Diese Arbeit analysiert den für Oscar Wilde typischen Frauentypus "bad woman". Es wird untersucht, was man unter diesem Begriff versteht und welche Funktion dieser Figur bezüglich des dramatischen Geschehens zukommt. Beispielhaft wird hierbei das Werk "Lady Windermere’s Fan" betrachtet.
"Lady Windermere´s Fan" zählt neben "The Importance of Being Earnest" zu den bekanntesten Stücken Oscar Wildes. Beide werden auch heute noch mit großem Erfolg auf vielen Bühnen inszeniert und scheinen auch nach über 100 Jahren nichts von ihrem Charme, ihrer Komik und in gewisser Weise auch Aktualität eingebüßt zu haben. Über die meisten dargestellten gesellschaftlichen Probleme, Normen und Werte, mit denen Wilde spielt, lässt sich auch im 20. Jahrhundert noch lachen.
Das Stück wurde am 20. Februar 1892 im St. James´s Theatre uraufgeführt und ein Jahr darauf schließlich auch als Text veröffentlicht1. Damit zählt es neben "Salomé" zu Wildes ersten Dramen. Das Thema dieser Arbeit erwächst aus der bedeutenden Rolle, die Oscar Wilde selbst der Figur der Mrs. Erlynne beimisst, weist er doch in zahlreichen Briefen auf sie hin, wobei es zu einem regelrechten Streit zwischen ihm und George Alexander vom St. James´s Theatre kam, als es um die Frage ging, wann Mrs. Erlynne sich dem Publikum als Lady Windermere´s Mutter zu erkennen geben sollte.
Inhalt
1. Einleitung
2. Mrs. Erlynne
2.1 Mrs. Erlynnes Auftritte
2.2 Mrs. Erlynnes Sprache
2.3 Mrs. Erlynnes Handlungen
3. Bemerkungen
4. Bibliographie
Primäre Quellen:
Sekundäre Quellen:
1. Einleitung
„Lady Windermere´s Fan“ zählt neben „The Importance of Being Earnest“ zu den bekanntesten Stücken Oscar Wildes. Beide werden auch heute noch mit großem Erfolg auf vielen Bühnen inszeniert und scheinen auch nach über 100 Jahren nichts von ihrem Charme, ihrer Komik und in gewisser Weise auch Aktualität eingebüßt zu haben (,denn über die meisten dargestellten gesellschaftlichen Probleme, Normen und Werte, mit denen Wilde spielt, läßt sich auch im 20. Jahrhundert noch lachen).
Der etwas ausgefallene Titel dieser Arbeit läßt bereits vermuten, daß sich die folgende Analyse vor allem auf einen für Oscar Wilde typischen Figurentypus beziehen wird, nämlich die sogenannte bad woman.
Was man unter diesem Begriff versteht und welche Funktion dieser Figur in bezug zum dramatischen Geschehen zukommt, wird anhand des Dramas „Lady Windermere´s Fan“ untersucht werden.
Das Stück wurde am 20. Februar 1892 im St. James´s Theatre uraufgeführt und ein Jahr darauf schließlich auch als Text veröffentlicht1. Damit zählt es neben „Salomé" zu Wildes ersten Dramen. Das Thema dieser Arbeit erwächst aus der bedeutenden Rolle, die Oscar Wilde selbst der Figur der Mrs. Erlynne beimißt, weist er doch in zahlreichen Briefen auf sie hin, wobei es zu einem regelrechten Streit zwischen ihm und George Alexander vom St. James´s Theatre kam, als es um die Frage ging, wann Mrs. Erlynne sich dem Publikum als Lady Windermere´s Mutter zu erkennen geben sollte.
The audience must not know till the last act that the woman [..] was her own mother. [...] When they learn it, [...] their interest is concentrated on Mrs. Erlynne, to whom dramatically speaking belongs the last act.2
Später wurde das Geheimnis dann doch früher gelüftet - dieses Beispiel zeigt jedoch, wieviel Bedeutung Mrs. Erlynne als „Trägerin“ der Wirkung des Stücks von Wildes Seite zukommt.
