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Hausarbeit, 2019
48 Seiten, Note: 1,0
Einleitung
Hauptteil
1.1 Erhebungsmethode
1.2 Analyseverfahren
1.3 Forschungspraxis
2 Ergebnisse
3 Diskussion
Literaturverzeichnis
4 Anhang
Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit dem emotionalen Umgang von Menschen mit finanztechnologischen Neuerungen, wie z.B. Apple Pay, Google Wallet oder Amazon Pay. Dies ist in Anbetracht der aktuell vorherrschenden, ökonomischen Rezession von großer Bedeutung. Indem die Probleme und Wünsche der Menschen im Umgang mit Finanztechnologien untersucht werden, kann ein besserer Umgang mit diesen erreicht werden, was langfristig zu mehr Kontrolle über die eigenen Finanzen und einer erhöhten Innovationsbereitschaft der Menschen führen kann.
Der Aufbau dieser Arbeit gestaltet sich wie folgt. Zunächst werden relevante Begriffe erläutert und Einblick in die aktuelle Forschungsliteratur zu dem Thema gegeben. Als Nächstes wird eigene empirische Forschung präsentiert und diskutiert. Dabei wird auf das Konzept des halbstandardisierten, qualitativen Interviews und der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring verwiesen.
Die wichtigsten Erkenntnisse dieser empirischen Forschung sind, dass die Befragten grundsätzlich großes Interesse an den neuen online Bezahlmethoden zeigen und über die Chancen im Umgang mit den Neuerungen informiert sind, sie jedoch bevorzugt auf traditionelle Transaktionsverfahren zurückgreifen. Die Probanden berichten vermehrt von Zukunftsangst, der Angst vor Kontrollverlusten und Sicherheitsbedenken. Da es sich dabei um ein Kulturproblem handelt, wäre eine weiterführende morphologische Untersuchung sinnvoll.
Thema dieser Arbeit ist der emotionale Umgang von Verbrauchern und Beschäftigten mit technischen Neuerungen in der Finanzwelt. Unter technologischer Innovation werden an dieser Stelle digitale Zahlungsmethoden wie Apple Pay, das Sparkassen Online Banking oder Google Wallet verstanden.
Es geht darum herauszufinden, ob und wie die Menschen die genannten Tools nutzen. Außerdem, welche offenen Wünsche und Bedürfnisse bestehen und wie diese genutzt werden können, um in Zukunft einen verbesserten Umgang mit den technischen Neuerungen zu erwirken.
„Wie empfinden Menschen die technischen Neuerungen in der digitalen Finanzwelt?“
Diese Frage stellt ein höchst wirtschaftspsychologisches Anliegen dar. Es umfasst einerseits die wirtschaftliche und technische Perspektive, indem Digitalisierung und Finanzen aufgegriffen werden, zum anderen ist das Thema psychologisch wertvoll, da es um die emotionalen Erfahrungen und das Verhalten der Menschen mit Innovationen geht.
Die Relevanz des Themas lässt sich auf vielfältige Weise belegen. In Deutschland herrscht eine kapitalistisch geprägte Kultur, es ist den meisten Menschen wichtig über möglichst umfangreiche, finanzielle Ressourcen zu verfügen (Sachweh & Münnich, 2016). Derzeit befindet sich das Land allerdings in einer ökonomischen Rezession. Um weiterhin marktfähig zu bleiben, muss das Land einige technische Optimierungen vornehmen. Gleichzeitig passiert ein Kulturwandel. Die Bevölkerung strebt zunehmend nach mehr Lebensqualität und Selbstverwirklichung, anstelle von monetärer Entlohnung (Laloux, 2015).
Durch die Erforschung des psychologischen Umgangs mit digitalen Finanzmitteln, die Deutschland sowohl auf Staatsebene, als auch auf betrieblicher und Endverbraucherebene tangiert, kann langfristig für mehr Lebensqualität und wirtschaftliche Absicherung gesorgt werden.
