Die Lehrkräfte an den berufsbildenden Schulen stehen vor einer großen Verantwortung. Sie bilden die neuen Arbeits- und Fachkräfte des deutschen Arbeitsmarktes aus und sichern somit indirekt die Leistungsfähigkeit des dualen Ausbildungssystems. Doch hinsichtlich der zunehmenden Heterogenität in den Ausbildungsklassen der deutschen Berufsschulen scheint die Qualitätssicherung der Auszubildenden immer schwieriger zu werden. Um Schülerinnen und Schülern in ihrer heterogenen Gruppenzusammensetzung in der Berufsschule zu fördern, bedarf es immer mehr einer individuellen Förderung des Einzelnen um sie in ihren Berufsweg zu unterstützen und bestmöglich vorzubereiten.
Aber ist die Förderung von Auszubildenden im dualen- sowie vollzeitschulischen Ausbildungssystem überhaupt notwendig und wie lässt sich individuelle Förderung in Ausbildungsklassen umsetzten? Welche Chancen bietet die individuelle Förderung von Jugendlich und wo lässt sich keine Förderung umsetzten? Diesen Fragen geht die folgende Arbeit nach. Dabei wird zunächst die Notwendigkeit von individueller Förderung an berufsbildenden Schulen betrachtet. Im Anschluss wird die Verständnisfrage von individueller Förderung und die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler geklärt. Auf die dann folgenden Überlegungen zu Anforderungen und Eingrenzungen, werden die Zielgruppen von individueller Förderung, im Hinblick auf die Problematik von Gruppenzuweisungen und der gewünschten Gruppenhomogenität zur Vereinfachung der Förderung innerhalb einer Gruppe, diskutiert. Die bis dahin erworbenen Kenntnisse zur individuellen Förderung werden dann nach der Vorstellung des berufsbezogenen Strategietrainings, auf das Förderkonzept bezogen.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Notwendigkeit von individueller Förderung an berufsbildenden Schulen
Zum Verständnis von individueller Förderung
Anforderungen und Eingrenzungen
Zielgruppen von individueller Förderung
Berufliche Bildung
Das berufsbezogene Strategietraining- BEST
Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis
Internetquellenverzeichnis
Abkürzungszeichnis
BEST berufsbezogene Strategietraining
SuS Schülerinnen und Schüler
Einleitung
Die Lehrkräfte an den berufsbildenden Schulen stehen vor einer großen Verantwortung. Sie bilden die neuen Arbeits- und Fachkräfte des deutschen Arbeitsmarktes aus und sichern somit indirekt die Leistungsfähigkeit des dualen Ausbildungssystems. Doch hinsichtlich der zunehmenden Heterogenität in den Ausbildungsklassen der deutschen Berufsschulen scheint die Qualitätssicherung der Auszubildenden immer schwieriger zu werden. Um Schülerinnen und Schülern in ihrer heterogenen Gruppenzusammensetzung in der Berufsschule zu fördern, bedarf es immer mehr einer individuellen Förderung des Einzelnen um sie in ihren Berufsweg zu unterstützen und bestmöglich vorzubereiten. Aber ist die Förderung von Auszubildenden im dualen- sowie vollzeitschulischen Ausbildungssystem überhaupt notwendig und wie lässt sich individuelle Förderung in Ausbildungsklassen umsetzten? Welche Chancen bietet die individuelle Förderung von Jugendlich und wo lässt sich keine Förderung umsetzten? Diesen Fragen geht die folgende Arbeit nach. Dabei wird zunächst die Notwendigkeit von individueller Förderung an berufsbildenden Schulen betrachtet. Im Anschluss wird die Verständnisfrage von individueller Förderung und die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler geklärt. Auf die dann folgenden Überlegungen zu Anforderungen und Eingrenzungen, werden die Zielgruppen von individueller Förderung, im Hinblick auf die Problematik von Gruppenzuweisungen und der gewünschten Gruppenhomogenität zur Vereinfachung der Förderung innerhalb einer Gruppe, diskutiert. Die bis dahin erworbenen Kenntnisse zur individuellen Förderung werden dann nach der Vorstellung des berufsbezogenen Strategietrainings, auf das Förderkonzept bezogen.
