Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung:
2. Entwicklung des Familienlastenausgleichs
2.1. Von der Gründung des Bundesministeriums1953 bis 1974 1
2.2. Die Entwicklung des FLA unter der Kanzlerschaft Helmut Schmidts (1974-1982)
2.3. Unter Bundeskanzler Helmut Kohl (1982-1998)
2.4. Neuste Entwicklungen
2.5 Anmerkungen zum bestehenden FLA
3. Mängel und Unzulänglichkeiten des FLAs
4. Weiterentwicklung des FLAs
5. Fazit
6. Literatur
7. Anhang
1. Einleitung
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es verschiedene Formen der finanziellen Unterstützung von Familien. Diese Zuwendungen werden von diversen Institutionen getragen. So zum Beispiel vom Staat, von Versicherungen, Verbänden und Unternehmen. Unter den Begriff Familienlastenausgleich (FLA) fasst man alle monetären und nicht-monetären Förderungsmaßnahmen gegenüber Familien von staatlichen und nicht-staatlichen Institutionen zusammen (vgl. Grafik 1.). Um aber zu einem operativen Begriff des FLAs zu kommen wird in dieser Hausarbeit lediglich zu den staatlichen monetären Transfers (Kindergeld und Kinderfreibeträge ) Stellung genommen.
Diese Instrumente des sogenannten dualen FLAs sollen in ihrer Entwicklung näher durchleuchtet werden. Außerdem sollen verschiedene Möglichkeiten der Weiterentwicklung diskutiert werden.
Der Begriff Familienleistungsausgleich wurde mit der Steuerreform des 01.01.1999 geprägt. Dieser Ausdruck soll die Leistungen der Familie unterstrichen.
Beim Familienleistungsausgleich soll geklärt werden, inwieweit dieser Begriff gerechtfertigt ist, und ob die Leistungen der Familien auch, entsprechend der finanziellen Unterstützung, gewürdigt werden.
2. Entwicklung des FLA
2.1. Von der Gründung des Bundesministeriums 1953 bis 1974
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in der neu geschaffenen Bundesrepublik eine Vielzahl von sozialpolitischen Problemen, die in Angriff genommen werden mußten1.
Es war allerdings Ziel der neuen Regierung eine gesetzliche Grundlage für einen Familienlastenausgleich zu schaffen. So wurde 1953 das erste Bundesministerium für Familienfragen geschaffen, unter der Leitung von Dr. Franz Josef Würmeling. 1955 wurde der duale FLA, bestehend aus Steuerfreibeträgen für Kinder und Kindergeld eingeführt. Diese Kombination wurde bis 1974 beibehalten, wobei die Freibeträge in kleinen Schritten erhöht wurden, und daß das Kindergeld ab 1961 schon ab dem zweiten Kind gezahlt wurde (vgl. Anhang: Tabelle 1.und 2.). Vorher wurde Kindergeld erst ab dem dritten Kind gezahlt, da die Politiker der Meinung waren, daß die Gehälter ausreichen, um eine Familie mit zwei Kindern zu versorgen.
Eine weitere steuerliche Entlastung stellt das 1958 eingeführte Ehegattensplitting dar, welches zu der Zeit einen Steuervorteil der Familien darstellte, da die meisten Ehepaare Kinder hatten.
Diese Maßnahme ist mittlerweile allerdings zu einem sehr umstrittenen Instrument geworden, da mit zunehmender Zahl der kinderlosen Ehen, ,,das Splitting zu einer auch die kinderlose Ehe begünstigenden Maßnahme wird"2.
2.1. Die Entwicklung des FLA unter der Kanzlerschaft Helmut Schmidts (1974-1982)
Diese Entwicklung ist gekennzeichnet von der Abschaffung des dualen Systems. Das Kindergeld wurde in mehreren Schritten deutlich erhöht und jetzt schon ab dem ersten Kind gezahlt. Freibeträge für Alleinerziehende wurden etabliert, die sonstigen Kinderfreibeträge dagegen abgeschafft. Außerdem wurde ein Ausbildungsfreibetrag eingeführt. Diese Maßnahmen wurden getroffen, da Freibeträge bei einem progressiven Steuertarif umso höhere Entlastungen bringen, je höher das steuerpflichtige Einkommen ist. Diese progressive Wirkung der Freibeträge ist, so die Meinung der Regierung unter Schmidt, gegen den Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit und der Bedarfsgerechtigkeit. Kindergeldzahlungen dagegen entsprechen diesen Prinzipien, da direkte Transfers eine horizontale Verteilungswirkung (gleichwertige finanzielle Unterstützung der Familien, unabhängig von den verschieden hohen Einkommen) haben. Indirekte Transfers, wie die Kinderfreibeträge heben dagegen diese horizontalen Effekte auf. Freibeträge sind von daher ungeeignet zur Absicherung des Mindestbedarfs für Kinder aus den Familien der unteren Einkommensschichten3.
