1. Einleitung
Thema dieser Arbeit ist die Betrachtung des „Islamic Banking“, genauer, der Funktionsweise und Ausprägung von Bankleistungen, die mit den Regeln der islamischen Rechtssprechung und Religionsauslegung vereinbar sind. Ein zentraler Aspekt, der eine differenzierte Analyse des „Islamic Banking“ im Vergleich zu den konventionellen Banksystemen nahezu aufdrängt, ist das, vornehmlich religiös begründete Verbot eines ex-ante Zinses. Es gilt also nicht nur zu klären, wie der Produktionsfaktor Kapital in einem Markt ohne festen ex-ante Zins sinnvoll, d.h. im volkswirtschaftlichen Verständnis effizient, aber auch, da religiös geprägt, „gerecht“, bzw. nach sozialen Gesichtspunkten verteilt werden kann.
Die Ergebnisse einer solchen Untersuchung, können dann nicht nur dem Verständnis des betrachteten Problems, eben der Vereinbarkeit von „Religion und Geschäft“ - hier am Beispiel der islamischen Banken - dienen, sondern auch einen fundierten Einblick in die komplexe Wirkungsweise des Zinses in der konventionellen Geld / Bankwirtschaft erzeugen.
Um diesen Themenkomplex in einer geeigneten Weise darstellen zu können, bedarf es deshalb einerseits der präzisen und konsistenten Definition der verwendeten Begriffe - dies setzt dann auch eine kurze Betrachtung der religiösen Quellen des Zinsverbotes voraus -, aber auch der Darstellung der Funktionsweise von Banken als Finanzintermediären in der modernen Wirtschaft.
Im Anschluss an die Analyse dieser, eher theoretischen Grundlagen, soll kurz gezeigt werden, welche praktischen Ausprägungen diese Überlegungen, in Form der, nach islamischem Recht legitimen, Vertragsformen und Geschäftspraktiken gezeitigt haben.
Im Schlussteil wird dann versucht, aufzuzeigen, wie sich das islamische Bankensystem seit seiner Entstehung bis zum heutigen Tage entwickelt hat, und welche Probleme einer weitergehenden wissenschaftlichen Untersuchung bedürfen, um die Effizienz und Stabilität dieser besonderen Wirtschaftsform auf Dauer zu gewährleisten.
2. Das Verbot des ex-ante Zinses „Riba“ im islamischen Recht
In diesem Teil soll kurz auf die grundlegenden Quellen des Zinsverbotes nach islamischer Rechtsprechung und Religionsauslegung eingegangen werden.
Begründet im begrenzten Umfang dieser Arbeit und der Vielzahl, auch widersprüchlicher Aussagen zu einigen Details der religiösen Quellen, soll lediglich der Grundbegriff des „Riba“ genauer definiert werden.
2.1 Quellen der islamischen Rechtsprechung
Neben der Hauptquelle des islamischen Rechts, dem Koran, gibt es noch eine Anzahl anderer Schriften, die bei der Begründung und Definition des „Riba“ - Verbotes herangezogen werden. Dies sind insbesondere die „Sunna“, also die Überlieferungen des Handelns und der Aussprüche des Propheten Mohammed, Berichten über sein Handeln von Weggefährten - „Hadith“ -, aber auch die Pflichtenlehre „Schariah“ und nicht zuletzt religiöse Urteile von Rechtsgelehrten, die „Fatwah“.
2.2 Definition des Begriffes „Riba“
Zur Vereinfachung des weiteren Vorgehens und um den Problemen der Exegese theologischer Schriften zu begegnen, soll hier, die, in der wissenschaftlichen Literatur gängige Definition des Begriffes gewählt werden. „Riba“ ist dementsprechend nicht nur als Wucherzins ( engl. „usury“), sondern vielmehr als jede Art von festem ex-ante Zins ( engl. „interest“ )zu verstehen. Diese, vom Ausmaß des Zinssatzes unabhängige Definition, deckt sich im übrigen mit einem Großteil der Überstzungen aus dem Koran, ( insbesondere Sure 30, Vers 40; Sure 2, Vers 279/280) die jedweden ( festen ) Mehrbetrag der auf Kapital gezahlt wird, als „Riba“ ( arab. Anwachsen) klassifizieren und verbieten.1
Dieses Verbot bezieht sich sowohl auf den Soll-, als auch auf den Habenzins.
