In dieser Hausarbeit, mit dem Titel Mietpreisbremse in Berlin - Mietmarktregulierung mehr Schaden als Nutzen? liegt der Hauptfokus auf dem Mietwohnungsmarkt und dessen Regulierung in der Hauptstadt Berlin.
Im Vergleich zu anderen Ländern ist Deutschland ein Mieterland. Fast die Hälfte der deutschen Einwohner wohnt zur Miete. Es gibt viele regionale Unterschiede in Deutschland. Im Vergleich zur europäischen Sicht befindet sich Deutschland mit 52 Prozent am Ende der Skala und Rumänien sowie Litauen stehen mit 96 und 91 Prozent der Eigentumsquote weit vorne. Die Mietkosten sind für viele Stadtbewohner zu hoch. Die Mehrheit der Wohnungssuchenden findet kaum noch bezahlbaren Wohnraum und zieht deshalb in Randgebiete. Die Regierung hat seit 2015 für gewisse Städte wie z.B. Berlin eine Mietmarktregulierung (Mietpreisbremse) eingeführt, damit die Mieten nicht noch weiter ungehindert in die Höhe steigen. In Berlin haben sich die Mietpreise seit 2009 verdoppelt. Um den angespannten Wohnungs-/Mietmarkt zu regulieren, ist am 23.02.2020 der Mietpreisdeckel (Verschärfung der Mietpreisbremse) in Berlin in Kraft getreten. Dieser ist für einen Zeitraum von fünf Jahren ausgelegt. Die Regulierung ist ein staatlicher Eingriff in den Mietwohnungsmarkt. Einige Ökonomen sind der Meinung, dass kurzfristig positive Effekte für den Mieter erwirkt werden können, dennoch ist es langfristig gesehen, ein Eingriff, der starke ökonomische Folgen für den Immobilienmarkt als auch für die Wirtschaft mit sich bringt.
In dieser Hausarbeit wird der aktuelle Teilmarkt der Immobilienwirtschaft Mietwohnungen und dessen relevante Akteure aufgezeigt und erläutert. Der Hauptfokus liegt in der Marktregulierung von Mietwohnungen, sowie deren Folgen aus der ökonomischen Sichtweise und der Betrachtung der Akteure. In dieser Arbeit soll analysiert werden, welche Vor- und Nachteile eine Regulierung auf den Mietwohnungsmarkt mit der geografischen Eingrenzung auf Berlin sich aus kurz- und langfristiger Sichtweise abbilden lässt. Nach Abwägung der Vor- und Nachteile sollen alternative Systeme zur Mietmarktregulierung aufgezeigt werden. Ziel der Hausarbeit ist es, die These: Mietpreisbremse in Berlin - Mietmarktregulierung mehr Schaden als Nutzen? ausgiebig nach verschiedenen Kriterien zu untersuchen und anschließend zu beantworten. Des Weiteren werden verschiedene alternative Ansätze aufgezeigt.
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung
2 Mietwohnungsmarkt in Berlin
2.1 Mietpreisentwicklung des Immobilienmarktes
2.2 Einflussfaktoren des angespannten Immobilienmarktes
3 Mietmarktregulierung
3.1 Konzept der Mietmarktregulierung
3.2 Ökonomische Sichtweise
4 Gegenwärtige Resultate der Mietmarktregulierung
4.1 Mietersicht
4.2 Eigentümersicht
4.3 Investitionsmarkt (Berlin)
4.4 Alternative Wirkungssysteme für den Mietwohnungsmarkt
5 Schlussbetrachtung
5.1 Fazit
5.2 Kritische Würdigung
5.3 Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Ehrenwörtliche Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
EZB Europäische Zentralbank
MGG Marktgleichgewicht
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
MietenWoG Bln Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin
MPB Mietpreisbremse
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Entwicklung der Mietpreise für Wohnungen in Berlin
Abbildung 2. Markteilnehmer
Abbildung 3. Berlin Nettozuwanderung
Abbildung 4. Wohnungspolitische Instrumente
Abbildung 5. Anzahl geförderter Wohnungen nach Wohnungsbaugesetz
Abbildung 6. Vier-Quadranten-Modell von DiPasquale, Ausgangslage
Abbildung 7. Vier-Quadranten-Modell von DiPasquale, steigende Nachfrage
Abbildung 8. Miete MGG, Angebot und Nachfrage
Abbildung 9. Miete Mietmarktregulierung, Angebot und Nachfrage
Abbildung 10. Miete NAchfrageüberschuss, Angebot und Nachfrage
Abbildung 11. Wohneigentumsquoten
Einleitung
1.1 Problemstellung
In dieser Hausarbeit, mit dem Titel Mietpreisbremse in Berlin - Mietmarktregulierung mehr Schaden als Nutzen? liegt der Hauptfokus auf dem Mietwohnungsmarkt und dessen Regulierung in der Hauptstadt Berlin.