Der derzeitige Stand der Forschung umfasst große Mengen an Wissen über technische Innovationen und die Digitalisierung, sowie dem emotionalen Umgang der Menschen mit den genannten Themen. Branchenspezifische Untersuchungen sind ebenfalls weitverbreitet, besonders im Bereich der Industrie. Es ist jedoch anzumerken, dass die Digitalisierung im Finanzsektor derzeit noch nicht so ausgereift ist, wie in anderen Branchen (Boden, 2019). Infolgedessen ist die verfügbare Literatur zum Thema weniger vielfältig (Schueffel, 2016), als in anderen Wirtschaftszweigen. Dies ist der optimale Anlass zu einer explorativen, qualitativen Untersuchung.
Die folgende Arbeit beginnt mit einer kurzen Erläuterung aller wichtigen Fachbegriffe und einer Beschreibung des derzeitigen Stands der Digitalisierung im Finanzsektor. Anschließend werden relevante Forschungsbeiträge bestehender Literatur dargestellt und eingeordnet. Neben der wirtschaftlichen und finanztechnologischen Perspektive, sollen an dieser Stelle auch der psychologische Zusammenhang von Kultur und dem Umgang mit der Zukunft thematisiert werden.
Im empirischen Teil der Arbeit werden die Methode, der Ablauf und die Ergebnisse eigener Forschung vorgestellt und anschließend diskutiert. Zuletzt werden die theoretischen Erkenntnisse mit den empirischen Befunden vereint und mögliche Verbesserungsansätze formuliert. Im letzten Teil wird die ursprüngliche Forschungsfrage beantwortet und auf weitere mögliche Forschungsansätze verwiesen.
Im Folgenden soll die Frage thematisiert werden, wie Menschen finanztechnologische Neuerungen empfinden. Um ein grundsätzliches Vorverständnis über Fintech zu erlangen, erfolgt zunächst eine kurze Erklärung.
Fintech steht für Financial Technology (Deutsche Bundesbank, 2019). Bisher gibt es keine einheitliche, legale Definition des Begriffs. Die Deutsche Bundesbank versteht unter Fintechs:
„ Unternehmen, die innovative, technologiebasierte und mit dem Thema Finanzen in Zusammenhang stehende Anwendungssysteme anbieten“. (Deutsche Bundesbank, 2019)
Im englischen Sprachraum wird der Begriff Fintech jedoch definiert wie folgt: “Fintech is a new financial industry that applies technology to improve financial activities” (Schueffel, 2016; S. 45).
Bei Fintechs kann es sich um Startup-Unternehmen oder bestehende Unternehmen handeln, deren Geschäftsmodell das Finanzieren, Vorsorgen, Bezahlen oder Anlegen von Geld vorsieht (Puschmann, 2015). Deutsche Fintech Startups sind beispielsweise die online Bank N24 oder der Kreditvermittler Smava. Aber auch andere Unternehmen, die nicht auf den ersten Blick mit Finanzdienstleistungen in Verbindung gebracht werden, können sich Fintech Startup nennen. Beispielsweise das Unternehmen ViveLaCar, dessen Haupttätigkeit das Verleihen von Automobil-Abonnements ist, zählt aufgrund seines neuartigen Finanzkonzeptes, dem abonnieren statt erwerben eines Fahrzeuges, als Fintech Unternehmen.
Außerdem inkludiert der Begriff Fintech sowohl B2B, als auch B2C und C2C Geschäftsmodelle. B2B steht für Business-to-Business und beschreibt ein Geschäftsmodell, bei dem die Geschäftsbeziehung zwischen zwei Unternehmen entsteht. Während B2C ein Geschäftsmodell beschreibt, bei dem ein Produkt oder eine Dienstleistung von einem Unternehmen an einen Endkunden übermittelt wird. Die dritte soeben genannte Abkürzung nennt sich C2C, das Ganze steht für Consumer-to-Consumer und beschreibt Geschäftsmodelle, bei denen ein Handel zwischen mehreren Privatpersonen geschieht, beispielsweise bei online Tauschbörsen.
