Vorstellung der Familie "Bunyaviridae" mit Schwerpunkt "Hantaanvirus" aus dem Genus "Hantavirae"
Entdeckungsgeschichte
Der erste Ausbruch eines epidemisch auftretenden heamorrhagischen Fiebers wurde 1951 während des Koreakrieges bei UN-Soldaten bemerkt und später "Hemorrhagic fever with renal syndrome (HFRS) genannt. Eine ähnliche Krankheit wurde ebenso 1913 in der früheren östlichen U.d.S.S.R. und in China unter der Bezeichnung "Hemorrhagic nephroso-nephritis" oder "Song-go Fieber" bekannt. Alle Hinweise deuteten darauf hin, daß der Überträger ein Nagetier oder einer ihrer Ektoparasiten sei, was später mittels immunofluoreszenter Antigene in der Lunge der Feldmaus Apodemus agrarius nachgewiesen werden konnte. In A-549 und Vero E-6 Zellkulturen konnte schließlich gezeigt werden, daß es sich bei dem Erreger um ein filtrierbares Virus der Familie Bunyaviridae handelt und das Virus wurde nach dem Hantaan River "Hantaan Virus" benannt.
Hantavirus pulmonary syndrome (HPS) wurde erstmals am 14. Mai 1993 beschrieben, und zwar vom "New Mexico Department of Health", als in der Four Corners Region mehrere Todesfälle auftraten, die auf eine bis dato unerklärliche Lungenerkrankung zurückzuführen waren.
Im Nachhinein sind viele Epidemien, die in der Vergangenheit während verschiedenen Kriegen ausbrachen auf Hantaviren zurückzuführen:
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Taxonomie, Wirte und deren Verbreitung:
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Hantaviruses and rodent hosts
Virus Host Distribution (host) Disease
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Virologie
Viren der Familie Bunyaviridae bestehen alle aus einem negative-sensed ss RNA Genom. Bis auf die des Genus Hantavirus handelt es sich bei ihnen um Arbo-Viren, Hantaviren sind "rodent-borne" und von einer Hüllmembran umgeben, außerdem haben sie eine sphärische oder pleiomorphe Gestalt, ihr Durchmesser beträgt in der Regel 80-120 nm.
Das Hantavirus Genom besteht aus drei einzelsträngigen RNA Segmenten, mit den Bezeichnungen S (small), M (medium) und L (large). Die S-RNA codiert für das Nukleocapsid Protein (N) und das M-Segment für ein Polyprotein, welches posttranskriptionell in die zwei Hüllmembran-Glykoproteine G1 und G2 geschnitten wird. Das L-Segment codiert für das L-Protein, welches als virale Transkriptase / Replikase fungiert. Innerhalb der Virionen bilden die virale RNAs Komplexe mit dem N-Protein, so daß sich ein helikales Nukleocapsid bildet.
Hantaviren replizieren ausschließlich im Cytoplasma der Wirtszelle. Nach Adsorption an spezifische Rezeptoren auf der Zellmembran und anschließender Endocytose der Virionen wird die Transkription durch Assoziation des L-Proteins mit den drei Nukleocapsid Segmenten initiiert. Zusätzlich zur Transkriptase / Replikase- Funktion des L-Proteins schreibt man dem Protein auch noch eine gewisse Endonukleaseaktivität zu, so daß sie zelluläre mRNAs schneidet um sogenannte "capped primers" zu bilden, die für die Initiation der Transkription der viralen mRNAs notwendig sind.
Die viralen S- und L-RNAs werden an den freien Ribosomen, die M-RNA im ER translatiert. G1 und G2 formen zunächst Heterodimere und werden vom ER zum Golgi-Apparat transportiert, wo eine weitere Glykosylierung stattfindet. Die Reifung der Virionen geschieht, indem sich die replizierten Nukleocapside an die an den Membranen des Golgi-Apparates sitzenden Glykoproteine binden und dann in die Golgi-Zisternen transportiert werden. Von dort werden sie in sekretorischen Vesikeln zur Plamamembran geliefert und anschließend durch Exocytose bzw. Lyse der infizierten Zelle ausgeschieden.
Phylogenetische Analysen haben gezeigt, daß eine langzeitliche Wirt-Virus Koevolution stattgefunden haben muß. Am besten versteht man die Evolution der Hantaviren als Koevolution innerhalb der spezifischen Linien der Nagetierfamilie Muridae. Auch durch eine hohe anzahl von Sequenzanalysen unterschiedlicher Hantaviren gibt es keinen Hinweis darauf, weshalb einige Viren HPS und andere HFRS verursachen.