Im Vergleich zu anderen Ländern ist Deutschland ein Mieterland. Fast die Hälfte der deutschen Einwohner wohnt zur Miete. Es gibt viele regionale Unterschiede in Deutschland. Im Vergleich zur europäischen Sicht befindet sich Deutschland mit 52 Prozent am Ende der Skala und Rumänien sowie Litauen stehen mit 96 und 91 Prozent der Eigentumsquote weit vorne.1 Die Menschen, die in Ballungsräumen bzw. in den Großstädten leben, wie z.B. in München, Berlin und Hamburg leiden in den letzten Jahren sehr stark an den stetig und schnell steigenden Mietpreisen. So beträgt die Durchschnittsmiete in Berlin 9,57€/m² und in München 17,50 €/m².2 Ein deutscher Single lebt durchschnittlich auf 59,3 Quadratmetern und hat einen Mietaufwand von 30 Prozent seines Nettoeinkommens. In den Ballungsräumen wie München beträgt der Anteil der Miete im Verhältnis zum Einkommen durchschnittlich 45 Prozent (2018).3 Die Mietkosten sind für viele Stadtbewohner zu hoch. Die Mehrheit der Wohnungssuchenden findet kaum noch bezahlbaren Wohnraum und zieht deshalb in Randgebiete. Die Regierung hat seit 2015 für gewisse Städte wie z.B. Berlin eine Mietmarktregulierung (Mietpreisbremse) eingeführt, damit die Mieten nicht noch weiter ungehindert in die Höhe steigen. In Berlin haben sich die Mietpreise seit 2009 verdoppelt. Um den angespannten Wohnungs-/Mietmarkt zu regulieren, ist am 23.02.2020 der Mietpreisdeckel (Verschärfung der Mietpreisbremse) in Berlin in Kraft getreten. Dieser ist für einen Zeitraum von fünf Jahren ausgelegt.4 Die Regulierung ist ein staatlicher Eingriff in den Mietwohnungsmarkt. Einige Ökonomen sind der Meinung, dass kurzfristig positive Effekte für den Mieter erwirkt werden können, dennoch ist es langfristig gesehen, ein Eingriff, der starke ökonomische Folgen für den Immobilienmarkt als auch für die Wirtschaft mit sich bringt.5
In dieser Hausarbeit wird der aktuelle Teilmarkt der Immobilienwirtschaft Mietwohnungen und dessen relevante Akteure aufgezeigt und erläutert. Der Hauptfokus liegt in der Marktregulierung von Mietwohnungen, sowie deren Folgen aus der ökonomischen Sichtweise und der Betrachtung der Akteure. In dieser Arbeit soll analysiert werden, welche Vor- und Nachteile eine Regulierung auf den Mietwohnungsmarkt mit der geografischen Eingrenzung auf Berlin sich aus kurz- und langfristiger Sichtweise abbilden lässt. Nach Abwägung der Vor- und Nachteile sollen alternative Systeme zur Mietmarktregulierung aufgezeigt werden. Ziel der Hausarbeit ist es, die These: Mietpreisbremse in Berlin - Mietmarktregulierung mehr Schaden als Nutzen? ausgiebig nach verschiedenen Kriterien zu untersuchen und anschließend zu beantworten. Des Weiteren werden verschiedene alternative Ansätze aufgezeigt.
