Diese Hausarbeit untersucht, wie Unternehmen in Deutschland schrittweise ihren Papierverbrauch senken können, ohne dass ihnen wirtschaftliche Nachteile entstehen, sondern vielmehr durch Prozessoptimierungen profitieren können und wie das Kundenbedürfnis nach Nachhaltigkeit versorgt werden kann. Es soll dabei untersucht werden, wie Lean-Management-Maßnahmen im Rahmen von Lean 4.0 und der Einfluss von Digitalisierung Unternehmen dabei unterstützen können.
Nach Gorecki und Pautsch ist der Nutzen der Einführung von Lean Management eine konsequente Ausrichtung aller Prozesse im Unternehmen an den Anforderungen und Wünschen des Kunden. Jede Aktivität, jeder Arbeitsgang, jede administrative Tätigkeit in der Verwaltung des Unternehmens wird als Beitrag zu dem Nutzen gemessen, den der Kunde als solchen erkennt.
Verdeutlicht wird das durch den Lean-Management-Grundsatz von Armin Töpfer: "Producing people before producing parts". Nicht wertschöpfende Tätigkeiten oder Prozesse im Unternehmen werden eliminiert. Sofern dies hier und heute nicht möglich erscheint (weil z. B. ein Lager aktuell für absolut unentbehrlich gehalten wird), wird diese Aktivität immer noch als Verschwendung angesehen. Deren Eliminierung wird dann zur Zukunftsaufgabe.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Definition Lean Management
2.2 Die vier Grundpfeiler des Lean Managements
2.3 Die fünf Grundprinzipien des Lean Managements
2.4 5-S-Methode als Instrument des Lean Managements
2.5 Begriffsabgrenzung zur Digitalisierung und Industrie 4.0
3. Lean 4.0 ein Mix aus Digitalisierung, Industrie 4.0 und Lean Management
3.1 Korrelation zwischen Lean Management und Digitalisierung
3.2 Lean 4.0
3.3 Chancen und Risiken der Digitalisierung
3.3.1 Chancen der Digitalisierung
3.3.2 Risiken der Digitalisierung
3.4 Die 8 Arten der Verschwendung im Büro
3.5 Effizientere Arbeitsplatzorganisation durch 5-S-Methode
3.5.1 Sortieren (Seiki)
3.5.2 Systematisieren (Seiton)
3.5.3 Sauberkeit (Seiso)
3.5.4 Standardisieren (Seiketsu)
3.5.5 Selbstdisziplin (Shitsuke)
3.6 Die 5-S-Methode – Ein Prozess der nie aufhört
3.7 Erfahrene Reaktionen bei Einführung von 5-S
4. Handlungsempfehlung
5. Fazit
Literaturverzeichnis
I. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Pro-Kopf-Verbrauch an Papier/Pappe/Karton in den G20 Staaten 2018
Abbildung 2: Die Prinzipien des Lean Managements
Abbildung 3: Die Schritte der 5-S-Methode
Abbildung 4: The four industrial Revolutions
Abbildung 5: Digitalisierungsreife und Reifegrad des Lean Management in Industrie
Abbildung 6: Lean 4.0 – Ein Mix aus Lean Management und Digitalisierung
Abbildung 7: Die 7 Arten der Verschwendung + das ungenutzte Potential
Abbildung 8: Winston-Technik
Abbildung 9: Visualisierung eines Ablagesystems
Abbildung 10: Bildung von Vorgangsordner auf zweiter Ebene im Dateisystem
Abbildung 11: Einige Bürobereiche vor 5 S-Projekt
Abbildung 12: Kontinuierliche Verbesserung
Abbildung 13: Formblatt für das Standardisieren bei 5 S
Abbildung 14: Wertschöpfung durch KVP erhöhen
Abbildung 15: Vom Einzelnen zur gesamten Organisation
Abbildung 16: Schreibtische nach Einrichtung der Arbeitsplätze in versch. Firmen
1. Einleitung
Auf Anfrage der Fraktion die Grünen, hat die Bundesregierung die Entwicklung des Papierverbrauchs in Deutschland untersucht und kommt zu einem unrühmlichen Ergebnis: Kein anderes der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) verbraucht so viel Papier wie die Bundesrepublik. Laut der Bundesregierung sind es 240 Kilogramm je Bürger pro Jahr. (vgl. WirtschaftsWoche 2019)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Pro-Kopf-Verbrauch an Papier, Pappe und Karton in den G20 Staaten 2018
