In der Arbeit wird erläutert, was es bei einer Schutzrechtsberühmung zu beachten gibt, damit diese rechtmäßig ist und man keine Verstöße im Sinne des Wettbewerbsrechts begeht, die in der Regel zu Abmahnungen und/oder Strafen führen kann. Hierfür wird hauptsächlich auf die (vermeintlich) unberechtigte Patentberühmung und deren Konsequenzen daraus eingegangen.
Um von seiner geistigen Leistung profitieren zu können, ist es dem Eigentümer eines Schutzrechtes grundsätzlich erlaubt damit zu werben. Ob dieses (technische) Schutzrecht eingetragen werden muss (zum Beispiel Patent) oder bereits bei der Schöpfung entsteht (zum Beispiel Urheberrecht) ist dabei irrelevant. Neben dem Imagegewinn, der durch den Hinweis des innovativen Charakters eines Produktes entsteht, dient die Information eines Schutzrechtes zugleich zur Abschreckung potentieller Nachahmer. Der Anspruch auf ein Schutzrecht aus dem Bereich Immaterialgüterrecht wird im Allgemeinen als Schutzrechtsberühmung bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Unberechtigte Schutzrechtsberühmung
3 Unberechtigte Patentberühmung
3.1 Auskunft wegen Patentberühmung beim Wettbewerber
3.2 Folgen einer unberechtigten Patentberühmung
4 Patent pending – Patent angemeldet
5 Stadien der Patentberühmung
5.1 Werbung mit noch nicht amtlich veröffentlichter Patentanmeldung
5.2 Werbung mit einer amtlich veröffentlichten Patentanmeldung, aber noch keine Patenterteilung
5.3 Werbung mit erteiltem Patent
5.4 Werbung mit erloschenem Patent
6 Resümee
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Um von seiner geistigen Leistung profitieren zu können, ist es dem Eigentümer eines Schutzrechtes grundsätzlich erlaubt damit zu werben. Ob dieses (technische) Schutzrecht eingetragen werden muss (z.B. Patent) oder bereits bei der Schöpfung entsteht (z.B. Urheberrecht) ist dabei irrelevant. Neben dem Imagegewinn, der durch den Hinweis des innovativen Charakters eines Produktes entsteht, dient die Information eines Schutzrechtes zugleich zur Abschreckung potentieller Nachahmer.
Der Anspruch auf ein Schutzrecht aus dem Bereich Immaterialgüterrecht wird im Allgemeinen als Schutzrechtsberühmung bezeichnet.1 Dieser Begriff umschließt u.a. die Urheberrechts-, Design-, Gebrauchsmuster- und Patentberühmung.
Im Folgenden wird erläutert, was es bei einer Schutzrechtsberühmung zu beachten gibt, damit diese rechtmäßig ist und man keine Verstöße im Sinne des Wettbewerbsrechts begeht, die in der Regel zu Abmahnungen und /oder Strafen führen kann.
Um den Umfang dieser Seminararbeit nicht zu überschreiten, wird hauptsächlich auf die (vermeintlich)2 unberechtigte Patentberühmung und deren Konsequenzen daraus eingegangen.
Im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausschließlich die männliche Form benutzt. Es können dabei aber sowohl männliche als auch weibliche Personen gemeint sein.
2 Unberechtigte Schutzrechtsberühmung
Der Begriff Berühmen umschreibt, dass sich jemand auf etwas beruft, zum Beispiel auf Besitz eines Schutzrechtes.3
Beansprucht man ein Schutzrecht ohne jegliche rechtliche Grundlage für sich, handelt es sich um eine falsche Behauptung der Rechtsinhaberschaft bzw. um eine unberechtigte Schutzrechtsberühmung (international auch als Copyfraud bekannt).
Copyfraud4 begeht demnach, wer für gemeinfreie Werke oder nicht schutzfähige Reproduktionen ein Urheberrecht beansprucht.
Unberechtigte Schutzrechtsberühmung ist unlauterer Wettbewerb.5
Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb kann wegen Irreführung verklagt werden, wer ein nicht existierendes Urheberrecht beansprucht.
