Kommunales Haushaltsrecht: FAQs
Was ist der Gegenstand dieses Textes?
Der Text bietet einen umfassenden Überblick über das kommunale Haushaltsrecht, insbesondere über die Haushaltsführung zwischen Kameralistik und Doppik. Er behandelt grundlegende Rechtsvorschriften, Haushaltsgrundsätze, die Erstellung der Haushaltssatzung und des Haushaltsplans, den Nachtragshaushalt, das Haushaltssicherungskonzept und Reformansätze am Beispiel des Kreises Coesfeld.
Welche Rechtsgrundlagen werden behandelt?
Der Text bezieht sich auf das Grundgesetz (Artikel 28 Absatz 2) bezüglich der kommunalen Selbstverwaltung und der eigenverantwortlichen Finanzwirtschaft. Wesentlich sind auch die Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NW) und die ergänzende Gemeindehaushaltsverordnung NW.
Welche Haushaltsgrundsätze werden genannt?
Die Haushaltsgrundsätze nach § 75 GO NW umfassen: stetige Aufgabenerfüllung, ökonomisches Prinzip, Haushaltsausgleich, Kassenwirksamkeit, Bruttoprinzip, Einzelveranschlagung und sachliche Bindung, Gesamtdeckung, Jährlichkeit und zeitliche Bindung sowie Öffentlichkeit.
Was beinhaltet die Haushaltssatzung?
Die Haushaltssatzung enthält Festlegungen zum Haushaltsplan, Kreditaufnahmen/ -ermächtigungen, Verpflichtungsermächtigungen, Höchstbetrag der Kassenkredite, Steuersätze/Hebesätze der Kreisumlage und den Stellenplan.
Welche Prioritäten gelten bei der Einnahmebeschaffung?
Die Einnahmebeschaffung folgt der Priorität: 1. Sonstige Einnahmen (Zinsen, Schlüsselzuweisungen etc.), 2. Gebühren und Beiträge, 3. Steuern und Kreisumlage (nur ergänzend).
Was sind die Bestandteile des Haushaltsplans?
Der Haushaltsplan umfasst den Gesamtplan, Einzelpläne des Vermögens- und Verwaltungshaushaltes und Sammelnachweise. Anlagen sind der Vorbericht, Stellenplan, Finanz- und Investitionsplan (fünfjährig), der Stand der Rücklagen, Schulden und Verpflichtungsermächtigungen sowie Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe.
Wie ist der Haushaltsplan gegliedert?
Der Text verweist auf eine Abbildung zur Haushaltsplangliederung, die in dieser Leseprobe nicht enthalten ist. Es wird jedoch erwähnt, dass Vermögens- und Verwaltungshaushalt getrennt ausgeglichen werden müssen.
Was ist ein Nachtragshaushalt?
Ein Nachtragshaushalt wird notwendig, wenn sich im Laufe des Haushaltsjahres Abweichungen zwischen geplanten und tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben ergeben.
Was ist ein Haushaltssicherungskonzept?
Für Gemeinden ohne ausgeglichenen Haushalt beschreibt das Haushaltssicherungskonzept den Zeitraum zur Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs, die dafür notwendigen Maßnahmen und dient der Sicherung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Gemeinde. Es bedarf der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde.
Welche Nachteile weist das traditionelle Haushaltswesen auf?
Nachteile des traditionellen Haushaltswesens sind u.a. fehlende Aufgabenkritik, keine Kostenermittlung einzelner Leistungen, Mangel an Selbstständigkeit der Fachämter, fehlende Verantwortlichkeit für den Mittelverbrauch, mangelndes Kostenbewusstsein, mangelnde Flexibilität und das „Dezemberfieber“.
Wie setzt der Kreis Coesfeld Reformansätze um?
Der Kreis Coesfeld setzt seit 1998 „Neue Steuerungsmodelle“ mit Budgetierung und einem produktorientierten Haushalt um, mit dezentraler Finanzverantwortung in den Fachbereichen. Ein „Budget Zentrale Finanzwirtschaft“ finanziert die Fachbudgets.
Was ist Budgetierung im Kontext des Kreises Coesfeld?
