Konsultiert man den deutschen Duden, so finden sich dort zwar Wirtschaftswerbung und
politische Werbung unter dem selben Oberbegriff, jedoch wird bei dem Definitionsversuch
des Begriffes der Werbung auch eine weiterführende differenzierte Unterscheidung
vorgenommen. Wirtschaftswerbung ist demnach synonym zu Reklame (im heutigen
Sprachgebrauch eher abwertend gebraucht) und politische Werbung zu Propaganda.
Begibt man sich nun aber auf die Suche nach dem Ursprung dieser Begriffe, mit dem Ziel die
unterschiedlichen Charakteristika konkret zu umreißen, so liefert uns ein etymologisches
Wörterbuch folgende Erkenntnis:
Der Begriff Propaganda stammt aus dem Kirchenlatein und beruht auf einer Initiative von
Papst Clemens VIII im Jahre 1597 zur Verbreitung des katholischen Glaubens1, erst in der
Mitte des 19. Jhs. steht das Substantiv für Ausbreitung politischer [..] Lehren. In der 2. Hälfte
des 19. Jhs. wird der Begriff auch auf die kommerzielle Werbung ausgedehnt.
Eine etymologisch semantische Analyse der Entwicklung des Begriffs der Reklame liefert die Erkenntnis, dass der Begriff bis zur Mitte des 19. Jhr eine "bezahlte Buchbesprechung,
Anzeige oder Werbehinweis" bezeichnete, in der 2 Hälfte des 19. Jhr dann
,,Kundenwerbung".
Scheinbar sind also diese beiden, etymologisch verschiedenen, Begriffe zumindest im
alltäglichen Sprachgebrauch konvergiert und werden mit fortlaufender Dauer zunehmend
synonym gebraucht. Von der linguistischen Seite her gesehen, ist es relativ plausibel, dass
wenn zwei Begriffe, die einst zwei verschiedene Dinge oder Vorstellungen bezeichnet haben,
zusammenfallen, Charakteristika des einen oder anderen ursprünglichen Begriffs verloren
gehen müssen.
In der jüngsten Vergangenheit tauchten im Kontext der kommerziellen und politischen
Werbung ähnliche moralische/ethische Probleme auf.
Im Hinblick auf ,,Aggressivität" der Werbung war die Wahlwerbung in der Vergangenheit
teilweise ,,progressiver" als die kommerzielle Werbung. Ein Beispiel hierfür liefert die
vergleichenden Werbung, welche für die kommerzielle Werbung Jahre lang verboten war, für
die Wahlwerbung jedoch zum täglichen Brot gehörte. Die Vorstellung einer ästhetischen oder
auch moralischen Schmerzgrenze zum Zwecke der Werbung wurde in beiden Bereichen fast
zeitgleich überschritten: in der kommerziellen Werbung 1989 mit dem Werbezug von
Benneton und in der politischen Werbung durch die jüngste Wahlkampagne der FDP. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Das Wesen und die Rezeption der Werbung
- 2. Diachronische Betrachtung der politischen Werbung
- 3. Legitimationsansätze
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Konvergenz von kommerzieller und politischer Werbung und untersucht die Ursachen für diesen Prozess. Dabei werden die Auswirkungen auf das demokratische System und die Rolle von politischen Parteien in diesem Zusammenhang beleuchtet. Die Arbeit strebt danach, alternative operationale Konzepte zu entwickeln, die den Herausforderungen der sich verändernden Wahlwerbung besser gerecht werden.
- Die Entwicklung der politischen Werbung im Vergleich zur kommerziellen Werbung
- Die Auswirkungen der "Amerikanisierung" der Wahlkämpfe
- Die Veränderung der politischen Inhalte durch die Verkürzung und Simplifizierung von Wahlwerbespots
- Die Legitimation und die ethischen Herausforderungen der politischen Werbung
- Alternative Konzepte für eine verantwortungsvolle politische Kommunikation
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung analysiert den historischen Wandel der Begriffe "Werbung", "Propaganda" und "Reklame" und zeigt die zunehmende Konvergenz dieser Begriffe im Kontext der modernen Wahlwerbung auf.
- Kapitel 1 beleuchtet die allgemeine Zielsetzung der Werbung und die Prinzipien, die in der kommerziellen und der politischen Werbung zum Einsatz kommen.
- Kapitel 2 untersucht die diachronische Entwicklung der politischen Werbung, mit einem Fokus auf die "Amerikanisierung" der Wahlkämpfe und die Auswirkungen der Verkürzung von Wahlwerbespots auf die Vermittlung politischer Inhalte.
- Kapitel 3 analysiert die Legitimation von politischer Werbung und betrachtet die Rolle von Parteien in diesem Zusammenhang. Es werden verschiedene Legitimationsansätze diskutiert und die Herausforderung der Gestaltung einer verantwortungsvollen Wahlwerbung beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit Themen wie politische Werbung, kommerzielle Werbung, Wahlkampf, Propaganda, Reklame, Medien, Demokratie, Parteien, Legitimation, ethische Herausforderungen und alternative Konzepte.
- Arbeit zitieren
- Norbert Marx (Autor:in), 2000, Kommerzielle Vermarktung im Wahlkampf, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/97199