Die Arbeit wird die gesetzliche Ausgestaltung der Thesaurierungsbegünstigung erläutern. Im Anschluss soll anhand von Belastungsvergleichen beurteilt werden, inwieweit der Gesetzgeber mit dieser Norm die proklamierten Ziele der Belastungsneutralität und der Eigenkapitalstärkung bei Personenunternehmen erreicht.
Die neuere Steuergeschichte ist geprägt von den Einflüssen der Globalisierung und immer ausgeprägterer wirtschaftlicher Mobilität. Infolgedessen wächst das Buhlen der Staaten um Steuersubstrat. Neben der weitgehenden Kooperation beim Abbau von Regulierungen, dem Abschluss zwischenstaatlicher Verträge sowie einer Ausweitung internationaler Arbeitsteilung konkurrieren die verschiedenen Gesetzgeber zunehmend in der Ausarbeitung des unternehmerfreundlichsten Steuersystems. Das zugrundeliegende Steuersystem ist schon längst ein bedeutender Standortfaktor für unternehmerische Aktivität jeder Art.
Vor diesem Hintergrund sah sich auch der deutsche Gesetzgeber zu einer Angleichung der Unternehmensbesteuerung verpflichtet. Eben diese Absicht zur Änderung des deutschen Unternehmensteuerrechtes wurde bereits im Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 der Regierungsparteien CDU, CSU und SPD festgeschrieben. Die Ausgestaltung fand sich im darauffolgenden Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wieder.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1.) Einleitung – Die Unternehmensteuerreform 2008
2.) Dualismus der Unternehmensbesteuerung
3.) Funktionsweise der Thesaurierungsbegünstigung
3.1.) Anwendungsbereich
3.1.1.) Persönlicher Anwendungsbereich
3.1.2.) Sachlicher Anwendungsbereich
3.2.) Wahlrechtsausübung
3.3.) Ermittlung des nicht entnommenen Gewinns
3.3.1.) Ausgangspunkt Steuerbilanzgewinn
3.3.2.) Außerbilanzielle Korrekturen
3.3.3.) Problematik der „Entnahmepflicht“ für Steuerzahlungen
3.3.4.) Behandlung von Verlusten
3.4.) Begünstigungsbetrag
3.5.) Die Nachversteuerung begünstigt besteuerter Gewinne
3.5.1.) Ermittlung des nachversteuerungspflichtigen Betrages
3.5.2.) Nachversteuerungsauslösende Ereignisse
3.5.3.) Verwendungsreihenfolge
4.) Belastungsvergleich
4.1.) Gegenüberstellung Kapitalgesellschaft und Personenunternehmen
4.2.) Vorteilhaftigkeit der Thesaurierungsbegünstigung
5.) Nutzung der Thesaurierungsbegünstigung
5.1.) Nutzung steuerfreier Einnahmen
5.2.) Auskehrung von Altgewinnen
5.3.) Anwendung der Thesaurierungsbegünstigung im Rahmen der privaten Altersvorsorge
6.) Fazit
Rechtsprechungs- und Quellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Anhang
Tabellenverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.) Einleitung – Die Unternehmensteuerreform 2008
Die neuere Steuergeschichte ist geprägt von den Einflüssen der Globalisierung und immer ausgeprägterer wirtschaftlicher Mobilität. Infolgedessen wächst das Buhlen der Staaten um Steuersubstrat. Neben der weitgehenden Kooperation beim Abbau von Regulierungen, dem Abschluss zwischenstaatlicher Verträge sowie einer Ausweitung internationaler Arbeitsteilung konkurrieren die verschiedenen Gesetzgeber zunehmend in der Ausarbeitung des unternehmerfreundlichsten Steuersystems. Das zugrunde liegende Steuersystem ist schon längst ein bedeutender Standortfaktor für unternehmerische Aktivität jeder Art.
Vor diesem Hintergrund sah sich auch der deutsche Gesetzgeber zu einer Angleichung der Unternehmensbesteuerung verpflichtet. Eben diese Absicht zur Änderung des deutschen Unternehmensteuerrechtes wurde bereits im Koalitionsvertrag vom 11.11.20051 der Regierungsparteien CDU, CSU und SPD festgeschrieben.2 Die Ausgestaltung fand sich im darauffolgenden Unternehmensteuerreformgesetz 20083 wieder.
