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Hausarbeit, 2017
14 Seiten, Note: 2,3
1. Einleitung
2. Klaviersonate Nr. 14 cis-Moll op. 27,2 „Mondschein-Sonate“
2.1 Widmung
2.2 Namensgebung
2.3 Musikalische Auffälligkeiten
2.4 Auftreten der „Mondschein-Sonate“ im Laufe der Zeit
2.5 Die „Mondschein-Sonate“ in Filmen, Videospielen und moderner Musik
3. Fünfte Symphonie c-Moll, op. 67
3.1 Musikalische Auffälligkeiten
3.2 Rezeption der c-Moll Symphonie
3.2.1 Uraufführung und Zeitgenossen Beethovens
3.2.2 Romantik
3.2.3 Moderne
4. Musikverlage als Motoren der Popularisierung
5. Wien und die Wiener Klassik als Einflussfaktor der Popularität Beethovens
6. Fazit
Beethoven selbst soll gesagt haben, dass jeder immer über die cis-Moll Sonate spreche. So gebe es bis zum heutigen Tage eine nahezu endlose Masse an Literatur zu eben diesem Werk.1 2 Nicht nur in der Literatur und unter Musikkennern ist diese Sonate bekannt, sogar diejenigen, „[die] sich nur gelegentlich mit Musik [befassen]“3, kennen zumindest die ersten Takte der „Mondschein-Sonate“.4
Die Sonate hat einen solchen Bekanntheitsgrad, dass sie für viele professionelle Pianisten schon fast ihren Reiz verloren hat, folglich immer weniger in ihren Programmen auftaucht. Bei amateurhaften Pianisten erfreut sie sich jedoch umso mehr großer Beliebtheit, wird beispielsweise bei Klavierabenden gespielt und wurde auf unzähligen Tonträgern veröffentlicht.5 Auch die fünfte Symphonie Beethovens ist so bekannt, dass man nach Hopkins den ,Men- schen auf der Straße‘ bitten könnte, die ersten Noten von Beethoven zu summen oder zu pfeifen, die ihm einfallen und er würde fast immer die ersten Takte der fünften Symphonie zum besten geben.6 Sie gehört zweifelsohne zu einem der bekanntesten Stücke der gesamten klassischen Musik.7
Aber wieso haben diese Werke Beethovens, insbesondere die ersten Sätze, einen solchen Bekanntheitsgrad erreicht, dass sie heute auch nicht Musik affine Menschen kennen? Dieser Frage widmet sich diese Hausarbeit, wobei besonders auf die beiden ersten Sätze, die bekanntesten, ein besonders Augenmerk gelegt wird.
Beethoven hat die Klaviersonate Nr. 14 cis-Moll op. 27,2 1801 seiner 17-jährigen Schülerin Giulietta Guicciardi gewidmet8, für die er nach heutigem Kenntnisstand etwas empfand. Diese hat 1803 den Grafen von Gallenberg geheiratet, kam allerdings schon bald wieder nach Wien zurück und suchte neuen Kontakt zu Beethoven, der sie allerdings abwies.9
Über den Namen der Sonate gab es schon zu Lebzeiten Beethovens viele Spekulationen. So soll er sich von einem klavierspielenden Mädchen im Mondschein inspiriert haben lassen und so den ersten Satz improvisiert haben.10 Nach Lenz habe Beethoven den ersten Satz am Totenbett eines Freundes improvisiert, man solle ihn daher nur in einem abgedunkelten Raum spielen.11 Auf diese Weise soll Franz Liszt das Werk aufgeführt haben.12 Beethoven selbst gab der Sonate nur die Überschrift „Sonata quasi una fantasia“, was so viel bedeutet wie „Sonate in der Art einer Fantasie“.13
Ihren bis heute bekannten Namen erhielt die „Mondschein-Sonate“ durch den Berliner Musikpublizisten Ludwig Rellstab. Dieser assoziierte auf einer nächtlichen Bootsfahrt den ersten Satz der Sonate Beethovens mit dem schimmern des Mondes auf der Wasseroberfläche. Dies ist bis heute der bekannteste Name der Sonate, allerdings vielleicht nicht ganz angemessen, da er ein sehr einseitiges Bild auf die Sonate wirft. Außerdem bezog sich dieser Name lediglich auf den ersten Satz, die anderen beiden wurden dabei außer acht gelassen.14
