Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der ethischen Betrachtungsweise der Masernimpfpflicht und soll die aktualisierte Rechtslage beleuchten. Dabei wird in der Einführung zunächst die allgemeine Historie der Impfung geschildert, im weiteren Verlauf dieser Arbeit soll der Fokus auf den Masern und der entsprechenden Schutzimpfung liegen. Dabei werden sowohl das Krankheitsbild der Masern, als auch die verheerenden Langzeitfolgen unter dem derzeitigen medizinischen Wissenstand ausführlich dargestellt, um im darauffolgenden Abschnitt die aktuelle Rechtslage, nämlich der Einführung eines Masernschutzgesetzes und die Gründe für dessen Einführung zu eruieren.
Im nachfolgenden Kapitel wird die Frage geklärt, ob die Masernimpfpflicht der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung unterliegt und welche Effekte Immunisierungen auf der Mikro- und Makroebene haben. Es wird abgewogen, ob die deutschen Grundnormen bei der Entscheidung für oder gegen eine Impfung unterstützen können und welche Rolle die zugrundeliegenden Menschenbilder bei der Entscheidungsfindung haben. Um den Blickwinkel auf die gesellschaftliche Einstellung zu Impfungen auszuweiten, wird anschließend der kontroverse gesellschaftliche Diskurs mit seinen Impfbefürwortern und Impfgegnern angeführt. Außerdem wird aufgrund der aktualisierten Rechtslage Stellung von Arbeitnehmern im sozialpädagogischen Bereich genommen, die sich auf Immanuel Kants Ursprungsgedanken der Pflichtethik stützen. So soll die Frage nach der Bedeutung und Notwendigkeit von Immunisierungen am Beispiel der Masern möglichst präzise beantwortet werden können.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Allgemeine Impfhistorie
2.1 Historischer Kontext der Masernimpfung
3. Masern
3.1 Krankheitsbild und Langzeitfolgen
3.2 Masernimpfung
4. Impfung als gesamtgesellschaftliche Verantwortung
4.1 Kontroverser gesellschaftlicher Diskurs
5. Kritik aus Sicht von Arbeitnehmern im sozialpädagogischen Bereich und der Versuch einer ethischen Erklärung nach Kant
6 Ethische Beurteilung von Impfungen
7. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Impfungen - der medizinische Begriff für Immunisierungen. Doch was verbirgt sich hinter diesem Begriff? Unterliegen Immunisierungen der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung und bilden den Schutz für sich selbst und andere? Oder lauert hinter der Schutzimpfung eine verborgene Gefahr?
Das Masemschutzgesetz vom 01. März 2020 war der Beweggrund der vorliegenden Hausarbeit, da die Frage nach der Rechtfertigung dieses Gesetzes im sozialpädagogischen Arbeitsfeld von besonderem Interesse ist. In diesem Zusammenhang werden kontroverse Standpunkte vertreten, sodass die folgende Analyse offene Frage klären soll.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der ethischen Betrachtungsweise der Masemimpfpflicht und soll die aktualisierte Rechtslage beleuchten. Dabei wird in der Einführung zunächst die allgemeine Historie der Impfung geschildert, im weiteren Verlauf dieser Arbeit soll der Fokus auf den Masern und der entsprechenden Schutzimpfung liegen. Dabei werden sowohl das Krankheitsbild der Masern, als auch die verheerenden Langzeitfolgen unter dem derzeitigen medizinischen Wissenstand ausführlich dargestellt, um im darauffolgenden Abschnitt die aktuelle Rechtslage, nämlich der Einführung eines Masernschutzgesetzes und die Gründe für dessen Einführung zu eruieren. Im nachfolgenden Kapitel wird die Frage geklärt, ob die Masemimpfpflicht der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung unterliegt und welche Effekte Immunisierungen auf der Mikro- und Makroebene haben. Es wird abgewogen, ob die deutschen Grundnormen bei der Entscheidung für oder gegen eine Impfung unterstützen können und welche Rolle die zugrundeliegenden Menschenbilder bei der Entscheidungsfindung haben. Um den Blickwinkel auf die gesellschaftliche Einstellung zu Impfungen auszuweiten, wird anschließend der kontroverse gesellschaftliche Diskurs mit seinen Impfbefürwortem und Impfgegnem angeführt. Außerdem wird aufgrund der aktualisierten Rechtslage Stellung von Arbeitnehmern im sozialpädagogischen Bereich genommen, die sich auf Immanuel Kants Ursprungsgedanken der Pflichtethik stützen. So soll die Frage nach der Bedeutung und Notwendigkeit von Immunisierungen am Beispiel der Masern möglichst präzise beantwortet werden können.
