Die Arbeit stellt einen Vergleich dar zwischen Max Webers Bürokratiemodell und Frederick W. Taylors Wissenschaftlicher Betriebsführung. Beide Modelle werden hinsichtlich der Fragestellung verglichen, aus welchem Interesse heraus die Autoren Organisation als rationales System betrachten. Auf den ersten Blick ähneln sich beide Modelle in ihrer Sichtweise auf Organisation als effiziente Maschine. Interessant ist ihre unterschiedliche Motivation: Bei genauerer Betrachtung finden sich methodische Unterschiede, die Rückschlüsse über ihre jeweiligen Zielsetzungen geben.
In den Kapiteln zwei und drei der Hausarbeit werden die grundlegenden Annahmen beider Modelle dargestellt. In Kapitel zwei über Max Weber wird die bürokratische Verwaltung als eine spezifische Form von Herrschaft und als Kennzeichen des Rationalisierungsprozess in der Moderne vorgestellt. Im dritten Kapitel folgen die von Frederick W. Taylor entwickelten Prinzipien der "Wissenschaftlichen Betriebsführung" in einem industriellen Betrieb. Beide Kapitel beginnen mit einer kurzen Einführung in das Thema mit Blick auf den soziohistorischen Kontext und Biographie.
Im vierten Kapitel werden beide Theorien verglichen. Zunächst wird erörtert, was Organisation in der theoretischen Perspektive als rationales System bedeutet und der Rationalisierungsbegriff auch in Bezug auf beide Modelle geklärt. Gemeinsamkeiten finden sich in der formalen Struktur und in den Zielen der bürokratischen Verwaltung und des industriellen Betriebs. Kapitel 4.2 behandelt das jeweilige Verständnis von Organisation, die Ebene der Organisation und der jeweiligen Betrachtungsweise auf diese.
In den letzten beiden Teilen des Kapitels werden die Ziele beider Wissenschaftler - Frederick Taylors primäres Interesse an der Praxis des guten Organisierens und Max Webers universalgeschichtlicher Blickwinkel auf die Organisation, erörtert. Dazu bedienen sie sich jeweils einer anderen Methode, auf die im Kapitel 4.4 eingegangen wird. Im letzten Kapitel 5 werden Erkenntnisse aus dem jeweiligen Verständnis von Organisation als rationales System und den damit zusammenhängenden Zielen und Methoden kurz zusammengefasst und daraus ein Fazit gezogen. Beide Modelle werden kritisch beleuchtet und die darauf aufbauende veränderte Perspektive von Organisation kurz aufgegriffen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Max Webers Bürokratiemodell
2.1 Kontext des Weberschen Bürokratiemodells
2.2 Rationalisierungsprozesse in der Moderne
2.3 Die drei Ebenen der Rationalisierung
2.4 Macht und Herrschaft
2.5 Die drei Typen legitimer Herrschaft
3. Die „wissenschaftliche Betriebsführung“ nach Frederick Taylor
3.1 Kontext der Taylorschen Methodik
3.2 Ursachen der Verschwendung von Arbeitskraft
3.3 Organisationsprinzipien auf„wissenschaftlicher“ Basis
4. Vergleich beider Modelle
4.1 Der Rationalitätsbegriff
4.2 Der Organisationsbegriffbei Frederick Taylor und Max Weber
4.3 Ziele
4.4 Methoden
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Organisationen sind die Bausteine moderner Gesellschaft. Der „Siegeszug“ von Organisationen lässt sich zurückführen auf die Entstehung der kapitalistischen Wirtschaftsweise und damit verbundenen Prozesse der Rationalisierung aller Lebensbereiche sowie auf die funktionale Differenzierung und Spezialisierung als vorherrschendes Strukturprinzip. Am Anfang der Entwicklung der Organisationssoziologie um 1900 stand die Idee von Organisationen als „rational geplante und gesteuerte Systeme“ (Preisendörfer 2005: 95), als „Maschinen“, die sich gegenüber ihren Vorläufern - der Familiengemeinschaft oder den Zünften, durch „höhere Flexibilität und ökonomische Effizienz“ (Kieser/Walgenbach 2010: 5) auszeichneten.