Was zunächst auffällt ist, dass der Adagio-Satz nicht wie üblich der mittlere, sondern der erste der drei Sätze der Sonate ist; aber auch sonst ist er mit keinem anderen Adagio-Satz Beethovens zu vergleichen. Sein Schüler Czerny schrieb über den ersten Satz, dass er „höchst poetisch und dabei für jeden leicht fasslich“15 sei.16 Jedoch ist die Sonate nicht so einfach strukturiert, wie diese Aussage anmuten lässt, sondern ist von großer Originalität geprägt.17 Hierdurch eignet er sich besonders gut als Eröffnungssatz der Sonate. Auch auffällig ist die Angabe „sempre pp e senza sordino“, die nicht nur zwischen den Notenzeilen steht, sondern auch in der Überschrift erwähnt wird. Durch die durchgehend leise Dynamik und Pedalisie- rung wird ein fließendes Klangbild erzeugt.18 Über die Ausführung ist man sich aber nicht ganz einig. Es könnte gemeint sein, dass das Pedal das gesamte Stück über gehalten wird. Beethovens Schüler Czerny schreibt allerdings, dass das Pedal bei jeder Bassnote erneut angehoben werden soll.19
Erwähnenswert ist ebenso die Angabe „attaca subito“, welche angibt, dass alle Sätze der Sonate ununterbrochen ineinander übergehen sollen. Der erste Satz hat dabei eine besondere Rolle, da Beethoven ihn wahrscheinlich ursprünglich als eigenständiges Stück geschrieben hat. Dies lässt sich aus seinem Autograf folgern, wo die später weggestrichene Angabe „il fine“ notiert ist, die bei sonst keinem anderen mehrteiligen Werk Beethovens zu finden ist.20 Der Satz ist in drei „Schichten“ gegliedert: unten sind die langen, tiefen Bassnoten, in der Mitte die Begleitstimme in Triolen und darüber eine von vielen Pausen geprägte Melodiestimme. Auffällig ist hierbei, dass sowohl die Mittelstimme in den Takten 27-31 und 37-39, aber auch die Bassstimme in den Takten 16-18 beziehungsweise 52-54 für einen kurzen Augenblick die Rolle der Melodiestimme übernehmen.21
Das Stück lässt sich in kein typisches klassisches Formschema integrieren. Uhde versucht es in seiner Analyse mit dem Sonatenhauptsatzform, stellt allerdings selbst fest, dass dies zwar möglich, aber schwer umzusetzen ist. Weiter sagt er, Exposition und Durchführung hätten ihre Rollen getauscht, da in der Exposition viel moduliert wird, während die Durchführung weitestgehend in einer Tonart bleibt.22
Eine solche Herangehensweise ist auch vor dem Hintergrund schwierig, dass weder Melodik noch Harmonik den üblichen Taktgruppierungen und -längen folgen. Auch Wiederholungen sind eher selten zu finden; lediglich die viertaktige Phrase in den Takten sechs bis neun oder die in den Takten 15-19 werden in den Takten 43-46 beziehungsweise 51-55 wieder aufgegriffen.
Generell ist das Stück von breit gefächerte Harmonik gesäumt. Es beginnt in cis-Moll und wechselt kurz darauf in Takt neun in die Durparallele E-Dur. Dies wird allerdings sofort als eMoll fortgeführt. In Takt 15 wird wiederum nach h-Moll moduliert, welches sofort als H-Dur weitergeführt wird, von wo es rasch nach fis-Moll in Takt 23 entwickelt. Anschließend folgt ein Orgelpunkt auf der Dominanten von cis-Moll in den Takten 28-41, welcher sich zur Tonika hin auflöst, die zwischen Dur und Moll wechselt.