Von konkreten Textbeispielen ausgehend soll nun die Rolle der Mrs. Erlynne charakterisiert werden, um später Rückschlüsse darauf ziehen zu können, was Oscar Wilde mit der Einführung dieser Figur bezweckt hat und ob sie tatsächlich - wie im Titel dieser Arbeit behauptet - als Motor des dramatischen Geschehens fungiert.
2. Mrs. Erlynne
Zunächst einmal erscheint es schwierig, genaue Angaben über Textstellen zu machen, da das Drama lediglich in Akte und nicht in einzelne Szenen eingeteilt wurde. Auf diese Weise ist es auch nicht möglich, eine quantitative Auswertung der Redeanteile Mrs. Erlynnes gegenüber denen der anderen Charaktere zu präsentieren.
Oscar Wilde hat jedoch sein Stück so angelegt, daß es größtenteils dialogisch verläuft, sich also meistens zwei Charaktere zur gleichen Zeit unterhalten, während die übrigen Figuren aus dem Raum dirigiert werden. Am deutlichsten wird dies bei dem Empfang zu Beginn des zweiten Aktes, wo nach und nach fast zwanzig Personen die Bühne betreten, die von Wilde aber per Regieanweisung in den Ballsaal oder auf die Terrasse inszeniert werden, sodaß die Dialoge tatsächlich auch räumlich von den übrigen Anwesenden getrennt ablaufen.
Manchmal erscheinen diese Gänge sehr gestellt und unnatürlich, sind aber notwendig, um die Aufmerksamkeit des Publikums auf die Dialoge zu legen, welche ja gerade bei Wilde eine größere Bedeutung besitzen als die eigentlichen Aktionen auf der Bühne. Durch ihr Verhalten im Gespräch offenbaren sich die Figuren, charakterisieren sich selbst oder werden charakterisiert.
So erscheint es auch legitim, ausgehend von den Dialogen auf die Beschaffenheit einer Figur zu schließen (auch wenn diese selbst natürlich nicht immer die Wahrheit über sich preisgibt).
Um nun das eben erwähnte Problem der Strukturierung zu umgehen, wurde das Drama in Szenen eingeteilt, deren Beginn sich am jeweiligen Auftritt einer wichtigen Person und somit an der Einführung eines neuen Gesprächsthemas orientiert3.
2.1 Mrs. Erlynnes Auftritte
Wenn Mrs. Erlynne auftritt, erfolgt dies immer als regelrechte Inszenierung. Während die übrigen Gäste wie von Parker angekündigt nach und nach den Raum betreten und sich ganz den Konventionen entsprechend verhalten und somit kaum auffallen, PARKER: Mr. Cecil Graham ! Enter MR. CECIL GRAHAM.
CECIL GRAHAM (bows to LADY WINDERMERE, passes over and shakes hands with LORD WINDERMERE: Good evening, Arthur.4 stellt der erste Auftritt von Mrs. Erlynne (nachdem zuvor ja lediglich über sie geredet wurde) regelrecht eine Zäsur dar:
LORD WINdERMERE: I will tell her. I must. It would be terrible if there were any scene. Margaret... PARKER: Mrs. Erlynne !