Quelle: WirtschaftsWoche (2019)
Es könnte in Bezug auf deutsche Unternehmen eine Verbindung zu stark papierintensiven und schlechten Prozessen geben, die für diesen hohen Verbrauch sorgen. Ein Grund dafür könnte sein, dass Unternehmen keine schlanken Prozesse eingeführt haben bzw. Lean-Management einsetzen. So ergab eine Studie des Instituts für projektorientierte Lehre, dass Unternehmen in der Weser-Ems-Region die Themen Lean Management und Industrie 4.0 nur in einem sehr begrenzten Umfang als Gegenstand innerbetrieblicher Diskussionen sind und die Bedeutung für Geschäftsprozesse und die damit verbundene Wettbewerbsfähigkeit nur unzureichend bekannt seien (vgl. Schleuter et al. 2018: S. 4). Es stellt sich die Frage, wie Unternehmen in Deutschland schrittweise Ihren Papierverbrauch senken können, ohne dass Ihnen wirtschaftliche Nachteile entstehen, sondern vielmehr durch Prozessoptimierungen profitieren können und wie das Kundenbedürfnis nach Nachhaltigkeit versorgt werden kann. Es soll dabei untersucht werden, wie Lean Management Maßnahmen im Rahmen von Lean 4.0 und der Einfluss von Digitalisierung Unternehmen dabei unterstützen können.
2. Theoretische Grundlagen
Um ein grundlegendes Verständnis über das Thema Lean Management und der Digitalisierung zu erhalten, werden in diesem Kapitel die Begriffsdefinition, die Grundpfeiler, die Prinzipien und ein effektives Instrument des Lean Managements vorgestellt und die Begriffe Digitalisierung und Industrie 4.0 voneinander abgegrenzt.
2.1 Definition Lean Management
Nach Gorecki und Pautsch ist der Nutzen der Einführung von Lean Management eine konsequente Ausrichtung aller Prozesse im Unternehmen an den Anforderungen und Wünschen des Kunden. Jede Aktivität, jeder Arbeitsgang, jede administrative Tätigkeit in der Verwaltung des Unternehmens wird als Beitrag zu dem Nutzen gemessen, den der Kunde als solchen erkennt. (vgl. Gorecki und Pautsch 2018: S. 7) Verdeutlicht wird das durch den Lean-Management-Grundsatz von Armin Töpfer: „Producing people before producing parts“ (Töpfer 2009: S. 139). Nicht wertschöpfende Tätigkeiten oder Prozesse im Unternehmen werden eliminiert. Sofern dies hier und heute nicht möglich erscheint (weil z. B. ein Lager aktuell für absolut unentbehrlich gehalten wird), wird diese Aktivität immer noch als Verschwendung angesehen. Deren Eliminierung wird dann zur Zukunftsaufgabe. (vgl. Gorecki und Pautsch 2018: S. 7)
Nach Inge Hanschke ist das Lean Management ein Führungs- und Organisationskonzept, zur schlanken und kundenorentierten Gestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation einer Organisation in einem Kontinuierlichen Verbesserungsprozess, der es ermöglicht, mit geringen Kosten eine hohe Qualität und Flexibilität auch bei großer Komplexität des Produktspektrums zu realisieren. Sie macht darauf aufmerksam, dass eine schlanke, kundenorentierte Organisation und Prozessstruktur eine Notwendigkeit für Lean Management darstellt. (vgl. Hanschke 2018: S. 189) Nach Hanschke ist der Lean-Gedanke eine geniale und einfache Idee, um Kundenwertschöpfende Prozesse zu priorisieren und Verschwendung zu vermeiden, es gelte das Motto „Werte schaffen ohne Verschwendung“ (vgl. Hanschke 2018: S. 189). Hanschke spricht hierbei von „Leanisieren“ – „maximize customer value while minimizing waste“ (Hanschke 2018: 190), dass bedeutet das der Kundenwert immer weiter erhöht wird, während Verschwendung aus den Prozessen herausgenommen wird.