1.2 Gang der Untersuchung
Die Hausarbeit ist in fünf Kapitel aufgeteilt. Diese sind je nach inhaltlicher Tiefe in weitere Unterkapitel gegliedert.
Das Kapitel 2 Mietwohnungsmarkt in Berlin ist in zwei weitere Kapitel unterteilt. Dieses Kapitel soll einen aktuellen Überblick über den Mietwohnungsmarkt in Berlin vermitteln. In dem Unterkapitel Mietpreisentwicklung des Immobilienmarktes wird die Mietpreissteigerung der letzten Jahre in der Hauptstadt Berlin aufgezeigt und mit anderen Städten in Deutschland verglichen. Im zweiten Unterkapitel Einflussfaktoren des angespannten Immobilienmarktes werden die Marktteilnehmer ausgewiesen. Des Weiteren werden wesentliche Faktoren, die für den angespannten Wohnimmobilienmarkt ausschlaggebend sind, analysiert und erläutert.
Die Mietmarktregulierung wird im Hauptkapitel 3 näher untersucht. Dieses Kapitel teilt sich in zwei Unterkapitel auf. Im Kapitel Konzept der Mietpreisbremse wird die Regulierung näher erläutert. Im zweiten Unterkapitel ökonomische Sichtweise wird die Marktregulierung aus der theoretischen Sicht analysiert und mögliche Auswirkungen untersucht.
Kapitel 4 Gegenwärtige Resultate der Mietpreisbremse, dieses Kapitel ist in vier Unterkapitel gegliedert. Hier werden die aktuellen sowie die zukünftigen Auswirkungen einer Regulierung und somit des stattlichen Eingriffes auf dem Mietimmobilienmarkt aufgezeigt. Diese Analyse betrachtet verschiedene Marktakteure, sowie den Immobilien-Investitionsmarkt selbst und untergliedert sich in folgende Unterkapitel: Mietersicht, Eigentümersicht und Investitionsmarkt (Berlin). Im letzten Unterkapitel Alternative Wirkungssysteme für den Mietwohnungsmarkt werden mögliche alternative Regulierungssysteme, die den angespannten Immobilienmarkt (Wohnungen) entlasten aufgezeigt und die Effektivität und Effizienz dieser Systeme ermittelt.
Die Schlussbetrachtung im letzten Kapitel der Hausarbeit unterteilt sich in drei Unterkapitel. Im Unterkapitel Fazit wird die These der Hausarbeit anhand der Erkenntnisse der vorigen Kapitel zusammengefasst und beantwortet. Im vorletzten Unterkapitel Kritische Würdigung werden alle positiven und negativen Aspekte der wissenschaftlichen Arbeit analysiert und Alternativvorschläge aufgezeigt. Das letzte Unterkapitel Ausblick setzt sich mit der Mietmarktregulierung in der Zukunft auseinander.
