In diesem Essay soll untersucht werden, ob beide angeführte Ansatzpunkte, also Strategie und Struktur, tatsächlich als gegensätzlich zu betrachten sind. Oder ob ihnen nicht gar eine gewisse Abhängigkeit zueinander attestiert werden kann. Und sofern letztere Frage mit einem Ja beantwortet werden kann, in welcher Art und Weise sind sie aufeinander angewiesen? Spielt vielleicht die Größe, das Alter oder die Branche des Unternehmens eine entscheidende Rolle?
„STRUCTURE FOLLOWS STRATEGY“ – diese 1962 erstmals publizierte und seitdem einschlägig bekannte These des Harvard-Historikers Alfred D. Chandler beschäftigt seit Generationen Wirtschaftswissenschaftler, Top-Manager – und auch solche, die es irgendwann gerne wären. Trotz unzähliger Abhandlungen und Publikationen konnte die gegenständliche Diskussion um die Zusammenhänge von Strategie und Struktur in der Organisation bis heute nicht vollends beantwortet werden. Zugegeben, auch in dieser Arbeit wird dies voraussichtlich nicht vollends gelingen – das wäre eine vermessene Annahme.
ORGANISATION & MANAGEMENT - STRUKTUR FOLGT STRATEGIE! Oder doch nicht?
Einleitung
„STRUCTURE FOLLOWS STRATEGY" - diese 1962 erstmals publizierte und seitdem einschlägig bekannte These des Harvard-Historikers Alfred D. Chandler (*1918 - 2007) beschäftigt seit Generationen Wirtschaftswissenschaftler, Top-Manager - und auch solche, die es irgendwann gerne wären (Studenten). Trotz unzähliger Abhandlungen und Publikationen konnte die gegenständliche Diskussion um die Zusammenhänge von Strategie und Struktur in der Organisation bis heute nicht vollends beantwortet werden. Zugegeben, auch in dieser Arbeit wird dies voraussichtlich nicht vollends gelingen - das wäre eine vermessene Annahme. Nichtsdestotrotz: gemäß einem alten Sprichwort macht Versuch klug, und nach Weisheit wir alle streben. Nachfolgend soll untersucht werden, ob beide oben angeführte Ansatzpunkte, also Strategie und Struktur, tatsächlich als gegensätzlich zu betrachten sind. Oder ob ihnen nicht gar eine gewisse Abhängigkeit zueinander attestiert werden kann. Und sofern letztere Frage mit einem Ja beantwortet werden kann, in welcher Art und Weise sind sie aufeinander angewiesen? Spielt vielleicht die Größe, das Alter oder die Branche des Unternehmens eine entscheidende Rolle? „Ludi incipiant!" (lateinisch für: „Mögen die Spiele beginnen!")
Allgemeiner Teil
Allgemeine Informationen / Historie
„Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei“ - dieser vom Duo Krause & Ruth geschriebene und von Künstler Stephan Remmler komponierte sowie intonierte Hit aus dem Jahre 1986 könnte auch als Beispiel für die seit Jahrzehnten anhaltenden Diskussionen über die gegensätzlichen Organisationstheoretischen Ansätze „Struktur folgt Strategie“ vs. „Strategie folgt Struktur“ herhalten. Ähnlich der berühmten Menschheitsfrage was zuerst da gewesen wäre, das Huhn oder das Ei, stellt sich unter vielen Wirtschaftstheoretikern und Managern in Top-Leveln bis heute die quasi gleichartige Frage bei der Abhängigkeit von Strategie und Struktur in Unternehmen. Und so bedarf der losen Feststellung eines Managers: „Wer strategisch etwas durchsetzen will, muss sich bei uns gut auskennen“, nachfolgend einer näheren Betrachtung - kehrt diese doch den berühmten Ansatz Chandlers (1962) „Struktur folgt der Strategie“ ins Gegenteil um.