Die Budgetierung im Kreis Coesfeld erfolgt analog zur Organisationsstruktur, mit selbstständiger Budgetverwaltung durch die Fachbereiche. Überschüsse werden teilweise ins nächste Jahr übertragen.
Was ist ein Produkthaushalt?
Ein Produkthaushalt ist ein outputorientierter Haushalt, bei dem die Politik das „Was“ und die Verwaltung das „Wie“ bestimmt. Zielvereinbarungen (Kontrakte) werden an Produkten oder Produktgruppen festgemacht.
Wie ist der Produkthaushalt im Kreis Coesfeld aufgebaut?
Im Kreis Coesfeld werden Produkte zu Produktgruppen, diese zu Produktbereichen und schließlich zu Budgets zusammengefasst. Berichte geben Aufschluss über Einnahmen, Ausgaben, Zuschussbedarf und Überschüsse auf verschiedenen Ebenen.
Welche Funktion hat das Berichtswesen?
Das Berichtswesen dient dem frühzeitigen Erkennen von Abweichungen und der Information der Politik, um bei Fehlentwicklungen rechtzeitig eingreifen zu können.
Wie gestaltet sich das Berichtswesen im Kreis Coesfeld?
Im Kreis Coesfeld werden drei Berichte pro Jahr (Finanz- und Produktbericht) erstellt, die die Einhaltung der Budgets und Produktbereiche im laufenden Haushaltsjahr überwachen. Finanzberichte liefern Informationen zu den voraussichtlichen Jahresrechnungsergebnissen, Produktberichte zu den Zielerreichungen bei den Produkten.
Welche Literatur wird genannt?
Das Literaturverzeichnis listet verschiedene Publikationen zum kommunalen Haushaltsrecht und zur Kommunalpolitik auf.
Thesenpapier
Kommunales Haushaltsrecht
„Der kommunale Haushalt zwischen Kameralistik und Doppik“
grundlegende Rechtsvorschriften
Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden und Gemeindeverbände → GG Artikel 28 (2)
- auch Anspruch auf eine eigenverantwortliche Finanzwirtschaft der Gemeinden
Allgemeine Grundsätze der Haushaltswirtschaft
→ Gemeindeordnung NW (ergänzende Bestimmungen: Gemeindehaushaltsverordnung NW)
Haushaltsgrundsätze (gem. § 75 GO NW)
- sind sowohl bei der Aufstellung des Haushaltsplanes als auch bei dessen Ausführung zu beachten
I. stetige Aufgabenerfüllung
II. ökonomisches Prinzip
III. Haushaltsausgleich
IV. Kassenwirksamkeit
V. Bruttoprinzip
VI. Einzelveranschlagung und sachliche Bindung
VII. Gesamtdeckung
VIII. Jährlichkeit und zeitliche Bindung
IX. Öffentlichkeit
Kommunale Haushaltswirtschaft im Einzelnen
A Haushaltssatzung
- enthält Festsetzungen des/der:
a. Haushaltsplanes
b. vorgesehenen Kreditaufnahmen/-ermächtigungen
c. vorgesehene Verpflichtungsermächtigungen
d. Höchstbetrages der Kassenkredite
e. Steuersätze/Hebesätze der Kreisumlage
f. Stellenplanes
Einnahmebeschaffung soll nach folgenden Priorit ä ten geschehen:
1. sonstige Einnahmen (Zinsen, Schlüsselzuweisungen, Entnahmen aus der Rücklage, sonstiges Vermögen)
2. Gebühren und Beiträge
3. Steuern, Kreisumlage (nur wenn 1. und 2. nicht zur Erfüllung der Aufgaben reichen)
B Haushaltsplan
- voraussichtliche Einnahmen
- voraussichtlich zu leistende Ausgaben
- notwendige Verpflichtungsermächtigungen
Bestandteile des Haushaltsplanes sind:
- der Gesamtplan
- die Einzelpläne des Vermögens- und des Verwaltungshaushaltes (s.u.)
- die Sammelnachweise
Anlagen des Haushaltsplanes
- Vorbericht
- Stellenplan
- Finanzplan und Investitionsplan (fünfjährig = mittelfristige Finanzplanung)
- Stand der Rücklagen, Schulden und Verpflichtungsermächtigungen
- Wirtschaftspläne und aktuelle Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe
Gliederung des Haushaltsplanes
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vermögens- und Verwaltungshaushalt stehen selbständig nebeneinander und sind jeder für sich in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen.
