Die folgende Ausarbeitung beschäftigt sich mit der Bauhaus-Lehre über Deutschland hinaus. Es scheint zunächst so, als sei das Bauhaus und dessen Lehren sowie Pädagogik lediglich auf Deutschland begrenzt, doch bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass das Bauhaus, so wie wir es heute verstehen, kein reines „Originalprodukt aus Deutschland“ ist. Vielmehr war dies stets ein kosmopolitisch vernetztes Projekt, welches ganz unterschiedliche Beziehungen aufgenommen hat. Eben jene unterschiedlichen Beziehungen gilt es im Folgenden am Beispiel der Bauhaus-Pädagogik und den Verbindungen dieser zu anderen Bildungskonzepten am Beispiel Indiens näher darzustellen. Welchen Einfluss hatte das Bauhaus auf Indien und die Kunstausbildung? Welche Verbindungen sind zwischen der revolutionären Kunstschule Bauhaus und Kunstschulen anderer Länder zu ziehen? Inwieweit hat ein Kulturtransfer zwischen dem Bauhaus und ausgewählten Schulen stattgefunden? Diese Fragen gilt es im Folgenden zu beleuchten und zu klären.
Das Jahr 1919 stellt ein wegweisendes Jahr unserer Weltgeschichte dar. Nach dem ersten Weltkrieg lag nicht nur ein Großteil der Welt in Trümmern, viele Menschen hatten für sich auch jeden Sinn des Lebens, sowie jede Perspektive für ihren Alltag verloren. Geprägt von einer „geopolitischen Krisen und Umbruchsituation“, sowie dem fragilen Beginn der Weimarer Republik entwickelten sich in unserer Gesellschaft eine Vielzahl von Veränderungen, welche bis heute noch Auswirkungen auf unser Leben haben. Eine dieser Veränderungen zeigt sich unter anderem in dem neuen, revolutionären Kunstgedanken, unter welchen Schüler und Schülerinnen fortan unterrichtet wurden, sowie den damit verbundenen Veränderungen des Lehrplanes im Kunstunterricht. Das Bauhaus, als Kunstschule gegründet von Walter Gropius, machte es sich zum Ziel, den traditionellen Kunstunterricht, sowie die Art der Vermittlung innerhalb des Unterrichts, grundlegend zu verändern. Die Kunsthochschule sollte wegweisend für die Verbindung des Künstlerischen mit dem traditionellen Handwerk sein. In Zusammenarbeit mit bedeutenden Künstlern seiner Zeit, sollte der „Bau der Zukunft“ geschaffen werden. Der Begriff Bauhaus wird heute aber nicht einzig hinsichtlich Architektur und Design verwendet, sondern umfasst sowohl revolutionäre Lehren wie auch einflussreiche Pädagogik.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Bauhaus-Lehre
2.1. Das Staatliche Bauhaus Weimar
2.2. Internationaler Einfluss
3. Rabindranath Tagore
3.1. Biographie
3.2. Politischer und künstlerischer Einfluss
3.3. Pädagogische Grundabsichten und Anschauungen an der Kala Bhavan Schule
4. Die Beziehung der Bauhaus-Pädagogik zu anderen Bildungskonzepte Indiens
4.1. Ausstellung Kalkutta
4.2. Affinitäten der Kala Bhavan Schule und dem Staatlichen Bauhaus Weimar
4.3. Affinitäten des National Institute of Design und dem Staatlichen Bauhaus Weimar
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das Jahr 1919 stellt ein wegweisendes Jahr unserer Weltgeschichte dar. Nach dem ersten Weltkrieg lag nicht nur ein Großteil der Welt in Trümmern, viele Menschen hatten für sich auch jeden Sinn des Lebens, sowie jede Perspektive für ihren Alltag verloren. Geprägt von einer „ geopolitischen Krisen und Umbruchsituation“1, sowie dem fragilen Beginn der Weimarer Republik entwickelten sich in unserer Gesellschaft eine Vielzahl von Veränderungen, welche bis heute noch Auswirkungen auf unser Leben haben. Eine dieser Veränderungen zeigt sich unter anderem in dem neuen, revolutionären Kunstgedanken, unter welchen Schüler und Schülerinnen fortan unterrichtet wurden, sowie den damit verbundenen Veränderungen des Lehrplanes im Kunstunterricht. Das Bauhaus, als Kunstschule gegründet von Walter Gropius, machte es sich zum Ziel, den traditionellen Kunstunterricht, sowie die Art der Vermittlung innerhalb des Unterrichts, grundlegend zu verändern.2 Die Kunsthochschule sollte wegweisend für die Verbindung des Künstlerischen mit dem traditionellen Handwerk sein. In Zusammenarbeit mit bedeutenden Künstlern seiner Zeit, sollte der „Bau der Zukunft“ geschaffen werden. Der Begriff Bauhaus wird heute aber nicht einzig hinsichtlich Architektur und Design verwendet, sondern umfasst sowohl revolutionäre Lehren wie auch einflussreiche Pädagogik.