Die proklamierten Ziele des Gesetzgebers lagen in einer Erhöhung der Standortattraktivität und der Sicherung des Steuersubstrates. Die bedeutendste Änderung bestand in der Herabsetzung des proportionalen Körperschaftssteuersatzes von 25% auf 15%.4 Zugleich musste die Reform auch Personenunternehmen erfassen. Eine einseitige Subvention der Kapitalgesellschaften provoziert Verzerrungen bei unternehmerischen Entscheidungen, was dem Ziel der Rechtsformneutralität zu widerläuft. Der Gesetzgeber führte demnach §34a EStG ein. Diese, in der Literatur als „Thesaurierungsbegünstigung“5 bezeichnete, Norm bietet die Möglichkeit einbehaltene Gewinne in Personenunternehmen mit einem begünstigten, festen Steuersatz von 28,25% (zzgl. Solidaritätszuschlag) zu versteuern. Die Intention dieser Maßnahme besteht in einer Förderung der Eigenkapitalbasis bei Personenunternehmen, wodurch deren Investitionen motiviert und eine Absicherungsreserve vor Krisensituationen aufgebaut werden soll.6
Die vorliegende Arbeit wird die gesetzliche Ausgestaltung der Thesaurierungsbegünstigung erläutern. Im Anschluss soll anhand von Belastungsvergleichen beurteilt werden, inwieweit der Gesetzgeber mit dieser Norm die proklamierten Ziele der Belastungsneutralität und der Eigenkapitalstärkung bei Personenunternehmen erreicht.
2.) Dualismus der Unternehmensbesteuerung
Als Dualismus der Unternehmensbesteuerung bezeichnet man die rechtsformabhängige Besteuerung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften. Während Mitunternehmer von Personengesellschaften und Einzelunternehmer dem Einkommenssteuergesetz unterliegen, sind Kapitalgesellschaften vordergründig nach dem Körperschaftssteuergesetz zu besteuern. Das Resultat ist ein Dualismus zwischen progressiver Einkommenssteuer und proportionaler Körperschaftssteuer.7
Das deutsche Steuerrecht folgt dem zivilrechtlichen Grundsatz, wonach Personengesellschaften keine allgemeine Rechtspersönlichkeit besitzen. Dementsprechend wird ihnen sowohl die einkommenssteuerliche als auch die körperschaftssteuerliche Steuersubjekteigenschaft abgesprochen. Für Steuertatbestände erfolgt ein Durchgriff auf die Gesellschafterebene. Man spricht bei Personenunternehmen von einer Besteuerung nach dem Transparenzprinzip.8
Demgegenüber steht die Besteuerung bei Kapitalgesellschaften nach dem Trennungsprinzip. Kapitalgesellschaften stellen aufgrund ihrer Rechtspersönlichkeit eigenständige Steuersubjekte, unabhängig von den Anteilseignern, im Sinne des KStG dar. Zur wirksamen Evaluation steuerlicher Angelegenheiten müssen sowohl die Auswirkungen auf Gesellschaftsebene (Gesellschaft als Steuersubjekt des KStG) als auch auf Gesellschafterebene (Anteilseigner als Steuersubjekt des EStG) betrachtet werden.9
Ein Zustand der Rechtsformneutralität kann unter Voraussetzung dieser rechtssystematischen Unterschiede nicht erreicht werden.10 Stattdessen orientiert sich der Gesetzgeber an der Herstellung von Belastungsneutralität zwischen den verschiedenen Rechtsformen, um Verzerrungswirkungen hinsichtlich der Rechtsformwahl zu vermeiden. Die Behandlung thesaurierter Gewinne stellt in diesem Kontext eine besondere Herausforderung dar. Das folgende Beispiel unterstellt bei der Betrachtung der Belastungswirkung einen Gewerbesteuerhebesatz i.H.v. 400% sowie den Spitzensteuersatz von 45%.