C Nachtragshaushaltssatzung
Falls sich im Laufe des Haushaltsjahres herausstellt, dass die angenommen Ein- und Ausgaben nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen, muss die Gemeinde u.U. eine Nachtragshaushaltssatzung erlassen.
D Haushaltssicherungskonzept
F ü r Gemeinden ohne ausgeglichenen Haushalt
- beschreibt den Zeitpunkt, innerhalb dessen der Haushaltsausgleich wieder erreicht wird
- beschreibt die Maßnahmen mit denen der Haushaltsausgleich erreicht werden soll
- dient dem Ziel, die dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde zu gewährleisten
- muss von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden
Nachteile des traditionellen Haushaltswesens
- keine Aufgabenkritik
- keine Kostenermittlung von einzelnen Leistungen
- Mangel an Selbständigkeit der Fachämter
- fehlende Verantwortlichkeit der Fachbereiche für den Mittelverbrauch
- Mangelndes Kostenbewusstsein in den Fachämtern
- Mangelnde Flexibilität bei der Mittelbewirtschaftung während des Jahres
- sog. „Dezemberfieber“
Reformansätze im kommunalen Haushaltswesen Beispiel: Kreis Coesfeld
Kreis Coesfeld:
- liegt im westlichen Münsterland
- 11 Städte und Gemeinden
- ca. 210.000 Einwohner
- H aushalt 1999: fast 300.000.000
Kreisverwaltung
Landrat Hans Pixa
→ Vier Fachbereiche (mit Fachbereichsleitern):
- FB 1: Sicherheit und Gesundheit
- FB 2: Schule, Kultur, Soziales und Jugend
- FB 3: Vermessung, Bauen und Umwelt
- FB 4: Zentrale Dienste
→ den Fachbereichen sind wiederum Abteilungen unterstellt
Kreisverwaltung Coesfeld setzt seit 1998 im Rahmen der „Neuen Steuerungsmodelle“ wesentliche Schritte zur Budgetierung und Erstellung eines produktorientierten Haushaltes um:
Budgetierung
Analog zu der Schaffung dezentraler Strukturen in der Verwaltung
→ Einführung einer dezentralen Finanzverantwortung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Budgetierung in der Kreisverwaltung Coesfeld
- Bildung der Budgets erfolgt in Anlehnung an die bestehende Organisationsstruktur der Kreisverwaltung
- jedem Fachbereich wird ein Budget übertragen
- Fachbereiche verwalten die Budgets vollkommen selbständig
- Budget „Zentrale Finanzwirtschaft“: Einnahmen und Ausgaben, die keinem Produktbereich zuzurechnen sind (z.B. Kreisumlage, Schlüsselzuweisungen, Landschaftsumlage, Zinsausgaben, usw.)
→ Überschuss dieses Budgets dient zur Finanzierung der Fachbudgets
- managementbedingte Verbesserungen werden am Jahresende zum Teil in das nächste Jahr übertragen und stehen dem jeweiligen Budget weiter zur Verfügung.
Aufstellung des budgetierten Haushaltes
- Verwaltung ermittelt die Summe der zur Finanzierung der Einzelbudgets zu erwartenden Gesamteinnahmen und Ausgaben (Zuschussbedarfe der Budgets)
- Budgetbeschluss im Kreisausschuss (Hauptausschuss des Kreistages): Vorgaben zur Gestaltung der Hebesätze zur Kreisumlage sowie zur Rücklagen und Kreditwirtschaft = zu erwartende Einnahmen und Ausgaben können berechnet werden.
- Innerhalb dieses Rahmens stellen die Budgetverantwortlichen (Fachbereichsleiter) in der Detailplanung Einzelbudgets auf.
Diese Budgets bieten die Grundlage des Haushaltsplanes der vom Kreistag beschlossen wird.