In der folgenden Ausarbeitung möchte ich mich explizit mit der Bauhaus-Lehre über Deutschland hinaus beschäftigen. Es scheint zunächst so, als sei das Bauhaus und dessen Lehren sowie Pädagogik lediglich auf Deutschland begrenzt, doch bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass das Bauhaus, so wie wir es heute verstehen, kein reines „Originalprodukt aus Deutschland“3 ist. Vielmehr war dies stets ein kosmopolitisch vernetztes Projekt, welches ganz unterschiedliche Beziehungen aufgenommen hat.4 Eben jene unterschiedlichen Beziehungen gilt es im Folgenden am Beispiel der Bauhaus-Pädagogik und den Verbindungen dieser zu anderen Bildungskonzepten am Beispiel Indiens näher darzustellen. Welchen Einfluss hatte das Bauhaus auf Indien und die Kunstausbildung? Welche Verbindungen sind zwischen der revolutionären Kunstschule Bauhaus und Kunstschulen anderer Länder zu ziehen? Inwieweit hat ein Kulturtransfer zwischen dem Bauhaus und ausgewählten Schulen stattgefunden? Diese Fragen gilt es im Folgenden zu beleuchten und zu klären.
2. Bauhaus-Lehre
2.1. Das Staatliche Bauhaus Weimar
Der Architekt Walter Gropius gründete im Jahr 1919 aus der Zusammenlegung der ehemaligen „Großherzoglichen Sächsischen Kunstgewerbeschule“ und der „Großherzoglichen Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst“ die Kunsthochschule Bauhaus in Weimar. Obwohl diese nur vierzehn Jahre existierte, wurde sie zur bedeutendsten Schule für Architektur, Design und Kunst Deutschlands im 20. Jahrhundert. Neben dem wissenschaftlich-theoretischen Teil des Unterrichts wurde am Bauhaus vermehrt Wert auf eine künstlerisch-praktische Ausbildung gelegt. Der Grundgedanke war, nicht länger zwischen der bildenden Kunst und der angewandten Kunst zu unterscheiden. Diese sollten demnach nicht als sich gegenseitig ausschließende Bereiche angesehen werden, sondern beides zu einer Einheit verschmelzen. Mit Hilfe von bedeutenden Künstlern wie Johannes Itten, Gerhard Marcks, Oskar Schlemmer, Paul Klee und Wassily Kandinsky, welche an der Schule unterrichteten, sollte kein neuer Stil und keine neue Kunst, sondern eine Reform der bisherigen künstlerischen Arbeit stattfinden. Es galt diese auf ihre Grundlagen und Voraussetzungen zurückzuführen und den Umgang mit dem Material als Fundament aller Künste anzusehen. In dem Verständnis, dass einzig das Handwerk lehrbar sei, nicht aber die Kunst, beruht die Bauhaus-Lehre auf einer überwiegend handwerklichen Ausbildung in den Werkstätten der Schule. Schüler und Schülerinnen lernten einerseits die Kunsttheorie sowie die Formen- und Farbenlehre in Klassenverbänden mit Lehrern wie Paul Klee oder Wassily Kandinsky, aber auch unter Lehrkörpern wie Johannes Itten und handwerkliche Fähigkeiten wie Weben, Töpfern oder Tischlern in den jeweiligen Werkstätten. Der Ablauf der Lehre, bzw. das Lehrkonzept der Schule war dabei jedoch stets Veränderungen ausgesetzt. Dies ist vor allem auf die Künstler, welche Gropius an das Bauhaus berufen hatte, zurückzuführen. So hatte zum Beispiel Johannes Itten einen großen Einfluss auf den Ablauf der Lehre, sowie die Pädagogik an der Schule. Zu nennen ist hierbei vor allem der von ihm eingeführte „Vorkurs“, welcher eine Art Probesemester für jeden Schüler und jede Schülerin darstellte. Unabhängig ihren Fähigkeiten sollten alle Schüler und Schülerin in dem sechsmonatigen Vorkurs im Umgang mit Materialien sowie der Eigenschaft von Formen und Farben geschult