2.3 Weitere religiöse Einschränkungen auf wirtschaftliches Handeln
Neben den weithin bekannten Einschränkungen, die es einem gläubigen Muslimen verbieten, in Geschäfte zu investieren die, mit im Koran verbotenen Gütern handeln oder diese produzieren (Alkohol, Schweinefleisch, usw.), sei desweitern noch auf ein generelles Verbot des Glücksspiels, aber auch des extrem risikoreichen Spekulierens „Gharar“ mit Gütern/Dienstleistungen, „deren Existenz oder Charakteristika nicht sicher bestimmt sind, und die diesen Handel dem Glücksspiel ähnlich werden lassen“.2
Andererseits ist aus islamischer Sicht ein gewisses Maß an Risiko bei Geschäften durchaus erwünscht, dies manifestiert sich besonders in der Praxis der islamischen Banken, die grundlegend auf Erfolgsbeteiligungspartnerschaften beruht.
3. Die Rolle von Banken als Finanzintermediäre
Den Definitionen von Lewis und Algaoud folgend, soll hier die Funktionsweise von Banken als Finanzintermediär kurz dargestellt, aber auch auf Probleme hingewiesen werden, mit denen sich Banken in dieser Rolle konfrontiert sehen.
3.1 Die Funktionen der Finanzmärkte
Neben den bekannten Funktionen wie Kapitalakkumulation und Distribution, der Bereitstellung von Liquidität, der Überwachung und Auswahl von Anlageprojekten, sei insbesondere auch auf die Bedeutung der Risikoreduktion durch Diversifikation und „pooling“ hingewiesen.3
3.2 Die Rolle von Banken auf dem Finanzmarkt
Würde es sich bei den Marktteilnehmern ohne Ausnahme um den „homo oeconomicus“ handeln und wären die Märkte idealtypisch; wäre für Banken in gewisser Weise kein Platz. Da in sich der Marktteilnehmer in der Realität aber unvollkommenen Märkten, Transaktions- und Informationsgewinnungskosten und nicht zuletzt auch häufig einem „asymmetrischen Informationsgefüge“ 4 gegenübersieht, scheint die Notwendigkeit von Banken als Intermediären, allein durch ihre bloße Existenz schon gerechtfertigt zu sein. Versuche der wissenschaftlichen Forschung, ihre Bedeutung als „Informationsproduzenten“ und somit quasi als Dienstleister im Sinne der Risikominimierung und Profitmaximierung aus Anlegersicht zu etablieren, sind jüngeren Datums, scheinen jedoch, besonders wenn man die Vielzahl der Arbeiten zu Themen wie „adverse Selektion“4, „Moral hazard“ , Informationsökonomie aber auch dem „Principal / Agent Problem“ betrachtet, durchaus sinnvoll. Neben den üblichen Bankdienstleistungen soll den Banken in dieser Arbeit also auch eine Bedeutung als „information provider“ zugesprochen werden.
Banken vermitteln also nicht nur zwischen Investoren und Kreditnehmern, sie dienen vielmehr auch als Kontroll- und Informationsorgan, das die Rückzahlung der Kredite sicherstellt und Anlagemöglichkeiten aufzeigt. In der Arbeit von Noor-Ebad wird weiterhin eine wichtige Transformationsleistung in Bezug auf Risiko, Fristigkeit und Losgröße erwähnt.5Dies ist von besonderer Bedeutung, da ja Anbieter und Nachfrager von Kapital wohl nur im Idealfall ( dann könnten sie aber das Geschäft ohne die Bank tätigen) perfekt im Hinblick auf gewünschte Kapitalhöhe, Laufzeit und Risiko korrespondieren.
Eine besondere Stellung im modernen Bankensystem nehmen zweifelsohne die Zentralbanken ein, auf deren Rolle und Bedeutung im „Islamic Banking“ noch genauer eingegangen werden soll.
4. „Islamic Banking“ in der Praxis
Der folgende Abschnitt befasst sich einerseits mit den vorhandenen Formen der Finanzierung und Kapitalanlage bei islamischen Banken, andererseits wird versucht, auf bestehende Probleme hinzuweisen und zum Teil bereits praktizierte Vorschläge zu deren Lösung, einer kritischen Würdigung zu unterziehen.