2.3. Unter Bundeskanzler Helmut Kohl (1982-1998)
Unter Bundeskanzler Helmut Kohl fand eine Restauration des dualen FLA statt. Ab dem 01.01.1983 wurden Kinderfreibeträge wieder eingeführt. Diese wurden in den Jahren mehrfach angehoben. Das Kindergeld blieb erhalten, es wurden allerdings Sockel- und Höchstbeträge eingeführt (vgl. Tabelle 1. u. 2.).
Mit der Steuerreform des 01.01.1996 wurden der FLA wesentlich verändert. Der Terminus Familienlastenausgleich wurde durch den Begriff Familien-leistungsausgleich ersetzt. Mit diesem Begriff drückt der Gesetzgeber aus, daß es keine Last ist, eine Familie zu haben sondern eine Leistung die von der Gesellschaft unterstützt werden soll. Diese Unterstützung soll über die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, das Existenzminimum zu sichern, hinausgehen. Die Regierung will sich darüber hinaus stärker an den Unterhaltskosten beteiligen4.
Das Kindergeld besonders für das erste Kind wurde deutlich erhöht und die Sockel- und Höchstbeträge wurden abgeschafft. Auch die Kinderfreibeträge wurden angehoben. Der Haushaltsfreibetrag, der Kinderbetreuungsbetrag für Alleinerziehende, sowie der
Ausbildungsfreibetrag und der Sonderausgabenabzug für Familien- und Pflegehilfe wurden mit dieser Reform allerdings abgeschafft. Das Novum dieses Familienleistungsausgleichs lag darin, daß die Familien sich nun entweder für Kindergeldzahlungen oder Kinderfreibeträge entscheiden müssen. Sie können jetzt nur noch ein Mittel der staatlichen Transferleistungen in Anspruch nehmen.
2.4. Neuste Entwicklungen
Mit dem 01.01.1999 wurden die Kindergeldbeträge erneut erhöht, besonders für das erste und zweite Kind. Neu ist ab dem 01.01.1999 auch, daß die Auszahlung des zustehenden Kindergeldes nicht mehr durch die privaten Arbeitgeber erfolgt. Soweit diese bisher dafür zuständig waren, erfolgt nun die Auszahlung über die Familienkassen der Arbeitsämter5.
2.5 Anmerkungen zum bestehenden FLA
Zu dieser Reform sind allerdings einig Aspekte festzuhalten. Zum Beispiel, daß die Erhöhung des Kinderfreibetrags vom Bundesverfassungsgericht gefordert wurde. Diese Anhebung dient der Sicherung des Existenzminimums und darf nicht versteuert werden. Es ist somit kein Instrument der Familienförderung, sondern lediglich ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit. Weiter wurden, dadurch daß die Familien nun zwischen dem Kindergeld und den Freibeträgen wählen müssen die Ungereimtheiten des dualen FLAs abgeschafft. Letztlich wurde aber dieses duale System an sich abgeschafft.
Für Familien, die Kinderfreibeträge in Anspruch nehmen, sind diese Mittel keine über dem Existenzminimum liegenden weiteren Unterhaltshilfen. Das kommt daher, da die Freibeträge lediglich das Existenzminimum abdecken aber keine zusätzlichen Leistungen darstellen (vgl. Grafik 2: die Einkommen rechts von Punkt Y).