Vergleicht man die verschiedenen Definitionen zum Lean Management von Hanschke (2018) und Gorecki und Pautsch (2018) fällt auf, dass der Kunde eindeutig im Mittelpunkt des Lean Management steht. Es gilt daher ausdrücklich das Lean Management konsequent auf den Kunden auszurichten, um somit die Kundenwertschöpfenden Prozesse zu optimieren.
2.2 Die vier Grundpfeiler des Lean Managements
1. Schaffe Kundenwert : Im Zusammenhang mit der zuvor erläuterten Definition des Lean Management beschreibt Künzel, dass alle Aktivitäten einer Organisation darauf ausgelegt sein sollen, einen erfahrbaren Kundenwert zu schaffen und alle anderen Tätigkeiten zu unterlassen (vgl. Künzel 2016: S. 48).
2. Vermeide Verschwendung: Organisationen sollen vermeiden, was keinen Wert für den Kunden generiert, da dieser nicht gewillt ist, dafür zu zahlen (vgl. Künzel 2016: S. 48). Künzel bezeichnet dies als ein wirkungsvolles Prinzip, jedoch kritisiert dabei, dass Unternehmen bei der Suche von Lösungen für ihre Probleme, langfristig die Kundenperspektive außer Acht lassen, was oftmals zu schnellen Lösung führt und kurzfristig die Symptome Erfolgreich bekämpft, aber nicht die Ursache ermittelt wird, sodass die schnelle Lösung dann zur Dauerlösung wird (vgl. Künzel 2016: S. 48).
3. Verbessere kontinuierlich Prozesse: Der dritte Grundpfeiler soll dazu ermahnen, dass etwas nie perfekt ist und eine Organisation immer besser werden muss und das jeden Tag (vgl. Künzel 2016: S. 49). Es gehe zudem auch darum, getroffene Maßnahmen immer wieder kritisch zu hinterfragen. Es sei nach Künzel nicht verwerflich, getroffene Entscheidungen zu revidieren, wenn sich Umstände geändert haben, die gedachten Ergebnisse nicht den gewünschten Kundenmehrwert generieren oder die Verschwendung nicht vermieden werden konnte (vgl. Künzel 2016: S. 49). Im Zusammenhang dazu ergänzen Gorecki und Pautsch (2018), dass der Mensch nicht alles sehen und wissen kann und wir oft der Meinung sind, dass das Eingeständnis eines Fehlers mit dem des eigenen Versagens gleichzusetzen ist, was aber ein falscher Denkansatz sei, da der Mensch Fehler nicht als Versagen ansehen sollte, sondern als eine Möglichkeit der Verbesserung. Somit sei die Entstehung des Fehlers oder das Abweichen von der Planvorgabe die Voraussetzungen zur Verbesserung. (vgl. Gorecki und Pautsch 2018: S. 32)
4. Respektiere den Menschen: Mit diesem Grundpfeiler soll nicht eine Organisation mit einem hohen Harmoniebedürfnis entstehen, sondern es bedeutet, dass sich alle Mitarbeiter gegenseitig mit Respekt behandeln und eine Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens schaffen und alles getan wird, um in die Mitarbeiter, Ihren Qualifikationen und Weiterbildung zu investieren (vgl. Künzel 2016: S. 49).