4.1 Auswirkungen des Zinsverbotes auf das „Islamic Banking“
Während die Einhaltung der religiösen Ge- und Verbote in Bezug auf die, den Muslimen verbotenen Güter eher trivial erscheint, hat das Verbot von Zinszahlungen weitreichende Auswirkungen auf die Modellierung eines Bankensystems. Um diesen Vorgang besser zu verstehen, scheint es sinnvoll, sich vor Augen zu führen was der „Zins“ nach Ansicht moderner Wirtschaftswissenschaftler darstellt. Keynes sah im Zins die Bereitschaft Kasse ( cash) aufzugeben, Ricardo und Smith sehen ihn als Vergütung für die Anlage von Kapital, Fisher hingegen spricht vom Zinsfuß als „der Brücke zwischen Einkommen und Kapital“.6Wenn auch vom grundlegenden Verständnis durchaus vereinbar, zielt jede dieser Erklärungen in eine eigene Richtung. Dies kann ein Zeichen dafür sein, dass die Auswirkungen und Funktionen des Zinses in der modernen Wirtschaft so komplex und von einer Vielzahl Variablen abhängig sind, dass ein geschlossenes Modell der Zinstheorie noch zu entwickeln ist. Folgt man der Ansicht Noor-Ebads, ist eine ökonomische Ursache für das Zinsverbot im Islam darin zu sehen, dass neben sozialpolitischen Erwägungen ( Verhinderung von Ausbeutung) auch die Tatsache Beachtung finden sollte, inwieweit durch ein Verbot von „Riba“ , Geld als alleiniges Tauschmittel und nicht als Ware etabliert wird.7Der Versuch das „Riba al-fadl“ ( Zins bei Kaufgeschäften) Problem ökonomisch zu interpretieren, führt bei El-Gamal zu der Erkenntnis, der Islam wünsche eine Bewertung der Waren zu Marktpreisen und auf Basis einer Geldwährung. Recht modern spricht er dabei auch von Grenzpreisen und Grenzkosten.8Unbelassen der Problematik der theoretischen Herleitung des Zinsbegriffs, wurde im „Islamic Banking“ eine Möglichkeit entwickelt, „Riba“ aus der Geschäftstätigkeit zu verbannen - Erfolgsbeteiligung.
4.2 Erfolgsbeteiligungspartnerschaften als Ersatz für Zinsgeschäfte
Um dem Verbot von Zinsgeschäften zu begegnen, investieren die islamischen Banken das Kapital der Anleger in Form ein Partnerschaft mit Erfolgsbeteiligung. Dies bedeutet für den Anleger, die Möglichkeit des positiven Erfolges und somit die Teilhabe am Gewinn der von ihm (mit-)finanzierten Unternehmung, andererseits aber die Gefahr bis zur Einlagenhöhe für mögliche Verluste zu haften.
Eine derartige Form der Finanzierung, bürdet den Banken eine besondere Verantwortung bei der Beratung der Anleger und der Auswahl der zu finanzierenden Projekte auf. Es muss nicht nur dafür Sorge getragen werden, qualifizierte Mitarbeiter in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen, die in der Lage sind, dass jeweilige Projekt in Bezug auf Rentabilität und Risiko richtig zu klassifizieren, vielmehr noch, muss eine optimale ( aber auch kostengünstige )Vertragsstruktur gefunden werden, die einerseits die Ertrags- und Sicherheitserwartungen der Anleger darstellt und den Handlungsspielraum des Unternehmens aufrecht erhält. ( Wie kompliziert die Ausgestaltung eines solchen Vertrages sein kann , wird deutlich, wenn man die Auswirkungen der „adversen Selektion“, des „Moral Hazard“ oder des „Pricipal - Agent“ Problems betrachtet; im schlimmsten Falle Marktversagen. )9
4.3 Grundlegende Vertragsformen im „Islamic Banking“
Neben der bisher häufig praktizierten Form der Handelsfinanzierung durch „murabaha“ Verträge, die ein „mark-up“ Geschäft darstellen, bei dem die Bank dem Unternehmer ein von ihm benötigtes Gut gegen einen Aufpreis beschafft, aber vor Zahlung des Kaufpreises zur Verfügung stellt, ist auch Leasing auf der strengen Basis des „ijarah“-Vertrages möglich. Diese Formen sollen jedoch nicht näher betrachtet werden, vielmehr wird das Hauptaugenmerk auf die Partnerschaftsverträge „musharaka“ und „mudaraba“ gerichtet, da diese einerseits der religiös erwünschten Form am nächsten kommen, andererseits gut praktizierbar und mit „equity“-basierten Finanzierungsformen der konventionellen Banken vergleichbar sind.