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Tabelle 1: Belastungsvergleich thesaurierter Gewinne ohne Thesaurierungsbegünstigung: eigene Darstellung in Anlehnung an Hey, Sondertarifierung, DStR 2007, S. 926
Ein Vergleich offenbart die Belastungsunterschiede für thesaurierte Gewinne. Die Steuerbelastung liegt bei Personenunternehmen mit 47,44% deutlich höher als bei Kapitalgesellschaften mit 29,83%. Dies ist Produkt der zugrunde liegenden Besteuerungsprinzipien. Folglich besitzen Kapitalgesellschaften einen Liquiditätsvorteil aus der niedrigeren Sofortversteuerung. Ein Liquiditätsvorteil erleichtert zum Beispiel Investitionen, wodurch ein Wettbewerbsvorteil entstehen kann. Der Gesetzgeber reagierte auf diesen Umstand mit der Thesaurierungsbegünstigung, wonach auf Antrag, einbehaltene Gewinne der Personenunternehmen mit einem pauschalen Steuersatz i.H.v. 28,25% (zzgl. SolZ) besteuert werden können. Die Thesaurierungsbegünstigung stellt dahingehend eine Modifikation des Transparenzprinzips dar, da die Besteuerung einbehaltener Gewinne unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Gesellschafters erfolgt. Außerdem spielt die Gewinnverwendung bei Ermittlung der Steuerlast, im Gegensatz zur vorherigen Gesetzeslage, eine Rolle.11
3.) Funktionsweise der Thesaurierungsbegünstigung
Bisher wurden Personenunternehmer unabhängig von der Gewinnverwendung stets mit dem individuellen Einkommenssteuersatz (bis zu 45%) belastet.12 Mit der Einführung des §34a EStG wurde das Transparenzprinzip in gewissem Maße durchbrochen.13 Losgelöst von den persönlichen Verhältnissen des Gesellschafters können im Unternehmen verbleibende Gewinne mit einem pauschalen Steuersatz von 28,25% (zzgl. SolZ und KiSt) versteuert werden. Der Referenzpunkt für diesen Steuersatz ist die Summe aus Körperschafts- und Gewerbesteuerbelastung bei Kapitalgesellschaften.14 Eine spätere Entnahme der begünstigt besteuerten Gewinne löst allerdings eine Nachversteuerung mit einem pauschalen Satz, ähnlich der Gewinnausschüttung bei Kapitalgesellschaften, i.H.v. 25% aus. Vergleichbar zur Besteuerung von Kapitalgesellschaften liegen zwei zeitlich auseinanderfallende Besteuerungsvorgänge vor (Thesaurierungsbesteuerung und Nachversteuerung).15 Die Veranlagung nach §34a EStG ist als Wahlrecht ausgestaltet, stellt der Steuerpflichtige keinen Antrag auf Anwendung der Thesaurierungsbegünstigung, unterliegen seine Einkünfte vollständig dem individuellen Einkommenssteuersatz.
3.1.) Anwendungsbereich
Die Option zur begünstigten Besteuerung stellt verschiedene Anforderungen an den Steuerpflichtigen. Dies liegt darin begründet, dass §34a EStG vordergründig an ertragsstarke, international agierende Personenunternehmen gerichtet ist.16
3.1.1.) Persönlicher Anwendungsbereich
Die Thesaurierungsbegünstigung nach §34a EStG ist eine Tarifvorschrift des EStG, wonach ausschließlich natürliche Personen für die Anwendung der Norm in Frage kommen.17 Dabei können sowohl unbeschränkt, als auch beschränkt Steuerpflichtige einen Antrag auf den begünstigten Tarif stellen, soweit nicht entnommene Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit im zu versteuernden Einkommen enthalten sind.18 Der Ansatz am zu versteuernden Einkommen (§2 Abs.5 EStG) impliziert, dass die Regelungen für die Verlustverrechnung19 sowie Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen vorrangig zu beachten sind. Eine Minderung des Begünstigungsbetrages durch derartige Tatbestände ist zu berücksichtigen.20 Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wurde für Mitunternehmer eine sogenannte „Fondsklausel“ eingeführt. Diese besagt, dass die begünstigte Besteuerung nur von Mitunternehmern in Anspruch genommen werden darf, sobald deren steuerlicher Gewinnanteil mehr als 10% beträgt oder 10.000 € übersteigt.21 Der maßgebliche Gewinn bei Gesellschaftern leitet sich aus Gesamthands-, Ergänzungs- und Sonderbilanz ab.22
