Diese Arbeit thematisiert Produktionstechniken und Vorgehen in der Musikproduktion in den 1970er Jahren.
Die von mir gewählte Epoche umfasst grundsätzlich eine Kombination aus den Genres Funk und Pop und bewegt sich zeitlich in den siebziger Jahren. Ich habe mich dabei stilistisch an dem Titel Superstition von Stevie Wonder (1972) orientiert, diesen aber nicht nachproduziert, sondern versucht den selben Vibe zu erzeugen und all-gemeine Einflüsse des damaligen Pop-Funk-Sounds in der Produktion aufzugreifen. Funk entwickelte sich zwischen 1950 und 1970 aus Einflüssen von Soul, Blues und Jazz zu einer eigenständigen Musikrichtung. Typisch für Funk sind die Verwendung von Blechbläsern, speziell Saxophone und Trompeten. Ebenso wird das Genre durch eine repetitive Rhythmik mit einem durchgängigen Off-Beat charakterisiert, bei der der Gesang sich oft so stark an die Grundrhythmik anpasst, dass er eher als perkussives Element denn als melodisches funktioniert. Weitere typische Instrumente sind der E-Bass, Rhythmus-Gitarren und Hammond-Orgeln.
Pop in den 1970er Jahren war in der Regel tanzbar, funktionierte daher gut in der Disco und strahlte eine allgemeine Leichtigkeit aus, die der Zeit entsprach.
Index
Ausführungen zu historischen Gegebenheiten der Epoche
1. Kurze Beschreibung des Musik-Genres, der gewählten Audioproduktion und dessen Ursprünge
2. Eingrenzung und kurze Beschreibung der Epoche inklusive gesellschaftlicher, politischer, künstlerischer und wirtschaftlicher Hintergründe mit Fokus auf das gewählte Genre
3. Beschreibung der audiotechnischen Möglichkeiten in der Epoche
3.1 technische Möglichkeiten und Grenzen
3.2 Aufzeichnungs- und Wiedergabemedien
3.3 Pulte, Mikrofone, Verstärker, Effektgeräte
3.4 Tonqualität
4. Beschreibung typischer Instrumente der Epoche und des Genres und deren Einsatzweise
5. Beschreibung des künstlerischen Einsatzes von Tontechnik in dieser Epoche und dem gewählten Genre
5.1 Effekteinsatz
5.2 Dynamik und Pegelverhältnisse
5.3 Frequenzstaffelung
5.4 Panorama
5.5 Mikrofontechniken Schriftliche Ausführungen zum praktischen Teil
1. Beschreibung der geplanten Produktion / Produktionsweise
1.1 Equipment
1.2 Spurenplan
1.3 Klangideal/eventueller Vorbildsong
1.4 Liste von „Regeln“, die für die Produktion gelten
1.5 Was wird epochentypisch, „original“ umgesetzt?
1.6 An welchen Stellen müssen welche Kompromisse eingegangen werden?
2. Selbstreflexion
Literatur- & Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Ausführung zu historischen Gegeben heiten der Epoche
1. Kurze Beschreibung des Musik-Genres, der gewählten Audioproduktion und dessen Ursprünge
Die von mir gewählte Epoche umfasst grundsätzlich eine Kombination aus den Genres Funk und Pop und bewegt sich zeitlich in den siebziger Jahren. Ich habe mich dabei stilistisch an dem Titel Superstition von Stevie Wonder (1972)1 orientiert, diesen aber nicht nachproduziert, sondern versucht den selben Vibe zu erzeugen und allgemeine Einflüsse des damaligen Pop-Funk-Sounds in der Produktion aufzugreifen.
Funk entwickelte sich zwischen 1950 und 1970 aus Einflüssen von Soul, Blues und Jazz zu einer eigenständigen Musikrichtung2. Typisch für Funk sind die Verwendung von Blechbläsern, speziell Saxophone und Trompeten. Ebenso wird das Genre durch eine repetitive Rhythmik mit einem durchgängigen Off-Beat charakterisiert3, bei der der Gesang sich oft so stark an die Grundrhythmik anpasst, dass er eher als perkus- sives Element denn als melodisches funktioniert. Weitere typische Instrumente sind der E-Bass, Rhythmus-Gitarren und Hammond-Orgeln4.