werden. Nach Itten sollte der Vorkurs drei grundlegende Ziele verfolgen. Zuerst sollte er alle von den zuvor erworbenen künstlerischen Begabungen frei machen und sie ermutigen, eigene Arbeiten zu entwickeln. Auch sollte der Vorkurs zu einem natürlichen Selbstvertrauen verhelfen und jeden einzelnen in Material- und Textstudien, den Gesetzen der Form und Farbe und den Grundgesetzen des bildnerischen Gestaltens schulen. Aufgrund eben dieser am Bauhaus vertretenen avantgardistischen Ideen, sowie dem kommunistischen Gedankengut war das Bauhaus und seine Schüler und Schülerinnen in Weimar jedoch nicht gerne gesehen. Wegen des steigenden politischen Drucks folgte der Umzug nach Dessau im Jahr 1924.5 Bereits mit dem ersten Umzug wandelte sich am Bauhaus sowohl die Programmatik als auch die Ausrichtung. So wurde das Bauhaus umstrukturiert und radikalisiert sich, nachdem 1928 Johannes Meyer die Schulleitung übernahm. Meyers Ziel war es, noch einfacheres und funktionelleres Design zu schaffen, damit auch der untersten Schicht der Gesellschaft Zugang zu eben jenen Designobjekten ermöglicht wurde. Der letzte Bauhausdirektor war Ludwig Mies van der Rohe, welcher im Jahr 1930 Johannes Meyer ablöste. Mit Mies van der Rohe als Bauhausdirektor zog das Bauhaus erneut um und hatte seine Sitz ab 1932, ebenfalls aufgrund politischer Einflüsse, nun in Berlin. Als die Nazis 1933 die Macht ergriffen, folgte die Schließung der Kunstschule. Es schien als sei die Bauhaus Schule und all ihre revolutionären Lehren somit tot.
2.2. Internationaler Einfluss
Auch wenn die Schule selbst aufgrund der politischen Lage geschlossen wurde, lässt sich sagen, dass das Bauhaus mit seinen revolutionären Lehren und der Pädagogik weiter international wirkte. Der seit der Gründung der Schule bestehende politische Druck „innerhalb dessen das Bauhaus mit unterschiedlichsten Positionen um eine gesellschaftlich relevante Gestaltungshaltung rang“6, half dem Bauhaus, bei eben jenem Fortbestehen nach der Vertreibung aus Deutschland. Aufgrund der kosmopolitischen Ausrichtung des Bauhauses waren nicht nur im Lehrkörper, sondern auch in der Schülerschaft Menschen aus aller Welt vertreten. Gerade diese Künstler, Architekten und Denker in Zusammenspiel mit all jenen, die nach der Machtergreifung Hitlers emigrierten, verbreiteten das Bauhaus mit all seinen revolutionären Ideen und Visionen auf der ganzen Welt und sorgten somit dafür, dass dieses international weiter bestand. So brachten zum Beispiel Bauhäusler wie Walter Gropius, Xanti Schawinsky oder auch László Mojoly-Nagy nach 1933 die Bauhaus-Lehre mit in die Vereinigten Staaten von Amerika. Dort prägten sie die amerikanische Kunstausbildung und besonders in der Architektur setzte sich die Bauhaus-Pädagogik rasch durch. László Mojoly-Nagy gründete zudem in Chicago das sogenannte „new bauhaus“ mit welchem er die konstruktivistische Kunst verfestigte und in den 1960er Jahren amerikanische Künstler der Minimal Art beeinflusste.7 Auch in Ungarn lassen sich diesbezüglich einige Spuren finden. So brachten dort mehr als zwanzig Schüler und Meister des Bauhauses die Ideen und Visionen der Lehre mit und waren wesentlich für die Popularisierung des Bauhauses in Ungarn verantwortlich. 