3.1.2.) Sachlicher Anwendungsbereich
Notwendiges Erfordernis zur Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung ist die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach §4 Abs.1 EStG oder §5 EStG. Personenunternehmer, welche ihren Gewinnanteil durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§4 Abs.3 EStG) oder nach Durchschnittssätzen (§13a EStG) feststellen, sind nicht Teil des Anwendungsbereiches.23 Diese Voraussetzung erstreckt sich auch auf Gewinnanteile aus Beteiligungen an Untergesellschaften, welche im Betriebsvermögen gehalten werden.24 Außerdem orientiert sich die Begünstigung nach §34a EStG grundsätzlich am wiederkehrenden Gewinn. Dementsprechend wird die Anwendung des pauschalen Steuersatzes auf schon begünstigte Gewinne im Sinne des §16 Abs.4 EStG oder der Steuerermäßigung nach §34 Abs.3 EStG, ebenso wie auf sogenannte Carried Interest gemäß §18 Abs.4 EStG, verwehrt.25 Eine Begünstigung nach §34a EStG für Veräußerungsgewinne kommt allerdings in Betracht, wenn eben dieser Gewinn nicht entnommen und keine weitere Begünstigung in Anspruch genommen wird. Genannte Möglichkeit besteht zum Beispiel, falls es zur Veräußerung eines Teilbetriebes kommt.26
3.2.) Wahlrechtsausübung
Personenunternehmer, welche mit ihren Gewinneinkünften in den Anwendungsbereich des §34a EStG fallen, können bei ihrem zuständigen Wohnsitzfinanzamt eine begünstigte Besteuerung beantragen. Der Antrag ist für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil gesondert zu stellen. Dabei können die einbehaltenen Gewinne wahlweise vollständig oder auch nur zu einem Teil der begünstigten Besteuerung unterworfen werden.27 Eine Bindungswirkung zur Ausübung des Wahlrechtes in folgenden Perioden besteht nicht. Die betriebs- und personenbezogene Ausgestaltung der Thesaurierungsbegünstigung bietet eine flexible Nutzung des Sondertarifes. Jeder Mitunternehmer kann, unabhängig von den Entscheidungen der übrigen Gesellschafter, abwägen, ob und in welchem Umfang er die Begünstigung in Anspruch nehmen möchte.28 Der Antrag kann bis zur Steuerfestsetzung für das Antragsjahr beliebig oft gestellt oder geändert werden. Darüber hinaus kann eine Rücknahme des Antrages noch bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommenssteuerbescheides des folgenden Veranlagungszeitraumes erfolgen (§34a Abs.1 Satz 4 EStG). Der Gesetzgeber möchte mit dieser Regelung die negativen Auswirkungen unvorhergesehener Verluste im Folgejahr und damit einhergehende Überentnahmen absichern, welche den Tatbestand der Nachversteuerung auslösen würden.29 Intention dieser Norm war die Vorbeugung unbilliger Härten. Bei Antragsstellung sollte jedoch immer beachtet werden, dass die nominelle Steuerbelastung der Summe von Thesaurierungssteuer und Nachsteuer höher ist als die Belastung aus der progressiven Einkommensbesteuerung.30 Demzufolge ist die Option zur Thesaurierungsbegünstigung nicht immer empfehlenswert.
3.3.) Ermittlung des nicht entnommenen Gewinns
Der Gesetzgeber privilegiert mit der Begünstigung nach §34a EStG Steuerpflichtige, welche ihrem Unternehmen langfristig Finanzmittel zur Verfügung stellen. In Verbindung mit den proklamierten Zielen können dementsprechend auch nur die Einkünfte begünstigt werden, welche dem Eigenkapital der Unternehmung tatsächlich zufließen.31
3.3.1.) Ausgangspunkt Steuerbilanzgewinn
Der nicht entnommene Gewinn ist definiert, als der nach §4 Abs.1 EStG oder §5 EStG ermittelte Steuerbilanzgewinn, vermindert um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres.32 Er bildet die Obergrenze für einen Antrag auf die begünstigte Besteuerung.