2.3 Die fünf Grundprinzipien des Lean Managements
Im Vergleich zu Künzel (2016) unterteilen P. Gorecki & P. Pautsch (2018) und M. Dahm & A. Brückner (2014) das Lean Management in die bekannteren fünf Grundprinzipien des Lean Managements. An erster Stelle geht es darum einen Wert zu spezifizieren, dass bedeutet, dass die Wertschöpfung im Hinblick auf spezifische Produkte, die zu einem bestimmten Preis einem spezifischen Kunden angeboten werden, konkret definiert werden (vgl. Dahm und Brückner 2014: S. 25). Der Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung wird ausschließlich vom Kunden bestimmt, deshalb stehen die Anforderungen des Kunden und deren Wertschätzung an erster Stelle (vgl. Gorecki und Pautsch 2018: S. 19). Das zweite Prinzip stellt den Wertstrom in den Vordergrund. Hierbei geht es nicht nur um die interne Supply Chain, also den Ablauf des Wertschöpfungsprozesses im Unternehmen, sondern um das gesamte Netzwerk von Unternehmen, die für die Herstellung eines Produktes verantwortlich sind. (vgl. Gorecki und Pautsch 2018: S. 19) Alle Tätigkeiten, ob Wertschöpfend oder nicht, sind Bestandteil des Wertstroms [...] (vgl. Gorecki und Pautsch 2018: S. 19). Diese Aussage ist für die Hausarbeit ein sehr relevanter Aspekt, da sich der Hauptteil damit befasst, wie sich der indirekte Bereich bzw. der nicht wertschöpfende Teil (Verwaltung), durch Einsatz von Lean-Ansätzen optimieren lässt. Der Flow, welches das dritte Prinzip des Lean Managements darstellt, fordert einen Wertschöpfungsprozess, der nicht durch Lagerung von Zwischen- oder Endprodukten und durch Liegezeiten unterbrochen wird (vgl. Gorecki und Pautsch 2018: S. 19). Im Rahmen des vierten Prinzips gilt es einen „Pull“ zu implementieren, dass bedeutet, dass erst, wenn der Kunde Bedarf signalisiert, er das bekommt, was er benötigt, wenn er es tatsächlich benötigt (vgl. Dahm und Brückner 2014: S. 26). Das abschließende Prinzip ist das Streben nach Perfektion, denn zur Etablierung des Lean-Gedanken müssen die Aktivitäten regelmäßig überprüft werden. Ziel ist die Eliminierung von Verschwendung durch kontinuierliche Verbesserungsinitiativen, damit alle Aktivitäten wertschöpfend für den Kunden sind. Dieser Anspruch manifestiert sich häufig in der Anwendung der 5-S-Methode (vgl. Dahm und Brückner 2014: S. 26).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Die Prinzipien des Lean Managements
Quelle: Dahm und Brückner (2014): S. 2
2.4 Die 5-S-Methode als Instrument des Lean Managements
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Die Schritte der 5-S-Methode
Quelle: Eigene Darstellung
C. Kostka und S. Kostka (2017) beschreiben die 5-S-Methode wie folgt: Der Kontinuierliche Verbesserungsprozess beinhaltet ein Instrument, um Verschwendungen im Arbeitsumfeld zu vermeiden. Dieses Instrument ist die sogenannte 5-S-Methode. Sie beschreibt in fünf Schritten, wie das Arbeitsumfeld von Verschwendungen befreit wird. Sie kann als Gesamtaktion im ganzen Unternehmen als strategischer Prozess stattfinden. Auch jeder Mitarbeiter kann sie, für sich an seinem Arbeitsplatz als regelmäßige Routine durchführen. Die 5-S-Methode wurde direkt von der japanischen 5-S-Vorgehensweise abgeleitet und ins Deutsche übertragen: Der Anfang wird durch das „Sortieren“ (jap. Seiri) gemacht. Dabei geht es um die Unterscheidung von am Arbeitsplatz notwendigen und unnötigen Arbeits- bzw. Hilfsmitteln. Unnötiges wird aussortiert. An zweiter Stelle steht das „Systematisieren“ (jap. Seiton), das für die Ordnung, der für notwendig erachteten Arbeits- bzw. Hilfsmittel, notwendig ist, sodass diese griffbereit am richtigen Platz aufbewahrt werden. Darauffolgend an dritter Position steht die „Sauberkeit“ (jap. Seiso). Hier wird der Arbeitsplatz und die entsprechenden Arbeitsmittel sauber gehalten und gepflegt. Der vierte Punkt, die „Standardisierung“ (jap. Seiketsu), birgt die höchsten Prozessverbesserungen und Einsparmöglichkeiten, was durch Maßnahmen, wie die Einführung von Standards, Regeln und Vorschriften, realisiert wird. Der fünfte Punkt, die „Selbstdisziplin“ (jap. Shitsuke) beschreibt sich selbst zu disziplinieren, die genannten Punkte zur Gewohnheit werden zu lassen und anschließend für die ständige Verbesserung des Arbeitsumfeldes zu sorgen. (vgl. Kostka und Kostka 2017: S. 78) Das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft definiert und ergänzt den letzten Punkt, die Selbstdisziplin insofern, dass bei der Umsetzung der Verbesserungsmaßnahmen zur Vermeidung von Verschwendung jeder am Prozess Beteiligte dazu aufgefordert ist, den angestoßenen Prozess diszipliniert und aktiv mitzugestalten. Großes Potential stecke oft auch in scheinbar weniger bedeutenden Maßnahmen. (Institut für Angewandte Arbeitswissenschaft 2016: S. 13) Im Vergleich zu C. Kostka und S. Kostka (2017) wird in dieser Definition der Aspekt der Verschwendungsmeidung und die weniger bedeutsamen Maßnahmen ergänzt. Diese Ergänzungen sind mit Hinblick auf die Vorgehensweise im Hauptteil dieser Hausarbeit relevant, da versucht wird, auf einfach umzusetzende Maßnahmen zurückzugreifen.
2.5 Begriffsabgrenzung zur Digitalisierung und Industrie 4.0
Nach Hanschke (2018) verändern Digitalisierung und Industrie 4.0 die Organisation, Prozesse und IT-Landschaften jedes Unternehmens nachhaltig. Informations- und Kommunikationstechnik halte Einzug in allen administrativen und wertschöpfenden Prozessen des Unternehmens. (vgl. Hanschke 2018: S. 48) Die Digitalisierung beschreibt den mathematischen Prozess der Umwandlung von Informationen, die in Form physischer Repräsentationsformen von realen Objekten vorliegen, in ein digitales und computerlesbares Format, wodurch digitale Informationsübertragung ermöglicht wird (vgl. Reinhardt 2020: S. 14). Sie hilft dabei Tätigkeitsbereiche zu vereinfachen und Prozesse in Unternehmen zu verschlanken, sowie ehemals große Papier- und Aktenbestände zu eliminieren (vgl. Reinhardt 2020: S. 15). Im Gegensatz dazu stehe Industrie 4.0 für ein Zukunftsprojekt der deutschen Bundesregierung, mit dem die digitale Vernetzung klassischer Fertigungsindustrien vorangetrieben werden soll. Es geht um den Auf- und Ausbau wettbewerbsfähiger industrieller Strukturen, um die deutsche Industrie für die Zukunft zu rüsten. (vgl. Obermaier 2016: S. 6) Basis ist die Verfügbarkeit aller relevanten Informationen in Echtzeit durch Vernetzung aller an der Wertschöpfung beteiligten Instanzen, sowie die Fähigkeit, aus den Daten den zu jedem Zeitpunkt optimalen Wertschöpfungsfluss abzuleiten (vgl. Obermaier 2016: S. 7).