Pop in den 1 970er Jahren war in der Regel tanzbar, funktionierte daher gut in der Disco und strahlte eine allgemeine Leichtigkeit aus, die der Zeit entsprach. Vereinzelte Balladen und getragenere Songs wie The Way We Were von Barbra Streisand oder You Light Up My Life von Debby Boone runden das Bild einer Epoche ab, die vor allem von Live-Elementen geprägt war (exzessive Verwendung von Synthezisern begann erst in den 1980ern, das allgemeine Klangbild von Radiomusik merklich zu prägen). Eine allgemeine Stilistik lässt sich für die damalige Pop-Musik schlecht festlegen, da sie schlichtweg lediglich als Popularmusik definiert ist und daher alles umfasste, was eingängig war und Erfolge im Mainstream verzeichnen konnte.
Beispiele für sehr populäre Radio-Songs der siebziger, die meiner Produktion stilistisch nahe sind, sind Le Freak von CHIC, Best Of My Love von The Emotions und I Will Survive von Gloria Gaynor5.
2. Eingrenzung und kurze Beschreibung der Epoche inklusive gesellschaftlicher, politischer, künstlerischer und wirtschaftlicher Hintergründe mit Fokus auf das gewählte Genre
Die 1970er sind ein Jahrzehnt, das oft als „Drehpunkt des Wandels“ beschrieben wird6. Die Emanzipation erlebte ihren wohl größten Fortschritt: Immer mehr Frauen besetzten hochrangige Posten in Politik und Wirtschaft, was sich auch in der Musik durch Songs widerspiegelte, in denen Frauen selbstbewusster auftraten (Hot Stuff - Donna Summer) und gesellschaftlich prägende Werke veröffentlichten (I’m every woman - Chaka Khan, später erfolgreich gecovered von Whitney Houston; Do You Know Where You're Going To - Diana Ross). Anfang der 70er klang die HippieEpoche zwar langsam ab, Anti-Kriegs-Bewegungen waren aber nach wie vor in großer Zahl zu verzeichnen. Mit War von Edwin Starr schaffte es 1970 sogar ein solcher Titel an die Spitze der Charts.
Parallel zur Anti-Kriegs-Bewegung entwickelte sich ein ökologisches Bewusstsein, das auch eng mit der weltweiten ökonomischen Entwicklung einher ging: Die Ressourcen-Krisen 1973 und 1979 verursachten wirtschaftliche Einbrüche und führten gleichzeitig dazu, dass sich in der Gesellschaft ein Bewusstsein für die eigene Abhängigkeit von erschöpfbaren Rohstoffen und Bereitschaft zur Verantwortung für die eigene Umwelt entwickelte (Big Yellow Taxi - Joni Mitchell)7.
Um den gesellschaftlichen Einfluss von Funk-Musik zu verstehen, ist ein kurzer Blick in die 1960er Jahre notwendig: Hier war der Funk das wesentliche Sprachrohr des Civil Rights Movement8. In den Songs wurde Protest geäußert, auf die Ungerechtigkeiten gegenüber Schwarzen verwiesen und eine Veränderung herbeigesehnt (A Change Is Gonna Come - Sam Cooke).
Der Funk der 1970er ist die Entwicklung der unter den beschriebenen Umständen entstandenen Musik der Sechziger. In den 70s wurde Funk zur radiotauglichen Musik und schaffte damit den Sprung zu einem der prägendsten Genres der damaligen Popularmusik.
3. Beschreibung der audiotechnischen Möglichkeiten in der Epoche
3.1 technische Möglichkeiten und Grenzen
Während noch zwei Jahrzehnte zuvor kaum von Abmischen im heutigen Sinne gesprochen werden konnte (Mono, 3- oder 4-Spur-Format)9, sah die Situation in den Siebzigern schon ganz anders aus. So wurde der zum Vorbild genommene Song Superstition bereits auf 1 6 Spuren recorded, die wie folgt aufgesplittet waren: 8 Kanäle für Clavinet, 1 Kanal für den Bass, drei Drumkanäle (Kick, Overheads links und rechts), zwei Vocal-Kanäle, und zwei Kanäle für die Horn-Sektion10. Auf den Vocals wurde vermutlich ein Leveling-Amplifier genutzt.
Die Spurenzahl des Stevie-Wonder-Hits entspricht dem Standard der anfänglichen 1970er Jahre. Nachdem die Technik des Multitrack-Recordings in den 1960ern populär geworden war, hatte sie sich in den 1970 durchgehend etabliert. Schon 1974 wurde in den Armstrong Studios11 in Sidney die erste 24-Spur-Bandmaschine installiert, die sich bereits ein bis zwei Jahre später als Standard durchgesetzt hatte, so dass Einschränkungen in der Spurenzahl im Vergleich zu heute zwar nötig waren, aber längst nicht mehr so drastisch ausfielen wie in den vorigen Jahrzehnten. Zu Ende der 70s hatten sich 32 Tracks etabliert.
