Wie kann der Hort den Grundschulkindern Werte vermitteln bzw. erziehen und dabei die Individualität und den eigenen Willen der Kinder erhalten?
Hierzu wird im ersten Kapitel die Definition des Begriffs Werts und dem Hort erläutert, womit ein einheitliches Sprachverständnis dieser Wörter geschaffen werden soll. Danach erfolgt eine Auseinandersetzung mit den Begriffen Werte und Normen. Das zweite Kapitel dagegen offenbart den Ablauf, wie Werte sich bei einem Menschen entwickeln und welche Faktoren Einfluss auf die Ausübung der Werte nehmen. Im dritten Kapitel erfolgt die Werteerziehung im Hort. Dabei werden die Voraussetzungen für die Vermittlung von Werten angesprochen, wie auch die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten dieser in der Bildungseinrichtung Hort. Als Letztes wird im Fazit eine kurze Zusammenfassung über die Kapitel abgegeben und versucht die Frage bezüglich der Wertevermittlung und Erhaltung des eigenen Willens zu beantworten.
Inhaltsverzeichnis
1 Werte – werden sie den Kindern aufgedrängt?
2 Begriffsdefinition
3 Grundvoraussetzungen zur Erreichung der Werte
4 Werteerziehung im Hort
5 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Werte – werden sie den Kindern aufgedrängt?
„Was nicht zum Wohle beiträgt (oder selbst das Wohl ist), ist kein Wert.“1 Durch diesen Satz lässt Sommer eine kurze Denkpause einläuten und einige Fragen aufwerfen. Was bedeutet für jeden einzelnen Menschen das Wohl und wie kann dieses gewährleistet werden?
Um eine ungefähre Richtlinie für das Wohl einer jeden Person erstellen zu können, wurden aus den Werten Regeln geformt, die für Schutz und Sicherheit sorgen.2 Damit dies jeder Mensch schon von klein auf lernen kann, brauchen nach Stöcklin – Meier schon Kinder gewisse Regeln und Werte, nach denen sie sich richten müssen. Diese „Grenzen und Regeln verleihen der Welt, die für Kinder so viel Unvorhersehbares und Neues enthält, Struktur und Verlässlichkeit.“3
Diese Strukturen und Regeln geben den Kindern einen Rahmen zur Entwicklung eines eigenen Wertesystems vor. Jedoch ist Stein der Ansicht, dass eine Wandlung der Gesellschaft und der jeweiligen Lebenssituation besteht. Wodurch Kinder eine gewisse Unterstützung bzw. Hilfe bei der Entwicklung des Wertesystems benötigen.4 Die benötigte Hilfe kann laut Stein nicht mehr nur innerhalb der Familie stattfinden. „Familien können ihren Kindern infolge einer gesteigerten Mobilität und einer zunehmenden Arbeitsbelastung weniger Erziehungszeit widmen.“5 Dadurch steigen die Anforderungen der Vermittlung der Werte an die benötigten Betreuungseinrichtungen. Die Verfestigung gewisser Werte ist somit nicht nur Aufgabe des Elternhauses, sondern auch der Institution Hort. Dieser tritt „in einen intensiven Dialog über Werte und Normen […], welche ein Zusammenleben und Überleben der Menschheit sichern können.“6 Hierbei ist zu beachten, dass es „nicht darum gehen kann, dass dem Kind die Wertprioritäten, Interpretationen und Bewertungen der Erziehungsperson aufgedrängt werden […].“7 Wodurch sich die Frage stellt: Wie kann der Hort den Grundschulkindern Werte vermitteln bzw. erziehen und dabei die Individualität und den eigenen Willen der Kinder erhalten?
Hierzu wird im ersten Kapitel die Definition des Begriffs Werts und dem Hort erläutert. Womit ein einheitliches Sprachverständnis dieser Wörter geschaffen werden soll. Danach erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem Begriff Werte und Normen. Das zweite Kapitel dagegen offenbart den Ablauf, wie Werte sich bei einem Menschen entwickeln und welche Faktoren Einfluss auf die Ausübung der Werte nehmen. Im dritten Kapitel erfolgt die Werteerziehung im Hort. Dabei werden die Voraussetzungen für die Vermittlung von Werten angesprochen, wie auch die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten dieser in der Bildungseinrichtung Hort. Als letztes wird im Fazit eine kurze Zusammenfassung über die Kapitel abgegeben und versucht die Frage bezüglich der Wertevermittlung und Erhaltung des eigenen Willens zu beantworten.