2. Allgemeine Impfhistorie
Impfungen gehören weltweit zu den wichtigsten und wirksamsten Präventionsmaßnahmen gegen Infektionskrankheiten. Sie sorgen dabei nicht nur für den Individual- sondern auch für den Gemeinschaftsschutz.
Betrachtet man die historische Entwicklung von Impfstoffen, richtet sich der Blick unmittelbar auf die Pocken, einer hochansteckenden Infektionskrankheit, die im 18. und 19. Jahrhundert Millionen von Menschenleben kostete. „Noch im 19. Jahrhundert starb jedes fünfte Kind in Deutschland an dieser Krankheit“ (Meyer & Robert Koch Institut, 2004, S. 1183). Dem englischen Landarzt Edward Jenner gelang damals die Entwicklung eines Impfstoffes gegen die Pocken, welchen er „vaccination“ nannte, da er den Impfstoff aus Kuheutern (die Kuh, lat. vacca) entnahm (Kendall ,2011).
Aus der rasanten Verbreitung des Impfstoffes innerhalb Europas resultierte bereits nach kürzester Zeit eine erste Impfpflicht gegen die Krankheit, so auch im Deutschen Reich. „Im Deutschen Reich wurden Pockenschutzimpfungen staatlich organisiert. Eine reichsweite Impfpflicht wurde 1874 eingeführt, die in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bis 1982/1983 fortgeführt wurde“ (Klein et al., 2012). Zu diesem Zeitpunkt wurden bereits erste kritische Stimmen gegenüber einer Impfpflicht laut. Im Oktober 1979 wurde die Impfpflicht gegen die Pocken wieder aufgehoben, da die Weltgesundheitsorganisation die Infektionskrankheit für ausgerottet erklärte. „The World Health Organization commemorated the 40th anniversary of smallpox eradication today, recognizing the historic moment on 9 December 1979 when the end of smallpox was confirmed to have been eradicated. Five months later, in May 1980, the 33rd World Health Assembly issued its official declaration that ‘the world and all its peoples have won freedom from smallpox'“ (The World Health Organization, 2019, o. S.). Dieses Zitat aus einem Bericht der World Health Organization von 2019 macht deutlich, dass die offizielle, weltweite Ausrottung der Pocken zu einem unvergessenen Tag wurde. Neben den Pocken gibt es nach wie vor weitere, hochinfektiöse Krankheiten. So forderten beispielsweise die Masern viele Krankheitsund Todesfälle, weshalb die STIKO (Ständige Impfkommision) eine Immunisierung bereits im frühen Kindesalter empfiehlt.
2.1 Historischer Kontext der Masernimpfung
Der schottische Arzt und Chemiker Francis Home wusste früh um die Notwendigkeit einer Immunisierung und trug 1757 maßgeblich zur Entwicklung der Masernimpfung bei, indem er durch die beabsichtigte Weitergabe von Erregern Menschen immunisieren wollte. Er erzeugte bei Masernerkrankten, die den Höhepunkt der Erkrankung erreichten, oberflächliche Einschnitte auf der Haut, fing deren Blut mit Watte auf und legte die mit Bluterregern infizierte Watte dann wiederum auf die zuvor angelegten Inzisionen anderer zu impfenden Personen und ließ sie drei Tage auf der Wunde liegen. Das Resultat dessen war eine leichtere Form der Masernerkrankung bei seinen Patienten. Seine Methoden wurden später kritisiert, obwohl seine Grundgedanken und die daraus resultierenden Vorgehensweisen der Immunisierung auch heute noch bedeutsam sind (Mohr & Staehelin, 1952, S. 100).