Aktuell gibt es weltweit mehr als 12 000 neugegründete Fintech Unternehmen, davon befinden sich schätzungsweise 1 000 Unternehmen in Deutschland (Schueffel, 2016; zitiert nach Drummer et al., 2016). Die UK Cards Association bezeichnet die mit der Fintech Revolution einhergehenden Technologien, sogar als die dramatischste Innovationsmöglichkeit für Finanzdienstleister, seit dem Konzept des Online-Bankings (The UK Cards Association, 2012). Allerdings ist im Finanzsektor im Vergleich zu anderen Branchen nur ein geringes Maß an Innovation umgesetzt worden, dies belegt der Hays HR-Report des Jahres 2018. Demnach liegt der Finanzsektor in Sachen Agilität und New Work auf Platz neun von zehn untersuchten Branchen (Hayes, 2018). Grundsätzlich verspricht man sich von den digitalen Technologien in der Finanzwelt größeren Komfort, Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Kostenersparnisse sowohl aus betrieblicher- als auch aus Endkonsumentensicht.
Die folgende empirische Forschung konzentriert sich besonders auf den Fintech-Trend des mobilen Bezahlens. Mobile Payment bedeutet bezahlen mit dem Smartphone, der Smartwatch oder auch einem Tablet. Dabei wird auf dem Gerät etwa in einer Bank-App, die gewünschte Kreditkarte abgespeichert, daraufhin das Gerät an den Bezahlterminal gehalten, welches Kontakt zu dem im Gerät verbauten NFC-Chip (Near Field Communication Chip) aufnimmt und auf diese Weise, kontaktlos, die Bezahlung durchgeführt. (Henkel, 2002)
Seit dem Jahr 2010 herrscht weltweit großes Wachstum auf dem Markt für mobile payments. Besonders in den Vereinigten Staaten und der APAC steigt die Popularität der neuen Technologien rasant an (Gupta, & Tham, 2018). In Europa sind Fintech Innovationen, vergleichsweise wenig verbreitet (Gupta, & Tham, 2018). Besonders deutsche Nutzer zeigen sich bisher skeptisch und greifen lieber auf das klassische Bargeld zurück (Allner, 2018).
Allgemein herrscht Unklarheit darüber, welche Beweggründe für die Nutzung bzw. nicht Nutzung der online Bezahlmethoden eine Rolle spielen, so formulieren die folgenden Autoren verschiedene Theorien. Laut Dahlberg et al. sind mögliche Faktoren zur Nutzung von mobile payment services die Benutzerfreundlichkeit, Nützlichkeit, Sicherheit, die Transaktionskosten und die Kompatibilität der jeweiligen Zahlungsmethode (2008). Dahingegen zitiert Garrett et. al (2014) den sogenannten Federal Reserve Report aus dem Jahr 2013, aus dem hervorgeht, dass die Hauptgründe der Nutzer Bequemlichkeit, Sicherheitsbedenken und der Mangel an geeigneter Ausrüstung, etwa einem Smartphone darstelle (Garrett et al., 2014; zitiert nach Federal Reserve Board, 2013). Außerdem entwickelten Garrett et. al (2014) auf der Basis einer empirischen Untersuchung, das Profil von typischen mobile payment Nutzern. Demnach besteht besonderes großes Interesse für mobile Bezahlmethoden bei Befragten im Alter von 18 bis 24 Jahren. Außerdem handele es sich dabei besonders häufig um Männer, Angehörige von Minderheiten, Menschen mit überdurchschnittlich hohem Einkommen oder Menschen, die weniger sachkundig sind und zu impulsiven Einkaufepisoden tendieren. (Garrett et. al, 2014). Auch im Buch Digitales Unbehagen von Manfred Spitzer wird berichtet, dass Frauen allgemein weniger Vertrauen in digitale Neuerungen haben als Männer, im Gegensatz zu Garrett et. al. wird jedoch berichtet, das Ganze sei einkommensunabhängig (Spitzer, 2020).