HPS und HFRS
Diagnose und Krankheitsbild:
Aufgrund der Tatsache, daß die ersten klinischen Symptome einer HFRS Erkrankung leicht mit einer normalen Grippe verwechselt werden können, ist es zumeist äußerst schwierig HFRS zu diagnostizieren. Etwa ein Drittel der Patienten entwickeln hämorrhagische Symptome, von denen je nach Virus zwischen 0,2 - 15% tödlich enden. Der typische "schwere" Fall der Erkrankung beginnt mit plötzlichem hohem Fieber, Kopfschmerzen und Myalgien. Die Fieberphase dauert zwischen 3 und 7 Tage und ihr folgt eine hypotensive Phase mit Petechien, Proteinurie und Thrombozytopenie. Etwa ein Drittel der Todesfälle erfolgt aufgrund eines hypovolemischen Schocks während dieser Periode . Die letzte Phase besteht aus einer Rückkehr des Blutdrucks auf normale bis überhöhte Level einhergehend mit einer 3 - 7 Tage andauernden Oligurie. In dieser Periode finden etwa die Hälfte der Todesfälle statt. Die Erhohlungsphase kann bis zu 6 Monate dauern und wird mit einer bis zu mehrwöchigen Diurese eingeleitet.
Etwa 60000 bis 150000 Menschen erkranken weltweit jährlich an HFRS, die höchste Mortalität liegt bei den asiatischen und Balkanformen bei 3 - 15% und wird von Hantaan und Belgrade Viren verursacht. In Europa kommt hauptsächlich das Puumala Virus vor, welches eine Mortalität von 0,2 - 1% aufweist. Serologische Untersuchungen haben gezeigt, daß in Deutschland etwa 2 - 3% der Bevölkerung seroprävalent sind.
Bei einer HPS-Erkrankung entwickeln sich zunächst Muskelschmerzen und hohes Fieber, währenddessen sich sehr viele Lungenödeme bilden. Die Krankheit führt nach wenigen Tagen in ca. 70% aller Fälle zum Tode, die Patienten sterben an einem Ausfall des Respirationstraktes.
Die gängigsten serologischen Nachweismethoden sind ELISA oder RT-PCR.
Übertragungswege
Normalerweise findet eine Infektion mit Hantaviren ausschließlich über Kontakt mit den Wirtstieren statt, am wahrscheinlichsten ist eine Infektion durch Einatmen von Aerosolen der Fäkalien.
Im Jahr 1995 jedoch wurde ein neues Hantavirus identifiziert und Andes virus genannt. Ein Jahr später kam es in drei Kleinstädten in Argentinien zu einem Ausbruch mit 18 erkrankten Personen. Eine der Personen ließ sich in einem Krankenhaus in Buenos Aires behandeln, und ca. 20 Tage später erkrankte ihr behandelnder Artzt an HPS, obwohl er in diesem Zeitraum keinen Kontakt zu Nagetieren gehabt hatte, außerdem hatte er keine offensichtlichen Kontakt zu dem Patientenblut. Etwa drei Wochen später erkrankten sowohl sein Arzt als auch seine Mutter an HPS, so daß es sehr wahrscheinlich ist, daß in diesem Fall eine Mensch zu Mensch Übertragung stattgefunden hat.
Histopathologie
Im Großen und Ganzen beobachtet man bei HPS Patienten dichte, schwere und z.T. geplatzte Lungen, die in der Regel das doppelte Gewicht einer normalen Lunge aufweisen. Die Lungenflügel sind mit einem gelbem Serum gefüllt. Das Endothel bleibt normalerweise unverändert, aber in den Lungenkapillaren bilden sich Ödeme.
Epidemiologie
Die Verbreitung von Hantaviren hängt ausschließlich von der Verbreitung ihrer Wirtstiere ab, insgesamt kann man durchaus sagen, daß sie weltweit vorkommen. Lange war man der Ansicht, daß HFRS nur in den ländlichen Gegenden Asiens auftritt, aber neuere Studien haben gezeigt, daß HFRS Patienten auch in Großstädten gefunden werden können.
Das natürliche Reservoir von HFRS-Erregern in ländlichen Gebieten ist die Feldmaus Apodemus agrarius. Es gibt zwei Spitzenzeiten, in denen sich Infektionen häufen, einmal im späten Frühling und das andere Mal im Herbst. Die Patienten sind meistens Bauern, Soldaten und Bauarbeiter im Alter von 20 - 50 Jahren. Allerdings zeigen neuere Studien, daß nicht nur die Feldmaus, sondern eine Vielzahl von wilden Nagetieren und Insektivoren ein Reservoir für Hantaviren bilden, sogar in Fledermäusen und einigen Vögeln konnten Hantaviren nachgewiesen werden.
Das Reservoir für städtische HFRS-Erreger bildet die Hausratte. Inzwischen gibt es jährlich über 100 HFRS-Fälle in den Großräumen Seoul und anderen koreanischen Großstädten, aber auch in Japan gibt es eine Häufung von HFRS-Berichten, obwohl die Patienten berichteten, die Stadt in den letzten Wochen vor der Erkrankung nicht verlassen zu haben. Die "städtischen" Infektionen kommen über das ganze Jahr verteilt relativ gleichmäßig vor, häufen sich jedoch in Herbst und Winter.
Ein anderes, eher vom Menschen herangezüchtetes Reservoir für HFRS-Erreger, bilden Versuchslaboratorien und Tierställe, in denen Versuchsmäuse und -Ratten gehalten werden. Zwischen 1976 und 1985 gab es 33 Ausbrüche, bei denen sich insgesamt 164 Angestellte von Versuchstierhaltungen mit HFRS infizierten. Nachdem wild lebende Mäuse in eine Versuchstierhaltung in Moskau gebracht wurden gab es dort 1962 116 Fälle von HFRS, aber auch in Belgien und Großbritannien kam es zu Ausbrüchen in Versuchslaboratorien.