War es in den 60ern aufgrund des Fehlens von Pan-Pots (Stereo war so neu, dass diese noch nicht entwickelt waren) noch üblich, alle Spuren entweder hart links oder hart rechts zu pannen12, so wurde in den 70er Jahren bereits auf die gleichmäßige Verteilung der verschiedenen Spuren im Stereo-Panorama geachtet.
Die 1970er Jahre sind als die letzten Jahre des analogen Recordings zu betrachten, doch bereits Ende der 1970er Jahre fanden erste Digital-Recodings statt (1976 wird ein Prototyp des Soundstream 37.5 kHz, 16-bit, two channel Recorders verwendet, um die Santa Fe Oper aufzunehmen, die eine Version von Virgil Thompson's Oper The Mother of Us All performte).
Der Prozess des Audio-Masterings befand sich seit 1950 in einem Boom, MasteringEngineers waren gefragt, weil man erkannt hatte, dass das nachträgliche Bearbeiten (EQ, Kompression) des Mixes vor dem finalen Vinylschnitt der entscheidende Faktor sein konnte, der einen Song zum Hit oder Flop werden lies13.
3.2 Aufzeichnungs- und Wiedergabemedien
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Standard-Medium im Aufnahmeprozess der frühen sowie Mid-Siebziger war die analoge Multitrack-Bandmaschine. Bis Ende der 70s fanden alle Aufnahmen daher auf Basis von Magnetismus statt. Mit Ry Codes Bop till you drop kam 1979 dann das erste komplett digital recordete Album auf den Markt. Das verwendete Aufnahmemedium war ein 32-Track-Digitalrecorder von 3M, der in 16 Bit, 50 kHz aufnahm14.
Audiowiedergabe wurde in den 1970ern über Vinyl, Tonbanmaschi- nen und später die wesentlich kompaktere Version der Tonbandmaschinen - Kassetten - realisiert.
3.3 Pulte, Mikrofone, Verstärker, Effektgeräte
Mischpulte erreichten in den 70ern ein neues Level im Hinblick auf ihre Größenordnung: Erstmals erschienen große Konsolen mit 32 verfügbaren Kanälen, die es populär machten, Signale von einem auf den anderen Kanal zu routen: Die Inline-Konsolen waren geboren. Relevante Hersteller von Mixing-Konsolen in den Siebzigern waren Neve, SSL, API, Harrison und Raindirk15.
Tape Echo, Kompressor und EQs sowie Hallplatten waren die typischen Effektgeräte der Siebziger.
Während der 1970er gab es auch im Bereich der Mikrofone eine wesentliche Neuerung: Die Konstruktion von dynamischen sowie Kondensator-Mikrofonen bedeutete eine entscheidende Entwicklung im Bereich Recording16, da sie einen niedrigeren Eingangspegel beim Recording und einen klareren Sound ermöglichten. Als Recording-Werkzeuge wurden primär Mikrofone der Marken Neumann, Shure, RCA und Electro-Voice eingesetzt.
3.4 Tonqualität
Die Tonqualität der Siebziger wurde zum einen maßgeblich geprägt durch die Verwendung von Tape Recordern und analogem Equipment im Allgemeinen. Durch die granulare Oberfläche des magnetischen Materials entstand ein hochfrequentes Bandrauschen.
Ebenso charakteristisch war die Verwendung klarerer Pannings, vor allem zu Anfang der 70er, als es noch Gewohnheit vieler Engineers war, hart zu pannen wie in den 60ern (s. oben).
Ein Punkt der gerne vergessen wird, ist der Einfluss der Vorgehensweisen auf die Tonqualität: Auf Bandmaschinen aufgenommene Signale konnten nicht so leicht editiert werden wie heute, möglich war es nur zum Beispiel, das Band bis zur zu bearbeitenden Stelle zu spulen und den Part entweder zu löschen oder noch einmal darüber zu recorden. Dadurch war es nötig, bereits während des Recordings gut klingende Ergebnisse zu erzielen. Dies wirkte sich zweiterlei auf die Tonqualität aus: Zum einen stieg die Konzentration während des Aufnahmeprozesses, so dass man gute Ergebnisse erzielte und war nicht mehr in der Lage, das Ergebnis im Detail zu beeinflussen, so dass die Imperfektion dem Werk einen besonderen Charme verlieh. Zum anderen arbeitete man teils trotz Fehlern in der Musiker-Performance am aufgenommenen Material und ver-wertete dies.