2 Mietwohnungsmarkt in Berlin
2.1 Mietpreisentwicklung des Immobilienmarktes
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist Deutschland ein Mieterland.6 Mit der zweitniedrigsten Eigentumsquote von 52 Prozent steht Deutschland an vorletzter Stelle vor der Schweiz.7 Diese niedrige Quote in Deutschland ergibt sich aus verschiedenen Einflussfaktoren in der Vergangenheit. Ausschlaggebend ist das Kriegsende in den 50er-Jahren. Der Staat ist davon ausgegangen, dass sich viele Menschen nach dem Kriegsende kein Eigentum mehr leisten können. Dieses führte zum sozialen Wohnungsbauprogramm. Durch staatliche Finanzierungen unterstützte die Politik den sozialen und öffentlichen Wohnungsbau. Somit war das Mieten eine günstige Alternative für viele Bundesbürger der damaligen Zeit. Die Deregulierung der Mieten begann für das Bundesgebiet in den 50er-Jahren. Im Gegensatz zu den europäischen Ländern wurde der staatliche Eingriff erst Jahrzehnte später vollzogen. Die hohe Eigentumsquote in anderen Ländern hat teilweise kulturelle Wurzeln, wie z.B. Auszug aus dem Elternhaus in das Eigenheim, erst nach der Heirat.8 In den 80er-Jahren kommt es durch die starke Bautätigkeit im Wohnsegment zu einem Angebotsüberschuss. Dieser Überschuss entstand durch die sinkende Nachfrage, durch den demografischen Wandel sowie der stagnierenden Geburtenrate. Das Ergebnis war eine hohe Leerstandquote im sozialen Wohnungsbau. Der Staat reagierte 1985 mit einer Verlangsamung der Neubautätigkeit und verkaufte sogar Sozialwohnungen an Privatinvestoren. Die Nachfrage nach einer sicheren Anlage wurde durch die Finanzkrise 2008 gesteigert. Nationale und internationale Investoren wurden zusätzlich durch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) auf den Immobilienmarkt in Deutschland aufmerksam und investierten. Umgangssprachlich nennt sich die Investition in Immobilien auch Betongold, da diese Anlage relativ inflationssicher und rentabel ist, im Vergleich zu anderen Investitionsanlagen. Dadurch stieg die Nachfrage, und das geringe Angebot ließ die Preise auf dem Immobilienmarkt steigen.9
Der deutsche Wohnungsmarkt ist in der Gegenwart sehr angespannt und wird häufig stark sowohl in der Politik als auch in den Medien diskutiert. Gerade durch die hohe Mieterquote in Deutschland sind viele Menschen von der angespannten Wohnungssituation bzw. den stark steigenden Mieten betroffen. Seit Jahren ist in Deutschland gerade in den Ballungszentren wie Hamburg, Berlin und München ein starker Mietpreisanstieg im Wohnungssegment zu verzeichnen.10 In kleinen Gemeinden wie z.B. in Borgentreich, das geografisch zwischen Paderborn und Göttingen liegt mit knapp 9.200 Einwohnern, wird für einen Quadratmeter 3,94 Euro Kaltmiete verlangt. Die dortigen Mieten zählen deutschlandweit zu den niedrigsten. Der teuerste Quadratmetermietpreis wird in München registriert. Dort liegt der Durchschnittspreis bei 17,51 Euro/m².11 Auch der Berliner-Wohnungsmarkt ist in den letzten Jahrzenten für Investoren interessanter geworden. Die heutige Hauptstadt war in der Vergangenheit eher uninteressant für Investoren, ein wesentlicher Grund hierfür war die linkseingestellte politische Führung bis hin zur Wiedervereinigung Ende der 90er-Jahre. Des Weiteren hat Berlin nach dem zweiten Weltkrieg das Image der Wirtschaftsmetropole verloren. Zurück blieben viele einkommensschwache Bürger. Seit den 1990er-Jahren nach der Wiedervereinigung und dem Umzug des Regierungshauptsitzes von Bonn nach Berlin sowie das wachsende kulturelle Angebot, das schon immer in der Stadt vorzufinden war, macht diese seitdem für Investoren immer interessanter. Gerade junge Menschen aus der ganzen Welt lockte das kulturelle Angebot, sowie die niedrigen Mieten in die Hauptstadt. In den letzten Jahren etablierte sich Berlin als internationalen anerkannten Startup-Szene. Die erhöhte Nachfrage nach Mietwohnraum und das geringe Angebot lassen die Mietpreise in der Stadt Berlin sowie in anderen Ballungsräumen steigen.12
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Entwicklung der Mietpreise für Wohnungen in Berlin Quelle: www.wohnungsboerse.net.com (07.05.2020)
In der Abbildung wird die Entwicklung der Angebotsmieten in Berlin für verschiedene Wohnraumgrößen pro m² in den Jahren 2011 bis 2019 in einem Diagramm abgebildet. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Mietpreise insgesamt seit 2011 stetig ansteigen, für eine 30 m² Wohnung von 8,20 Euro/m² auf 15 Euro/m² im Jahr 2019. Die zwei Einbrüche in dem Diagramm im Jahr 2015 und 2017 können darauf zurückzuführen sein, dass die Mietpreisbelastung für viele Bürger in Berlin erreicht worden ist. Die eingeführte Mietmarktregulierung (Mietpreisbreme) trägt einen Anteil dazu bei.