Chandlers wohl berühmtester, jemals aufgestellter Satz wurde gleichsam als Arbeits- /Buchtitel in seinem 1962 am M.I.T. in Boston erstmals publiziertem Werk verwendet. In jenem behandelt Chandler eine Fallstudie über die großen vier US-Unternehmen GENERAL MOTORS, STANDARD OIL of New Jersey (seit 1972 firmierend unter „EXXON“), SEARS sowie DUPONT. Eine kleine Anekdote zur Verbindung Chandler / DuPont soll im Übrigen nicht vorenthalten werden: „DuPont“ ist der zweite Vorname Alfred Chandlers, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass seine Ur-Großmutter von der Gründerfamilie Dupont aufgezogen wurde, nachdem deren leibliche Eltern an Gelbfieber verstorben waren. Das Hauptaugenmerk der Arbeit wurde dabei auf die Historie der sich verändernden Strategien und Verwaltungsstrukturen dieser in der Zeit nach WW II gelegt.
Chandler filterte die Information aus seinem Werk, dass zur Schaffung von neuen Strukturen in der Verwaltung eines Unternehmens nachstehende vier Kenntnisse unabdingbar sind:
- Ausweitung des Unternehmens (Expansion, Diversifikation) bestimmt die Art und Weise der Veränderung mit
- Technokratischer bzw. technologischer Status Quo der Organisationswissenschaft zur jeweiligen Zeit
- Referenz auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung
- Kenntnisse der kompletten Vorgeschichte der Administration im jeweiligen Unternehmen
Resümierend folgten daraus jene oben erwähnten Schlagworte „ Struktur folgt Strategie“. Die Schlagkraft dieser war ihm selbst wohl gar nicht so bewusst. Chandler wird sicherlich insgeheim erhofft haben, dass seine Arbeit ein breites Echo finden würde - dass diese jedoch noch Jahrzehnte später für ausreichend Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten unter Wirtschaftswissenschaftlern sorgen soll - und mir dazu auch eine tatsächlich hochinteressante Prüfungsaufgabe beschert, war bei der Ausarbeitung sicherlich nicht im Entferntesten sein Bedacht.
Definition von Strategie
Das Wort „Strategie“ wurde dereinst für Operationen im militärischen Zusammenhang verwendet, ähnlich Zügen beim Schachspiel musste auch hier gedacht (geplant) und gezogen (ausgeführt) werden. Gemäß dem Lehrbuch „Grundlagen des Managements - Basiswissen für Studium und Praxis“ (Schreyögg/Koch 2014), S. 74 f., ist es schwer, eine Grunddefinition für den Strategie-Begriff festzulegen. Gemäß den beiden Professoren kann jedoch festgelegt werden, dass Strategie unter anderem
- das Aktivitätsfeld der Unternehmung festlegt,
- sich an der Konkurrenz ausrichten (Imitation, Kooperation, Domination, Abgrenzung),
- auf die Unternehmensumwelt direkt reagieren muss,
- sich auf die Unternehmensressourcen beziehen,
- auf das gesamte Geschäftsgebaren einer Unternehmung ausgerichtet sind, sowie
- langfristige Bedeutung für die Unternehmen haben (wobei: steter Tropfen höhlt den Stein, bedeutet, dass kontinuierliche Wandelprozesse durchwegs begleiten sollten).
Konzentriert ausgedrückt kann man daher zur Beantwortung der strategischen Grundfragen (der Planung) folgende drei Fragestellungen heranziehen:
1) Welches sind die Geschäftsfelder, in denen das Unternehmen tätig sein wird?
2) Wie soll der Wettbewerb in den festgelegten Geschäftsfeldern bestritten werden?
3) Über welche Kernkompetenzen können wir langfristig verfügen?
Unternehmen, die relativen Erfolg haben wollen, werden an den sinnhaften Beantwortungen auf obigen drei Kernfragen zur Strategiefindung nicht vorbeikönnen.
Es sei hierbei noch erwähnt, dass Strategie, wie sie oben beschrieben wurde, nicht mit der neu-modernen „Vision“ zu verwechseln ist. Beide sind zwar eng miteinander verknüpft, letztere ist jedoch viel allgemeiner gehalten, sozusagen der Traum vor dem Versuch in der Realität.