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Ein negativer Saldo (Einlagenüberschuss) hat keine Auswirkung auf die Höhe des nicht entnommenen Gewinns. Für Mitunternehmer ist zu beachten, dass Entnahmen und Einlagen des Gesamthands-, Ergänzungs- und Sonderbetriebsvermögens das zugrundeliegende Ergebnis beeinflussen. Verschiebungen zwischen Gesamthandsvermögen und Sonderbetriebsvermögen innerhalb einer Gesellschaft haben hingegen keine Bedeutung.33
3.3.2.) Außerbilanzielle Korrekturen
Die Anknüpfung am Steuerbilanzgewinn für die Feststellung der begünstigungsfähigen Gewinne bedeutet, dass außerbilanzielle Korrekturen keinen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage gemäß §34a EStG ausüben.34 Folglich beeinflussen steuerfreie Einnahmen beziehungsweise nicht abzugsfähige Betriebsausgaben die Wirkungsweise der Thesaurierungsbegünstigung. Steuerfreie Einnahmen sind im Steuerbilanzgewinn, allerdings nicht im zu versteuernden Einkommen des Steuerpflichtigen, enthalten. Dementsprechend kann die Thesaurierungsbegünstigung nicht auf derartige Einnahmen angewendet werden.35 Steuerpflichtige können solche Gewinnanteile allerdings nutzen, um notwendige Entnahmen (z.B.: für Gewerbesteuer) zu kompensieren.36 Im Gegensatz dazu erhöhen nicht abzugsfähige Betriebsausgaben das steuerpflichtige Einkommen des Unternehmers, nicht jedoch den nicht entnommenen Gewinn. Die Nichtberücksichtigung außerbilanzieller Hinzurechnungen hat, insbesondere vor dem Hintergrund der Gewerbesteuerzahlung, negative Auswirkungen für die Steuersubjekte, da folglich die Bemessungsgrundlage für den begünstigten Steuersatz nach §34a unter dem zu versteuernden Einkommen liegt. Das relative Thesaurierungsvolumen sinkt.37 Der Gesetzgeber begründet den Ausschluss nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben von der Begünstigung damit, dass entsprechende Mittel tatsächlich verausgabt worden sind und nicht mehr geeignet sind das Eigenkapital langfristig zu stärken.38 Die Nichtberücksichtigung außerbilanzieller Korrekturen bei der Ermittlung des nicht entnommenen Gewinns beeinflusst dabei die Effektivität der Thesaurierungsbegünstigung im Belastungsvergleich mit Kapitalgesellschaften, eröffnet allerdings auch gestaltungstechnische Spielräume.
3.3.3.) Problematik der „Entnahmepflicht“ für Steuerzahlungen
Das Optimal der Belastungsneutralität thesaurierter Gewinne zwischen den Rechtsformen kann nur unter Annahme der Vollthesaurierung standhalten. Die Behandlung der Gewerbesteuer als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe begründet die Tatsache, dass eine hundertprozentige Thesaurierung des Gewinns weitgehend hypothetischen Charakter besitzt. Neben den Gewerbesteuerzahlungen werden Personenunternehmer gemeinhin auch die Mittel zur Begleichung der Einkommenssteuer entnehmen müssen. Folglich werden die zur Abgeltung der Steuerverbindlichkeiten verwendeten Mittel nicht mit dem pauschalen Thesaurierungssteuersatz, sondern mit dem individuellen Einkommenssteuersatz belastet.39 Nach Stefan Homburg belaufen sich die notwendigen Entnahmen für Steuerzahlungen, unter der Annahme des Spitzensteuersatzes (45%) und einem Gewerbesteuerhebesatz i.H.v. 400%, auf 36,16%.40
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Tabelle 2: Thesaurierungsbesteuerung bei Abfluss von Steuerschuld: eigene Darstellung in Anlehnung an Dörfler/ Graf/ Reichl, geplante Besteuerung von Personenunternehmen, DStR 2007, S. 645 ff.