Notwendigkeit von individueller F örderung an berufsbildenden Schulen
Förderungsbedarf an Schulen impliziert den traditionellen Förderunterricht in den Kernfächern Mathematik, Deutsch und Englisch der Sekundarstufe I. Je weiter SuS in den Schulklassen aufsteigen, desto geringer werden die speziellen Förderangebote. Bereits im Abitur sind SuS weitestgehend auf sich allein gestellt und müssen dem Lernpensum gerecht werden. Die Fördermaßnahmen sind elementar von den Rahmenbedingungen der Schule abhängig. Finanzielle Mittel, Fachpersonal, Räumlichkeiten und das Zeitmanagement muss gewährleistet sein, um Strukturen für den Förderbedarf zu legen und umzusetzen.1 Doch für eine erfolgreiche Abschlussquote der Abiturienten oder Absolventen einer Haupt-Real oder Gesamtschule, die lernschwächer oder sprachlich-sozial- und gesellschaftlich benachteiligt sind, ist eine individuelle Förderung notwendig. Möglicherweise ist auch die Vorstellung, dass SuS die gerade auf einen Schulabschluss anstreben, als nicht mehr förderbedürftig angesehen werden. Ähnlich werden die Assoziationen zur individuellen Förderung in der Berufsschule aussehen. Sind SuS /Abiturienten mit dem Besuch der Berufsschule nicht im gesellschaftlichen Leben angekommen und haben sie mit dem Besuch von zehn bzw. dreizehn Jahrgängen nicht genügend Schreib-Lese-Sprach- und mathematisch/technische Kompetenzen erlangt, um ohne große Bemühungen eine Ausbildung zu absolvieren bzw. abzuschließen? Zudem haben viele Jugendliche das Problem, erheblich schwerer in die berufliche Bildung einzusteigen und eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen.2 In bestimmten Regionen sind besonders Haupt- und Realschulabsolventen davon betroffen.3 Die Chancen einen dualen Ausbildungsplatz zu finden, wird von mehreren Faktoren bestimmt, die unter anderem gleichzeitig wirken können. Die Leistungsbereitschaft des Jugendlichen ist natürlich entscheidend, aber gleichzeitig spielen auch die schulischen Ausbildungsvoraussetzungen, sowie persönliche Problemlagen eine Rolle. Das Zentralabitur lässt vermuten, dass ein standardisiertes Kompetenzlevel in den Basiskompetenzen, Mathematik und Lesen zumindest angestrebt ist. Durch die deutlich erhöhte Zahl der SuS, die nach dem Abitur vermehrt bzw. größtenteils ein Studium aufnehmen und eine Universität besuchen, ist der Ausbildungsmarkt von zwei großen Tendenzen geprägt: Zum einen wird ein Fachkräftenotstand prognostiziert, was durch weniger Bewerberzahlen einhergeht und dass es aus der Sicht des Arbeits- und Ausbildungsmarktes immer mehr ungeeignete Auszubildende für bestimmte Berufsfelder geben wird.4
In der Berufsschule sind in bestimmten Ausbildungsberufen deutlich leistungsschwächere SuS. Davon betroffen sind SuS in einem Übergangssystem und in den gewerblich-technischen Ausbildungsberufen, da dort die Abbrecherquote ausgeprägt erhöht ist.5 Innerhalb der Ausbildungsklassen gibt es deutlich heterogene Gruppen, als in Lerngruppen der anderen Schulformen. Durch die verschiedene Zusammensetzung der Ausbildungsklassen von SuS mit unterschiedlichen Bildungsabschlüssen, sowie unterschiedlichen Ausprägungen in den Basiskompetenzen und dem fachspezifischen Vorwissen.6 In vorliegenden Studien liegen die Abbruchursachen verschiedenen Faktoren zugrunde, ohne dass durch klare Ergebnisse eine Förderstrategie entwickelt oder verschiedene Leistungsprobleme diagnostiziert werden könnten.7
Zum Verst ändnis von individueller Förderung
Zur Begriff Auslegung von individueller Förderung kann man sich zunächst eine alltägliche Unterrichtssituation vorstellen. Wenn der Unterricht um 8.00 Uhr werktags beginnt, ist die Motivation und Leistungsbereitschaft der SuS schon deutlich individuell. Während der eine Schüler hellwach und bereits mental auf den Unterricht vorbereitet ist, ist der andere Schüler noch geistig abwesend und in keiner Weise bereit für den Unterricht. Ein anderer Schüler kommt zu spät zum Unterricht. Jeder dieser dreißig SuS ist im Hinblick auf Stärken und Schwächen, sowie der Lebenssituation, die auch ein wichtiger Hintergrundfaktor in Bezug auf den Lernprozess ist, individuell. Und trotzdem geht die Lehrkraft davon aus, dass alle das allgemeine Ziel verfolgen ein fester Bestandteil der Gesellschaft zu sein und einen festen Platz in der Arbeitswelt erlangen zu wollen. Um dieses Ziel für die SuS zu erreichen kann es auf Grund der dreißig SuS, dreißig individuelle Wege benötigen.8 Aber jede und jeden einzeln zu unterrichten, ist im deutschen Berufsbildungssystem schlicht weg einfach nicht möglich. Dennoch ist die elementare Grundlage der individuellen Förderung die Feststellung, dass all diese verschiedenen Wege existieren.9 Laut dem Arbeitsstab Forum Bildung in der Gesellschaft der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung von 2001 „ist individuelle Förderung gleichermaßen Voraussetzung für das Vermeiden und den rechtzeitigen Abbau von Benachteiligungen wie für das Finden und Fördern von Begabungen.“10 Ela Eckert versteht unter individueller Förderung: „Jeder Schülerin und jedem Schüler … die Chance zu geben, ihr bzw. sein motorisches, intellektuelles, emotionales und soziales Potential umfassend zu entwickeln … und sie bzw. ihn dabei durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen“11 Unter Berücksichtigung der Individualität des Schülers ist diese Formulierung durchaus treffend, da trotz durch Förderung der Lehrkraft und der passend ausgewählten Methodik, die SuS eigenständig entscheiden müssen ob sie diese Förderungen in Anspruch nehmen wollen oder aufgrund mangelnder Motivation und Leistungsbereitschaft keine Förderung an sich heranlassen. Fundamental für den individuellen Lernprozess des Einzelindividuums ist außerdem der Wissenstand der SuS.12 Welches Wissen wird durch die bisherige Schulbildung oder die außerschulischen Interessen mitgebracht? Darüber hinaus muss die Lehrkraft unter Berücksichtigung der individuellen Förderung entscheiden, welchen Wissensstand sie für ein Themengebiet voraussetzt.