Schneider (2019) ergänzt, dass es sich bei Industrie 4.0 zudem um die vierte industrielle Revolution handelt (vgl. Abbildung 4) und das es um intelligente Automatisierung von Material- und Informationsflüssen durch weltweit digital vernetzte und dezentrale Kollaboration von Mensch, Maschinen und Objekten über die gesamte Wertschöpfungskette gehen wird (vgl. Schneider 2019: 38f.). Bedeutsam für die Hausarbeit und dem Hauptteil ist in erster Linie jedoch der Begriff der Digitalisierung.
3. Lean 4.0 ein Mix aus Digitalisierung, Industrie 4.0 und Lean Management
In Diesem Kapitel soll aufgezeigt werden, was sich hinter dem Begriff Lean 4.0 verbirgt und welche Chancen und Risiken die Digitalisierung beinhaltet. Darüber hinaus soll, im Rahmen des Lean 4.0 die 5-S-Methode, anhand von praktischen Maßnahmen durchgeführt werden, um zu zeigen, wie diese Lean Management Methode durch das Einfließen von Digitalisierungsmaßnahmen, Prozesse optimieren und Verschwendungen reduzieren kann.
3.1 Korrelation zwischen Lean Management und Digitalisierung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Digitalisierungsreife und Reifegrad des Lean Management in der produzierenden Industrie
Quelle: Kettler und König (2018) S. 5
Laut der Studie Lean 4.0 – Schlank durch Digitalisierung, liegt die Zukunft des Lean Management in der Digitalisierung und beschreibt, dass es eine positive Korrelation zwischen der Digitalisierungsreife und dem Reifegrad des Lean Management gibt und das die Digitalisierung einen zentralen Beitrag zur nachhaltigen Umsetzung von Lean Management leistet (vgl. Kettler und König 2017: S. 5). Die Studie zeigt, dass sich viele Unternehmen noch in der Anfangs- und Lernphase befinden und das Ziel sei es, dass unumstrittene Potential hinsichtlich der Einführung von Lean Management- und Digitalisierungsinitiativen aufzuzeigen (vgl. Kettler und König 2017: S. 5).
Die Abbildung 5 zeigt die erwähnte Korrelation zwischen der Digitalisierungsreife und dem Reifegrad des Lean Management. Unternehmen, die heute wenige Technologien einsetzen, werden hierbei als Digital Beginner oder Learner bezeichnet, welche erst wenige Prozesse im Sinne des Lean Management verschlankt haben, während Unternehmen die als Lean Management Innovator oder Expert gelten, einen hohen Umsetzungsgrad digitaler Technologien aufweisen (vgl. Kettler und König 2017: S. 5).
3.2 Lean 4.0
Nach dem Leitfaden „Industrie 4.0 trifft Lean“ von der VDMA, beschreibt Lean 4.0, dass die digitale Aufwertung zur Vorbereitung eines schlanken und digitalen Wertstroms dient. Damit die Digitalisierung ihr volles Potenzial im Sinne einer schnelleren und flexibleren Auftragsabwicklung entfaltet, ist eine fachbereichsübergreifende Synchronisation der Informations- und Materialflüsse notwendig. Ausgangpunkt ist dabei der Kundenwunsch und seine Integration in eigene IT-Systeme. Eine Fragestellung kann beispielsweise lauten, wie individuelle Kundenanforderungen ohne zusätzlichen Planungsaufwand (z. B. in der Arbeitsvorbereitung) im Sinne von Standardarbeit an den Arbeitsplätzen realisiert werden können. Spätestens hier verlässt Lean die Produktion und wird zu einem unternehmensübergreifenden Managementansatz. (vgl. Leitfaden Industrie 4.0 trifft Lean – Wertschöpfung ganzheitlich steigern 2018: S. 11) Nach Weinreich (2016) beschreibt Lean 4.0 den Managementprozess, der unter Nutzung agiler Methoden ein Unternehmen in die digitale Zukunft führt, sei es durch Digitalisierung von Prozessen, digitaler Interaktion mit Kunden, Partnern und Mitarbeitern oder der Entwicklung und Vermarktung digitaler Services oder Produkte (vgl. Weinreich 2016: S. 23).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Lean 4.0 - Ein Mix aus Lean Management und Digitalisierung
Quelle: Eigene Darstellung
Es gilt zudem nicht nur die Produktionsprozesse, sondern auch alle Prozesse mithilfe der Lean-Philosophie zu optimieren und auf Industrie 4.0 auszurichten. Hierzu zählen besonders sämtliche produktionsangrenzenden Prozesse, sowie indirekte Bereiche (Verwaltung) wie z. B. Auftragsabwicklungs-, Logistik-, Instandhaltungs- sowie die Serviceprozesse. (vgl. Wiegand 2018: S. 6) „Es geht nur Lean UND Industrie 4.0, nicht Lean ODER Industrie 4.0“ (Wiegand 2018: S. 6) In diesem Zusammenhang soll die Abbildung 6 das Zitat von Wiegand verdeutlichen, dass Lean 4.0 ein Ergebnis aus der Verschmelzung von Lean Management und Digitalisierung ist und somit beide Kreise zu einem Kreis werden und eine Einheit bilden – Lean 4.0.