Definition von Struktur
Um es sehr kurz und abstrakt zu halten: Struktur ist gemäß einschlägiger Literatur ein Begriff, der sich auf die Beobachtung sowie das Erkennen und Umsetzen von Mustern und Beziehungen von Einheiten bezieht (vgl. Mintzberg, 1987). Dazu gehören die beiden geregelten Aspekte der Weisung (Autorität) sowie der Fluss von Informationen (Kommunikation) in der Organisation (vgl. Chandler 1962). Wobei an dieser Stelle auch auf meine persönliche Meinung hingewiesen sein soll, dass nicht nur innerhalb der Organisation eine Kommunikation zu gewährleisten und zu regeln ist, sondern diese auch mit der entsprechenden Umwelt (= Stakeholder wie Mitarbeiter, Kapitalgeber, Kunden, Lieferanten, Behörden, usw.) zu erfolgen hat.
Gemäß Lektüre „Grundlagen der Organisation - Basiswissen für Studium und Praxis“ (Schreyögg 2016) entsteht die betriebliche Organisation durch Arbeitsteilung (Differenzierung) und im Anschluss daran natürlich auch wieder durch Zusammenführung (Integration) der zuvor geteilten Arbeit in den Betrieben, wobei es sich um einen stetigen Prozess, und folglich nicht um eine einmalige Sache, handelt. Strukturen entstehen aus Regeln, welche aus Prozessen geformt wurden. Einen Aufbau einer Struktur ohne Kenntnis der Prozessabläufe kann schwerlich sinnvoll durchgeführt werden.
Würden wir an dieser Stelle das Wort „Struktur“ durch „Strategie“ ersetzen so hätten wir im Übrigen unsere einleitende Feststellung des Managers wiederholt gesehen.
Eine strukturbedingte Arbeitsteilung kann erfolgen:
- verrichtungsorientiert (nach der Tätigkeit)
- objektorientiert (nach der Art des Produktes, also Sparte oder Geschäftsfeld)
- geografisch-orientiert (regional)
Bei der Integration wird ebenfalls unterteilt in verschiedene Strukturarten, die hier nur beispielhaft und der Vollständigkeit halber angeführt sein sollen. Für nähere Informationen zu den verschiedenen Organisations-Struktur-Modellen sei auf das oben angeführte Werk Schreyöggs (2016) verwiesen, in welchen diese mehr als ausreichend dargestellt wurden.
- Einlinien-Organisation („Prinzip der Einheit der Auftragsteilung" (Fayol 1916))
- Stab-Linienorganisation (Stab nicht weisungsbefugt, zumeist beratende Funktion der obersten Instanzen)
- Matrix-Organisation (zwei gleichberechtigte Dimensionen, z.B. Objekt & Funktion)
- Laterale Organisationsformen (wie bspw. Dynamische Netzwerke, Virtuelle Organisation...)
Neben den zuvor erwähnten Arten der Arbeitsteilung sowie der Strukturierung gibt es selbstverständlich noch weitere Arten, für deren Ausführung ich gerne auf die unten angeführten Literaturverzeichnisse referenziere.
Arten von Denkansätzen
Naturgemäß bleibt in der Welt der Wissenschaft eine These mit solcher einschlagenden Wirkung niemals lange ungeprüft bzw. andiskutiert, denn welcher ernstzunehmende akademischer Autor/Lektor möchte nicht die berühmte Redewendung „ quod erat demonstrandum" (lateinisch: „was zu beweisen war") für seine bestätigende oder gegenargumentierende Forschung beanspruchen können - auch wenn diese Aussage im Normalfall eher bei mathematischen Beispielen ihre Anwendung findet.
So tauscht beispielsweise ein Artikel im Strategic Management Journal (Hall/Saias 1980) einfach die Wortpositionen um und dreht den anfangs erwähnten Ansatz Chandlers (Struktur folgt Strategie) einfach um 180°. Und somit gilt als zweiter hier behandelter Ansatz: „Strategie folgt der Struktur". Im Vorwort der Arbeit von Hall & Saias wird zwar noch direkt auf den Arbeitstitel Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass eine Organisation durchaus von diesen Variablen beeinflusst sein kann. In der Arbeit selbst wird jedoch die Schlussfolgerung aufgestellt, dass Strategie, Struktur und die Umwelt eng miteinander verwebt wären - also deckt sich das Ergebnis nach meinem Empfinden nicht völlig mit der Einleitung. Man könnte auch mutmaßen, dass der Buchtitel eher als provokativer Blickfang herhalten musste.
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