Im § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG wird explizit erwähnt, dass eine geschäftliche Handlung irreführend ist, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die Rechte des geistigen Eigentums enthält.6
Das Landgericht München I entschied zum Beispiel schon im Jahr 1995 gegen ein Unternehmen, das gemeinfreie Partituren mit einem Copyright-Zeichen versehen hatte. Als Begründung gab das Landgericht an, dass dieses Unternehmen sich eine Monopolstellung anmaße, die es nicht innehabe.7
3 Unberechtigte Patentberühmung
Der Patentinhaber darf bei Erzeugnissen oder Verfahren auf das Bestehen des Patentschutzes hinweisen. Mit einem solchen Hinweis kann er Werbung machen und insbesondere Wettbewerber darüber aufklären, dass sie durch Verwendung des Erzeugnisses oder Verfahrens ein Patent verletzen würden.
Analog zur Schutzrechtsberühmung handelt es sich bei der Berühmung eines Patentes um die Patentberühmung.
Der Patentinhaber ist bei einer Patentberühmung jedoch verpflichtet gem. § 146 PatG jedem, der ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Rechtslage hat, Auskunft darüber zu geben, welches Patent und welche Anmeldung genau von dem Hinweis betroffen sind.8
Allerdings muss der Auskunftsbegehrende nach herrschender Ansicht sein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Rechtslage dem Auskunftsverpflichteten glaubhaft dartun. Der Wettbewerber hat i.d.R. ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Rechtslage.9
Diese Auskunftspflicht findet man ebenfalls im Gebrauchsmuster-10 und Designgesetz.11
Diese Regelung wurde geschaffen, um Missständen vorzubeugen.
Ungerechtfertigte Patentberühmung begeht, wer zum Beispiel Gegenstände oder ihre Verpackung mit einer Bezeichnung versieht, die den Eindruck erwecken kann, dass die Gegenstände – ohne dass es der Wahrheit entspricht - durch Patent oder Patentanmeldung geschützt sind.
Auch die Werbung mit einem ursprünglich erteilten, später erloschenen Patent, stellt eine irreführende, abmahnbare Patentberühmung dar.12
Nach Ablauf der Schutzfrist bzw. Erlöschen des Patents darf deshalb grundsätzlich nicht mehr auf einen Patentschutz hingewiesen werden.13
Reicht ein Dritter mit berechtigtem Interesse ein Auskunftsgesuch über ein nicht vorhandenes Patent ein, ist mit Konsequenzen aus der unlauteren Handlung zu rechnen.
3.1 Auskunft wegen Patentberühmung beim Wettbewerber
Wirbt ein Wettbewerber mit einem vermeintlich patentierten Produkt, lohnt sich eine Patentrecherche. Nach einer erfolglosen Suche in den bekannten Datenbanken14 kann man schriftlich eine Auskunft darüber verlangen, die wie folgt aussehen kann:
„Sehr geehrter Herr xxxxx, ich vertrete die Firma xxxxx GmbH und deren Geschäftsführer im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. Die xxxxx GmbH hat mich beauftragt, mich in dieser Angelegenheit an Sie zu wenden.
Auf Ihrer Homepage werben Sie mit ihrem neuen Produkt „xxxxx“ und weisen auf einen Patentschutz hin.
Bei der Recherche in der Datenbank DEPATISnet des Deutschen Patent- und Markenamts konnte keine entsprechende Patentveröffentlichung aufgefunden werden.
Nach § 146 PatG ist, wer in öffentlichen Anzeigen, auf Aushängeschildern, auf Empfehlungskarten oder in ähnlichen Kundgebungen eine Bezeichnung verwendet, die geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, dass die Gegenstände durch ein Patent oder eine Patentanmeldung nach dem Patentgesetz geschützt seien, verpflichtet sich, jedem, der ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Rechtslage hat, auf Verlangen Auskunft darüber zu geben, auf welches Patent oder auf welche Patentanmeldung sich die Verwendung der Bezeichnung stützt.
Als Wettbewerber hat die xxxxx GmbH selbstverständlich ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Rechtslage.
Im Namen der xxxxx GmbH bitte ich daher um Auskunft, auf welche Schutzrechte sich Ihr Hinweis, Ihr Produkt „xxxxx“ sei als Erfindung geschützt, bezieht.