In dieser Tradition stehen zwei klassische Theorien der Organisationssoziologie: Max Webers Bürokratiemodell und die „wissenschaftliche Betriebsführung“ nach Frederick W. Taylor. Beide Modelle werden hinsichtlich der Fragestellung verglichen, aus welchem interesse heraus sie Organisation als „rationales System“ betrachten. Auf den ersten Blick ähneln sich beide Modelle in ihrer Sichtweise auf Organisation als effiziente „Maschine“. Interessant ist ihre unterschiedliche Motivation: Bei genauerer Betrachtung finden sich methodische Unterschiede, die Rückschlüsse über ihre jeweiligen Zielsetzungen geben. In den Kapiteln zwei und drei der Hausarbeit werden die grundlegenden Annahmen beider Modelle dargestellt. In Kapitel zwei über Max Weber wird die bürokratische Verwaltung als eine spezifische Form von Herrschaft und als Kennzeichen des Rationalisierungsprozess in der Moderne vorgestellt. Im dritten Kapitel folgen die von Frederick W. Taylor entwickelten Prinzipien der „wissenschaftlichen Betriebsführung“ in einem industriellen Betrieb. Beide Kapitel beginnen mit einer kurzen Einführung in das Thema mit Blick auf den sozio-historischen Kontext und Biographie. Im vierten Kapitel werden beide Theorien verglichen. Zunächst wird erörtert, was Organisation in der theoretischen Perspektive als „rationales System“ bedeutet und der Rationalisierungsbegriff auch in Bezug auf beide Modelle geklärt (4.1). Gemeinsamkeiten finden sich in der formalen Struktur und in den Zielen der bürokratischen Verwaltung und des industriellen Betriebs. Kapitel 4.2 behandelt das jeweilige Verständnis von „Organisation“, die „Ebene“ der Organisation und der jeweiligen Betrachtungsweise auf diese. In den letzten beiden Teilen des Kapitels werden die Ziele beider Wissenschaftler - Frederick Taylors primäres Interesse an der Praxis des guten „Organisierens“ und Max Webers universalgeschichtlicher Blickwinkel auf die Organisation, erörtert. Dazu bedienen sie sich jeweils einer anderen Methode, auf die im Kapitel 4.4 eingegangen wird.
Im letzten Kapitel 5 werden Erkenntnisse aus dem jeweiligen Verständnis von Organisation als „rationales System“ und den damit zusammenhängenden Zielen und Methoden kurz zusammengefasst und daraus ein Fazit gezogen. Beide Modelle werden kritisch beleuchtet und die darauf aufbauende veränderte Perspektive von Organisation kurz aufgegriffen.
2. Max Webers Bürokratiemodell
Max Weber gilt als der Gründervater der Organisationssoziologie. Seine systematische Beschreibung der bürokratischen Verwaltung, die sich im Industriezeitalter in Deutschland herausgebildet hat, gilt als Vorlage für spätere Organisationsmodelle.
2.1 Kontext des Weberschen Bürokratiemodells
Max Weber wurde 1864 in Erfurt in Thüringen als erstes von acht Kindern geboren. Er wächst in bürgerlichen Verhältnissen auf, sein Vater besetzte eine wichtige Position in der preußischen Staatsregierung (vgl. Kaiberg 2006: 13).
Wenig später zieht die Familie nach Berlin. 1882 besteht Max Weber das Abitur und studiert Staatsrecht, Wirtschaftsgeschichte, Philosophie und alte Geschichte in Heidelberg. Er legt sein 1885 sein Refrendarexamen in Berlin ab, studiert Handelsrecht und Agrargeschichte und promoviert 1889 (vgl ebd.: 120). 1891 habilitiert er über römische Agrargeschichte und nimmt einen Lehrstuhl für Nationalökonomie in Heidelberg an (vgl. ebd.: 120). Nach dem Tod seines Vaters erkrankt er schwer und scheidet für die nächsten 19 Jahre aus dem universitären Lehrbetrieb (vgl. ebd.: 124).
Max Webers Soziologie steht in direktem Bezug zu den gesellschaftlichen Umbrüchen des 19.Jahrhunderts. Ausbildung eines Nationalstaates unter preußischer Führung, die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie, Säkularisierung und die Herausbildung der Industrialisierung und einer kapitalistischen Wirtschaftsweise. Weber verortet in der westlichen Gesellschaft Rationalisierungsprozesse in Staat, Recht und Wirtschaft. Ein Kennzeichen dafür ist die bürokratische Verwaltung, die sich als eine besondere Organisationsform weiter ausbreitet und differenziert. Webers wichtigsten Werke sind „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“(1920), „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ (1920) und „WirtschaftundGesellschaft“ (ebd.: 8).