Für die Familien, die Kindergeld beziehen, ergeben sich verschiedene Möglichkeiten. Die Situation derjenigen Familien, die aufgrund zu geringer Einkommen keine Steuern zu zahlen haben, wurde mit der Steuerreform des 01.01.1996 klar verbessert, da die Kindergeldbeträge erhöht wurden (vgl. Grafik 2: die Einkommen links von Punkt X). Diese Familien haben nicht mehr die Nachteile des dualen FLA, wo sie die Freibeträge nicht nutzen konnten. Bei den Familien, die die Freibeträge nutzen könnten , wobei die Entlastung über Kindergeldbezüge allerdings größer ist (vgl: Grafik 2 die Einkommen zwischen den Punkten X und Y), besteht das Kindergeld aus zwei Komponenten. Einmal die Einkommenswirkung, die dem Effekt des Kinderfreibetrags entsprechen würde, wenn er in Anspruch genommen werden würde und eine direkte Transferleistung, die mit steigendem Einkommen abnimmt6, aber an und für sich die eigentliche Familienförderung darstellt. Wenngleich die existenzminimalen Aufwendungen für Kinder unterschiedlich ermittelt werden und daher ihrer Höhe nach umstritten sein könnten7, erschienen die Freibeträge der letzten Jahre zu niedrig. Eine Studie des Wissenschaftlichen Beirats für Familienfragen vom 09.05.1999 besagt zum Beispiel, daß sich 1991 die Mindestaufwendungen für Kinder auf 6312 DM beliefen. Für 1995 würden sich dann Aufwendungen von 7200 DM ergeben. Bei den Neuerungen des Jahres 1996 ist allerdings positiv zu bemerken, daß die verfassungswidrige Besteuerung der Familien aufgehoben wurde hin zu einer leistungsgerechteren Besteuerung. Die ungerechten Entlastungsverläufe, die aus dem dualen System resultierten, wurden beseitigt, was zu einer besseren Stellung von Familien führte, die unterhalb der Besteuerungsgrenze liegen. Auf Ebene der Familien mit mittleren und vor allem der höheren Einkommen kann man, aufgrund des progressiven Verlaufs der Entlastungskurve, nicht von einem horizontalen FLA sprechen. Von einer gleichwertigen Förderung der Familienleistungen, die ja das Kernziel des Familienleistungsausgleichs war, kann daher kaum eine Rede sein. Bernhard Jans stellte dazu fest: ,,Der ´Nettoeffekt` des unmittelbaren FLAs ist ungleich niedriger, als suggeriert wird."8
Allgemein ist diese Neuerung ein Schritt auf dem Weg von einer ungerechten steuerlichen Behandlung und einer finanzpolitischen Vernachlässigung der Familien zu einer, dem Prinzip der Steuergerechtigkeit und dem Ziel der finanziellen Anerkennung der Leistungen der Familien folgenden, Familienpolitik9.
Ein Leistungsausgleich in dem Sinne, wie dieser vorgesehen war, wurde also nicht realisiert. Von daher muß sich die Bundesregierung weiterhin mit diesem Thema befassen, nicht zuletzt auch wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom November 199810, das einen weiteren Ausbau des FLAs vorsieht. Die Richter betrachten die bisherigen Kindergeld- und Freibetragsregelungen als nicht ausreichend. Nach ihren Vorstellungen muß der jährliche Kinderfreibetrag noch erhöht und der Haushaltsfreibetrag wieder eingeführt werden. Nach diesem Urteil entspricht die Neuordnung des FLAs von 1996 nicht den Leistungen einer Familie.
3. Mängel und Unzulänglichkeiten des FLA
Die Familienpolitik der Bundesrepublik besitzt eine Reihe von Unzulänglichkeiten und Mängel. Eine Auffälligkeit der deutschen Familienpolitik ist deren fehlende Kontinuität. Dies liegt im wesentlichen an den unterschiedlichen Schwerpunkten der verschiedenen Regierungsparteien, was zur Folge hatte, daß keine dauerhafte und gleichwertige Transferpolitik betrieben wurde. Während sich die CDU/CSU immer für den dualen FLA ausgesprochen hat und die Akzente deutlich auf die Freibeträge gelegt hat, befürwortete die SPD die direkten Transferzahlungen des Kindergelds. Durch diese fehlende Kontinuität wurde die Verläßlichkeit der Familienpolitik in den Augen der Bevölkerung beeinträchtigt.
Ein weiterer Umstand, welcher die Verläßlichkeit der Familienpolitik beeinträchtigt, ist der, daß die familienpolitischen Transferleistungen immer wieder Kürzungen unterlagen. Auch die relativen Leistungsrücknahmen durch steigende Lebenshaltungskosten und nicht in gleichen Maßen ansteigende Zahlungen trugen dazu bei, daß die Kontinuität des FLAs eingeschränkt wurde. Bis heute fehlen Mechanismen der Dynamisierung von familienpolitischen Aufwendungen.