Während die Belastungsneutralität zwischen den Rechtsformen unter idealtypischer Perspektive der Vollthesaurierung erreicht wird, unterliegen Personenunternehmen nach realistischen Umständen einer bedeutend höheren Thesaurierungsbelastung.41 Verschärfend kommt hinzu, dass die gewerblichen Einkünfte aus dem Personenunternehmen oft die einzige Einkommensquelle des Steuerpflichtigen darstellen. Dementsprechend führen notwendige Entnahmen für die Erhaltung des Lebensstandards zu wachsenden Unterschieden hinsichtlich der Gesamtbelastung. Außerdem wird die Entnahmepflicht durch die Einkommenssteuervorauszahlungen verstärkt, da die Steuerermäßigung nach §34a EStG keine Beachtung hinsichtlich der Berechnung der Zahlungsverpflichtungen findet.42
3.3.4.) Behandlung von Verlusten
Der Ansatz der Thesaurierungsbegünstigung am zu versteuernden Einkommen kann unter dem Einbezug von Verlusten zu einer Minderung des begünstigungsfähigen Betrages führen.43 Demnach dürfen negative Einkünfte ausschließlich mit nicht begünstigten Gewinnen verrechnet werden. Infolge eines Verlustausgleiches wird der begünstigungsfähige nicht entnommene Gewinn entsprechend dem Betrag dieser Maßnahme gekürzt.44 Der Ausschluss begünstigt besteuerter Gewinne von der Verlustverrechnung schließt außerdem die Anwendung des Verlustrücktrag aus, soweit im vorangegangenen Wirtschaftsjahr ausschließlich pauschal nach §34a EStG besteuerte Gewinne vorhanden waren. Nicht zuletzt deswegen steht dem Steuerpflichtigen eine Einschränkung oder Rücknahme des Antrages auch im Folgejahr offen.45
3.4.) Begünstigungsbetrag
Nach §34a Abs.3 EStG bezeichnet der Begünstigungsbetrag den Teil des nicht entnommenen Gewinns, für den der Steuerpflichtige einen Antrag nach §34a Abs.1 EStG tatsächlich gestellt hat. Der Begünstigungsbetrag ist demzufolge die Bemessungsgrundlage, sowohl für die festzusetzende Thesaurierungssteuer als auch für den nachversteuerungspflichtigen Betrag.46 In welchem Umfang der Steuerpflichtige die begünstigte Besteuerung in Anspruch nimmt, ist abhängig von zahlreichen individuellen Faktoren.47 Vor dem Hintergrund zukünftiger Entwicklungen und gegebenenfalls notwendiger Entnahmen in den Folgejahren erfordert die Antragsstellung erheblichen Beratungs- und Planungsbedarf. Es sei daran erinnert, dass die nominelle Steuerbelastung nach §34a EStG (Summe aus Thesaurierungssteuer und Nachsteuer), trotz der Bezeichnung als „Begünstigung“, stets die nominelle Belastung infolge der Regelbesteuerung übersteigt. Die Herausforderung hinsichtlich der Antragsstellung liegt in der Lösung des Optimierungsproblems in Abhängigkeit vom Verwendungszweck (Anlagestrategie) der thesaurierten Gewinne.48
[...]
1 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005, „Gemeinsam für Deutschland – mit Mut und Menschlichkeit“, 2005, S. 81 f.
2 Vgl. Höller, Unternehmensteuerreform in: Seer (Hrsg.), Bochumer Schriften zum Steuerrecht, 2011, S. 147.
3 Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.08.2007, BGBl. 2007 I, S. 912.
4 Die nominale Steuerbelastung bei Kapitalgesellschaften auf Gesellschaftsebene sinkt von 38,65% auf 29,83% (Annahme: Gewerbesteuerhebesatz 400%).
5 Vgl. u.a. Schanz/ Kollruss/ Zipfel, Vorteilhaftigkeit der Thesaurierungsbegünstigung, DStR 2008, S. 1702-1706; Blöchle/ Menninger, Thesaurierungsbegünstigung nach §34a EStG, DStR 2016, S. 1974-1979.