II. Produkthaushalt
Wesentlicher Bestandteil der neuen Steuerungsmodelle ist ein „outputorientierter Haushalt“.
inputorientierte Steuerung
- Haushaltsberatungen konzentrieren sich auf die Bereitstellung finanzieller Mittel (Inputs)
- Leistungen, welche für diese Inputs von der Verwaltung erwartet wurden waren, wenn überhaupt nur am Rande Thema der Beratungen.
outputorientierte Steuerung:
- Politik bestimmt das Was, die Verwaltung das Wie
- Kontrakte zwischen Politik und Verwaltung über den Mitteleinsatz (contract-management)
Zielvereinbarungen (Kontrakte) werden an Produkten oder Produktgruppen festgemacht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Produktbeschreibungen stellen dar:
- welche Leistungen, zu welchen Kosten, für welche Zielgruppen erbracht werden.
- Angaben zu Auftragsgrundlagen, sowie zu Rechtsbindungen
- Zielsetzung über Anzahl und Qualität der Leistung
- Kennzahlen über Grad und Entwicklung der Leistung
Aufbau des Produkthaushaltes beim Kreis Coesfeld
In Anlehnung an den Organisationsplan der Verwaltung werden Produkte zu Produktgruppen, diese zu Produktbereichen und diese wiederum zu Budgets zusammengefasst.
Die Gesamtübersichten zu den Budgets, den Budget-, den Produktbereichs- und Produktgruppenübersichten liefern jeweils eine Aufstellung der Ansätze für das aktuelle Haushaltsjahr und das vorherige Haushaltsjahr, sowie der Rechnungsergebnisse des Vorvorjahres getrennt nach
- Gesamteinnahmen und -ausgaben des Verwaltungs- und Vermögenshaushaltes, Ausgaben des Verwaltungshaushaltes in Personal-, Sachausgaben und Zuweisungen
- Summen des daraus resultierenden Zuschussbedarfes bzw. Überschusses
- Zuschussbedarfen bzw. Überschüssen der jeweils untergeordneten Einheiten
III. Berichtswesen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Funktionen des Berichtswesens:
- Abweichungen frühzeitig erkennen und der Politik bekannt machen
→ Politik kann bei Fehlentwicklungen rechtzeitig eingreifen
Berichtswesen im Kreis Coesfeld
Von der Verwaltung werden drei Berichte pro Jahr (jeweils Finanz- und Produktbericht) erstellt, die einen Überblick über die Einhaltung bzw. Änderungen der Budgets/Produktbereichen im laufenden Haushaltsjahr geben.
Finanzbericht und Produktbericht
Finanzberichte
- Ebenen der Budgets und Produktbereiche: Informationen über die voraussichtlichen Jahresrechnungsergebnisse und den daraus resultierenden Abweichungen (getrennt nach Vermögensund Verwaltungshaushalt.)
Produktberichte
- liefern unter Angabe der Kennzahlen und Indikatoren, Informationen darüber, bei welchen Produkten die Zielvorgaben voraussichtlich nicht eingehalten werden können
Literaturverzeichnis
Gemeindehaushalt. Haushaltsrecht und Haushaltsanalyse. Institut „Finanzen und Steuern“ e.V.. Bonn 1997. (= IFSt-Schriften. Bd. 358)
Wollmann, Hellmut und Roland Roth (Hrsg.): Kommunalpolitik. Politisches Handeln in den Gemeinden. 2. Auflage. Bonn 1998. (=Bundeszentrale für politische Bildung. Schriftenreihe. Bd. 356)
Eckhardt, Michael und Klaus-Viktor Kleerbaum und Lars Martin Klieve. Kommunalverfassung NW. 1. Auflage. Bonn 1999. Kommunalpolitische Vereinigung Bildungswerk e.V. (Hrsg.).
Kommunales Haushaltsrecht. Anwendung beim Kreis Coesfeld. Kurze Zusammefassung der wichtigsten Bestimmungen über Haushaltssystematik, das Zustandekommen einer Haushaltssatzung, sowie ausgewählte Fachbegriffe. Ohne weitere Angaben.
Ehrhart, Klaus und Silvia R. Schwarz-Jung und Helmut Welge. Grundlagen praktischer Kommunalpolitik. Heft 2. Haushalt & Finanzen. Sankt Augustin 1994. Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
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- Henrik Bröckelmann (Autor:in), 1999, Kommunales Haushaltsrecht - Der kommunale Haushalt zwischen Kameralistik und Doppik, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/95082