2.2 Einflussfaktoren des angespannten Immobilienmarktes
In diesem Unterkapitel wird eine Vielzahl von Akteuren sowie die Einflussfaktoren auf den deutschen Immobilienmarkt analysiert und verdeutlicht. Im Kapitel 4 wird explizit auf die Auswirkung der Mietpreisbremse und deren Folgen für die Akteure eingegangen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Markteilnehmer Eigene Darstellung i.A.a. Quelle: Dietrich E. Entwicklung werthaltiger Immobilien13
In der Immobilienwirtschaft gibt es eine Vielzahl an Akteuren, die den Immobilienmarkt beeinflussen und unterschiedlich stark lenken. In dem Diagramm sind die Marktteilnehmer einer Immobilie abgebildet, die im Laufe des Immobilien-Lebenszyklus essenziell sind bzw. mit einer Immobilie in Verbindung stehen und den Markt insgesamt durch ihr Handeln beeinflussen.
Eine starke Einflussnahme auf den angespannten Immobilienmarkt und dessen Entwicklung hat der Demografische Wandel sowie das urbane Leben. Der Demografische Wandel beschreibt die Bevölkerungszusammensetzung einer Stadt bzw. einer Gesellschaft. Die steigende Anzahl der älteren Menschen sowie die Migration der letzten Jahrzehnte lassen die Nachfrage nach Wohnraum in den deutschen Städten steigen. Aber auch der Trend zur Urbanität (lateinisch urbanitas) abgeleitet von urbanus bedeutet städtisch und beschreibt die Landflucht in die Städte. Es wird davon ausgegangen, dass im Jahr 2050 mehr als 75 Prozent der Menschen weltweit in Städten leben. Die Prognosen und steigende Nachfrage nach Wohnraum in Städten werden in vielen Projektierungen und in der Stadtplanung berücksichtigt. Der Trend geht in die Richtung Quartiersleben, dass die Arbeit, das Wohnen und die Freizeit in optimaler Weise an einem Ort integriert ist, um die Zeit noch effizienter nutzen zu können. Die Haushaltsgrößen insgesamt sind in den letzten Jahrzenten stark gesunken. Dementsprechend ist die Nachfrage nach Single-Haushalten, Mikroappartements und Wohngemeinschaften stark gestiegen.14
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3. Berlin Nettozuwanderung, Quelle: Deutsche Bank Research
Im nächsten Diagramm auf der rechten Seite ist die Nettozuwanderung in Berlin in den Jahren von 1991 bis 2015 abgebildet. Zusätzlich wird aufgezeigt, woher die Zugewanderten kommen. Deutlich ist zu erkennen, dass in den Jahren 2011 bis 2016 ein deutlicherer Anstieg an Zuwanderung stattgefunden hat. Der Nettozuwanderungssaldo lag in den Jahren bei 40 Tsd. Einwohnern pro Jahr. 2017 und 2018 fiel dieser wieder auf 30 Tsd. Dieser Einbruch kann mit den steigenden Mieten in Zusammenhang gebracht werden. Seit 2018 wurden 4.000 neue Einwohner pro Jahr registriert. Es ist damit zu rechnen, dass Berlin im Jahr 2030 auf 4 Mio. Einwohner steigt und somit die Mieternachfrage zunimmt. 15
Wohnungspolitik
Wohnen ist ein Grundbedürfnis jedes Menschen. Bezahlbarer Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen sorgen für den sozialen Frieden. Aufgabe der Bundesregierung ist es, durch die Wohnungspolitik gute Wohn- und Lebensqualität für jeden Bürger in der Bundesrepublik zu gewährleisten, und die Ausgrenzung von niedrigen Einkommensgruppen auszuschließen. Durch den angespannten Wohnungsmarkt muss der Staat mit verschiedenen Instrumenten den Markt regulieren bzw. lenken, um den Marktzugang für alle Bevölkerungsgruppen gewährleisten zu können.16 In der nachfolgenden Abbildung ist ein Organigramm abgebildet. Diese Struktur zeigt die wohnungspolitischen Instrumente auf, die der Staat anwenden kann, um den Wohnungsmarkt direkt oder indirekt zu lenken.