4. Beschreibung typischer Instrumente der Epoche und des Genres und deren Einsatzweise
Das wohl populärste Instrument der 70s war die E-Gitarre: Viele der wohl bekan- ntesten Virtuosen unter den Gitarristen waren in dieser Epoche aktiv (zum Beispiel Keith Richards, Eric Clapton und Jimi Hendrix). Vor allem Rhythmus- gitarren prägten den Funk und die allgemeine Radio-Musik der 1970er Jahre. Ebenso charakteristisch war die Verwendung einer Vielzahl an Blasinstru- menten: vor allem das Saxofon, die Ein Hohner Clavinet D6 (oben)& lenderRhodes (unten) // Abb. 3 Trompete und die Tuba.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Des Weiteren waren elektro-mechanische Tasteninstrumente wie Clavinet, Ham- mond-Orgel, Rhodes und Wurlitzer prägend für die Epoche.
Schlagzeug wurde vor allem zu Anfang der Siebziger noch komplett über Live-Drums realisiert. Dabei war vor allem beim Funk die Verwendung eines Off-Beat-Rhythmus typisch.
5. Beschreibung des künstlerischen Einsatzes von Tontechnik in dieser Epoche und dem gewählten Genre
5.1 Effekteinsatz
Charakteristisch für die Siebziger ist der sehr überlegte und punktuelle Einsatz von Reverb in den Produktionen, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass jeder Halleffekt extra über Hardware generiert werden musste. Wollte man den Hall fest in die Produktion implementieren, musste man ihn in Echtzeit recorden. War man noch nicht mit dem Ergebnis zufrieden und wollte noch keine Entscheidung treffen, musste man den Hall dauerhaft durch das Gerät laufen lassen - dies war aber - je nach verfügbaren Equipment - nur so oft möglich, wie ein Hallgerät vorhanden war. Wurde Reverb genutzt, dann häufig mit geringer Room-Size, große Räume, wie sie in heutigen Produktionen beliebt sind, waren eher die Seltenheit. Hall wurde primär über Geräte wie Hallplatten und Goldfolien generiert. Gegen Ende der Neunzehnhundertsiebziger wurden Hardware-Effekte dann teils durch die ersten digitalen Pendants ersetzt. Ein weiterer Effekt wurde sogar erst während der Siebziger bekannt: Der Wah-Wah-Effekt17. Im Jahr 1966 von der Thomas Organ Company gebaut, wurde er Anfang der Siebziger für Gitarren zum Standard-Effekt des Jahrzehnts. Der wohl bekannteste Song mit exzessiver Benutzung des Wah Wahs ist Isaac Hayes's Song Theme from Shaft.
Als Alternative zu Kompressoren wurden in den 1970s oftmals Leveling Amplifier benutzt, wie das Model Teletronix LA-2A18 von Universal Audio.
Ein ähnliches Gerät ist beispielweise auf den Vocals vom Vorbildsong Superstition von Stevie Wonder verwendet worden.
[...]
1 vgl. Morris, Stevland Hardaway (1972): Superstition
2 vgl. o.V.: History of Funk Music
3 vgl. o.V (2013): Funk - New World Encyclopedia
4 vgl. o.V.: Funk - laut.de - Genre
5 vgl. Leight, Elias (2014): The Top 20 Billboard Hot 100 Hits of the 1970s
6 vgl. o.V.: 1970s | Collectors Weekly
7 vgl. Wawzenek, Bryan: Top 10 Songs About War
8 vgl. o.V.: Black History - SOUL/FUNK & CIVIL RIGHTS
9 vgl. Owsinski, Bobby (2007): Mischen wie die Profis: das Handbuch für Toningenieure (S.25)
10 vgl. Shambro, Joe: Learn How Stevie Wonder's 'Superstition' Was Mixed
11 vgl. Kilby. Jordie; Armstrong, Bill: Interview / ABC rarecollections
12 vgl. Owsinski (2007) (S.46)
13 vgl. Owsinski (2007) (S. 113)
14 vgl. o.V / Mix Staff (2007): 1978 3M Digital Audio Mastering System | Mixonline
15 vgl. o.V.: History - Mixing Consoles
16 vgl. o.V: A brief history of microphones
17 vgl. o.V (2001): The Boss Book: The Ultimate Guide to the World's Most Popular Compact Effects for Guitar
18 vgl. Fuston, Lynn (2013): A History of the Teletronix LA-2A Leveling Amplifier - Blog - Universal Audio