LORD WINDERMERE starts. MRS. ERLYNNE enters, very beautifully dressed and very dignified. LADY WINDERMERE clutches at her fan, then lets it drop on the floor. She bows coldly to MRS. ERLYNNE, who bows to her sweetly in turn, and sails into the room. 5
Bezeichnenderweise betritt sie genau in dem Moment den Raum, in dem Lord Windermere sich entscheidet, seine Frau über die wahre Identität Mrs. Erlynnes aufzuklären. Er spricht sie gerade an, als er abbrechen muß und Mrs. Erlynne erscheint. Diese fügt sich nicht gleich in das Muster der Gesellschaft ein, sondern sticht aufgrund ihrer ansprechenden Kleidung und des würdevollen (ja sogar sehr würdevollen) Auftretens daraus hervor. Eine Kette von Reaktionen folgt aufeinander, was bereits hier erkennen läßt, daß Mrs. Erlynne genau weiß, was sie mit ihrem Verhalten bewirken kann. Durch ihr Auftreten erhält die gesamte Szene einen neuen Energieschub. Obwohl von Parker angekündigt, scheint sie blitzschnell „hereinzuplatzen“, woraufhin Lord Windermere wie schockiert dasteht, seine Frau den Fächer, den sie Mrs. Erlynne eigentlich ins Gesicht schlagen wollte, fallenläßt6 und allein durch die „kalte Verbeugung“ vor dem neuen Gast die bisherige Smalltalk-Stimmung ins Unheilschwangere verkehrt wird.
In dieser Szene ist Mrs. Erlynne diejenige, die zunächst Verwirrung stiftet, indem sie erstens überhaupt bei der Feier erscheint und sich zweitens entgegen allen Vorurteilen der übrigen Figuren zu einer charming person entwickelt, die akzeptiert und sogar geschätzt wird, was vor allem aus den Aussagen der Duchess of Berwick hervorgeht, die zuvor sehr abwertend über Mrs. Erlynne gesprochen hatte:
DUCHESS OF BERWICK: Dear Margaret, I´ve just been having such a delightful chat with Mrs. Erlynne. I am so sorry for what I said to you this afternoon about her. Of course she must be all right if you invite her. A most attractive woman, and has such sensible views on life.7
Auch der zweite größere Auftritt Mrs. Erlynnes zu Beginn des dritten Aktes besitzt nur allein aufgrund der dramatischen Plazierung im Stück eine große Wirkung.
Sie betritt ausgerechnet dann die Szene, als Lady Windermere von ihren Gefühlen, Gewissensbissen und Selbstzweifeln überwältigt, die Hände vors Gesicht schlägt. [...] Oh ! here he is ! What shall I do? What can I say to him? Will he let me go away at all? I Have heard that men are brutal, horrible. ...Oh! (Hides her face in her hands.) Enter MRS. ERLYNNE L.
MRS. ERLYNNE: Lady Windermere ! (LADY WINDERMERE starts and looks up. Then recoils in contempt.) Thank Heaven I am in time. You must go back to your husband´s house immediately.8
In dieser Situation wird die Intensität des Auftritts noch verstärkt und löst in Lady Windermere eine Art Schockeffekt aus, ähnlich wie in Lord Windermere bei Mrs. Erlynnes erstem Auftritt. Zudem hatte sie ja das Erscheinen Lord Darlingtons erwartet, nicht das der mutmaßlichen Geliebten ihres Mannes, was durch das „oh! here he is! [...] Will he let me go at all?“ im obigen Textauszug ausgedrückt wird.
Danach jedoch besinnt sie sich wieder ihrer Antipathie gegenüber der Frau, von der sie ja nicht weiß, daß sie ihre Mutter ist und welche sie eigentlich davor bewahren möchte, den Fehler zu machen, den sie damals machte, was in ihrer gesellschaftlichen Außenseiter-Stellung endete.
Ironischerweise hatte sich Lady Windermere gerade im Moment von Mrs. Erlynnes Auftritt dazu entschlossen, doch zu ihrem Mann zurückzukehren: „No, no! I will go back, [...] I must go at once.9 “, und verwirft diesen Gedanken beim Anblick Mrs. Erlynnes, was fast wie eine Trotzreaktion wirkt und erneut verdeutlicht, wie die Figur der bad woman durch die Vorurteile der übrigen Figuren ihr gegenüber die Handlung beeinflußt - in diesem Falle sicherlich nicht willentlich, da Mrs. Erlynne ihre Tochter ja gerade dazu bringen möchte, zu Lord Windermere zurückzukehren.