John F. Enders, ein US-amerikanischer Bakteriologe, Immunologe und Virologe galt im 20. Jahrhundert unter anderem als Entwickler der heutigen Masernimpfung. Er wurde als der Schutzengel der Kinder bezeichnet, da mit seinem Impfstoff viele Kinder vor einer Masernerkrankung geschützt werden konnten. Für seine Forschungen wurde Enders mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Thomas C. Peebles, ein US-amerikanischer Arzt, entwickelte Enders Methoden zunächst in dessen Labor weiter. In Boston brach 1954 eine Masernwelle aus, dies nahm er zum Anlass, um durch Experimente an Affen seine Impfstoffe zu bestätigen. Er testete diese 1958 an geistig behinderten Kindern, einige von ihnen litten anschließend unter Nebenwirkungen, sodass es einer erneuten Überarbeitung des Impfstoffes bedurfte. Thomas Peebles verhalf durch seine Forschung zu der heutigen MMR-Impfung, die bis zum heutigen Tag viele Krankheitsausbrüche verhindern konnte. (University of Charleston, 2018).
3. Masern
„Masern sind eine hochansteckende Infektionskrankheit mit einem hohen Risiko für akute und chronische Komplikationen“ (...). Sie treten mit jährlich 280 000 Erkrankungen ubiquitär auf und sind extrem infektiös, daher haben sie einen hohen Durchseuchungsgrad. Sie führen bereits nach kurzem Kontakt mit Erkrankten zu einer Infektion und zählen zu den häufigsten Todesursachen im Kindesalter (Schuster, 2020, S. 83).
3.1 Krankheitsbild und Langzeitfolgen
„(...) and I hoped that this symptom would abate considerably, ifl could find a method of communicating the infection by the skin alone“ (Home, 1759, S. 266).
Masernviren werden als Tröpfcheninfektionen übertragen, darüber hinaus durch den Kontakt mit infektiösen Sekreten. Ein direkter Kontakt ist somit für die Übertragung des Virus nicht vorausgesetzt (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, o. J.-b).
Das Robert Koch Institut meldet ebenfalls Maserninfektionen, die auch dann nachgewiesen wurden, wenn Personen sich zeitgleich mit einer an Masern erkrankten Person aufgehalten hatten und kein direkter Kontakt zwischen den Personen bestand (Robert Koch Institut, 2020). Nach einer Inkubationszeit von 10-14 Tagen führen erhöhtes Fieber, Schnupfen und Husten zu anfänglichen Symptomen einer Masernerkrankung. Hinzu kommen Entzündungen im Nasen-Rachen-Bereich, sowie der Bindehaut. Nach einigen Tagen bildet sich ein Hautausschlag im Gesicht, hinter den Ohren und anschließend am ganzen Körper. Es kommt erneut zu einem Fieberanstieg und zu einer Schuppung der Haut.