An dieser Stelle stellt sich die Frage, wie die digitalen Neuerungen in Deutschland angenommen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Digitalisierung grundsätzlich ein globales Phänomen ist. Sie betrifft alle Länder zugleich und doch reagieren verschiedene Kulturen unterschiedlich auf das Phänomen (Könneker, 2017).
Im Zuge der Literaturrecherche zum Thema sticht die allgemeine Grundhaltung hervor, die Digitalisierung sei entweder extrem positiv, oder extrem negativ zu betrachten. Zum einen wird von wertvollen Errungenschaften berichtet, die das Leben aller Menschen deutlich erleichtern können, zum anderen fürchten sich die Menschen vor der Übernahme der Weltherrschaft durch künstliche Intelligenzen und die Entmündigung des Menschen.
Im Buch Digitales Unbehagen von Manfred Spitzer (2020) gibt es ein ganzes Kapitel, das den Titel Digitale Vertrauenskrisen trägt. Darin werden drei grundlegende Ursachen des Vertrauensverlustes in der Gesellschaft beschrieben.
Die erste Vertrauenskrise bestehe darin, dass der einzelne Bürger sein allgemeines Vertrauen in die Gesellschaft verliert (Spitzer, 2020). Dieses Phänomen basiert auf der Tatsache, dass es immer weniger soziale Interaktion mit anderen Menschen gäbe, so Spitzer. Es sei unwahrscheinlicher geworden, Fremde nach dem Weg zu fragen, Passanten zu grüßen, oder sich mit seinem Bäcker zu unterhalten (Spitzer, 2020). Dies führe langfristig dazu, dass das Zusammenleben in der Gesellschaft geschwächt werde (Spitzer, 2020). Die zweite Vertrauenskrise durch Spitzer besteht im Verhältnis des Menschen mit den digitalen Informationstechnologien. Seit einigen Jahren gibt es immer wieder Skandale im Zusammenhang mit den Informationstechnologien, beispielsweise dem amerikanischen Wahlkampf, der von russischer Seite gehackt, also manipuliert worden sei, oder auch den viel kritisierten Aussagen des Präsidenten der Vereinigten Staaten, von dem der Begriff Fake News, ausgeht. All diese Ereignisse führten in der Gesellschaft zu Vertrauensverlusten. Die dritte Vertrauenskrise verortet Spitzer bei Kindern. Der Autor behauptet, man nehme den Kindern das Grundvertrauen in die Menschheit, indem diese schon sehr früh mit den neuen, digitalen Technologien in Kontakt treten und aufgrund der fehlenden Sicherheit im Internet auch schon in frühen Jahren mit Ciber-Kriminalität in Berührung kämen. Als Folge dessen sieht Spitzer eine möglicherweise verminderte Bereitschaft der Kinder, sich mit neuen Technologien generell auseinanderzusetzen. (Spitzer, 2020)
Außerdem interessant in diesem Zusammenhang, ist der neuartige Begriff Techlash. Dieser setzt sich zusammen aus den englischen Worten technology und backlash (zu deutsch Gegenreaktion) und beschreibt die Sehnsucht nach dem Analogen und dem Misstrauen gegenüber Tech-Konzernen, die zum einen großen Einfluss in der Gesellschaft ausüben, aber auch in das Leben jedes Einzelnen eingreifen. (Rust, 2019)
Die positive Seite der Digitalisierung ist jedoch ebenso vielfältig. Sie zeigt sich in unzähligen Lebenssituationen. Durch die Digitalisierung und die damit verbundene Sammlung riesiger Datenmengen ist es den Menschen gelungen, die Natur besser zu verstehen. So eröffnete sie das Wissen über die Existenz des menschengemachten Klimawandels und Ansätze darüber, wie dieser inklusive seiner Folgen verlangsamt bzw. gestoppt werden kann (Harari, 2013). Auch in anderen Lebensbereichen kann die Digitalisierung eine Bereicherung sein, zum Beispiel ermöglichen Telekommunikationsdienste es den Menschen, an unzähligen Ereignissen wie etwa der Arbeit im Homeoffice oder auch dem Schulunterricht am Computer teilzuhaben und stets über das Geschehen in der Welt informiert zu bleiben.