Ein weiterer Mangel, der allerdings mit dem 1996 eingeführten System weitgehend aufgehoben wurde, bestand darin, daß es Entlastungssprünge bei bestimmten Einkommensgrenzen gab. Zu diesen Entlastungssprüngen bemerkte A. Oberhauser bereits 1985, daß die Bezieher mittlerer Einkommen relativ weniger stark entlastet wurden, als Spitzenverdiener11. Ursache war einmal der progressive Verlauf der Freibetragskurve und die Auswirkungen der Sockel- und Höchstbeträge des Kindergelds.
Weiter wird die überproportionale Förderung der Ehe von vielen Familienpolitikern als großes Manko der deutschen Familienförderung angesehen. Diese Tatsache wird in erster Linie durch das Ehegattensplitting hervorgerufen. Diese Art der Steuervergünstigung können Ehepaare nutzen, sie ist nicht den Familien vorbehalten. Diese Regelung wurde in den 50er Jahren eingeführt und war zu der Zeit eine Maßnahme der Familienförderung, da damals die meisten Ehepaare Kinder hatten. Mit Zunahme der kinderlosen Ehen förderte dieses Instrument allerdings mehr und mehr die Ehen und weniger die Familien. Problematisch dabei ist besonders, daß, aufgrund der Knappheit der öffentlichen Gelder, diese Mittel, des Ehegattensplitting, bei der Familienförderung benötigt werden. ,,Eine Änderung dieses Zustandes wird zur Überlebensfrage."12
Der nächste Mangel des FLAs, der oftmals beklagt wird, ist die stärkere Förderung der Familien von öffentlich Bediensteten. Diese Besserstellung ist auf einen kinderspeziefischen Anteil des Ortszuschlag zurückzuführen, der neben dem eigentlichen FLA an die, im öffentlichen Dienst Stehenden, gezahlt wird. Diese ungleichmäßige Unterstützung wurde auch mit dem Steuergesetz von 1996 nicht aufgehoben. Zuletzt darf man auch die verteilungspolitischen Probleme nicht außer Acht lassen. Diese Probleme, wie sie schon in den Abschnitten vorher angesprochen wurden (Ehegattensplitting, Besserstellung der öffentlich Bediensteten, progressive Wirkungen der Freibeträge, etc.), lassen die Frage aufkommen, ob die getroffenen Maßnahmen dem Ziel der sozialen Gerechtigkeit entsprechen, oder ob sie ungerechte Verteilungswirkungen besitzen.
4. Weiterentwicklung des FLA
Nachdem diese Nachteile des FLAs dargestellt wurden und dadurch gezeigt wurde, daß die zur Zeit bestehenden Regelungen der finanziellen Förderung der Familien nicht ausreichen, sollen nun einige Modelle der Weiterentwicklung, die in dem Buch von Heinz Lampert erwähnt werden, kurz vorgestellt werden. Dabei können lediglich die Inhalte und weniger die Auswirkungen der einzelnen Entwürfe erörtert werden.
Ein schon 1967 gemachter Vorschlag von Willi Albers verlangt ein Umlageverfahren, bei dem kinderlose Familien die Transfers finanzieren, die an die Familien mit Kindern gezahlt werden. Die Höhe der Leistungen, in Form von Kindergeld, soll dem Alter und der Anzahl der Kinder entsprechend gestaffelt werden und nur einen Teil des Versorgungsbedarfs abdecken. Bei Familien, die selbstständig nicht in der Lage sind das Existenzminimum zu sichern, sollen die Leistungen dieses Existenzminimum wahren. Das Ehegattensplitting und die Steuervergünstigungen werden nach diesem Vorgehen abgeschafft. Reiner Dinkel präsentierte 1984 ein Modell, das eine einzige Transferzahlung vorsah, die weder nach dem Alter und der Ordnungszahl der Kinder noch nach dem Einkommen der Eltern gestaffelt werden sollte. Er forderte die Abschaffung des Ehegattensplitting und sämtlicher kinderbedingten Transfers.
Das im Jahre 1986 vorgestellte Modell von Elanie Hartmann sieht vor, nach Abschaffung des Kindergelds, der Ausbildungsförderungsleistungen und der kinderspeziefischen Freibeträge Transferleistungen zu etablieren, die bis zum Existenzminimum in voller Höhe des Mindestbedarfs der Kinder gewährt werden und mit steigendem Einkommen auf Null abgesenkt werden. Ergänzt werden soll dieses Programm von einem Kindergrundfreibetrag. Die wesentlichen Ziele dieses Modells sollen die Sicherung des Mindestbedarfs für Kinder und die Beseitigung materieller Behinderungen bei der Arbeitsplatzwahl sein.