It is only the arrival of Mrs. Erlynne, begging her to do what she has already decided to do, that changes her mind: she will stay, not [...] with a ´determination to dishonour her husband´, but for the opposite reason; she cannot bear the hypocrisy of the arrangement Lord Windermere seems to have with Mrs. Erlynne.10
Die wohl größten Auswirkungen eines Auftritts von Mrs. Erlynne besitzt ihr Erscheinen am Ende des dritten Aktes, als sie sich regelrecht für ihre Tochter opfert, indem sie die Verantwortung für Lady Windermeres Fächer übernimmt und somit den Verdacht, ein Verhältnis mit Lord Darlington zu haben, von Lady Windermere abwendet und ihn stattdessen auf sich selbst lenkt.
Dramaturgisch gesehen erfolgt dieser Auftritt genau auf dem Spannungshöhepunkt, kurz bevor die anwesenden Herren Lady Windermere hinter dem Vorhang entdecken. Die Regieanweisungen geben hier recht genaue Angaben über die folgenden Reaktionen:
Everyone starts and turns round. LADY WINDERMERE slips out from behind the curtain and glides from the room L. [...] LORD WINDERMERE looks at her in contempt. LORD DARLINGTON in mingled astonishment and anger. LORD AUGUSTUS turns away. The other men smile at each other.11
Neben ihrem überraschenden Auftritt benötigt Mrs. Erlynne nur einen Satz, um zu erklären, warum Lady Windermeres Fächer in Lord Darlingtons Räumen zu finden ist. Lord Windermere straft Mrs. Erlynne mit Verachtung, da er erst kurz zuvor von ihren ernsthaften Heiratsplänen mit Lord Augustus erfahren hatte und sich nun der anfängliche allgemeine Eindruck, Mrs. Erlynne sei eine Abenteurerin, die sich mit jedem Mann einläßt, doch zu bestätigen scheint. Für den Zuschauer jedoch zeigen sich in dieser Handlung die wahren, mütterlichen Gefühle der Mrs. Erlynne, die ihre eigene Rückkehr in die Gesellschaft riskiert, um ihre Tochter zu retten, denn sie ist ihr wichtiger als ihre eigene Stellung und soziale Anerkennung. Aus diesem Grunde liegt auch ein eigenartiges Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie im vierten Akt Lord Windermere gegenüber zugibt, ihre Chance, wieder gesellschaftliches Ansehen durch die Hochzeit mit Augustus zu erlangen, verspielt zu haben: „You are quite right, I spoiled it all last night.“12
Lord Augustus selbst sieht weg, was zum einen ausdrückt, daß er das Ganze nicht mit ansehen kann, zeigt aber auch zum anderen, daß er sich schämt, daß seine Zukünftige vor aller Augen in den Räumen eines Freundes ertappt wird.
Lord Darlington nun zeigt keine eindeutige Reaktion, er ist hin und hergerissen zwischen Erstaunen und Wut bzw. Ärger, zumal sich dies alles in seinem Hause abspielt.
Das Grinsen der übrigen Herren scheint erneut das Bild von Mrs. Erlynne als bad woman zu bestätigen. Doch spätestens hier läßt sich erkennen, daß diese Art von schwarz-weiß-Malerei nicht mehr funktioniert, daß die Stereotypen, die von den meisten Figuren des Stücks hochgehalten und teilweise auch verkörpert werden, nun unterwandert sind, und zwar ausgelöst vom Verhalten Mrs. Erlynnes, die, teils bewußt, teils unbewußt, die gesamte Gesellschaft durcheinanderbringt und ihre Normen und Werte schwanken läßt.