Trotz der oben aufgeführten Tatsache, dass die Digitalisierung im Finanzsektor weniger verbreitet ist, als in anderen Branchen, sind die Folgen der Digitalisierung spürbar. Finanztechnologische Innovationen rufen grundlegende Veränderungen im Finanzsektor hervor. So passiert zum einen, eine Umgestaltung der Finanzprodukte und -dienstleistungen und zum anderen kommt es zu einer fundamentalen Umstrukturierung im Finanzmarkt (Schueffel, 2016).
Um den emotionalen Umgang der Menschen mit Fintech Neuerungen zu verstehen ist es sinnvoll, einen Blick auf die Geschichte des Geldes zu werfen. Hierzu dient im Folgenden das Buch Digitaler Schein: Ästhetik der elektronischen Medien von Florian Rötzer (1991).
Zu Beginn der landwirtschaftlichen Revolution, etwa 8 000 v. Chr. (Harari 2013) handelten die Menschen durch Tauschgeschäfte. Diese konnten nur zu Stande kommen, wenn zwei Menschen aufeinandertrafen, die Interesse an jenem Produkt hatten, dass ihr Tauschpartner ihnen anbieten konnte. Dabei gab es keine allgemeine Übersicht, wer nach welchen Produkten sucht und wo sich die betroffenen Personen aufhielten. Es konnte nur mit jenen Personen aus dem direkten Umfeld getauscht werden und Preisverhandlungen waren abhängig von Wetterlagen und anderen Phänomenen (Harari, 2013). Ab dem Jahr 550 v. Chr. etwa nimmt man den ersten Handel durch Münzgeld an. Dabei verließ man sich auf den sog. Goldstandard. Zu dieser Zeit gab es keine Unterscheidung zwischen Materialwert der Münzen und dem ihnen zugeschriebenen Wert. Anhand der Münzen konnte nun ein universaler Handel von Waren stattfinden. Da der Transport der Münzen beschwerlich ist, wurde ein bargeldloser Zahlungsverkehr erstmals im zwölften Jahrhundert in Italien eingeführt (Rötzer, 1991). Zu diesem Zeitpunkt galt der Scheck als symbolischen Ersatz der Münzen, allerdings hielten die Menschen die Wertpapiere nicht für Bargeld, wie man es heute tut. Seit der Erfindung der Schecks, die damals Tratte genannt wurden, trennten die Menschen zwischen persönlichem Geld, also Münzen, die sie am Körper mit sich trugen und unpersönlichem Geld, den Schecks zur Übermittlung größerer Geldmengen. (Rötzer, 1991)
Erst zu Beginn des ersten Weltkrieges im Jahr 1914 wurde der Goldstandard aufgehoben und die Voraussetzung für bargeldloses Bezahlen geschaffen. Seither beseht der Wert des Geldes in einer Art Illusion, die nur funktionieren kann, wenn alle Glieder einer Gesellschaft an es glauben und in es vertrauen. Grund dafür, ist die Tatsache, dass der Materialwert moderner Geldscheine und Münzen um einiges kleiner ist, als ihr symbolischer Wert. Doch Vertrauen ist fragil. Ein besonders plakatives Beispiel ist die Weimarer Republik im Jahr 1923. Nach der Aufhebung des Goldstandards und dem ersten Weltkrieg, folgte eine große Weltwirtschaftskrise (Holtfrerich, 2011). Diese versuchte die Regierung durch Gelddrucken zu stoppen. Dadurch kam eine gewaltige Geldinflation zustande, die dem Land große Armut brachte und den Menschen das Vertrauen in die Währung nahm (Holtfrerich, 2011). Das Resultat war die Rückkehr vieler Bürger zu Tauschgeschäften und einem großen Wachstum des informellen Sektors (Holtfrerich, 2011).