Heinz Haller plädiert in seinem 1981 gemachten Vorschlag für ein Familiensplitting, welches die steuerlichen Vorteile des Ehegattensplittings haben soll, aber nur für Familien und in Abhängigkeit der Anzahl der Kinder wirksam ist. Ein zusätzlicher Kinderzuschuß, der eine Mindestentlastung als Abzug von der Steuerschuld für diejenigen Familien darstellt, die diese Mindestentlastung über die Steuerschuld nicht erreichen. Für Familien, bei denen das Existenzminimum nicht gewährleistet ist, ist eine zusätzliche Hilfe vorgesehen. Steuermindereinnahmen, die durch dieses System auftreten können, sollen mit einer Anhebung des Steuertarifs wieder aufgefangen werden.
5. Fazit
Diese verschiedenen Modelle zeigen, wie wichtig die Konstruktionskriterien für die
Wirkungen der finanziellen Transfers sind. Allgemein sind drei Dinge wesentlich für eine sinnvolle Weiterentwicklung des FLAs.
Erstens die Freistellung der existenzminimalen Mittel für Kinder. Das heißt, der Forderung des Bundesverfassungsgerichts, daß die Mindestaufwendungen nicht versteuert werden dürfen, muß nachgegangen werden. Ob dies durch Freibeträge oder durch direkte Transfers gemacht werden soll ist strittig, da die unterschiedlichen Möglichkeiten auch verschiedene Auswirkungen haben, die bereits in dieser Arbeit angesprochen wurden. Zweitens die Sicherung des Existensminimums für diejenigen Familien, die nicht in der Lage sind, diese Mittel aus eigener Kraft zu beschaffen. Dieses umzusetzen, ist ein sozialstaatliches und verfassungsmäßiges Gebot, und keineswegs Bestandteil des Familienleistungsausgleichs. Zusätzlich sollte bei der Sicherung des FLAs darüber nachgedacht werden, dynamische Prozesse einzuführen, damit die Transfersummen gleichmäßig ansteigen mit den steigenden Lebenshaltungskosten und den inflationären Entwicklungen.
Drittens sind die Modalitäten, der über dem Existenzminimum liegenden Zahlungen, so zu konstruieren, daß ein, für alle Familien gerechter, Steuerausgleich realisiert wird. Dabei muß geklärt werden, welche Leistungen von staatlicher Seite geleistet werden, und wie diese Leistungen differenziert werden sollen. (nach Anzahl oder Ordnungszahl der Kinder, einkommensabhängig oder -unabhängig, direkte oder indirekte Transfers, etc.). Diese Zahlungen stellen die eigentliche Unterstützung des angestrebten Familienleistungsausgleichs dar.
6. Literatur[1]:
- Bahle, Thomas / Rothenbacher, Franz : Familienpolitik in Deutschland 1995, in:
Europäische Beobachtungsstelle für Nationale Familienpolitiken: Entwicklungen der Nationalen Familienpolitik im Jahre 1995, York (GB), 1996.
- Lampert, Heinz: Priorität für die Familie. Plädoyer für eine rationale Familienpolitik, Berlin, 1996.
- Pechstein, Matthias: Familiengerechtigkeit als Gestaltungsgebot für die staatliche Ordnung: Zur Abgrenzung von Eingriff und Leistung bei Maßnahmen des sogenannten Familienlastenausgleichs, Baden-Baden, 1994.
- Wingen, Max: Familienpolitik, Grundlagen und aktuelle Probleme, Bonn, 1997
7. Anhang
- Grafik 2: Lampert, Heinz 1996: a.a.O., S.170. Vgl. dazu auch Wingen, Max 1997: Familienpolitik Grundlagen und aktuelle Probleme. Bonn, S. 193. · Tabelle 1: Lampert, Heinz 1996:a.a.O., S. 154.
- Tabelle 2: Lampert, Heinz 1996:a.a.O., S. 155. · Tabelle 3: Lampert, Heinz 1996: a.a.O., S. 182.
[...]
1 Genannt seien hier nur: die Probleme der Kriegsfolgen und -lasten, die Problematik der Flüchtlinge und Vertriebenen, die Schaffung von Rechtsgrundlagen für die Arbeitsmarkt- und Lohnpolitik, die Wiederherstellung einer demokratischen Ordnung.