Und nun steigert Wilde die Wirkung noch, indem er genau hier den dritten Akt enden läßt und somit durch einen „strong curtain“13 das Bild der allgemeinen Verwirrung und Konfusion in den Köpfen des Publikums haften läßt. St. John Hankin bezeichnet diese Technik, bei einem dramatischen Höhepunkt den Vorhang fallen zu lassen, als „theatrically extremely effective“.14
Diese wenigen Zeilen am Ende des dritten Aktes liefern also den gesamten Stoff für den darauffolgenden vierten, und all dies wurde ausgelöst durch Mrs. Erlynne.
2.2 Mrs. Erlynnes Sprache
In obiger Abhandlung wurde das Hauptaugenmerk lediglich auf die bloßen, rein körperlichen Handlungen Mrs. Erlynnes gerichtet, die Sprache, die Wildes Figuren vor allem ausmachen, wurde dabei kaum berücksichtigt. Doch gerade durch ihre Sprache definieren sich die Charaktere und lassen sich dadurch grob in Kategorien einteilen. So zählt die Literaturwissenschaft Lord Darlington fast einstimmig zu den dandies, da er in seinen Äußerungen fast nichts über sich selbst verrät, mit gesellschaftlichen Werten spielt und sich darüber lustig macht, um möglichst wenig von sich selbst zu offenbaren15. Dabei steht das Prinzip „form over content16 “ an oberster Stelle. Egal, wie trivial auch das Thema des Gesprächs sein mag, er bewahrt stets die Form (was verständlicherweise häufig ironisch wirkt). Er macht, ähnlich wie Lord Henry in „The Picture of Dorian Gray“ sein Leben zu einem Schauspiel, versucht beispielsweise, wicked und böse zu wirken, obwohl sein wahres Wesen völlig anders ist17.
Beim Betrachten der ersten beiden Akte des Stücks ließe sich Mrs. Erlynne demzufolge durchaus als dandy woman bezeichnen, da sie, allen Vorurteilen zum trotz offensichtlich jedem genau das sagen kann, was er oder sie gerade hören möchte. Sie betreibt gepflegte Konversation und zieht nach und nach fast alle Sympathien auf sich, ohne auch nur eine Kleinigkeit ihres eigenen Wesens oder ihrer Persönlichkeit zu offenbaren.18
Doch spätestens im dritten Akt kommen ihre wahren Gefühle zum Vorschein und im vierten Akt wird überdeutlich, daß es ihr zunächst um ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft ging, die sie dann zum Wohle ihrer Tochter opfert - und hier versagt auch ihre dandy-Maske, die eigentlich ihre Gefühle verdecken sollte:
MRS. ERLYNNE [...] For a moment she reveals herself. [...]
Only once in my life have I known a mother´s feelings. That was last night. They were terrible - they made me suffer - they made me suffer too much. For twenty years, as you say, I have lived childless - I want to live childless still. (Hiding her feelings with a trivial laugh.)19
Nicht immer also personifiziert Mrs. Erlynne den typischen dandy, manchmal ist sie einfach die sorgenvolle Mutter, die ihrer Tochter helfen möchte. Darum erscheint es sinnvoller, Mrs. Erlynne mit dem Schlagwort bad woman zu bezeichnen, was eine Abgrenzung gegenüber der good woman Lady Windermere darstellt, welche vor allem durch ihre ehrliche, puritanische und moralistische Art (gemessen an den gesellschaftlichen Konventionen und Normen) gekennzeichnet ist.
Demgegenüber steht eine woman with a past, die aus der Gesellschaft ausgestoßen wurde:
Mrs. Erlynne, who has alienated herself from good society by running away from her husband, fills that role in Lady Windermere´s Fan. The motive force in the play is Mrs. Erlynne´s desire to re-enter that society and be accepted by it. [...] The outcast is always repentant and desires forgiveness.20
Wie aber Mrs. Erlynne durch ihre Sprache das Geschehen des Stückes bestimmt, soll nun an einigen Beispielen detailliert untersucht werden.