Für Ihre Antwort habe ich mir den xx.xx.xxxx vorgemerkt.
Mit freundlichen Grüßen xxxxx xxxxx“ 15
Dem Wettbewerber sollte eine angemessene bzw. realistische Zeit für die Antwort gewährt werden.
3.2 Folgen einer unberechtigten Patentberühmung
Wer sich in der Öffentlichkeit zu Unrecht eines Schutzrechtes berühmt, führt das Publikum über seine Leistung irre. Ein solches Verhalten wird als Patentanmaßung bezeichnet.
Derjenige, der sich zu Unrecht des Patents bzw. der Patentanmeldung berühmt hat, kann abgemahnt, auf Unterlassung und – wenn er schuldhaft gehandelt hat - auf Schadenersatz 16 wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung verpflichtet werden.17
Für Fälle der vorsätzlichen Patentanmaßung enthält § 16 UWG zudem eine Strafvorschrift („strafbare Werbung“).
4 Patent pending – Patent angemeldet
Wie schon erwähnt, darf der Inhaber eines Patents oder einer Patentanmeldung im Rechtsverkehr, insbesondere in der Werbung, auf seine Erzeugnisse aufmerksam machen, dass sie unter Patentschutz stehen.18
Doch wie verhält es sich, wenn das Patent zwar angemeldet, aber noch nicht erteilt wurde?
In Deutschland sind dieser Art von Werbung enge Grenzen gesetzt.
Jeder, der in Deutschland mit „zum Patent angemeldet“ oder „patent pending“ oder mit ähnlichen Ausdrücken werben will, muss vorsichtig sein, denn die rechtliche Situation in Deutschland ist viel strenger als international üblich. Es bestand die Gefahr, dass durch gerichtliche Verfügung die Werbematerialien fortgenommen und vernichtet wurden, obwohl man nur die Wahrheit zum Ausdruck gebracht hatte.
Grundlage dafür ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb:
Nach § 3 Abs. 1 UWG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG: sind irreführende geschäftliche Handlungen unzulässig.
Es ist daher immer darauf zu achten, ob eine Werbeaussage auf unterschiedliche Weisen verstanden werden kann. Denn sie gilt bereits dann als irreführend, wenn ein relevanter Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die Werbeaussage auf eine Weise versteht, in der sie mit der tatsächlichen Bedeutung nicht übereinstimmt. Besonders wichtig ist dies, wenn die Werbeaussage fremdsprachige Wörter nutzt.19
Das Oberlandesgericht München hat in einem Urteil im Jahr 2017 gegen eine Vertriebsgesellschaft entschieden, die für Mundhygieneprodukte auf den Waren mit dem englischen Begriff „patent pending“ warb.20 Es wurde damit begründet, dass der weitgehende Teil des angesprochenen Verkehrs nach der Lebenserfahrung diesen englischen Ausdruck nicht in seinem Bedeutungsgehalt erfasse und daher in relevanter Weise in die Irre geführt werde. Der angesprochene Verkehr werde dem Begriff „patent pending“ die Bedeutung beimessen, dass das Produkt über ein „anhängiges Patent“ im Sinne eines erteilten Patents verfüge. Aufgrund des niedrigen Verkaufspreises sei auch nicht damit zu rechnen, dass sich der Verkehr im Vorhinein oder im Nachhinein den Bedeutungsgehalt des Begriffs „patent pending“ näher beschäftigt.
Wenn im Prospekt des US-Herstellers „patent pending“ steht, mag das in den USA stimmen und rechtlich zulässig sein. In Deutschland kann es falsch sein – sogar dann, wenn die Patentanmeldung bereits veröffentlicht wurde. Der Leser wird nämlich die deutsche Version so verstehen, dass eine Patentanmeldung in Deutschland bzw. mit Schutz in Deutschland eingereicht wurde. Dies ist bei einer US-Patentanmeldung jedoch nicht der Fall. Ein US-Patent kann rechtliche Wirkung nur in den USA entfalten. Folglich ist die Aussage im Werbeprospekt falsch oder zumindest irreführend.