2 Lampert, Heinz, 1996, S.153f.
3 Lampert, Heinz, 1996, S.159ff.
4 vgl. dazu Bahle / Rothenbacher, 1995, S.32.
5 BMfFSFJ : Staatliche Hilfen für Familien - Wann Wo Wie, 1999, Kapitel 2.
6 Wingen, Max, 1997, S.189f.
7 vgl. dazu Pechstein, 1994, S.291ff.
8 in Stimme der Familie, Juli 1995, S.4.
9 vgl. Lampert, Heinz, 1996, S. 171f.
10 BverfG, 2BvL 42/93 vom 10.11.1998.
11 in :Sozialer Fortschritt,1985, S. 15ff.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Familienlastenausgleich (FLA) und was beinhaltet er gemäß dieser Analyse?
Der Familienlastenausgleich (FLA) umfasst alle monetären und nicht-monetären Förderungsmaßnahmen für Familien von staatlichen und nicht-staatlichen Institutionen in Deutschland. Diese Analyse konzentriert sich jedoch auf die staatlichen monetären Transfers, insbesondere Kindergeld und Kinderfreibeträge, und deren Entwicklung.
Wie hat sich der FLA seit der Gründung des Bundesministeriums für Familienfragen 1953 entwickelt?
Von 1953 bis 1974 wurde der duale FLA, bestehend aus Steuerfreibeträgen für Kinder und Kindergeld, eingeführt und beibehalten. Das Kindergeld wurde ab 1961 ab dem zweiten Kind gezahlt. Unter Helmut Schmidt (1974-1982) wurden Kinderfreibeträge abgeschafft und das Kindergeld erhöht und ab dem ersten Kind gezahlt. Unter Helmut Kohl (1982-1998) wurde der duale FLA mit der Wiedereinführung von Kinderfreibeträgen restauriert. Mit der Steuerreform von 1996 wurde der Begriff "Familienlastenausgleich" durch "Familienleistungsausgleich" ersetzt.
Was sind die Mängel und Unzulänglichkeiten des FLA, die in dieser Analyse hervorgehoben werden?
Zu den Mängeln zählen die fehlende Kontinuität der Familienpolitik, bedingt durch wechselnde Schwerpunkte der Regierungsparteien, sowie Kürzungen und relative Leistungsrücknahmen bei familienpolitischen Transferleistungen. Weitere Kritikpunkte sind Entlastungssprünge bei bestimmten Einkommensgrenzen, die überproportionale Förderung der Ehe durch das Ehegattensplitting und die stärkere Förderung von Familien öffentlich Bediensteter.
Welche Modelle der Weiterentwicklung des FLA werden in dieser Analyse kurz vorgestellt?
Es werden verschiedene Modelle vorgestellt, darunter ein Umlageverfahren von Willi Albers (1967), das von kinderlosen Familien finanzierte Transfers vorsieht, ein Modell von Reiner Dinkel (1984), das eine einzige Transferzahlung vorsieht, das Modell von Elanie Hartmann (1986) zur Sicherung des Mindestbedarfs für Kinder und ein Familiensplitting-Modell von Heinz Haller (1981).
Was sind die wesentlichen Kriterien für eine sinnvolle Weiterentwicklung des FLA laut dieser Analyse?
Erstens, die Freistellung der existenzminimalen Mittel für Kinder, zweitens, die Sicherung des Existenzminimums für Familien, die dies nicht aus eigener Kraft schaffen, und drittens, die Gestaltung der über dem Existenzminimum liegenden Zahlungen so, dass ein gerechter Steuerausgleich für alle Familien realisiert wird.
Wie wird das Ehegattensplitting in Bezug auf Familienförderung kritisiert?
Das Ehegattensplitting, ursprünglich als Familienförderung gedacht, wird kritisiert, da es mit der Zunahme kinderloser Ehen zunehmend Ehen fördert und weniger Familien. Es bindet öffentliche Gelder, die für eine effektivere Familienförderung benötigt würden.
Welche Konsequenzen hatte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 1998 für den FLA?
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 1998 sieht einen weiteren Ausbau des FLA vor, da die bisherigen Kindergeld- und Freibetragsregelungen als nicht ausreichend betrachtet werden. Die Richter fordern eine Erhöhung des jährlichen Kinderfreibetrags und die Wiedereinführung des Haushaltsfreibetrags.
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- Ernst Gärke (Autor:in), 2000, Familienlastenausgleich, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/97712