Eine Masemerkrankung kann zu einer dauerhaften Immunschwäche führen, wodurch auch andere Erreger schlechter abgewehrt werden können. Zusätzliche Komplikationen, wie z.B. Atemwegs- oder Lungenentzündungen sind dadurch sehr hoch. Die Diagnostik verläuft klinisch, ein Blutbild kann die Diagnose Masern vorzeitig bestätigen. „Nach überstandener Krankheit besteht lebenslange Immunität“ (Schuster, 2020, S.83). Dr. Martin Terhardt, niedergelassener Kinder- und Jugendmediziner aus Berlin, berichtet in einer Pressekonferenz der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, dass Masern das Gehirn der Erkrankten dauerhaft beschädigen. Die Folgen sind der Verlust von zuvor erlernten Fähigkeiten. „Am Ende dieses Zerstörungsprozesses steht der Tod“ (Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, 2017, o. S.). Des Weiteren treten Mittelohrentzündungen, Masernkrupp, Durchfallerkrankungen und Lungenentzündungen auf (Fegeier, 2020, o. S.). Die primäre Masern-Enzephalitis (PME) sowie die akute postinfektiöse Masern-Enzephalitis (APME) gehören zu den schweren und akuten Komplikationen. Lähmungen oder geistige Behinderungen können als schwere Folgeschäden Zurückbleiben (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2018, o. S.). Besonders gefürchtet ist die sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), worunter die fortschreitende Entzündung des Gehirns und des Nervensystems zu verstehen ist. Diese verläuft praktisch immer tödlich, insbesondere bei Kindern die sich im Säuglingsalter angesteckt haben (Schuster, 2020, S. 83). „In conclusion, this study provides data on the SSPE epidemiology in Germany for the period 2003 to 2009. Our data suggest that the risk of developing SSPE after acute measles infection below 5 years of age is in the range of 1:1700 to 1:3300. This considerable risk for a disastrous yet preventable disease should be incorporated in every risk-benefit-education of measles vaccination and may constitute an important component of communication about the rationale for measles elimination“ (Schönberger et al., 2013).
Aus aktuellen Daten des Robert Koch Instituts von März 2020 geht hervor, dass vom 01. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2019 514 Fälle von Masernerkrankungen in Deutschland gemeldet wurden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Fallzahl undlnzidenzenpro IMio Einwohnerfür die Jahre 2018 und 2019 im Vergleich zumMedian derlnzidenz der letzten 5 'Vorjahre nach Bundesland (Stand: 01.02.2019)
Die oben aufgeführte Tabelle zeigt die Vergleichswerte der Fallzahlen und Inzidenzen nach Bundesland aus den letzten fünf Jahren (Robert Koch Institut, 2020a). Die Zahlen belegen eine hohe Fallzall von Masernerkrankten, trotz vorhandenem Impfstoff.
3.2 Masernimpfung
Die Ständige Impfkommision (STIKO) empfiehlt die erste Impfung im Alter von 11-14 Monaten, bis zum zweiten Lebensjahr soll die zweite Impfung erfolgt sein.
„Die Masern-Impfung ist in Deutschland nur als Kombinationsimpfstoff verfügbar: Masern-Mumps-Röteln (MMR) bzw. mit Varizellen (MMRV“ (Robert Koch Institut, 2020, o. S.). Bei dieser aktiven Immunisierung wird der Impfstoff aus abgeschwächten Krankheitserregern hergestellt und verabreicht. Durch deren Verabreichung wird dem Körper eine Infektion vorgetäuscht, sodass dieser mit der Bildung von Antikörpern sofort aktiv werden und reagieren kann. (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, o. J., -a). Nebenwirkungen können wie bei jeder anderen Impfung auftreten und führen meist zu Lokalreaktionen, wie Schwellungen, Druckschmerz oder Überwärmung. Gelegentlich führt die Impfung zu sogenannten Impfmasern oder Fieberkrämpfen, die aber nicht ansteckend sind und von selbst wieder verschwinden (Robert Koch Institut, 2020, o. S.).
3.3 Aktuelle Rechtslage
Bereits seit dem Jahr 1984 versucht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Masern zu eliminieren, um eine Herdenimmunität zu erzielen. „Sobald mindestens 95% der Bevölkerung gegen Masern geschützt sind, kann eine Verbreitung des Masernvirus verhindert werden. Gleichzeitig kann auf diese Weise ein Gemeinschaftsschutz aufgebaut und Menschen geschützt werden, die Impfungen (noch) nicht erhalten können“ (Robert Koch Institut, 2020). Deutschland hat dieses Ziel aktuell noch nicht erreicht. Dies soll sich durch das im März 2020 eingeführte Masemschutzgesetz ändern.
„Seit dem 01. März 2020 müssen Eltern nachweisen, dass ihre Kinder gegen Masern geimpft oder immun sind, wenn sie sie in einer Kindertagesstätte, einer Schule oder einer Tagespflege anmelden“ (Bundesregierung, 2020, o. S.).