Auch auf Messen kommt es immer wieder vor, dass sich ein Herr als Gerichtsvollzieher vorstellt und mit einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung darauf besteht, die Werbeprospekte mitzunehmen.
Das hat folgenden Hintergrund:
Eine eingereichte Patentanmeldung hat zunächst keinerlei rechtliche Wirkung gegenüber Dritten. Die Anmeldung bleibt beim Patentamt, und erst nach 18 Monaten wird sie veröffentlicht. Erst mit dieser Veröffentlichung der Anmeldung treten gewisse rechtliche Wirkungen ein.
Die deutschen Gerichte argumentieren daher wie folgt:
Wer eine Werbeaussage liest, wird nicht vermuten, dass der Werbende mit einer rechtlich unbedeutenden Tatsache wirbt.
Eine nicht veröffentlichte Patentanmeldung ist jedoch rechtlich noch unbedeutend. Daher wird der Leser vermuten, dass es sich um eine bereits veröffentlichte Patentanmeldung handeln muss. Wenn die Anmeldung aber erst unmittelbar vor der Messe eingereicht wurde21, kann sie in Wirklichkeit nicht veröffentlicht sein. Daher ist die Werbeaussage irreführend und wettbewerbsrechtlich unzulässig.
Außerhalb Deutschlands sind die Gerichte toleranter. In fast allen Ländern gehen sie davon aus, dass der Leser weiß, dass „zum Patent angemeldet“ noch lange nicht bedeutet, dass ein Patent tatsächlich erteilt werden wird.
Auch in Deutschland gab es Kritik an der strengen Handhabung durch die Gerichte. Aber noch ist es tägliche Praxis, dass deswegen einstweilige Verfügungen erlassen und vollstreckt werden.22
Sogar eine Angabe wie "im Inland geschützt" oder "gesetzlich geschützt" erweckt den Eindruck, es liege ein Schutzrecht vor. Diese Begriffe dürfen daher in der Werbung nur verwendet werden, wenn diese Aussage wahr ist.
Für angemeldete, aber noch nicht erteilte/veröffentlichte Patente werden klare Hinweise, wie "Patent angemeldet" oder "DE-Pat. angem.", empfohlen.
Der Ausdruck "patentiert" oder "patentgeschützt" darf daher in diesem Stadium keinesfalls verwendet werden. Auch kryptische Hinweise, wie „DPA“ oder „DPang“ sowie "pat. pend." werden von der Rechtsprechung in diesem Stadium als irreführend angesehen.23
[...]
1 vgl. Einbock GmbH, 2020
2 siehe Seite 8 „Patent pending“
3 vgl. Rechtsanwälte Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum Partnerschaft, 2020
4 den Begriff führte der US-Jurist Jason Mazzone ein (engl. copy ‚Kopie‘; fraud ‚Betrug‘)
5 vgl. Schlüter, 2020
6 vgl. dejure.org Rechtsinformationssysteme GmbH, 2020
7 vgl. LG München, Urteil vom 21. September 1995 - Az.: 7 O 1384/95
8 vgl. Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, 2020
9 vgl. Nirk, Ullmann, & Metzger, 2018
10 vgl. § 30 GebrMG
11 vgl. § 59 DesignG
12 vgl. Kanzlei Plutte, 2020
13 vgl. Benkard, 2015
14 z.B. DPMAregister, DEPATISnet, Espacenet
15 Brief eines Patentanwalts an den Wettbewerber (verallgemeinert)
16 vgl. §§ 823, 826, 1004 BGB, §§ 1 und 4 UWG
17 vgl. §§ 3, 5, 8, 9 UWG
18 vgl. Nirk, Ullmann, & Metzger, 2018
19 vgl. Meyer-Dulheuer MD Legal Patentanwälte PartG mbB, 2020
20 vgl. OLG München, Urteil vom 01.06.2017 – Az.: 6 U 3972/16
21 das ist häufig der Fall bei neuen Produkten
22 vgl. Heuking Kühn Lüer Wojtek - Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung von Rechtsanwälten und Steuerberatern, 2009
23 vgl. Patentanwalt und Rechtsanwalt Dipl.-Ing. Martin Misselhorn, 2020