4.3.1 „Musharaka“-Partnerschaftsverträge
Diese Form entspricht in weiten Bereichen einer vollen Partnerschaft.
Die Bank finanziert ein bestimmtes Projekt ( eine Unternehmung ) indem sie Kapital zur Verfügung stellt. Grundsätzlich erwirbt sie damit auch das Recht zur gemeinsamen Geschäftsführung. Im Vertrag wird weiterhin eine Gewinnbeteiligungsquote festgelegt, die der Bank jährlich zu zahlen ist. Sollte das Projekt keinen Gewinn erzielen wird nichts gezahlt, im Falle eines Verlustes haftet die Bank mit ihrer Einlage im Verhältnis der Kapitalanteile. Sollte der eine Geschäftspartner nur seine Arbeitskraft als Kapital eingebracht haben, haftet er nicht mit seinem Privatvermögen, er hat aber auch kein Anrecht auf so etwas wie einen „Unternehmerlohn“.10
4.3.2 „Mudaraba“-Partnerschaftverträge
Diese Form kann mit der „stillen“ Partnerschaft in konventionellen Wirtschaftssystem verglichen werden, sie beinhaltet kein Recht zur Geschäftsführung. Anders als beim „Musharaka“-Vertrag wird hier die Gewinnbeteiligungsquote aber nicht auf den Gesamtgewinn der Unternehmung bezogen, sondern anteilig auf den Kapitalanteil des „stillen Gesellschafters“ am Gesamtkapital der Unternehmung.11
4.4 Probleme einer Erfolgsbeteiligungswirtschaft
Da informationsökonomische Probleme wie „Moral Hazard“ und „adverse Selektion“ kein originäres Problem der Erfolgsbeteiligungswirtschaft darstellen, soll im folgenden eher auf ein typisches Problem dieser Wirtschaftsform eingegangen werden: der Mangel an kurzfristigen (Re-)Finanzierungsmöglichkeiten und die damit einhergehende drohende Überliquidität der Banken. Um in einer auf Erfolgsbeteiligung beruhenden Wirtschaft den Ertrag eines Projektes zu bestimmen , ist es nötig den Gewinn korrekt und theoretisch zu jedem Zeitpunkt ermitteln zu können. Ist dies nicht der Fall, wird es für die Banken schwierig glaubwürdige Ertragserwartungen zu prognostizieren und somit den Weiterverkauf der Anteile zu ermöglichen. Betrachtet man die Sonderform der Finanzierung von Staatsprojekten auf Erfolgsbeteiligungsbasis, kommt das Problem der Bewertung von staatlichen/ hoheitlichen Leistungen hinzu.
Um dieser Probleme Herr zu werden bedarf es aber der Entwicklung von Zentralbankinstrumenten, die den Anforderungen der religiösen Vorgaben, aber auch den Spielregeln eines Kapitalmarktes mit kurzfristigen Anlagemöglichkeiten gerecht werden.12Wie die Untersuchung von Sundararajan, Marston und Shabsigh zeigt, ist dies am ehesten in Staaten möglich, deren Finanz- und Wirtschaftssystem vollständig islamisiert ist, hier am Beispiel Iran und Sudan.