2.2 Rationalisierungsprozesse in der Moderne
Ausgangspunkt von Webers Untersuchungen ist ein in der westlichen Moderne neuer Typ von Rationalismus der in vollendeter Form einem Zweckrationalismus entspricht, ein „instrumenteller, technischwissenschaftlicher Rationalismus, der nach und nach alle Lebensbereiche der Menschen durchdringt“ (Guttandin 2009: 126).
Rationalisierung in Webers Sinne heißt etwas „Berechenbar-machen“ oder „exakt kalkulieren“. Parallel zu den sich „rational entwickelnden Sphären“ (ebd.: 33) - Technik, Recht und Verwaltung - bildete sich eine besondere Art des modernen Kapitalismus heraus. Webers These nach diente als treibende Kraft die Religion des Calvinismus. Seine Prädestinationslehre erlegte den Anhängern eine strenge Lebensführung in Form von rastloser Erwerbsarbeit auf, dabei sollte auf Konsum verzichtet und das erwirtschaftete Kapital gespart werden. Am irdischen Erfolg“ war abzulesen, wer von Gott auserwählt ist (ebd.: 38).
2.3 Die drei Ebenen der Rationalisierung
Weber markiert den Rationalisierungsprozess auf drei Ebenen: die Ebene der rational-praktischen Lebensführung, die Ebene der Glaubenssysteme und der Weltbilder und die Ebene der Institutionen (vgl. Jansen 2009: 23).
Mit dem Begriff der „Entzauberung“ bezeichnet Weber das Zurückdrängen von Religion und einer sich ausbreitenden Säkularisierung in der modernen Gesellschaft zugunsten der „Wissenschaften“ als neue Erklärungs- und Deutungsmuster der Welt. Befreit aus religiösen Bindungen, die vormals die ökonomische und soziale Stellung des Menschen bestimmten, und der Heraus- bildung einer kapitalistischen Marktwirtschaft konnten die Menschen ihr Leben nach eigenen Wertvorstellungen „bewusst“ gestalten und ökonomisch ausrichten (vgl. ebd.: 23). Auf der Ebene der Institutionen, die als „Träger“der modernen Gesellschaft fungieren, ist die Bürokratie Ausdruck des Rationalisierungsprozesses. Weber nimmt vor allem Bezug auf den Staat als „politischen Anstaltsbetrieb“ (Weber 1947: 29), der mittels eines bürokratischen Verwaltungsstabs „erfolgreich das Monopol legitimen physischen Zwanges für die Durchführung der Ordnungen in Anspruch nimmt.“ (vgl. ebd.: 29). Für ihn ist der bürokratische Verwaltungsstab die Keimzelle des modernen Staates (vgl. ebd.: 128), die als besonders moderne Herrschaftsform zu verstehen ist.
2.4 Macht und Herrschaft
Die Bürokratie als spezifische Herrschaftsform ist eine Form der rationallegalen Herrschaft, die in der Industriegesellschaft allgegenwärtig ist. Zunächst grenzt Weber Macht und Herrschaft gegeneinander ab. Macht bedeutet bei Weber „jede Chance innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“(ebd.: 28). Machtmittel können auf einem ökonomischen Vorteil oder militärischer Stellung beruhen (vgl. Jansen 2009: 23).
Weber versteht unter Herrschaft „die Chance für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden [...]“ (Weber 1947: 28). Die Person die gehorchen soll, kann dies aus verschiedenen Handlungsmotiven heraus tun. Wichtig ist in dem Zusammenhang, das der formal freie Mensch die Regeln befolgt, weil er sie für legitim erachtet und dem Herrschaftsanspruch wiederum eine legitime Grundlage zukommt (vgl. Jansen 2009: 24).