Zur besseren Lesbarkeit wird im weiteren Verlauf die männliche Form verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen damit gemeint werden.
2 Begriffsdefinition
Es werden verschiedene Begriffe verwendet, dessen Definition im Vorfeld geklärt werden, damit ein einheitlicher Wortgebrauch möglich ist. Daher werden Werte und die Institution Hort im näheren Verlauf definiert. Während der Begriff Normen mit den Werten in einen kurzen Vergleich gezogen werden, um eine ungefähre Unterscheidung zu erhalten.
2.1 Begriffsdefinition Werte
Als Wert wird die Begründung zur Ausübung einer menschlichen Eigenschaft gegenüber anderen Menschen betitelt.8 Genauer gesagt werden „erstrebenswerte, moralisch oder ethisch als gut befundene spezifische Wesensmerkmale einer Person“9 durch das Wort Wert definiert.
Diese Merkmale bilden ein gewisses Verhaltensmuster, welches das Ziel hat, einen gewünschten Endzustand zu erreichen.10 Hinzu kommt die allgemeine Notwendigkeit der Werte, die Regeln aufstellen, um ein geregeltes und einheitliches Miteinander der menschlichen Gesellschaft zu gewährleisten.11 Diese Regeln begründen sich aus den zu lebenden Werten, die jede Generation anderweitig erlernt bekommt.12 Der Hintergrund der Werte orientiert sich an der Herausforderung mit vielen anderen Milliarden Menschen zu leben und aus der Forderung heraus, dieselben Umgangsformen von anderen Personen zu erhalten, wie man sie selbst als Person gerne erhalten würde.13
Dadurch entsteht eine eigenständige Haltung der Werte, welche für jede Person individuell wichtig sind. Es werden also „dynamische und komplexe Systeme (mit Arten und Kategorien)“14 von unterschiedlichen Personengruppen und einzelnen Persönlichkeiten gebildet, an die sie sich binden und halten. Dadurch kann eine größere Gruppe mit gewissen Regeln friedvoll und geordnet bestehen und leben.
2.2 Begriffsdefinition Hort
Der Hort wird als pädagogische Institution zur Betreuung, Erziehung und Bildung von Schulkindern im Alter von sechs bis zwölf Jahren bezeichnet. „Der Hort erfüllt seinen Auftrag zum Wohle der Kinder. Der Hort ist somit parteiisch – in erster Linie für das Kind.“15 Dabei unterstützen geschulte Fachkräfte die Kinder nach der Schulzeit in ihrer individuellen Auseinandersetzung ihrer Persönlichkeitsentwicklung und der Bewältigung der verschiedenen Alltagssituationen. Außerdem wird den Grundschulkindern durch das Betreuungsangebot der Hausaufgaben eine Hilfe bei dessen Erledigung angeboten. Hierbei ist die Beziehung zu den Kindern und das Einbeziehen der verschiedenen Lebensfelder entscheidend für den Umgang und die Ausweitung der persönlichen Entwicklungsbereiche des Kindes. Die Kinder werden in der Institution gefordert, gefördert und unterstützt in ihren alltäglichen Schwerpunkten wie auch Schwierigkeiten.
2.3 Unterscheidung von Werten und Normen
Im alltäglichen Sprachgebrauch finden die Begrifflichkeiten Werte und Normen oft eine identische Verwendung. Allerdings besitzen beide Wörter unterschiedliche Definitionen, wogegen ihr Ziel als gleich angesehen werden kann. Während Werte „kognitiv repräsentiert, oftmals abstrakt“16 sind, sind „Normen / Präferenzen […] konkrete Verhaltensmaßregeln, die sich aus Werten ableiten“17.
Die Normen werden zur Ausführung der Werte benötigt, die die Verhaltensführung übernehmen und in einer Gruppe angewandt werden. Jede Norm wird abgeleitet von einem Wert und erzielt daraus ihr Tun und Ziel. Genauso wie jede Handlung eine Begründung in einer Norm sieht.18
Grob überblickend scheinen beide Begrifflichkeiten viele Gemeinsamkeiten zu haben, die durch ihre Zielführung noch mehr angeglichen werden. Erst bei einer näheren Betrachtung der Wörter, dessen Definition und intensiveren Auseinandersetzung wird deutlich, dass Normen und Werte nur bedingt das gleiche Ausgangsziel zur Folge haben. Beide werden voneinander beeinflusst und können ohneeinander nicht überleben. Immerhin geben die persönlichen Werte die Handlungsweisen in den Situationen vor, während die Normen diese ergänzen und durch die Werte leben können.