Die letzten Ausbrüche von HFRS und HPS fanden während des Krieges in Bosnien- Herzegovina (Puumala), 1996 in Südargentinien (Andes) und zwischen dem 1. August und dem 8. Oktober 1997 in Chile, wo 12 Fälle berichtet wurden, statt.
Behandlungsmöglichkeiten
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Hantaanvirus und wo wurde es entdeckt?
Das Hantaanvirus gehört zur Familie der Bunyaviridae und wurde erstmals 1951 während des Koreakrieges bei UN-Soldaten entdeckt, die an hämorrhagischem Fieber mit renalem Syndrom (HFRS) erkrankten. Der Erreger wurde später in der Feldmaus Apodemus agrarius identifiziert und nach dem Hantaan River benannt.
Was ist das Hantavirus Pulmonary Syndrome (HPS) und wann wurde es entdeckt?
Das Hantavirus Pulmonary Syndrome (HPS) wurde erstmals am 14. Mai 1993 in der Four Corners Region der USA beschrieben, als mehrere Todesfälle aufgrund einer unerklärlichen Lungenerkrankung auftraten.
Welche Viren gehören zur Familie Bunyaviridae und was zeichnet sie aus?
Viren der Familie Bunyaviridae besitzen ein negative-sensed ss RNA Genom. Die meisten sind Arboviren, während Hantaviren von Nagetieren übertragen werden. Sie haben eine Hüllmembran, sind sphärisch oder pleiomorph und haben einen Durchmesser von 80-120 nm.
Wie ist das Genom des Hantavirus aufgebaut?
Das Hantavirus Genom besteht aus drei einzelsträngigen RNA Segmenten: S (small), M (medium) und L (large). Die S-RNA codiert für das Nukleocapsid Protein (N), das M-Segment für die Glykoproteine G1 und G2 und das L-Segment für das L-Protein (virale Transkriptase/Replikase).
Wie replizieren sich Hantaviren?
Hantaviren replizieren ausschließlich im Cytoplasma der Wirtszelle. Nach Adsorption und Endocytose wird die Transkription durch das L-Protein initiiert. Die viralen RNAs werden im ER bzw. an freien Ribosomen translatiert, die Glykoproteine G1 und G2 reifen im Golgi-Apparat und die Virionen werden durch Exocytose oder Lyse der infizierten Zelle freigesetzt.
Was sind die Symptome von HFRS und wie hoch ist die Mortalität?
HFRS beginnt oft mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Kopfschmerzen und Muskelschmerzen. Etwa ein Drittel der Patienten entwickelt hämorrhagische Symptome. Die Mortalität variiert je nach Virus zwischen 0,2% und 15%. Schwere Fälle umfassen Fieber, eine hypotensive Phase mit Petechien, Proteinurie und Thrombozytopenie, gefolgt von einer oligurischen Phase. Die Erholungsphase kann bis zu 6 Monate dauern.
Was sind die Symptome von HPS und wie hoch ist die Mortalität?
Bei HPS entwickeln sich Muskelschmerzen, hohes Fieber und Lungenödeme. Die Mortalität ist mit ca. 70% sehr hoch, da die Patienten an einem Ausfall des Respirationstraktes sterben.
Wie werden Hantaviren übertragen?
Die Übertragung erfolgt normalerweise durch Kontakt mit Wirtstieren, meistens durch Einatmen von Aerosolen der Fäkalien. In seltenen Fällen, wie beim Andes virus, ist auch eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung möglich.
Welche histopathologischen Befunde sind bei HPS-Patienten zu beobachten?
Bei HPS-Patienten beobachtet man dichte, schwere und z.T. geplatzte Lungen, die oft das doppelte Gewicht einer normalen Lunge aufweisen. Die Lungenflügel sind mit einem gelbem Serum gefüllt und es bilden sich Ödeme in den Lungenkapillaren.
Wo sind Hantaviren verbreitet und welche Tiere dienen als Reservoir?
Hantaviren sind weltweit verbreitet, wobei ihre Verbreitung von der ihrer Wirtstiere abhängt. Die Feldmaus Apodemus agrarius ist ein Reservoir für HFRS-Erreger in ländlichen Gebieten, während die Hausratte als Reservoir für städtische HFRS-Erreger dient. Auch in Versuchstierhaltungen können Hantaviren vorkommen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für HPS und HFRS?
Die Behandlungsmöglichkeiten sind hauptsächlich unterstützender Natur. Ribavirin zeigt Erfolge bei HFRS-Patienten, jedoch nicht bei HPS-Patienten. Ein Impfstoff gegen Hantaan Virus, entwickelt aus Gehirnen von Mäusesäuglingen, wird derzeit in Korea getestet.
- Quote paper
- Harald Ehlen (Author), 1998, Hantavirus hemorrhagic fever with renal syndrome - Hantavirus pulmonary syndrome, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/96168