2.5 Die drei Typen legitimer Herrschaft
Max Weber unterscheidet die rational-legale Herrschaft von zwei weiteren Herrschaftsformen, der traditionalen und der charismatischen Herrschaftsform (vgl. Weber 1947: 124). Die charismatische Herrschaft ist der Glaube an eine bestimmte Person, der außergewöhnliche Fähigkeiten oder Gaben zugeschrieben werden und der Menschen aufgrund dieser Fähigkeiten vorbehaltlos folgen. Die Führer geben indessen die Regeln und Gesetze vor und können auf einen bürokratischen Verwaltungsstab verzichten (vgl. ebd.: 124). Die traditionale Herrschaftsform legitimiert die Herrschaft einer Autorität aufgrund von schon immer da gewesenen Traditionen (vgl. ebd.: 142). Falls ein Verwaltungsstab existiert, beruht er auf persönlichen Bindungen. In beiden Herrschaftsformen ist der Rationalisierungsgrad gering, das meint eine Arbeits- und Aufgabenverteilung die nach bestimmten Regeln erfolgen und auf einen bestimmten Zweck hinauslaufen (vgl. Maurer 2004: 44f). Einen hohen Rationalisierungsgrad enthält die dritte Herrschaftsform, die legale Herrschaft. Sie legitimiert sich durch den Glauben an eine gesatzte Ordnung und die Umsetzung durch jemand dazu Befugten. Diese formal korrekt gesatzte Ordnung, gesetzlich festgelegt und schriftlich fixiert, wird in einer bürokratischen Verwaltung umgesetzt. Weber sieht die legale Herrschaft vor allem in Verbindung mit Herrschaftsverbänden. Unter Herrschaftsverbänden versteht Weber Zweckverbände, in denen das Handeln „Vieler“ erfolgreich auf einen Zweck gerichtet und auf Basis einer zweckrational gesatzten Ordnung umgesetzt wird (vgl. Weber: 29). Für Weber zeichnet sich der bürokratische Verwaltungsstab durch folgende Merkmale aus:
1. Der Amtsbetrieb erfolgt regelgebunden und kontinuierlich
2. Die Kompetenzen sind klar abgesteckt, was die Leistungspflichten aber auch den Einsatz von Befehlsgewalt und Zwangsmittel angeht.
3. Es besteht ein monokratische Amtshierarchie
4. Schriftliche Fixierung in Form von Akten ist garantiert
5. Die Aufgaben richten sich nach technischen Regeln und Normen, die einer „Fachschulung“ gelernt werden.
6. Arbeits- und Verwaltungsmittel sind vom privaten Eigentum des Beamten zu trennen.
7. Der Beamte ist hauptberuflich angestellt in gesicherter Laufbahn und hat ein regelmäßiges Einkommen. Er wird nach technischen Qualifikationen ausgewählt.
8. Der Beamte ist einer einheitlichen Amtsdisziplin und Kontrolle unterworfen (vgl. ebd.: 126f.).
Nach Weber wird im Zuge des Rationalisierungsprozesses in der Moderne die charismatische und traditionale Herrschaftsform durch die legale Herrschaftsform mittels eines bürokratischen Verwaltungsstabs ersetzt (vgl. ebd.: 128). Während Weber bürokratische Verwaltung als rationalste Form ihrer Art ansieht und ihre Ausbreitung in der modernen Gesellschaft nahezu unaufhaltsam ist, wendet sich Frederick Taylor dem industriellem Betrieb zu. Er stellt „Organisationsprinzipien“ auf, die in korrekter Umsetzung eine Gewinnsteigerung des Betriebs versprechen. Taylors ausdrückliches Ziel ist die Übertragung und Verbreitung seiner Methode auf alle Formen von industriellen Betrieben (vgl. Taylor 1913: 28).