Ein besonderes Merkmal des ersten Satzes ist darüber hinaus, dass es eine „einzige große Kadenz“23 bildet, vom Anfang des Satzes bis zum Ende. Es ist eine einfache I-IV-V-I Kadenz, die lediglich am Anfang durch Nebenstufen ergänzt wird: cis-(E-H-)fis-Gis-cis. Das zunächst ziellos erscheinende Wechseln der Tonarten hat eine doch recht simple Struktur.
Die Bassfigur am Anfang von Cis abwärts nach Gis ist ein allseits bekanntes Bassmodell, das schon im Frühbarock mit Klagen in Verbindung gebracht wurde und welches wir heute „Lamento-Bass“ nennen. Dieses Motiv wird ach in den anderen beiden Sätzen wieder aufgegriffen. Ebenfalls auffällig im Satz ist er immer wieder vorkommende Neapolitaner, an den der Hörer im dritten Takt herangeführt wird. Auch dieser wird im Laufe der Musikgeschichte mit Trauer assoziiert. Der Neapolitaner wird im weiteren Verlauf mit einer chromatischen und daher schwer singbaren Melodie vereint, indem die „normale“ Subdominante und der Neapolitaner in den Takten 16 und 18 aufeinander folgen. Dieses Motiv wird in den Takten 52-55 erneut aufgegriffen. Allerdings wird der Neapolitaner in Takt 50 auch „auffällig im Kontext einer Tonikakadenz“24 verwendet.
Beethoven stützt sich hierbei bewusst auf die schon im Barock verwendeten Mittel, verändert sie aber in der Form, dass sie seiner Zeit angemessen sind.25
Der Satz ist einerseits ein Rückgriff auf vergangene Zeit, allerdings auch seiner Zeit voraus. So könnte man bei der Pedalangabe „senza sordini“ schon an ein Chopinsches Werk, etwa eine Nocturne, denken26
Dem ersten Satz in cis-Moll folgt der zweite Satz in Des-Dur. Dieser hat einen gänzlich anderen Charakter, obwohl er den selben Grundton besitzt. Der dritte Satz ist wesentlich dramatischer in cis-Moll im schnellen „presto agitato“. Franz Liszt sagte über den zweiten Satz, er sei „eine Blume zwischen zwei Abgründen“27
Schon zu Beethovens Lebzeiten war die Sonate so bekannt, dass Beethoven !!!nach Carl Czerny, einem Schüler Beethovens,!! selbst gesagt haben soll: „Immer spricht man von der cis-Moll Sonate! Ich habe doch wahrhaftig Besseres geschrieben. Da ist die Fis-Dur Sonate etwas anders!“28
Zahlreiche Komponisten der Klassik und Romantik haben die „Mondschein-Sonate“ aufgegriffen oder gar komplett neu vertont. Beispielsweise hat Chopin in seinem Fantasie-Impromptu im siebten Takt eine ähnliche Tonfolge wie in der Cadenza des dritten Satzes der 14. Sonate Beethovens.
Ein anderes Beispiel ist Dmitri Schostakowitsch, welcher kurz vor seinem Tod 1975 in seiner letzten Komposition, der Sonate für Viola und Klavier op. 147 Motive der „Mondschein-Sonate“ verwendet.29
Ein eher ungewöhnliches Beispiel einer Vertonung stammt von Biery, der im Jahr1831 den ersten Satz für gemischten Chor und Orchester zum Text vom „Kyrie eleison“ arrangiert hat. Auch Liszt interpretierte das Werk in sonderbarer Form: Im Jahr 1835 ließ er den ersten Satz vom Orchester spielen, den zweiten und dritten spielte er jedoch selbst unbegleitet auf dem Klavier. Diese Interpretation wurde von Berlioz im „Journal des Débats“ gelobt.30
Es lässt sich nicht abstreiten, dass die „Mondschein-Sonate“ in der heutigen Zeit einen sehr hohen Bekanntheitsgrad erlangt hat. Die Liste der Filme, in denen denen die Sonate zitiert wird, ist sehr lang. Um hier ein paar Bespiele aufzuführen, könnte man „Crisom Tide - in tiefster Gefahr“ von 1995, „The Man Who Wanst There“ von 2001 oder „Psycho II“ von 198331 aufzählen. Die Liste ließe sich wohl noch eine ganze Weile weiterführen. Um zu verdeutlichen, dass das sich Stück auch bei der breiten Masse etabliert hat, sollte diese kurze Liste jedoch genügen.