Mit der Erfindung von Kryptowährungen wurde dieses Problem gelöst. Kryptowährungen sind international und analphabetisch, sodass sie unabhängig von Regierungen und Handelsabkommen einsetzbar sind (Rötzer, 1991). Aus diesem Grund werden Kryptowährungen häufig im sog. Darknet verwendet.
Die Kehrseite der Kryptowährungen ist die Tatsache, dass die Menschen über keinerlei persönliches Geld mehr verfügen (Rötzer, 1991). Unpersönliches Geld wird schneller ausgegeben und die Kontrolle über Jenes ist schwerer zu behalten, als es bei persönlichem, also Bargeld der Fall ist (Rötzer, 1991). Infolgedessen ist es möglich, dass die Menschen in Angst vor Kontrollverlusten verfallen und sich in Zukunft zunehmend entmündigt fühlen.
Doch wie schwerwiegend ist das Misstrauen der Menschen in Neuerungen im Fintech Sektor im Vergleich zu anderen datenschutzrechtlich interessanten Bereichen des Lebens, beispielsweise der Angst vor dem Verlust biometrischer Daten oder persönlicher Nachrichten. Dazu veröffentlichten amerikanische Wissenschaftler im Jahr 2020 eine Studie. Dabei wurden 15 000 Menschen aus sechs verschiedenen Ländern (u.a. auch Deutschland) befragt, wie viel ihnen der Verkauf verschiedener Arten von persönlichen Daten wert wäre. Die Studie ergab, dass die persönlichen Daten der Befragten, die Auskunft über deren Finanzen geben, am höchsten eingestuft wurden. Die Befragten nannten dabei einen durchschnittlichen monatlichen Wert von acht US-Dollar fünfzig Cents. Gefolgt von Fingerabdrücken und persönlichen Nachrichten der Personen mit sechs US-Dollar 50 Cents und etwa fünf US-Dollar achtzig Cents pro Monat. (Spritzer, 2020; zitiert nach Prince & Wallsten, 2020)
Die Befragten weisen den finanzbezogenen Daten den größten Stellenwert aller abgefragten Datentypen zu. Dies deutet entweder darauf hin, dass Finanzen eine große Wichtigkeit im Leben der Befragten haben, oder es könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Menschen Misstrauen in die Finanzindustrie hegen und sie daher besonders gut auf ihre Daten aufpassen möchten. Beide Deutungen wirken insofern sinnhaft, dass sie sich in der Kultur wiederfinden. Zum einen wird der soeben erläuterte Vertrauensverlust der Menschen in die Gesellschaft deutlich, zum anderen wird nochmals die These bekräftigt, dass westliche Länder, oftmals kapitalistisch geprägte Kultur verfolgen (Sachweh & Münnich, 2016).
Allerdings stellt sich die Frage, wie sich das Empfinden der Menschen, zu den technischen Innovationen grundsätzlich bewertet lässt. Denn Menschen bilden ihre Meinung aufgrund der Menge und Art vorhandener Informationen. Diese werden allerdings anhand von Algorithmen beeinflusst, welche durch die Tech-Konzerne selbst konzipiert werden. In diesem Sinne stellt sich die Souveränität des Einzelnen i.S. freier Meinungsbildung grundsätzlich in Frage.
Aufgrund dieser schwerwiegenden Beeinflussungsmöglichkeit der Menschen kommt es immer häufiger zu Falschaussagen und Informationskriegen ( Könneker, 2017). Berühmte Beispiele für Informationskriege sind die amerikanische Präsidentschaftswahl der Vereinigten Staaten im Jahr 2016 oder die Unschlüssigkeit zum Thema Atomwaffen im Irak oder Südkorea.
Aufgrund dessen soll nun die Frage nach den Empfindungen der Menschen mit den technischen Neuerungen auf qualitative Weise untersucht werden.