3. Die „wissenschaftliche Betriebsführung“ nach Frederick Taylor
3.1 Kontext der Taylorschen Methodik
Frederick Taylor wird 1865 in Germantown, Pennsilvanya geboren. Er wächst in einer wohlhabenden Familie in Philadelphia auf. Entgegen den Plänen seiner Eltern absolviert er mit 18 Jahren zunächst eine Lehre als Modelltischler (vgl. Vahrenkamp 1977 : 61f.). Er arbeitet 1879 vor seinem Studium in einer Dreherei, zunächst als einfacher Arbeiter dann als Meister. In dieser Zeit lief eine enorme Produktion industrieller Erzeugnisse in den Manufakturen an. Als Lehrling in einem Stahlwerk in Philadelphia - parallel dazu studierte er Ingenieurswissenschaften über eine Fernuniversität - erlebte er den Umbruch von der Manufaktur zur industriellen Produktion, und miteinhergehend die kartellartigen Zusammenschlüsse der „Grundstoffindustrien“ und einer Kapitalakkumulation (vgl. ebd.: 58ff.). In den Fabriken herrschte ein Arbeiterüberschuss. Taylor selbst ist erst als Arbeiter und dann Meister in einer Stahlfabrik tätig und macht anhand verschiedener Faktoren eine „Ineffektiviät“ der geleisteten Arbeitskraft aus. Um den Arbeitsablauf effektiver zu gestalten formuliert er Organisationsprinzipien, die er als Ingenieur auf wissenschaftlicher Basis ermittelt. Seine wichtigsten Werke sind „Shop Management“ (1911) und „The Principles of scientific Management“ (1922) (vgl. Volpert: 10). Das „Taylorsystem“ als Ganzes stellt den Versuch einer systematischen und „wissenschaftlichen“ Betriebsorganisation dar (vgl. ebd.: 11). Frederick Taylor übertrug die ingenieurwissenschaftlichen Ideen und Methoden auf die Arbeits- und Produktionsabläufe der industriellen Betriebe. Sein Ziel war einerseits eine enorme Gewinnsteigerung der Betriebe und andererseits die Beilegung des Interessenkonflikts zwischen Arbeiter und Unternehmer. In der Verwirklichung seiner Prinzipien sieht er einen Weg die „nationale Leistungsfähigkeit“ zu steigern (vgl. Taylor 1913: 2) und das Land insgesamt konkurrenzfähiger zu machen. Mit einer systematischen Schulung und Auslese von Arbeitern soll die „Schaffung von tauglichen Menschen“ (ebd.: 3) erzielt werden. Taylor sagt: „Bisher stand die Persönlichkeit im Vordergrund, in Zukunft wird das System an ihre Stelle treten“ (ebd.: 4).
3.2 Ursachen der Verschwendung von Arbeitskraft
Als Ursache der Verschwendung von aufgewendeter Arbeitskraft im Betrieb entlarvt Taylor das „Drückebergertum“ der Arbeiter, die falsche Kompetenzverteilung zwischen Arbeiter und Leitung und das unorthodoxe Anwenden von sogenannten „Faustregeln“ (ebd.: 14) - Handgriffe der Arbeiter, die sich über Generationen in den Werkstätten etabliert haben (vgl. ebd.: 12ff.). Taylor stellt fest, dass der Arbeiter nur so viel leistet, wie er gerade muss und sein tägliche Arbeitsleistung gerade die Hälfte des erforderten Pensums erreicht (vgl. ebd.: 19). Zudem konstatiert er, dass der Arbeiter sich aus fehlender Verteilung der Verantwortung überfordert fühlt. Der Arbeiter ist oft auf sich allein gestellt und kann im Umgang mit Maschine und Werkzeug nur auf alteingesessenes Wissen zurückgreifen (vgl. ebd.: 38f.). Taylor sieht einen klaren Handlungsbedarf und entwickelt Organisationsprinzipien, um diese „Missstände“ zu beseitigen.
3.3 Organisationsprinzipien auf „wissenschaftlicher“ Basis
Um zu einer effizienteren Nutzung von menschlicher Arbeit und Maschine zu gelangen, führt er „wissenschaftliche Experimente“ in Form von Zeit- und Bewegungsstudien der Arbeitsabläufe und Handgriffe durch. Das „versteckte“ Wissen der Arbeiter wurde so greifbar und konnte sorgsam geplant und vorbereitet werden (vgl. ebd.: 38ff.). Taylor formuliert anhand seiner durchgeführten Experimente folgende Prinzipien der Organisationsgestaltung:
a. Die Trennung von Hand- und Kopfarbeit:
Die Trennung von Hand- und Kopfarbeit das, heißt die Planung und die Vorbereitung des Arbeitsablaufs sollen in der Hand eines „Arbeitsbüros“liegen und die Arbeiter den exakt geplanten Arbeitsablauf nur noch „ausführen“. Die Aufgabe der Leitung wäre es nun, dieses System an die Arbeiter heranzutragen und die „Faustregel-Methode“ (ebd.: 38) zu ersetzen.