Wohnungspolitische Instrumente
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4. Wohnungspolitische Instrumente, eigene Darstellung, i.A.a. Quelle: Grundlagen der Immobilienwirtschaft auf www.petraschuster.de 22.05.2020
Die Wohnungspolitik teilt sich in leistungspolitische- und ordnungspolitische Instrumente auf. Die ordnungspolitischen Instrumente sind als direkte Lenkung anzusehen. Meistens werden diese durch Regelungen bzw. Gesetze durchgesetzt, wie z.B. die Mietpreisbremse. Bei den leistungspolitischen Instrumenten stellt der Staat Sach- oder Finanzmittel zur Verfügung, um den Immobilienmarkt indirekt und direkt zu lenken. Diese leistungspolitischen Instrumente teilen sich wiederum in Objekt- und Subjekt- Förderungen auf. Ein Beispiel für eine Subjektförderung ist die Unterstützung von einkommensschwachen Bürgern durch Wohngeld. Eine Objektförderung ist eine Subvention der Immobilie mit Hilfe von z.B. Steuererleichterungen, Zinssenkungen oder Förderungsgeld usw.17
Die verfehlte Wohnungspolitik in den vergangenen Jahrzehnten ist in der Gegenwart deutlich zu erkennen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde von der Politik der soziale Wohnungsbau aktiviert. Der Staat förderte den Bau von neuen Wohnungen. So entstanden bis in die 2000er Jahre 4,3 Millionen Wohnungen in Westdeutschland. In den 1990er Jahren wurde dieses Programm verlangsamt bzw. gestoppt, da die Nachfrage und das Angebot das Marktgleichgewicht (MGG) erreicht hatte. Zwischen den Jahren 2002 und 2009 sank die Anzahl der sozialen Wohnungen um ein Viertel. Ursache hierfür ist, dass die staatlichen Subventionen und Finanzierungen ausliefen und die Sozialwohnungen zu normalen Mietwohnungen umgewandelt wurden. Auch landeseigene Wohnungen wurden in den 90er Jahren aufgrund von Geldnot privatisiert. Des Weiteren kam der soziale Wohnungsbau 2001 fast komplett zum Stillstand. Da in der Vergangenheit auf eine falsche Prognose der Bevölkerungsentwicklung aufgebaut worden war. Seit 2010 setzt der Staat sich wieder massiv für den sozialen Wohnungsbau ein.18 In dem nächsten Diagramm ist der soziale Wohnungsbau in Deutschland von 1950 bis 2015 nach Wohneinheiten abgebildet. Deutlich ist erkennbar, dass ab 1960 die Gesamtsumme an geförderten Wohnungsbau stetig bis 1990 zurückgeht. Von 1989 bis 1995 wurde auch durch die Öffnung der Grenze zu Ostdeutschland der Wohnungsbau wieder gefördert und darauf sank dieser 1995 wieder konstant ab. Seit dem Jahr 2015 steigt die staatliche Förderung wieder an.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5. Anzahl geförderter Wohnungen nach Wohnungsbaugesetz (Sozialwohnungen) 1950-2015 Quelle: www.bpb.de (19.05.2020)
Die Migration trägt einen Teil zu der starken Wohnungsnachfrage seit 2010 bei. In der Zeit zwischen 2010 und 2018 betrug die durchschnittliche Anzahl pro Jahr 400 Tsd. Menschen. Der Rekord lag 2015 bei einer Million Immigranten. Dieser Anstieg der Bevölkerung von 2,6 Millionen Bürgern in acht Jahren, sowie jahrzehntelange Leerstandverkleinerung durch den Abriss von leerstehenden Gebäuden in Ostdeutschland sind die Folgen der Wohnungsnot auf dem Markt.19 Um die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnraum zu decken, muss mehr und schneller genehmigt und gebaut werden. 