Die Einführung solcher Maßnahmen auf konventionellen Kapitalmärkten scheint fragwürdig, da Zinsgeschäfte seit Jahrzehnten etabliert sind und das islamische Recht so etwas wie die Hinterlegung von Sicherheiten oder die Rückversicherung im Grunde nicht gestattet. ( Sicherheit wird hier durch gemeinschaftliche Fonds und die damit einhergehende Risikostreuung durch Diversifikation geschaffen.) Am Beispiel des Instrumentes GMC (Government Mudharaba Certificate )13soll jedoch gezeigt werden, das es Möglichkeiten gibt so etwas wie Staatsanleihen auch im Rahmen des „Islamic Banking“ zu etablieren. Die Gewinnbeteiligungsrate wird hier durch eine quotale Beteiligung am Staatseinkommen ( vornehmlich Steueraufkommen) ersetzt. Das GMC kann wie ein privater „Mudharaba“-Vertrag auf einem Markt gehandelt werden und bietet dem Staat somit die Möglichkeit der Finanzierung. Problematisch scheint aber auch hier die Kopplung an das Staatseinkommen, da dieses neben den oben schon genannten Bewertungsproblemen auch noch Schwierigkeiten durch die Abhängigkeit vom Steuersystem aufweist. ( dem soll im Modell durch einen „Glättungsfaktor“ begegnet werden. ) Das Modell eines CMC14( Central Bank Musharaka Certificate) erscheint hier „marktfreundlicher“, da hier nicht auf eine staatliche Leistung bezuggenommen wird, sondern auf die Anteile des Staates/ der Zentralbank an kommerziellen Banken. Wie eine GMC ist auch das CMC auf dem freien Markt handelbar, weist aber Vorteile im Hinblick auf Transparenz und Rediskontierbarkeit auf. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das NPP (National Participation Paper), mit dem z.B. bestimmte Infrastrukturprojekte finanziert werden sollen, auch dieses soll auf dem „equity“-Markt handelbar sein und bei Fälligkeit die Zahlung einer Prämie, die auf Basis der zugrundeliegenden Wertpositionen des Staatshaushaltes ermittelt wird, enthalten.15 Um die Funktionsfähigkeit eines solchen Systems zu erhalten, bedarf es aber nicht nur der Schaffung von kurzfristigen, rediskontierbaren Anlageformen, es scheint weiterhin notwendig, den Zentralbanken ein Reglementierungsinstrumentarium zur Verfügung zu stellen, um den Wettbewerb zwischen den Banken zu stärken, Übersichtlichkeit und Transparenz zu forcieren und um zu verhindern, dass die Zentralbank zum Hauptkreditgeber der Wirtschaft wird.
Dies kann nach Ansicht von Sundararajan, Marston und Shabsigh durch eine sorgfältige Preissetzung für die Zentralbankkredite und eine Auswahl von Zugangsbedingungen und Mengenbegrenzung erreicht werden.16
Sind diese Voraussetzungen geschaffen, kann nach ihrer Analyse der hohe Anteil an Barreserven im „Islamic Banking“ abgebaut werden, den diese Banken aufgrund der hohen Liquidität eines Großteils der Einlagen, halten. Diese senken bisher die Gewinne der Banken, da diese, nicht wie in einem konventionellen zinsbasierten System, kurzfristig Liquidität auf- und abbauen können.
Ein endgültiger Vergleich der Effizienz des „Islamic Banking“ zum konventionellen Bankensystem scheint dementsprechend noch nicht sinnvoll, grundsätzlich lässt sich jedoch vermuten, das das „Islamic Banking“ Effizienzverlusten durch Mobilitätshemmnisse, begründet in der langfristigen Bindung des Kapitals und höheren Informationskosten, begegnen muss. Positiv schlägt zu Buche, dass nicht, wie in einer Zinswirtschaft, nur auf die Sicherheit des Kapitals geachtet wird, sondern auch stark auf die Rentabilität des finanzierten Projektes17. Dieses führt einerseits zu einer Auswahl der produktivsten und nicht nur der sichersten Projekte, andererseits können auch die Banken ihr Wissen gewinnbringend ( besonders bei voller Partnerschaft) investieren. Ist der Kapitalmarkt auf breiter Basis manifestiert, sinkt dann auch die Gefahr durch Interessenkonflikte, die ansonsten durchaus einen beeinflussenden Faktor in der Geschäftspolitik von Banken darstellen können. Der Vollständigkeit halber sei hier noch auf die Arbeit El-Gamals verwiesen, der im Vertragsaufbau des „Islamic Banking“ und den Regeln des Koran eine Möglichkeit sieht, bei der Bewertung echte Marktpreise zugrunde zu legen und Inkonsistenzen, verursacht durch Anomalien der persönlichen Zeitpräferenzen, mittels „pre- commitment“ zu begegnen.18
( Inwieweit die letztgenannten Überlegungen aber durch die Grundeinstellung einer Religion mit jenseitiger Heilserwartung begründet sind, oder ob wirklich ökonomische Erwägungen ausschlaggebend waren, wird in dieser Arbeit nicht ganz deutlich. )
5. Die Entwicklung des „Islamic Banking“
Vom Experiment der zinslosen Sparkassen in Mit-Ghamr (1963 - 71 in Ägypten) einmal abgesehen, lässt sich die Gründung der ersten Bank, die nach den islamischen Regeln ihre Geschäfte tätigte auf das Jahr 1975 beziffern. ( Dubai Islamic Bank ) Anfangs wohl eher als ein Projekt des wiederaufkeimenden Islam in der zentralarabischen Region, folgten Projekte in Pakistan und später auch als erste islamische Bank in Europa, die Islamic Bank International of Denmark. ( 1982 )19Mit der Gründung des „Institute of Islamic Banking and Isurance“ 1991 in London, wurde dann ein wichtiger Schritt getan, um dieses Konzept weltweit mit einheitlichem Standard zu verbreiten. Das Institut berät Banken und schult deren Mitarbeiter. Nach eigenen Angaben werden mittlerweile über 200 Mrd. US$ im Sinne des „Islamic Banking“ verwaltet, die Tendenz soll weiterhin steigend sein. Welche Bedeutung diese alternative, aber auch nach moralischen Prinzipien aufgebaute Art des Bankwesens auf Dauer erreichen kann, lässt sich wohl nur erahnen, wenn man beachtet, dass die Commerzbank in Deutschland mittlerweile einen nach islamischen Regeln geführten Fonds anbietet, es einen „Dow Jones Islamic market index“20gibt und der IMF über Möglichkeiten zum Aufbau und zur Stärkung von Zentralbanken in islamisch geprägten Banksystem forscht.