Das halbstandardisierte, qualitative Interview
Das qualitative Interview ist eine Methode zur Erhebung von Informationen. Im Dialog zwischen Interviewleiter und Interviewtem wird ein bestimmter Sachverhalt bzw. eine Forschungsfrage thematisiert. Das qualitative Interview, welches zu den qualitativen Forschungsmethoden gehört, zeichnet sich vor allem durch die Offenheit der Interviewsituation aus. In der Befragung gibt es demnach keine vorgefertigten Antwortvorschläge oder Antwortspektren. Der Befragte hat die Möglichkeit, alles in Verbindung mit der gestellten Frage zu setzen, was ihm/ ihr in den Sinn kommt. Auf diese Weise lässt sich das qualitative Interview leicht von den quantitativen Befragungen abgrenzen. Außerdem unterscheiden sich die beiden Forschungsrichtungen in der Art des Wissens, das sie generieren. Während bei quantitativen Erhebungen eher bekannte Themenfelder bearbeitet werden, die beispielsweise aktualisiert werden sollen, findet die qualitative Forschung ihre Anwendung meist, in zunächst weniger bekannten Wissensfeldern. (Flick, Kardoff & Steinke 2000).
Das halbstandardisierte, qualitative Interview ist eine Form der qualitativen Interviews. Der oben genannte Dialog zwischen Interviewleiter und Interviewtem wird in diesem Fall von einem Leitfaden begleitet. Der Leitfaden enthält sog. Leitfragen, welche in der Befragung thematisiert werden sollen. Je nach Interviewsituation kann der Leitfaden während des Gesprächs jedoch in gewissem Maß angepasst werden, so können beispielsweise Fragen ausgelassen werden, die der Interviewte bereits im Zusammenhang mit einer anderen Frage beantwortet hat und es besteht die Möglichkeit, den Leitfaden durch zusätzliche Fragen zu ergänzen, sollte dies dem Interviewleiter wichtig erscheinen. Das halbstandardisierte Leitfadeninterview unterstützt dabei, die subjektiven Empfindungen des Menschen herauszuarbeiten und ermöglicht es gleichzeitig, durch den offenen Gesprächscharakter, den Interpretationsspielraum des Gesagten durch Nachfragen, einzudämmen. (Flick, Kardoff & Steinke, 2000)
Qualitative Interviews eignen sich besonders gut, um Expertenwissen zu identifizieren, Wissen über die Biografie des Befragten zu generieren oder dessen subjektives Erleben und Verhalten zu erforschen (Flick, Kardoff & Steinke, 2000). Daher eignet sich das halbstandardisierte, qualitative Interview, um den emotionalen Umgang der Menschen mit technischen Neuerungen zu untersuchen.
Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
Die qualitative Inhaltsanalyse ist ein Verfahren zur Zusammenfassung und Auswertung zuvor erhobener Daten (Mayring, 2015). Es handelt sich dabei um Daten aus bspw. qualitativen Interviews oder offenen Fragebögen. Die gewonnenen Daten sind freie Einfälle der Probanden, sie können demzufolge im Gegensatz zu quantitativ erhobenen Daten nicht ohne Weiteres kodiert werden. Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) jedoch beinhaltet eine Reihe von Arbeitsschritten, die es schließlich ermöglichen, die gewonnenen Daten zu vergleichen. Dabei ist unwichtig, ob die Analyse händisch oder mit Hilfe eines Computerprogrammes durchgeführt wird. Im ersten Schritt der Analyse, werden die Interviewtranskriptionen gesammelt und jeweils Frage und Antwort in einem Raster gegenübergestellt. Daraufhin werden die Antworten der zu vergleichenden Interviews ebenfalls in das Raster eingetragen.