Also ist die Unterscheidung, wie Frey auszudrücken versucht, dass Werte als abstraktes Gebilde in einem selbst verankert sind. Dagegen werden die Normen als visuelles Handeln betrachtet, welches durch die eigenen Werte beeinflusst und ausgelebt werden.19
Ein Beispiel hierzu wäre: Der Wert Akzeptanz wird im Hort gelebt. Dies wird durch die Norm als Methode ausgeführt, dass jedes Kind und jeder Erwachsener seine Ansichtsweisen mitteilen soll und diese angenommen werden vom Gegenüber. Bei Abstimmungen, z.B. werden die Kinder nach ihrer Zustimmung gefragt. Ein Kind verweigert seine Zustimmung, weil es eine andere Meinung hat. In diesem Fall wird diese Aussage angenommen und akzeptiert. Das Kind muss bei dem Projekt nicht teilnehmen, sondern kann sich selbst etwas überlegen.
3 Grundvoraussetzungen zur Erreichung der Werte
Die Werte bilden sich durch zwei Komponenten. Einmal entwickeln sie sich durch verschiedene Lerntheorien20, auf die im ersten Abschnitt näher eingegangen wird. Die zweite Komponente beschäftigt sich mit den verschiedenen Ebenen21, die die erlernten und zu erlernenden Werte beeinflussen und verstärken. Die Ebenen können im Allgemeinen auch als Lebenswelten des Kindes betitelt werden. Diese werden im zweiten Teil des Kapitels intensiver erläutert.
3.1 Allgemeine Entwicklung der Werte
„In einer friedlichen und demokratischen Familienatmosphäre lassen sich Werte mit Liebe und Überzeugungskraft vermitteln.“22 Dieses Zitat von Pighin lässt die Vermutung zu, dass die Entwicklung der Werte abhängig ist von der Gestaltung der wechselseitigen Interaktion des Kindes und der jeweiligen Person.
Die Interaktion wird auch als Grundgerüst für eine sichere Bindung zu dem Kind angesehen. Erst durch eine sichere Bindung kann das Kind etwas aus seiner Umgebung und seinen näheren Personenkreis lernen und annehmen.23 Dies ist wichtig, damit bestimmte Lernmethoden einen Erfolg erzielen können. Hierbei nennt Frey verschiedene Lerntheorien, durch die er ein Stufenmodell zur Aktivierung von Werten konzipiert hat. Bei diesem Stufenmodell werden gewisse Voraussetzungen für die Erlernung bestimmter Werte aufgezeigt und welche Auswirkungen manche Faktoren für das Erlernen besitzen. Das Modell geht von einem Sender und Empfänger aus. Der Sender kann hierbei ein Elternteil, Familienmitglied oder Erzieher sein. Während der Empfänger das Kind darstellt. Das Modell ist in zwei Basisteile und Unterfaktoren beziehungsweise Unterschritten aufgeteilt.24 In der ersten Basis werden die „Voraussetzungen für die Aktivierung von Werten“25 verdeutlicht. Dabei werden als Anfangsbedingungen aufgezeigt, dass der Sender eine gewisse positive Beziehung zu dem Empfänger besitzen sollte. Der Empfänger sollte außerdem Vertrauen in den Sender haben und sehen, dass dieser die verlangten Verhaltensweisen selbst dauerhaft anwendet. Wenn diese Bedingungen erfüllt werden, ist die Chance sehr hoch, dass der Empfänger das Wertegerüst des Senders annimmt.26
Durch die verschiedenen Lerntheorien können die oben genannten Voraussetzungen von Frey verstärkt oder vermindert werden. Die verschiedenen Lerntheorien wären das klassische Konditionieren, das operante Konditionieren, das Modelllernen, das Gruppenlernen, das Lernen durch Einsicht, das Lernen durch Leidensdruck und Lernen durch Erfahrung.27
Im weiteren Verlauf werden einige Lerntheorien kurz erklärt, dessen Umsetzung im Hort als Methode fungieren kann. Eine Theorie davon ist das operante Konditionieren. Erst wenn ein Verhalten eine positive Rückmeldung erzielt, wird diese Handlung öfter auftreten. Dadurch wurde die Verhaltensweise positiv unterstützt und der Empfänger wurde konditioniert. Wodurch auch die Vermittlung von Werten in diesem Kontext vonstattengehen kann.28
Eine weitere Methodik ist das Gruppenlernen. Hierbei werden mit einer Gesamtgruppe Regeln für das Miteinander besprochen und alle Gruppenmitglieder erlernen bestimmte Formen bezüglich ihres Umgehens mit unterschiedlichen Situationen untereinander. In der Gruppe werden dadurch bekannte wie auch neue Handlungen reflektiert und es erfolgt eine Auseinandersetzung für den Empfänger.29 Dadurch lernt der Empfänger gemeinsam mit der Gruppe und geht mit ihnen Sanktionen wie auch Belohnungen auf einer gleichgestellten Ebene durch.