6. Abschließende Bemerkungen und Fazit
Wenn das „Islamic Banking“ grade im Hinblick auf ein funktionierendes Zentralbanksystem und einen Markt zur kurzfristigen Finanzierung der Banken wohl noch der theoretischen Fundierung bedarf, zeigt sich im Hinblick auf die Statistiken des „Institute of Islamic Banking and Insurance“ doch, dass es einen „Markt“ für diese Art des Bankwesens zu geben scheint. ( In unserem konventionellen System gibt es ja mittlerweile so etwas wie Öko-Fonds und andere Ansätze, die auch das Gewissen des Anlegers ansprechen. )
Weiterhin sollte die Möglichkeit genutzt werden, an der Funktionsweise dieses Erfolgsbeteiligungssystems , den Einfluss des Zinses in unserer Wirtschaft zu ergründen und seine Wirkungsweise einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Denn nur, wenn die Bedeutung des Zinses auch wissenschaftlich eindeutig erklärt werden kann, vermag er meiner Meinung nach, seine Bedeutung als „Preis des Geldes“, auch im Vergleich zu einem „equity“-basierten System aufrechtzuerhalten.
1 Vgl. Noor-Ebad, Hamidullah : Islamische Banken in Theorie und Praxis, Seite 15-20
2 Vgl.: El-Gamal, Mahmoud Amin: A Basic Guide to Contemporary Islamic Banking and Finance, Seite 6-7
3 Vgl: Lewis, Mervyn and Algaoud, Latifa M.: Islamic Banking, Cheltenham u.a., 2001 , Seite 62-64
4Vgl.: Akerlof, G.A.: The Market for “Lemons”; Qualitative Uncertainty and the Market Mechanism, In: Quarterly Journal of Economics, 84, 1970, S. 488-500
5 Vgl. Noor-Ebad, Hamidullah : Islamische Banken in Theorie und Praxis, Seite 236-237
6 Vgl. Noor-Ebad, Hamidullah : Islamische Banken in Theorie und Praxis, Seite 12-13
7 Vgl. Noor-Ebad, Hamidullah : Islamische Banken in Theorie und Praxis, Seite 21-25
8 Vgl. El-Gamal, Mahmoud Amin: An Economic Explication of the Prohibition of Riba in Classical Islamic Jurisprudence, Seite 4-7
9 Vgl.: Akerlof, G.A.: The Market for “Lemons”; Qualitative Uncertainty and the Market Mechanism, In: Quarterly Journal of Economics, 84, 1970, S. 488-500
10Vgl. Noor-Ebad, Hamidullah : Islamische Banken in Theorie und Praxis, Seite 30-32
11Vgl. Noor-Ebad, Hamidullah : Islamische Banken in Theorie und Praxis, Seite 32-34
12 Vgl. Sundararajan, V., Marston, David und Shabsigh, Ghiath:
13 ,14 , 15 Vgl. Sundararajan, V., Marston, David und Shabsigh, Ghiath: Monetary Operations and Government Debt Management under Islamic Banking, Seite 9-15
16Vgl. Sundararajan, V., Marston, David und Shabsigh, Ghiath:
Monetary Operations and Government Debt Management under Islamic Banking, Seite 18-20
17Vgl. Noor-Ebad, Hamidullah : Islamische Banken in Theorie und Praxis, Seite 230-235
18 Vgl. El-Gamal, Mahmoud Amin: An Economic Explication of the Prohibition of Riba in Classical Islamic Jurisprudence, Seite 6-10
19Vgl. Noor-Ebad, Hamidullah : Islamische Banken in Theorie und Praxis, Seite 92 -100
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Hauptthema der Arbeit über Islamic Banking?