6 Vgl. Gesetzentwurf eines UntStRefG 2008 vom 27.03.2007, BT-Drucks. 16/4841.
7 Vgl. Drüen, Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung, GmbHR 2008, S. 393 f.
8 Vgl. Niehus/ Wilke, Die Besteuerung der Personengesellschaften, 2015, S. 18 f.
9 Vgl. König/ Maßbaum/ Sureth, Besteuerung und Rechtsformwahl, 2009, S. 33 f.
10 Vgl. Hey, Sondertarifierung, DStR 2007, S. 927.
11 Dörfler/ Graf/ Reichl, geplante Besteuerung von Personenunternehmen, DStR 2007, S. 645 ff.
12 Vgl. Glutsch/ Otte/ Schult, Unternehmensteuerrecht, 2008, S. 90 f.
13 Vgl. Marx/ Kläne/ Korff/ Schlarmann, Unternehmensbesteuerung, 2018, S. 135.
14 Siehe Tabelle 1: Die Steuerbelastung thesaurierter Gewinne bei KapGes liegt bei circa 29,83%.
15 Vgl. Girlich/ Maurer/ Missal in: Preißer (Hrsg.), Unternehmensteuerrecht, 2019, S. 456.
16 Vgl. Gesetzentwurf eines UntStRefG 2008 v. 27.03.2007, BT-Drucks. 16/4841, S. 1 f.
17 Vgl. Ortmann-Babel/ Zipfel, Personengesellschaften, BB 2007, S. 2209.
18 Vgl. Blöchle/ Menninger, Thesaurierungsbegünstigung nach §34a EStG, DStR 2016, S. 1974.
19 Siehe dazu auch: BFH-Urteil vom 20.03.2017- X R 65/14 BStBl. 2017 II, S. 958.
20 Vgl. Wendt, Meistbegünstigung, DStR 2009, S. 407.
21 Vgl. Kessler/ Pfuhl, Thesaurierungsbegünstigung in: Dittmers (Hrsg.), Mittelstand begleiten, 2009, S. 61 f.; §34a Abs.1 S 3 EStG; Betroffene dieser Klausel sind vor allem Kleinstgesellschafter von Medien- und Windkraftfonds.
22 Vgl. BMF-Schreiben vom 11.8.2008 (BStBl 2008 I, S. 838), Rz. 9.
23 Vgl. Helmreich/Rupp, Gewinnthesaurierung, 2008, S. 14.
24 Vgl. Schiffers, Anwendungsschreiben zur Begünstigung nach §34a EStG, DStR 2008, S. 1808.
25 Vgl. Dörfler/ Graf/ Reichl, geplante Besteuerung von Personenunternehmen, DStR 2007, S. 648.
26 Vgl. Schiffers, Anwendungsschreiben zur Begünstigung nach §34a EStG, DStR 2008, S. 1807.
27 Vgl. Dörfler/ Graf/ Reichl, geplante Besteuerung von Personenunternehmen, DStR 2007, S. 648.
28 Vgl. Ortmann-Babel/ Zipfel, Personengesellschaften, BB 2007, S. 2209.
29 Vgl. Schiffers, Anwendungsschreiben zur Begünstigung nach §34a EStG, DStR 2008, S. 1808 ff.
30 Siehe Tabelle 2: Thesaurierungsbegünstigung bei Abfluss von Steuerschuld, S. 9
31 Vgl. Gesetzentwurf eines UntStRefG 2008 vom 27.03.2007, BT-Drucks. 16/4841, S. 30.
32 Siehe §34a Abs.2 EStG.
33 Vgl. Blöchle/ Menninger, Thesaurierungsbegünstigung nach §34a EStG, DStR 2016, S. 1974.
34 Vgl. Hey, Sondertarifierung, DStR 2007, S. 926.
35 Vgl. Glutsch/ Otte/ Schult, Unternehmensteuerrecht,2008, S. 97.
36 Vgl. Helmreich/ Rupp, Gewinnthesaurierung, 2008, S. 25 ff.
37 Vgl. Pohl, Gewinnkorrekturen, BB 2007, S. 2483 ff.
38 Vgl. Helmreich/ Rupp, Gewinnthesaurierung, 2008, S. 25 ff.
39 Vgl. Lausterer/ Jetter in: Blumenberg/ Benz (Hrsg.), Unternehmensteuerreform, 2007, S.9 ff.
40 Vgl. Homburg, Abgeltungssteuer als Instrument der Unternehmensbesteuerung, DStR 2007, S. 688.
41 Vgl. Rogall, Thesaurierungsbegünstigung in: Schaumburg/ Rödder (Hrsg.), Unternehmensteuerreform, 2007, S. 412 ff.
42 Vgl. Dörfler/ Graf/ Reichl, geplante Besteuerung von Personenunternehmen, DStR 2007, S. 649 f.
43 Vgl. Wendt, Meistbegünstigung, DStR 2009, S. 407.
44 Vgl. Sterner/ Thiel, Entlastung der Personenunternehmen, DB 2007, S. 1104.
45 Vgl. Lausterer/ Jetter in: Blumenberg/ Benz (Hrsg.), Unternehmensteuerreform, 2008, S. 20.
46 Vgl. Helmreich/ Rupp, Gewinnthesaurierung, 2008, S. 39 f.
47 Siehe dazu Kapitel 4.2.) Vorteilhaftigkeit der Thesaurierungsbegünstigung, S. 17.
48 Vgl. Houben/ Maiterth, Thesaurierungsbegünstigung, Arbeitskreis Quantitative Steuerlehre, 2008, S. 9 f.