2018 wurden 24.218 Wohnungen genehmigt. Das sind 2,1 Prozent weniger als im Jahr 2017. Davon wurden knapp über die Hälfte beansprucht. Die anderen 10 Tsd. Baugenehmigungen wurden zeitverzögert oder gar nicht realisiert. Viele Genehmigungen sind für den Antragssteller nur ein Preissteigerungseffekt für das Grundstück, um es dann weiter mit einem höheren Ertrag zu verkaufen.20 Ziel der Stadt Berlin ist es, bis 2030 200 Tsd. neue Wohnungen zu bauen. Diese Zahl wird durch die Bevölkerungsprognose von 181 Tsd. plus 24 Tsd. begründet. Dieses soll realisiert werden, indem die Stadt verdichtet, z.B. Grünflächen (Kleingärten) umgewandelt in Wohngebiete und/oder bestehende Gebäude aufgestockt werden. Mittlerweile ist die Politik der Meinung, dass die Prognose angepasst werden muss. Es wird davon ausgegangen, dass mind. 300 Tsd. Wohnungen bis 2030 entstehen müssen, um den Immobilienmarkt zu entlasten.21
Die Niedrigzinspolitik der europäischen Zentralbank (EZB) trägt einen wesentlichen Teil zur hohen Nachfrage auf dem Immobilienmarkt bei. Der Leitzins, auch Hauptrefinanzierungssatz genannt, wird von der EZB festgelegt. Banken können kurzfristig Kredite von der EZB zu deren Konditionen leihen. Indirekt wirkt sich dieses auf den gesamten Wirtschaftsmarkt aus. Das Ziel der Geldpolitik ist es, das Wirtschaftswachstum zu lenken und dementsprechend das Preisniveau zu stärken. Damit wird versucht, die europäische Wirtschaft ins Gleichgewicht zu bringen und Inflation sowie Deflation entgegenzuwirken. Indirekt wird somit auch die Baufinanzierung gelenkt. Selten in der Finanzgeschichte waren die Bauzinsen so niedrig wie in der Gegenwart. Derzeit liegen diese zwischen 0,9 und 1 Prozent. Diese günstigen Baufinanzierungen locken viele Menschen an, sich selbst ein Eigentum zu erwerben. Dieses hat zur Folge, dass die Nachfrage auf dem Immobilienmarkt nach Grundstücken bzw. Wohnraum steigt. Die Preise werden durch die vermehrte Nachfrage zukünftiger Eigentümer weiter weiter in die Höhe getrieben.22
Ein weiterer Faktor für steigende Preise am Immobilienmarkt gerade in Ballungszentren sind nationale aber auch internationale Investoren. Nach den verschiedenen Krisen sowie Kriegen sehnen sich internationale Investoren danach ihr Geld sicher und renditestark anzulegen. Diese gliedern sich in Herkunft und Rendite-Risiko-Profile. Das größte Investitionsvolumen kommt aus Asien. Die Investoren haben seit Jahren den deutschen Markt für sich entdeckt. Die meisten diversifizieren ihre Investoren in die Richtung Core oder Core Plus. Dieses Profil beschreibt eine risikoaverse Strategie. Mit dieser Strategie beträgt die Rendite 3 bis 5 Prozent.23 Da die Nachfrage und somit die Kaufpreise in den letzten Jahren gestiegen sind, sanken die Spitzenrenditen dementsprechend. In der Gegenwart halten viele ausländische Investoren den deutschen Immobilienmarkt für überteuert und weichen auf andere Länder wie Nordamerika aus, wo im Vergleich mehr Gewinn zu erzielen ist.24
Zwischenfazit
Die steigende Mieternachfrage durch Migration, Landflucht sowie Marktteilnehmer (nationale und internationale Investoren), die durch die Niedrigzinspolitik und die politische und wirtschaftliche Lage nach Deutschland gelockt worden sind, sowie die verfehlte Wohnungspolitik in den 90er Jahren sind die Hauptursachen des angespannten Immobilienmarktes. Das Ergebnis ist, dass durch das geringe Angebot von bezahlbarem Wohnraum und die hohe Nachfrage nach Immobilien, das Marktgleichgewicht in Berlin nicht mehr gegeben ist (Im Kapitel 3 näher beschrieben und abgebildet). Die Menschen, die über ein geringes Einkommen verfügen, trifft dieser Zustand am härtesten, da entweder mehr als die Hälfte des Einkommens für die Miete anfällt oder sie in Randgebiete verdrängt werden.