Die Musik für Videospiele erreichte in den letzten Jahren einen ebenso hohen Stellenwert wie die Filmmusik. So kommt die „Mondschein-Sonate“ im düsteren Ego-Shooter Resident Evil vor, wo diese korrekt gespielt werden muss, um mit der Geschichte des Spiels fortzufahren.32
Sogar andere Musiker verwendeten die Bekannte Sonate Beethovens. In dem Rocksong „Hier kommt Alex“ wird sie von den Toten Hosen in der Unplugged-Version des Songs am Anfang zitiert.33
Zunächst verwendet Beethoven eine für seine Zeit sehr übliche Form. Die Symphonie gliedert sich in vier Sätze, die schnell, langsam, tänzerisch und wieder schnell sind. Auch üblich für die Zeit ist der Sonatensatz mit zwei verschiedenen Themen als erster Satz, dann ein Variationssatz, danach ein Scherzo im dreier Takt und schließlich das Finale, welches wieder ein Sonatensatz ist. Dies war allerdings auch schon alles normale an diesem ansonsten musikalisch sehr außergewöhnlichen Werk.
Besonders ist zunächst die Wahl einer Moll-Tonart, was für eine Symphonie der damaligen Zeit sehr ungewöhnlich ist: Mozart beispielsweise verwendet nur in zwei seiner über 40 Symphonien dieses Tongeschlecht, Beethoven in zwei von neun. Zu Beginn des Werkes ist noch nicht einmal eindeutig, ob es sich um eine Moll- oder Dur-Tonalität handelt, da die Noten des Motivs (drei Achtel g und eine halbe es, danach das ganze um einen Ton ich unten transponiert) sowohl zu einer c-Moll Tonika, gefolgt von einem Dominantseptakkord, als auch zu einer Es-Dur Tonika und einer darauffolgenden Dominante passen würden.
Dieses harmonisch nicht ganz klare Motiv wird im Verlauf der Symphonie nicht nur im Kopfsatz immer wieder aufgegriffen, sondern wird von Beethoven auch in den anderen Sätzen immer wieder verwendet. Ebendieses Motiv ist von großer Einfachheit geprägt; es ist eigentlich nur durch den Rhythmus bestimmt, weder melodisch, noch harmonisch kennzeichnend. Gerade vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass Beethoven aus diesem doch so einfachen Motiv den ganzen ersten Satz fortspinnt.34
[...]
1 Vgl. Jones, S. ix.
2 Vgl. Jones, S. ix.
3 Aulich, S. 57.
4 Vgl. Ebd.
5 Vgl. Uhde, S. 378.
6 Vgl. Hopkins, S. 125.
7 Vgl. 5. Sinfonie (Beethoven) - wikipedia.org
8 Vgl. Hinrichsen, S. 171.
9 Vgl. Uhde, S. 377.
10 Vgl. Berger.
11 Vgl. Uhde, S. 377.
12 Vgl. Berger.
13 Vgl. Huppmann.
14 Vgl. Hinrichsen, S. 170f.
15 Hinrichsen, S. 172.
16 Vgl. Ebd.
17 Vgl. Uhde, S. 379.
18 Vgl. Hinrichsen, S. 172.
19 Vgl. Klaviersonate Nr. 14 - wikipedia.org.
20 Vgl. Huizing, S. 24.
21 Vgl. Hinrichsen, S. 172f.
22 Vgl. Uhde, S. 380f
23 Hinrichsen, S. 174.
24 Hinrichsen, S.175.
25 Vgl. Hinrichsen, S. 173f.
26 Vgl. Uhde, S. 379.
27 Vgl. Huizing, S.24.
28 Hinrichsen, S. 171.
29 Vgl. Klaviersonate Nr. 14 (Beethoven) - wikipedia.org.
30 Uhde, S. 378.
31 Vgl. Films with Beethoven's Moonlight Sonata in it - icheckmovies.com.
32 Vgl. Simon.
33 Vgl. Berger.
34 Vgl. Furchert.