Armin Geraths schreibt: „Nur eine Figur in Wildes Komödie beherrscht die diplomatische Sprache vollendet: die eigentliche Hauptfigur des Stückes, Mrs. Erlynne.“21 Sie ist es, die auf alles eine Antwort hat und sich formvollendet ausdrückt. Demgegenüber steht, wie bereits erwähnt, das Sprachverständnis der Windermeres, die als Puritaner davon überzeugt sind, daß Form und Inhalt eines Satzes übereinstimmen müssen, daß der Sprecher das ernsthaft Gesagte auch so meint, sich also einer „Aufrichtigen Sprache“22 bedient.23
[...]
1 Vgl. „Chronological Table“ in: The Complete Oscar Wilde, Crescent Books, New York 1990, S. 859 f.
2 Vgl. Brief von Wilde an Alexander, Februar 1892, in Hart-Davis, Rupert (Hrsg.): The Letters of Oscar Wilde, London 1962, S. 308.
3 Diese Einteilung ist in keinster Weise verbindlich, sie soll lediglich dem Leser dieser Arbeit die Struktur des Dramas näherbringen. Das Szenario mit der neuen Szeneneinteilung befindet sich im Anhang.
4 II,1, S. 378. Die Seitenangaben richten sich nach folgender Ausgabe: „Oscar Wilde: Lady Windermere´s Fan“ in: The Complete Oscar Wilde, Crescent Books, New York 1990, S. 364-409.
5 II,2, S. 379.
6 Auf die Fetischisierung des Fächers durch immer neue Aufladungen mit Bedeutung und die damit verbundene Symbolik in bezug zu Lady Windermere´s Charakter soll hier nicht weiter eingegangen werden. Das Fallenlassen jedoch zeigt eindeutig ihre Unfähigkeit, ein relativ brutales, undamenhaftes und vor allem nicht puritanisches Verhalten zu zeigen, was ihre Funktion als good woman, vor allem im Gegensatz zu Mrs. Erlynne, unterstreicht.
7 II,2, S. 384.
8 III,1, S. 389.
9 III,1, S. 389.
10 Vgl. Worth, Katherine: Oscar Wilde, Petersen-Macmillan Verlag, Hamburg 1983, S. 77.
11 III,4, S. 399.
12 IV,4, S. 403.
13 Vgl. Hankin, St. John: „Wilde as a Dramatist“ in: Ellmann, Richard (Hrsg.): Oscar Wilde: A Collection of Critical Essays, Englewood Cliffs, New Jersey 1969, S. 61 ff.
14 Ebd. S. 62.
15 Ausführlichere Angaben über die Figur des dandy in Wildes Dramen finden sich vor allem in: Ganz, Arthur F.: The Dandiacal Drama: A Study of the Plays of Oscar Wilde, Columbia University 1957.
16 Vgl. Ganz, Arthur: „The Divided Self in the Society Comedies of Oscar Wilde“ in: Tydeman, William (Hrsg.), Oscar Wilde: Comedies. A Casebook, London 1982, S. 132.
17 Vgl. Wilde, Oscar: „The Picture of Dorian Gray“ in: The Complete Oscar Wilde, Crescent Books, New York 1990, S. 11-161.
18 Im gesamten zweiten Akt finden sich zahlreiche Beispiele für Mrs. Erlynnes Gabe, durch ihre Äußerungen an Ansehen zu gewinnen.
19 IV,4, S. 404.
20 Vgl. Ganz, Arthur: „The Divided Self in the Society Comedies of Oscar Wilde“ in: Tydeman, William (ed.), Oscar Wilde: Comedies. A Casebook, London 1982, S. 127.
21 Vgl. Geraths, Armin: „Wilde - Lady Windermere´s Fan“ in Mehl, Dieter (Hrsg.): Das englische Drama: Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Bd. II, Düsseldorf 1970, S. 166.
22 Ebd. S. 163.
23 Ein gutes Beispiel hierfür ist in I,1, S. 367 zu finden: „LORD DARLINGTON: Vileness is a terrible word, Lady Windermere. / LADY WINDERMERE: It is a terrible thing, Lord Darlington.“