Auch das Personal sozialer Einrichtungen, sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anderer sozialer oder medizinischer Institutionen müssen einen Nachweis über einen Masernschutz vorlegen. Ohne eine bestehende Immunisierung dürfen Kinder und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht in den Einrichtungen betreut werden, bzw. dort tätig sein (Bundesregierung, 2020, o. S.). Bei Verstoß drohen Bußgelder von bis zu 2.500 Euro. Ausnahmen bilden Kinder, die sich noch im ersten Lebensjahr befinden, diese können ohne einen Nachweis in Einrichtungen betreut werden. Diese Ausnahmeregelung gilt auch für Menschen, die vor 1971 geboren wurden, „weil diese mit hoher Wahrscheinlichkeitbereits mitMasem infiziert waren“ (Bundesregierung, 2020, o. S.).
Die obige Grafik veranschaulicht das aktuelle Masernvorkommen in Europa. Kann eine verpflichtende Masemschutzimpfung zu einer vollständigen Eliminierung beitragen?
4. Impfung als gesamtgesellschaftliche Verantwortung
Welche Effekte haben Immunisierungen auf die Mikro- und Makroebene? Können die deutschen Grundnormen „Eigenverantwortung“ und „Solidarität“ bei der Antwort auf diese Frage helfen?
Im Folgenden sollen anhand der deutschen Grundnormen „Eigenverantwortung“ und „Solidarität“ die Auswirkungen von Immunisierungen auf der Mikro- und Makroebene eruiert werden. Das Familienmodell auf der Mikroebene liefert an dieser Stelle die wohl wichtigste Rechtfertigung für eine Immunisierung: Der persönliche Schutz vor einer Infektionskrankheit und damit verbundener möglicher Spätfolgen im Falle einer fehlenden Immunisierung. Das Prinzip der Eigenverantwortung bedeutet in diesem Fall, dass dank der medizinischen und sozialen Entwicklung die Eröffnung von Chancen und der Zugang zu den Impfpräventionen durch Beratungen in Arztpraxen und durch Krankenkassen in Anspruch genommen werden kann. Ein Individuum muss hier lediglich eigenverantwortlich und stellvertretend für seine minderjährigen oder nicht handlungsfähigen Kinder tätig werden. Das wiederum setzt die Solidaritätsfunktion für die nächste Generation innerhalb der eigenen Familie voraus, sowie die Achtung der Rechte der Kinder, die besonders für Nelson Mandela ein Herzstück bildeten. „(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit an sowie auf Inanspruchnahme von Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit. Die Vertragsstaaten bemühen sich sicherzustellen, dass keinem Kind das Recht auf Zugang zu derartigen Gesundheitsdiensten vorenthalten wird“ (Mandela & UNICEF, 1889, o. S.). Die Erziehungsberechtigten haben demnach nicht nur die Erziehungs- und Fürsorgepflicht, sondern haben auch auf das Recht eines Kindes (ein Höchstmaß an Gesundheit) zu reagieren. Das schließt aus meiner Sicht eine Immunisierung gegen die Masern mit ein. Auf der Mikroebene lässt sich zudem konstatieren, dass Eltern in meinen Augen die moralische und solidarische Pflicht gegenüber ihrem Kind bzw. ihrer Kinder haben, für deren Gesundheit und das Wohlergehen zu sorgen.
Im Sinne der Eigenverantwortung fällt eine Person die selbstständige Entscheidung darüber, ob er z.B. nicht nur die seitens der STIKO empfohlenen Impfungen durchführen lässt, sondern z.B. auch Vorkehrungen für Reisen in Epidemiegebiete treffen möchte. Diese Kosten für die Impfungen werden nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Aus eigenen Erfahrungen lässt sich hier von Reiseimpfempfehlungen gegen Tollwut, Gelbfieber und Hepatitis A und B berichten.
Zusammenfassend lässt sich für die Mikroebene feststellen, dass Eigenverantwortung eng an die gemeinschaftliche Fürsorge und Respekt gekoppelt ist und die Freiheiten der Autonomie nicht arbiträr ausgenutzt werden sollten.
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