1928 gründete zudem der ungarische Maler und Grafiker Sándor Bortnyik, welcher selbst in den 1920er in Weimar lebte, das sogenannte ungarische Bauhaus in Budapest. Die private Schule für angewandte Grafik und typografische Gestaltung wies in vielerlei Hinsicht Bezüge zur Kunstschule Bauhaus auf. Bortnyik wollte dabei jene Grundsätze umsetzten, welche er selbst in Weimar kennengelernt hatte. Im Vordergrund standen daher das funktionelle Design, die Verwendung der modernen Typografie und Fotokunst, sowie die Vereinigung von Konstruktion und Komposition. Er übernahm also nicht nur die praktische Ausrichtung des Bauhauses, sondern auch dessen Lehrplan. Neben dem eigentlichen Bauhaus in Weimar erwies sich seine Schule für Schüler und Schülerinnen zudem als attraktivste, denn sie zählte von ihrer Gründung bis hin zur Schließung im Jahr 1938 die meisten Schülerzahlen weltweit.8 Nicht nur in Ungarn und Amerika zeigt sich der Einfluss der Bauhaus-Lehre sowie dessen Pädagogik in Hinsicht auf Bildungskonzepte und gesellschaftliche Strömungen, sondern auch Länder wie Japan oder Indien weisen durchaus Verbindungen zum Bauhaus auf. In Japan beispielsweise eröffnete der Architekt Renshichiro Kawakita 1931 ein Architekturinstitut, welches hinsichtlich des Curriculums an die Bauhaus-Lehre angepasst wurde.9 Dafür ließ er sich durch Takehiko Mizutani, welcher den Vorkurs am Bauhaus besuchte, wesentliche Anregungen liefern. Es ist also deutlich wahrzunehmen, wie vernetzt das Bauhaus tatsächlich weltweit ist. Das Bauhaus imaginista, welches ein Forschungs- und Ausstellungsprojekt darstellt, zeigt eben jenes internationale Wirken des Bauhauses 100 Jahre nach dessen Gründung. Im Vordergrund des Projektes steht jedoch erstmals das Verständnis, dass das Bauhaus kein Originalprodukt Deutschlands sei, sondern vielmehr ein Zusammenspiel verschiedenster Begegnungen und Visionen.10 Die Ausstellung verschafft nicht nur einen Einblick in die weltweiten Einflüsse und unterschiedlichsten Entwicklungen, sondern deckt auch die Beziehung des Bauhauses mit all seinen revolutionären Lehren und dessen Pädagogik in Hinsicht auf andere damals entstandene Bildungskonzepte auf. Neben dem bloßen „Heraustragen“ der Bauhaus Visionen, so wie dies etwa in Tel Aviv stattgefunden hatte, möchte die Ausstellung bewusst machen, dass einzig der Austausch, der durch die kosmopolitische Ausrichtung stattfinden konnte, die Bewegung des Bauhauses zu dem gemacht hat, was es heute ist. Das in Deutschland als Kunstschule entstandene Bauhaus hat sich demnach nur aufgrund unterschiedlicher, internationaler Einflüsse weiterentwickelt. So finden sich heute in der „weißen Stadt“ von Tel Aviv die meisten Gebäude im Bauhaus Stil, denn in den dreißiger Jahren errichteten eine Vielzahl von jüdischen Architekten, die dort einen Zufluchtsort suchten, die Stadt. Angepasst an die dort herrschenden Klimabedingungen, sowie der Notwendigkeit von weiteren Wohnräumen entstanden also die der Funktion folgenden Bauten zwischen 1930 und 1935. Doch obwohl dies als das perfekte Beispiel dafür scheint, dass das Bauhaus mit all seinen Visionen und Lehren einzig aus Deutschland stammt, darf man sich davon nicht täuschen lassen. So finden sich in anderen Ländern ebenfalls dem Bauhaus annähernde Konzepte und Strömungen, ganz ohne das zahlreiche emigrieren deutscher Künstler und Architekten. So zum Beispiel in Indien, unter dem Dichter Rabindranath Tagore, welcher sowohl politisch als auch künstlerisch einen großen Einfluss innerhalb Deutschlands sowie Indiens besaß. Im Folgenden soll dieser, als näheres Beispiel für die Einflüsse der Bauhaus-Pädagogik und Lehren näher betrachtet werden.