Das Hauptthema der Arbeit ist die Betrachtung des „Islamic Banking“, genauer, der Funktionsweise und Ausprägung von Bankleistungen, die mit den Regeln der islamischen Rechtssprechung und Religionsauslegung vereinbar sind. Ein zentraler Aspekt ist das, vornehmlich religiös begründete Verbot eines ex-ante Zinses.
Was ist "Riba" und wie wird es im Islamic Banking behandelt?
"Riba" wird als jede Art von festem ex-ante Zins verstanden und ist im islamischen Recht verboten. Islamic Banking umgeht dieses Verbot durch alternative Finanzierungsformen wie Erfolgsbeteiligungspartnerschaften.
Welche sind die wichtigsten Quellen der islamischen Rechtsprechung bezüglich des Zinsverbots?
Die wichtigsten Quellen sind der Koran, die „Sunna“, die Berichte über das Handeln von Weggefährten des Propheten Mohammed („Hadith“), die Pflichtenlehre „Schariah“ und religiöse Urteile von Rechtsgelehrten („Fatwah“).
Welche Rolle spielen Banken als Finanzintermediäre in diesem Kontext?
Banken agieren als Vermittler zwischen Investoren und Kreditnehmern, als Kontroll- und Informationsorgan, das die Rückzahlung der Kredite sicherstellt und Anlagemöglichkeiten aufzeigt. Sie transformieren auch Risiko, Fristigkeit und Losgröße von Kapital.
Welche Auswirkungen hat das Zinsverbot auf das "Islamic Banking"?
Das Zinsverbot erfordert alternative Finanzierungsformen wie Erfolgsbeteiligungspartnerschaften, bei denen Anleger am Gewinn oder Verlust eines finanzierten Unternehmens beteiligt sind.
Welche Formen der Erfolgsbeteiligungspartnerschaften gibt es?
Es gibt "Musharaka"-Partnerschaftsverträge (volle Partnerschaft mit gemeinsamer Geschäftsführung) und "Mudaraba"-Partnerschaftsverträge (stille Partnerschaft ohne Recht zur Geschäftsführung).
Welche Probleme können in einer Erfolgsbeteiligungswirtschaft auftreten?
Ein typisches Problem ist der Mangel an kurzfristigen Refinanzierungsmöglichkeiten, was zu einer drohenden Überliquidität der Banken führen kann. Auch die korrekte Ermittlung und Bewertung des Gewinns eines Projektes kann schwierig sein.
Wie kann das "Islamic Banking" kurzfristige Refinanzierungsmöglichkeiten schaffen?
Es bedarf der Entwicklung von Zentralbankinstrumenten, die den Anforderungen der religiösen Vorgaben und den Spielregeln eines Kapitalmarktes gerecht werden. Beispiele sind GMC (Government Mudharaba Certificate) und CMC (Central Bank Musharaka Certificate).
Wie hat sich das "Islamic Banking" entwickelt?
Die erste Bank, die nach islamischen Regeln ihre Geschäfte tätigte, wurde 1975 gegründet (Dubai Islamic Bank). Mittlerweile werden über 200 Mrd. US$ im Sinne des „Islamic Banking“ verwaltet, und das Konzept verbreitet sich weltweit.
Welche Herausforderungen bestehen für das "Islamic Banking" in der Zukunft?
Das "Islamic Banking" muss seine Effizienz im Vergleich zu konventionellen Bankensystemen verbessern, insbesondere durch die Schaffung von kurzfristigen Refinanzierungsmöglichkeiten und die Reduzierung von Informationskosten. Gleichzeitig sollte die Möglichkeit genutzt werden, am System der Erfolgsbeteiligung, den Einfluss des Zinses in der Wirtschaft zu ergründen.
- Arbeit zitieren
- Carsten Hagedorn (Autor:in), 2002, Religion und Geschäft: Das Beispiel des -Islamic Banking-, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/106781