3.3 Chancen und Risiken der Digitalisierung
Bevor auf mögliche Umsetzungsmaßnahmen im Rahmen der Digitalisierung bzw. Lean 4.0 eingegangen wird, ist es Notwendig zu verstehen, welche Chancen und welche Risiken die Digitalisierung für Unternehmen darstellen kann.
3.3.1 Chancen der Digitalisierung
Laut einer Untersuchung am Beispiel mittelständischer Automobilzulieferer, besteht der Konsens unter den Befragten, dass Industrie 4.0 und Digitalisierung mehr Chancen als Risiken für kleine und mittlere Unternehmen bietet (vgl. Braun 2017: S. 33). So wird unter anderem das verbesserte Qualitätsmanagement im Zuge der Digitalisierung als Potenzial genannt, da durch die digitalisierte Dokumentation und Nachverfolgung von Teilen die Fehlerquote gesenkt werden könne (vgl. Braun 2017: S. 33). Ein weiteres Potential stecke in der externen Vernetzung der Unternehmen mit den Kunden, um so ein besseres Serviceangebot zu generieren (vgl. Braun 2017: S. 33). Im administrativen Bereich und insbesondere im Controlling kann man eine Vereinfachung und Effizienz des Managements als Vorteil sehen. Durch eine verbesserte Datenerfassung und -übertragung im Controlling sollen Managemententscheidungen schneller und genauer getroffen werden. (vgl. Braun 2017: S. 34)
3.3.2 Risiken der Digitalisierung
Eines der möglichen Risiken in der Digitalisierung ist das Fehlen von qualifizierten Personal, welches sich mit Projekten, wie der Digitalisierung des Unternehmens, überhaupt auseinandersetzen könne und Führungskräfte kaum Zeit hätten sich über Digitalisierung bzw. Industrie 4.0 Gedanken zu machen (vgl. Braun 2017: S. 32). Spöttl und Windelband (2019) schlagen daher vor, dass die Diskussion um die Digitalisierung, auf Kompetenzentwicklung, Qualifizierungsmöglichkeiten und sich wandelnde Aufgabenprofile von Fachkräften fokussiert werden sollte (vgl. Spöttl und Windelband 2019: S. 16). In der Untersuchung von Braun (2017) zum Thema Digitalisierung waren sich die Befragten Unternehmen einig, dass das Thema „Cyberkriminalität und IT-Sicherheit“ von hoher Relevanz ist. Es geht hervor, dass größere Angst davor besteht, durch Cyberkriminalität, sensible Unternehmensdaten an Hacker zu verlieren. Als Konsequenz daraus, spielt die IT-Sicherheit in der Zukunft eine große Rolle und man wolle dieses weiter verbessern und ausbauen. (vgl. Braun 2017: S. 32)
[...]