Eine weitere Lernmethode ist das Modelllernen.30 Hierbei fungiert der Sender als Vorbild. Diese Rolle bekommt der Sender durch wechselseitige Interaktion mit dem Empfänger, bei dem er eine Bindung zu dem Empfänger aufbaut. Wenn das Kind eine gute Bindung zu der Person hat, die eine gewisse Reaktion zeigt, so wird das Kind das Verhalten wiederholt zeigen oder ablehnen.31 Daraus entsteht eine Orientierung des Empfängers an dem gezeigten Verhalten und seinem Eigenen. Dabei wird sichtbar, dass das gezeigte Werteverhalten von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Grundsätzlich entwickeln sich die Werte durch die Beziehung des Kindes zu einer Person, welche ein bestimmtes Verhalten unterstützt oder zu vermeiden versucht. Außerdem besteht eine Abhängigkeit zu der Menge an positiven Rückmeldungen, die das Kind bei einer gewissen Reaktion durch seine Lebenswelt erfährt. Dies zusammen lässt die vorgelebten Werte in dem Kind verankern oder abschwächen.
[...]
1 Urs. Sommer, Andreas: Werte. Warum man sie braucht, obwohl es sie nicht gibt, Stuttgart: J.B. Metzler Verlag GmbH, 2016, S.19.
2 Vgl. Stöcklin – Meier, Susanne: Was im Leben wirklich zählt. Mit Kindern Werte entdecken. München: Kösel – Verlag GmbH & Co, 2004, S.15.
3 Stöcklin – Meier, 2004, S.15.
4 Vgl. Stein, Margit: Wie können wir Kindern Werte vermitteln? Werteerziehung in Familie und Schule. München: Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, 2008, S.15.
5 Stein, 2008, S.16.
6 Stein, 2008, S.16.
7 Reichenbach, Roland: Ethik der Bildung und Erziehung, Paderborn, Deutschland: Ferdinand Schöningh, 2018, S.145.
8 Vgl. Stein, 2008, S.19.
9 Sauer, Frank H. (05.03.2019): Das große Buch der Werte. Enzyklopädie der Wertvorstellungen, Köln: DA VINCI 300 GmbH, 2019, S.36.
10 Vgl. Stein, 2008, S.19.
11 Vgl. Frey, Dieter (Hrsg.): Psychologie der Werte. Von Achtsamkeit bis Zivilcourage – Basiswissen aus Psychologie und Philosophie, Berlin Heidelberg: Springer, 2016, S.7.
12 Vgl. Pighin, Gerda: Kindern Werte geben – aber wie? München: Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, 2005, S.8f.
13 Vgl. Stöcklin – Meier, 2004, S.9.
14 Sauer, 2019, S.37.
15 Plehn, Manja (Hrsg.): Qualität in Hort, Schulkindbetreuung und Ganztagesschulen. Grundlagen zum Leiten, Führen und Managen, Freiburg im Breisgau: Verlag Herder GmbH, 2020, S.21.
16 Frey, 2016, S.9.
17 Frey, 2016, S.9.
18 Vgl. Reichenbach,2018, S.19.
19 Vgl. Frey, 2016, S.7.
20 Vgl. Frey,2016, S.309.
21 Vgl. Sauer, 2019, S.47.
22 Pighin, 2005, S.11.
23 Vgl. Gutknecht, Dorothee: Bildung in der Kinderkrippe. Wege zur Professionellen Responsivität, Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH Stuttgart, 2015, S.14.
24 Vgl. Frey,2016, S.308f.
25 Frey, 2016, S.308.
26 Vgl. Frey, 2016, S.309.
27 Vgl. Frey, 2016, S.309f.
28 Vgl. Frey, 2016, S.309.
29 Vgl. Frey, 2016, S.309.
30 Vgl. Frey, 2016, S.309.
31 Vgl. Frey, 2016, S.310.