3. Rabindranath Tagore
3.1. Biographie
Rabindranath Tagore war ein bengalischer Dichter, Philosoph, Maler, Komponist und Musiker11, welcher am 07. Mai 1861 in der Stadt Kalkutta in Indien geboren wurde.12 Als der jüngste von vierzehn Kindern einer traditionsreichen Brahmanen Familie, wuchs er in der reichen Gesellschaftsschicht Indiens auf. Seine Familie galt als sehr gebildet und engagierte sich in zahlreichen Reformbewegungen. So auch sein Vater Debendranath, welcher eine zentrale Figur der Brahmo-Bewegung darstellte. Rabindranath genoss eine traditionell indische geprägte Erziehung, in die aber auch westliche Traditionen und Werte eingebunden waren. Dabei wurde er jedoch weniger von seinen Eltern als von seinen älteren Geschwistern erzogen.13 Bereits mit vier Jahren wurde er aufgrund seiner Hochbegabung eingeschult, brach jedoch schon mit vierzehn Jahren die Schule ohne einen Abschluss wieder ab, da er sich „der autoritären Lernumgebung seiner Zeit […] nur schwer anpassen“14 konnte. „Wichtige Einflüsse auf die künstlerische Bildung Rabindranaths hatte (vor allem) sein Bruder Jyotiridranath, dessen liberale Erziehungsmethoden dem Jungen mehr lagen.“15 So schrieb Rabindranath bereits mit acht Jahren erste Gedichte und konnte im Alter von zwölf Jahren erste Werke publizieren. 1878 ging er zusammen mit einem seiner Brüder, auf Wunsch der Familie, einem Jurastudium in England nach. Dort besuchte er zunächst eine Schule in Brighton und hörte sich dann an der University of London Literaturvorlesungen an. Er erreichte aber weder in Brighton noch in London einen Studienabschluss und wurde aufgrund dessen nach siebzehn Monaten von seiner Familie zurück nach Indien geholt.16 Dort übernahm er die Besitztümer seines Vaters und widmete sich vorerst hauptsächlich seiner Schriftstellerei.17 Erstmals fließen dabei die von ihm in England gesammelten Erfahrungen und Eindrücke des westlichen Lebens in seine Werke mit ein. So verband er etwa in seinem ersten musikalischen Spiel „Das Genie des Valmiki“ irische Volkslieder mit klassischer Musik.18 Im Jahr 1883 wurde er dann, mit der damals erst zehn Jahre alten Mrinalini Devi, verheiratet und bekam mit dieser fünf Kinder. Die von ihm in dieser Zeit verfassten Dramen aus den Jahren 1881 bis 1890 wurden in öffentlichen Theatern aufgeführt und stellten aufgrund der weiblichen Rollen und vor allem deren Besetzung durch Frauen einen Tabubruch der bengalischen Gesellschaft seiner Zeit dar. Neben seines Wirkens in der Gesellschaft machte sich Tagore zudem die Erziehung seiner Kinder zur Aufgabe. Um diesen negative Schulerfahrungen zu ersparen, unter welchen er selbst gelitten hatte, ließ er sie von Privatlehrern unterrichteten und unterrichtete auch selbst. Wider seines eigenen Einsatzes gegen die in dieser Zeit in Indien übliche Kinderheirat ließ Tagore seine beiden älteren Töchter bereits mit vierzehn Jahren verheiraten.19 1901 gründete er dann in Shantiniketan eine Schule, welche sich vom britischen Schulsystem emanzipierte und sich am hinduistischen Brahmacharya-Ideal orientierte. Im Vordergrund stand dabei das spielerische und singende Lernen, sowie der Auseinandersetzung mit der Natur anstelle des reinen Lernens anhand von Schulbüchern.20 Seit dem Jahr 1892 war er zudem ein heftiger Kritiker des kolonialen Lernens, welches in Indien bis dahin anhielt. Er bestand stattdessen immer auf die große Bedeutung der freien Kreativität für die Erziehung eines Kindes und schrieb in Zuge dessen stets über seine eigene, von ihm als elend empfundene, Kindheit an den Schulen.21 Immer wieder verdeutlichte er damit auch seine völlige Entfremdung hinsichtlich des herrschenden kolonialen Bildungssystems. Auch heute noch zählen die damals von ihm ausgearbeiteten Schulbücher zur Pflichtlektüre in Bengalen.22 Vor und auch nach seiner Hochzeit unternahm er zudem eine Vielzahl von Reisen, auf welchen er sich für seine weitere literarische Werke inspirieren ließ. So reiste er unter anderem auch nach Europa und begegnete dabei einer Reihe von bekannten Künstlern. Diese Begegnungen und die von ihm erstmals ins Englische übersetzten Werke hatten zur Folge, dass die bis zur dieser Zeit in Europa völlig unbekannten Werke von ihm selbst, auf großes Ansehen der Bevölkerung stießen.23 Als erster asiatischer Nobelpreisträger erhielt er, auf das steigende Ansehen in Europa folgend, im Jahr 1914 den Literatur-Nobelpreis für sein Gedichtband mit dem Titel „Gitanjali“.24 Der durch den Nobelpreis erlangte Ruhm Tagores führte dazu, dass dieser nun sowohl in Indien als auch in Europa vermehrt politischen und künstlerischen Einfluss hatte.