Um den rohen Gehalt des Zitats mit dem impliziten Gehalt der Aussagen möglichst zu vereinen, wird im nächsten Schritt eine Paraphrasierung aller Äußerungen vorgenommen. Daraufhin werden die einzelnen Äußerungen auf ihren Kerninhalt reduziert, dies hat den Vorteil, dass später wichtige Textstellen einfacher wiedergefunden werden können und die Vergleichbarkeit der Aussagen steigt. Im vorerst letzten Schritt werden die Stellungnahmen der Probanden, durch Interpretation derer Inhalte, kodiert. Dies kann entweder induktiv, d.h. aus dem vorhandenen Material wie bspw. dem Transkript oder Artikel erfolgen, oder auch deduktiv, durch die vorherige Festlegung der Kategorien aus Literaturquellen (Schreier, 2014).
Wurden die Kategorien erfolgreich festgelegt, muss überprüft werden, ob die Inhaltsanalyse reliabel ist. Dies ist der Fall, wenn genau jene Kategorien gebildet wurden, die wichtig sind, um den Inhalt der Materialien wiederzugeben. Cohens Kappa oder Krippendorffs Alpha sind statistische Maße, die herangezogen werden können, um dies zu berechnen (Philip, 2019).
Das Raster kann als letztes mit einer Wiederholung des Anfangszitates ausgebaut werden, dies dient einzig der Vereinfachung im Umgang mit den großen Datenmengen des Rasters und ist vor allem bei großen Datenmengen sinnvoll. Auf diese Weise gelingt es dem Forschenden leichter, den Überblick über sämtliche Äußerungen zu behalten.
Schließlich können die Ergebnisse der qualitativen Inhaltsanalyse interpretiert werden. Dabei ist von Bedeutung, welches Gewicht die einzelnen Kategorien in den Materialien haben und wie diese miteinander in einen Kontext gebracht werden (Philip, 2019). Dies wird zuletzt auf die Forschungsfrage angewandt.
Die qualitative Inhaltsanalyse eignet sich, aufgrund ihres offenen Charakters, als Teil dieser Forschung. Denn das Verfahren ermöglicht es die komplexen Informationsstrukturen der qualitativen Interviews zusammenzufassen und deren Kernaussagen herauszufiltern.
Im folgenden Absatz wird die konkrete Umsetzung der Untersuchung skizziert.
Um die Frage, wie Menschen emotional mit den technischen Neuerungen der Finanzwelt umgehen, zu beantworten, wurden insgesamt vier qualitative Interviews durchgeführt. Der Ablauf der Untersuchung lässt sich in zwei Teile gliedern. Im ersten Teil wurde das Rohwissen der Probanden abgefragt, mit dem Ziel herauszufinden, welche Aspekte des Themas die Befragten interessiert oder beschäftigt. Im zweiten Teil wurden schließlich die Motive, Einstellungen und Werte der Befragten thematisiert, um deren emotionalen Umgang mit der Thematik zu verstehen. Die Befragungen haben eine durchschnittliche Dauer von elf Minuten. Die Untersuchung verlief nach einem Interviewleitfaden, der zwölf Leitfragen umfasst (siehe Anhang 1.1). Der Leitfaden enthält elf Leitfragen, welche durchschnittlich um drei bis vier Nebenfragen ergänzt wurden. Zu den demographischen Daten der vier Befragten ist festzuhalten, dass es sich um jeweils zwei männliche, sowie zwei weibliche Personen handelt. Das Fachwissen der Probanden ist ausgewogen, es handelt sich um Studenten, Schüler, Angestellte und Selbstständige, sowohl aus dem technischen Bereich als auch aus den eher technikfernen Spezifikationsfeldern. Zuletzt decken die Versuchspersonen eine Altersspanne von 17 bis 22 Jahren ab, sie gehören den sog. Generationen Y & Z an.
[...]
Hausarbeit (Hauptseminar), 23 Seiten
Studienarbeit, 60 Seiten
Hausarbeit, 29 Seiten
Medien / Kommunikation - Public Relations, Werbung, Marketing, Social Media
Hausarbeit (Hauptseminar), 46 Seiten
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