[...]
1 Vgl. o.V. Wohneigentumsquoten 2018 auf www.statista.com (23.04.2020)
2 Vgl. Frehner M., Deutsche Handwerks-Zeitung, S. 24 Stand: 01.04.2020
3 Vgl. Sackmann C. 402 Regionen im Check auf www.fokus.de vom 2018 (23.04.2020)
4 Vgl. Frehner M., Deutsche Handwerks-Zeitung, S. 24 Stand: 01.04.2020
5 Vgl. Voigtländer M. Immobilienwirtschaftslehre - Ökonomie staatliche Regulatorik S.282
6 Vgl. Rottke N. Immobilienwirtschaftslehre Ökonomie 2017 S. 126
7 Vgl. o.V. Wohneigentumsquoten 2018 auf www.statista.com (07.05.2020)
8 Vgl. Rottke N. Immobilienwirtschaftslehre Ökonomie 2017 S. 126
9 Vgl. Thomsen S. Wohnungsmarkt und Wohnungspolitik in Deutschland, S. 2-5, 01.10.2019
10 Vgl. Thomsen S. Wohnungsmarkt und Wohnungspolitik in Deutschland, S. 1-4, 01.10.2019
11 Vgl. Blickle P. So teuer ist Wohnen in Deutschland wirklich, auf www.welt.de vom 2019 (07.05.2020)
12 Vgl. Möbert J. Berliner Wohnungsmarkt, Deutsche Bank Research, 02.2020, S. 2
13 Vgl. i.A.a. Dietrich E. Entwicklung werthaltiger Immobilien, S.39, 2005
14 Vgl. Göke M. Wirtschaftliche Implikationen des demografischen Wandels, S. 164ff
15 Vgl. Möbert J. Berliner Wohnungsmarkt, Deutsche Bank Research, 02.2020, S. 9
16 Vgl. o.V. Wohnungspolitische Maßnahmen der Bunderegierung, auf www.bmi.bund.de, 22.05.2020
17 Vgl. Richter P. Grundlagen der Immobilienwirtschaft, auf www.petraschuster.de, S. 50-78, Stand: 15.06.2005
18 Vgl. Kaltenbrunner R. u. Waltersbacher M. Besonderheiten und Perspektiven der Wohnsituation in Deutschland, APuZ, Seite 7-9 , 2014
19 Vgl. Rink D. Wohnen, auf www.bpb.de, Stand: 03.2020, (19.05.2020)
20 Vgl. Appenzeller G. Wohnungsmangel in Berlin, Eine Generation geht für die Stadt verloren, auf www.tagesspiegel.de, Stand: 03.2019, (19.05.2020)
21 Vgl. Bünger R.. Wohnungsmangel in Berlin, Berlin plant 100.000 Wohnungen zu W, auf www.tagesspiegel.de, Stand: 03.2019, (19.05.2020)
22 Vgl. o.V. Welche Auswirkungen hat der EZB Leitzins auf die Baufinanzierungszinsen? auf www.zinsentwicklung.de (20.05.2020)
23 Vgl. Knapmeyer T. Institutionelle Immobilienanlage auf www.deka-institutioell.de (20.05.2020)
24 Vgl. o.V. Investoren-Umfrage 2019: Immobilieninvestoren finden deutsche Immobilien zu teuer, auf www.e-fundresearch.com Stand: 07.10.2019 (20.05.2020)