[...]
1 Haus der Kulturen der Welt: Bauhaus Imaginista. (https://www.hkw.de/media/de/texte/pdf/2019_1/programm_2019/bauhaus_imaginista_ausstellungsguide.pdf, Zugriff 04.01.21, S.4.).
2 Vgl. Bauhaus Kooperation: Bauhaus Weimar 1919-1925. (https://www.bauhauskooperation.de/das-bauhaus/phasen/weimar/, Zugriff 21.12.2020.).
3 Gaby, Reucher: Ausstellung mit Weltblick. In: Bauhaus Imaginista. (www.dw.com/de/bauhaus-imaginista-austellung-mit-weltblick/a-47926622 Zugriff: 21.12.20.).
4 Vgl. Ebd.
5 Vgl. Haus der Kulturen der Welt: Bauhaus Imaginista. (https://www.hkw.de/media/de/texte/pdf/2019_1/programm_2019/bauhaus_imaginista_ausstellungsguide.pdf, Zugriff 04.01.21, S.5.).
6 Ebd. S.5.
7 Vgl. Ute, Maasberg: Inspiriert vom Bauhaus. (https://www.deutschland.de/de/topic/kultur/100-jahre-bauhaus-der-internationale-einfluss-der-bauhausschule, Zugriff 21.12.2020.).
8 Vgl. Èva, Forgács: „The Hungarian Bauhaus“ – Sándor Bortnyik´s Budapest School Mühely 1928-1938. (http://www.bauhaus-imaginista.org/articles/1331/the-hungarian-bauhaus, Zugriff 21.12.20202.).
9 Vgl. Chisaburo, Yamada: Dialogue in art: Japan and the West. S. 145.
10 Vgl. Haus der Kulturen der Welt: Bauhaus Imaginista. (https://www.hkw.de/media/de/texte/pdf/2019_1/programm_2019/bauhaus_imaginista_ausstellungsguide.pdf, Zugriff 04.01.21, S.5.).
11 Vgl. Biografie – Rabindranath Tagore. (https://lifedays-seite.de/literatur001-33_biografien_tagore.html, Zugriff 05.01.2021.).
12 Vgl. Martin, Kämpchen: Rabindranath Tagore in Deutschland – eine literarische Entdeckungsreise. (http://www.martin-kaempchen.de/?page_id=262, Zugriff 03.01.2021.).
13 Vgl. Biografie – Rabindranath Tagore. (https://lifedays-seite.de/literatur001-33_biografien_tagore.html, Zugriff 05.01.2021.).
14 Vgl. Ebd.
15 Ebd.
16 Vgl. Ebd.
17 Vgl. Munzinger Archiv: Rabindranath Tagore. (https://www.munzinger.de/search/document?index=mol-00&id=00000000208&type=text/html&query.key=QqslVs4o&template=/publikationen/personen/document.jsp&preview=, Zugriff 04.01.2021.).
18 Vgl. Ebd.
19 Vgl. Biografie – Rabindranath Tagore. (https://lifedays-seite.de/literatur001-33_biografien_tagore.html, Zugriff 05.01.2021.).
20 Vgl. Martin, Kämpchen: Rabindranath Tagore in Deutschland – eine literarische Entdeckungsreise. (http://www.martin-kaempchen.de/?page_id=262, Zugriff 03.01.2021.).
21 Vgl. Partha, Mitta: News from Santiniketan – A Text Compilation of Educational Texts from Santiniketan. In: Edition 1: Corresponding With. Bauhaus Imaginista. (http://www.bauhaus-imaginista.org/articles/3318/news-from-santiniketan/en, Zugriff 03.01.2021.).
22 Vgl. Martin, Kämpchen: Rabindranath Tagore in Deutschland – eine literarische Entdeckungsreise. (http://www.martin-kaempchen.de/?page_id=262, Zugriff 03.01.2021, S. 60f.).
23 Vgl. Biografie – Rabindranath Tagore. (https://lifedays-seite.de/literatur001-33_biografien_tagore.html, Zugriff 05.01.2021.).
24 Vgl. Kurt, Wolff : Rabindranath Tagore. S. 1 f.