b. Das Pensum - System
Zusätzlich sollen die Arbeiter durch die Einführung eines Pensums motiviert werden.. Es erfolgt eine Umstellung von Zeitlohn auf Stücklohn. Vor Beginn der Arbeit werden von der Leitung bestimmte Leistungsziele bzw. Pensen festgelegt, die bei Unterschreitung zu Lohnabzug, bei Mehrleistung zu einem Bonus führen.
c. Systematische Personalauswahl
Mit Hilfe einer systematischen Auslese soll „der beste Mann am besten Platz“ gefunden werden. Auf die Weise werden Lohnkosten adäquat verteilt und die Arbeitskraft so am effektivsten genutzt (vgl. ebd.: 38ff.).
d. Das Funktionsmeistersystem (vgl. ebd.: 132)
Zur Kontrolle der Arbeitsabläufe in den Werkstätten sollen verschiedene Typen von Funktionsmeistern eingesetzt werden. Ein Meister ist zuständig für die Messung der Zeit, ein anderer für die Verteilung des Materials, wiederum ein anderer ist für die Überwachung und Instandhaltung der Maschinen zuständig (vgl. Jansen 2009: 27).
Die einzelnen Elemente dürfen in ihrem Wirken nicht für sich betrachtet werden, sondern die Kombination dieser machen erst das neue System aus (vgl. Taylor 1913: 151). Auf Grundlage des wissenschaftlichen Systems arbeiten Leitung und Arbeiter in einem „herzlichen Einvernehmen“ (ebd.: 39) miteinander, auch weil die jeweiligen Kompetenzen klar abgesteckt sind und sich kein Arbeiter mehr überfordert fühlen muss.
4. Vergleich beider Modelle
Nach Scott gibt es in historischer Abfolge drei unterschiedliche theoretische Betrachtungsweisen in der Organisationssoziologie und damit verbunden drei Hauptströme der Organisationsforschung:
Das „rationale Organisationsmodell“, das „natürliche Organisationsmodell“ und das „offene Organisationsmodell“ (vgl. Scott 1986: 90). In den Anfängen der Organisationssoziologie steht die Betrachtung der Organisation als „rationales System“. Im Hinblick auf bestimmte Ziele fungieren sie als „Instrumente“ (ebd.: 92), mit denen diese erreicht werden sollen. In dieser Tradition stehen die beiden Klassiker der Organisationssoziologie, Max Weber und Frederick Taylor.
Aus der Perspektive der Organisation als rationales System definiert Scott: „Eine Organisation ist eine an der Verfolgung relativ spezifischer Ziele orientierte Kollektivität mit einer stark formalisierten Sozialstruktur“, (ebd.: 45)
Organisationen werden in dieser Perspektive als Kollektivgebilde angesehen, die das Erreichen spezifischer Ziele im Auge haben und in dem Maße „zweckgerichtet“ (ebd.: 44) sind, als das die Handlungen der Beteiligten auf klar abgesteckte Ziele ausgerichtet sind. Die stark formalisierte Sozialstruktur meint, dass das Verhalten der Mitglieder durch explizit formulierte Regeln bewusst bestimmt wird. Die Rollen und Rollenbeziehungen, die Mitglieder in ihrer jeweiligen Position innehaben, sind unabhängig von ihrer Persönlichkeit (vgl. ebd.: 44). Diese organisatorischen Strukturen werden als „geronnene und institutionalisierte Rationalität angesehen“ (Preisendörfer 2005: 96), um als Mittel bestimmte Organisationsziele zu erreichen.
4.1 Der Rationalitätsbegriff
Der Begriff „Rationalität“ wird in dem Verständnis der Organisation als „rationales System“ in einem „funktionalen“ oder „technischen“ Sinne gebraucht (Scott 1986: 92). Damit ist nicht eine Rationalität bei Festlegung der Ziele gemeint, sondern eine schnelle effiziente Umsetzung vorgegebener Ziele (vgl. Mayntz 1963 18f.). Rationales Verhalten ist kalkulierbares Verhalten und es ist Aufgabe der Organisation solche Strukturen zu schaffen, in denen Verhaltensweisen und Kooperation der Mitglieder herausgebildet werden, die zur Erreichung der definierten Organisationsziele führen.
[...]