,,Der Mensch ist das einzige Säugetier, das sich absichtlich Schlaf entzieht. Das rund um die Uhr erreichbar ist, nachts noch E-Mails beantwortet oder Fachliteratur studiert. Das den Fernseher einschaltet, um selbst abzuschalten", schreibt Ines Possemeyer im Zusammenhang mit der Pandemie Stress (Possemeyer 2002b: 167). Der Mensch ist tatsächlich einzigartig, vor allem dahingehend, dass er sich im Laufe der Anthropogenese immer mehr von seiner natürlichen Umwelt emanzipiert hat. Er lebt heute in einer Welt, die er aktiv gestaltet, kultiviert und geprägt hat; in einer Welt, deren Referenz zur natürlichen marginalisiert ist; in einer Welt, die mit dem Attribut ,,artifiziell" prägnant charakterisierbar ist. Überdies handelt es sich beim Menschen um ,,ein soziales Wesen, ein zoon politicon, das auf Gemeinsamkeit angewiesen ist, von anderen abhängt und bestimmt wird" (Possemeyer 2002a: 32). Das so notwendige soziale Geflecht fußt auf Kommunikation, die zwischen den Individuen vermittelt. Das Verbindungsglied, der soziale Kitt, dieses ,,Mittlere" wird im Lateinischen übersetzt mit einem heute oft gebrauchten Begriff: medium.
Medien nehmen nicht nur aufgrund ihres semantischen Ursprungs eine mittlere Position ein, inzwischen spielen sie in Form der Massenmedien eine zentrale Rolle im Leben des Menschen: Sie verleihen seinem Alltag eine Struktur, insbesondere eine zeitliche. Mit diesem Phänomen beschäftige ich mich in dieser Hausarbeit anhand des Fernsehens, das in kürzester Zeit zum individuellen wie gesellschaftlichen Taktgeber wurde.
Zunächst nähere ich mich dem diffus verwendeten Begriff Zeit an. In diesem Zusammenhang schildere ich die Geschichte der Zeitmessung und die historisch gewachsenen, ko-evolutionäre Problematik der Zeitökonomie und die der Macht. Danach gehe ich auf das menschliche Zeitgefühl und soziale Zeitgeber, speziell das Metronom TV, ein, die dem Individuum einen temporalen Rhythmus vorgeben. Im Anschluss widme ich mich dem Fernsehen als Strategie der Zeitökonomie. Ergänzt wird dies durch die Beschreibung von Phänotypen der Zeit- und Mediennutzung, deren Grundlage Irene Neverlas explorative Studie ,,Fernseh-Zeit" aus dem Jahr 1992 darstellt. Im Fazit schließlich gehe ich auf die herausgearbeiteten Ambivalenzen ein und bewerte sie.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1 Die Zeit: Begriff und Messung, das knappe Gut und soziale Konstrukt.
- 2 Zeitrhythmen und die Taktung des Alltags durch das Fernsehen
- 3 Zwischen Zeitnot und Muẞewunsch: TV-Nutzung als Strategie der Zeitökonomie
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Rolle des Fernsehens als Taktgeber im Alltag und beleuchtet die Interaktion von Zeitrhythmus, Zeitvertreib und Zeitnot im Kontext der Mediennutzung. Sie untersucht, wie das Fernsehen den Zeitrhythmus des Alltags prägt und gleichzeitig als Mittel der Zeitökonomie fungiert.
- Der Begriff Zeit: Definition und historische Entwicklung der Zeitmessung
- Soziale Zeitgeber und die Taktung des Alltags durch das Fernsehen
- Das Fernsehen als Strategie der Zeitökonomie
- Phänotypen der Zeit- und Mediennutzung
- Ambivalenzen und Bewertung der Rolle des Fernsehens im Alltag
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung befasst sich mit der einzigartigen Fähigkeit des Menschen, sich vom natürlichen Zeitrhythmus zu lösen und aktiv seine eigene Umwelt zu gestalten. Dabei spielt die Kommunikation und insbesondere das Fernsehen eine zentrale Rolle. Die Arbeit fokussiert auf das Fernsehen als Taktgeber im Alltag und untersucht, wie es den Zeitrhythmus des Individuums prägt.
1 Die Zeit: Begriff und Messung, das knappe Gut und soziale Konstrukt
Dieses Kapitel beleuchtet die Schwierigkeit, den Begriff „Zeit“ zu definieren und die Geschichte der Zeitmessung. Es thematisiert die Entwicklung von verschiedenen Messinstrumenten, wie Sonnenuhren, Wasseruhren, mechanischen Uhren und Atomuhren. Die zunehmende Präzision der Zeitmessung wird als Ausdruck des menschlichen Strebens nach Kontrolle und Ordnung interpretiert.
2 Zeitrhythmen und die Taktung des Alltags durch das Fernsehen
Hier geht es um das menschliche Zeitgefühl und die sozialen Zeitgeber, die dem Individuum einen temporalen Rhythmus vorgeben. Das Fernsehen wird dabei als ein bedeutender Zeitgeber des Alltags betrachtet, der Einfluss auf die Rhythmen und Strukturen des Lebens nimmt.
Schlüsselwörter
Fernsehen, Zeit, Zeitmessung, Zeitrhythmus, Zeitökonomie, Zeitnot, Mediennutzung, soziale Zeitgeber, Zeitvertreib, Medienalltag.
- Quote paper
- Maik Philipp (Author), 2002, Unser täglich Fernsehen gib uns heute - TV-Zeit: Zeitrhythmus, Zeitvertreib, Zeitnot, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/9497