzten ein Gefühl ein Mitarbeiter „zweiter Klasse“ zu sein. Begründet durch den stetigen Wechsel der Arbeitsorte und der unsicheren Dauer ihres nächsten Einsatzes wird somit auch gleichzeitig die Entstehung sozialer Bindungen erschwert (vgl. Grimm 2004, S. 135; vgl. Bor- newasser/Zülch, S. 32). Um diese sozialen Bindungen mit Kollegen und Vorgesetzten und der damit verbundenen Zugehörigkeit aufzubauen, fehlt meistens die Zeit. Nachfolgende Beispiele zeigen zugleich, dass ein längerer Einsatz nicht gleichzeitig mit Zugehörigkeit einhergehen muss, sondern vielmehr von einer Vielzahl von Faktoren abhängig ist. Unabhängig von der Einsatzdauer kann das Kundenunternehmen beispielsweise die bewusste Entscheidung treffen, den Zeitarbeitnehmer nicht zu betrieblichen Feierlichkeiten wie Weihnachtsfeiern, Sommerfesten oder Jubiläen einzuladen. Eine optische Differenzierung durch den Einsatz von unterschiedlicher Arbeitskleidung zwischen der Stammbelegschaft und den Zeitarbeitnehmem seitens des Einsatzbetriebes kann sich für den Aufbau einer Bindung ebenfalls nachteilig erweisen (vgl. Grimm 2004, S. 136f.). Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass der Einsatz von Zeitarbeitem bei der Stammbelegschaft des Unternehmens zu einem Konkurrenzverhalten führt, wodurch es zu einer Ausgrenzung oder Diskriminierung der Zeitarbeitnehmer kommen kann. Wiederum könnte ein bevorstehender Abschied nach einem Einsatz, insbesondere bei erfolgreicher Integration in das Unternehmen, den Betroffenen schwerfallen (vgl. Grimm 2004, S. 136). Dies bedeutet, dass der ständige Arbeitsplatzwechsel, selbst bei einer geglückten Integration in das Kollegium, die Möglichkeit einer psychischen Belastung bietet.
Aus Sicht der Zeitarbeitnehmer wird die Zeitarbeit hingegen auch als Chance wahrgenommen. Nach einer von Siemund durchgeführten Befragung von 12 Zeitarbeitnehmem konnten die verschiedenen Beweggründe für eine Beschäftigung in einem Zeitarbeitsunternehmen ermittelt werden (vgl. Siemund 2013, S. 295). Der zentrale Beweggrund, welcher genannt wurde, ist das Entkommen bzw. die Vermeidung von Arbeitslosigkeit, wobei dies meistens mit dem Wunsch der Berufstätigkeit einhergeht. Dabei wird einerseits auf die mit Erwerblosigkeit verbundenen finanziellen Schwierigkeiten verwiesen. Andererseits ist es auch durch den Wunsch, eine geregelte Tagesstruktur durch die Aufnahme einer Tätigkeit zu haben, geprägt (vgl. Siemund 2013, S. 200). Gleichzeitig gilt esjedoch zu beachten, dass der Großteil der befragten Personen sich eher aus einem Mangel an Alternativen heraus für die Beschäftigungsform der Zeitarbeit entscheidet (vgl. Grimm 2004, S. 132; vgl. Siemund 2013, S. 188). In der Literatur lassen sich einige Gründe für die Entstehung dieser Altemativlosigkeit finden. Unter Umständen können Facharbeiter, welche durch ihren Werdegang keine ausreichende Berufserfahrung sammeln konnten, versuchen, diese mithilfe von Zeitarbeit zu erhalten (vgl. Siemund 2013, S. 200). Eventuell können auch private Angelegenheiten wie beispielsweise eine Schwangerschaft dafür verantwortlich sein (vgl. Wellner 2014, S. 21). Wellner betont außerdem die Bedeutung der Zeitarbeit für Menschen mit einem vergleichsweise kurzen Bildungsweg. Für diese Personengruppe könnte diese Beschäftigungsform den Einstieg in die Arbeitswelt erleichtern oder die bestehende Erwerblosigkeit beenden. Eine bemerkenswerte Entwicklung wird von Brömser erläutert. Er beschreibt ein Konzept, welches die Möglichkeit bietet, mithilfe der Zeitarbeit in gewissen Beschäftigungsfeldern eine zertifizierte Qualifizierung zu erlangen, während der Zeitarbeitnehmer in unterschiedlichen Unternehmen tätig ist. Obwohl dieses Konzept durchaus nennenswerte Bedeutung für eine Vielzahl von Menschen haben kann, ist hier ein weiteres Eingehen aufgrund der Komplexität nicht möglich (vgl. Brömser 2008, S. 500ff). Abgesehen von dem eben beschriebenen Konzept muss zugleich aber darauf hingewiesen werden, dass, laut einer Befragungen von Grimm, die Mehrheit der befragten Personen in der Zeitarbeit vielmehr eine Übergangslösung sieht (vgl. Grimm 2004, S. 132). Mit der Vermittlung eines Zeitarbeitsuntemehmens erhofft man sich letztendlich an eine Festanstellung in einem Kundenunternehmen zu erlangen. Diese Art der Integration in einem Einsatzbetrieb ist in der Literatur unter dem Begriff „Klebe-Effekt“ bekannt (vgl. Wellner 2014, S.21). Indes wird auch davon berichtet, dass es bei vereinzelten Firmen oder der Automobilindustrie teils unmöglich sei, ohne vorhergehende Beschäftigung als Zeitarbeiter eine Festanstellung zu erhalten, da diese Unternehmen bevorzugt Zeitarbeitnehmer übernehmen (vgl. Grimm 2004, S. 133). Davon abgesehen ist man sich unter den Autoren der Fachliteratur über die allgemeine Wirksamkeit des „Klebe-Effekts“ nicht ganz einig (vgl. Wellner 2014, S. 22; vgl. Siemund 2013, S. 64). Die viel erhoffte Wirkung des Effekts liegt Schätzungen und Studien zufolge nur innerhalb eines Spektrums von 4 % bis 30 %. Laut Strotmann besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass die Beschäftigung in einem Zeitarbeitsverhältnis negative Folgen für die zukünftigen Beschäftigungsmöglichkeiten aufweist (vgl. Strotmann 2017, S.77f.). Bei näherer Betrachtung scheint die vorherrschende Qualifikation des Zeitarbeitnehmers bei den Übemahmechancen auch wieder eine hervorzuhebende Rolle einzunehmen (vgl. Wellner 2014, S.22). Abschließend ist allerdings anzumerken, dass es bis 2013 keine eindeutigen Belege zu dem Übemahmeeffekt in der Zeitarbeit vorliegen (vgl. Siemund 2013, S. 65).
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