Die Vielfalt des Lernenden in berufsbildenden Schulen lässt sich aus verschieden Perspektiven betrachten. Die Konstellation der SuS die nach der Vorbildung unterschieden werden, lassen sich beispielhaft in folgende Gruppen einteilen: Die SuS die einen Mittelschulabschluss oder einen Realschulabschluss vorweisen, das Abitur, keinen Abschluss oder die bereits eine Ausbildung abgebrochen haben, die ein Studium abgebrochen haben, An- und Ungelernte sowie Jugendliche denen bisher kein Start in eine Berufsausbildung gelungen ist.13 Differenzen lassen sich auch in der Kategorie der Psychologie und der Medizin dokumentieren. Beispielsweise sind Jugendliche kognitiv noch nicht Ausbildungs- oder Berufsreif. Junge Menschen mit einer Lernbeeinträchtigung, einer körperlichen Behinderung oder einer andauernden Lernbehinderung können ebenfalls zur Klassenkonstellation gehören. Betrachtet man die Vielfalt gesellschaftspolitisch, gibt es Unterschiede in der sozialen Herkunft, der Milieuzugehörigkeit, der Freizeitgestaltung und dem Erziehungsstil. Ebenso wichtig sind die Persönlichkeitsmerkmale in denen sich SuS unterscheiden. In Begabungen und Fähigkeiten, in Leistungsbereitschaft, in Verhalten und Motivation.
Anforderungen und Eingrenzungen
Die Motivation zur individuellen Förderung in der beruflichen Bildung liegt in der Verantwortung der Lehrperson. Denn die Idee dazu, ist meist ein idealistischer Anspruch, der in den berufsbildenden Schulen meist dem Lehrenden überlassen wird.14 Um SuS individuell zu fördern steht nicht nur die reine Wissensvermittlung im Vordergrund, sondern sie auf ihrem Lernweg individuell zu begleiten und zu beraten.15 Neben der Einhaltung der curricularen Lehrpläne gehört es zu den Anforderung der Lehrenden die individuelle Förderung umzusetzen. Innerhalb des Unterrichts wechseln oft die Anforderungen an die Lehrkraft. Die Lernenden bringen sozial-schwierige Lebenslagen und Probleme mit ins Klassenzimmer, die weit über dem stehen, was im normalen Unterricht geleistet werden kann. Durch Förderung der Lehrenden werden ihnen immer wieder neue Methodiken und Herangehensweisen für den Unterricht nahegelegt. Ohne die Klasse bereits unterrichtet zu haben oder ohne einen Eindruck von den SuS in der Klasse, wird es schwierig nur anhand von individuellen Methodiken und Strategien die Schüler individuell angemessen zu unterrichten. Deshalb muss die Lehrkraft anhand ihrer Erfahrungen und Einschätzungen auch für eine noch unbekannte Klasse, möglichst auf die Bedürfnisse der SuS bezogene Methodiken und Strategien auswählen.16
Zielgruppen von individueller F örderung
Die Einteilung von einzelnen SuS in Zielgruppen wirft häufig Diskussionen auf, denn es folgt eine Perspektiv-Verengung.17 SuS werden einer passenden Schublade zugeordnet und hinsichtlich ihres Förderbedarfs oder ihrer gesellschaftspolitischen Vielfalt, unbeabsichtigt von den Begabungen, beurteilt. Allerdings kann die Orientierung und Zuweisung in Teilpopulationen auch hilfreich für Lehrpersonen sein. Denn sie ermöglichen eine Diagnose des Förderbedarfs einer Kleingruppe.18 Um Etikettierungen und Gruppenzuweisungen zu vermeiden wird im Folgenden der Blick auf vier größere Handlungsfelder gerichtet: Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Unterricht und Schule als System.
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1 Fiebig (2014), S.16.
2 Fiebig (2014), S.9.
3 Severing; Weiß (2014), S.5.
4 Fiebig (2014), S.9.
5 Nickolaus; Norwig; Petsch (2014), S.169.
6 Ebd.
7 Nickolaus; Norwig; Petsch (2014), S.170.
8 Fiebig (2014), S.11.
9 Ebd., S.12.
10 Arbeitsstab Forum Bildung (2001).
11 Eckert (2004), S.97.
12 Fiebig (2014), S.13.
13 Ebd., S.13.
14 Nickolaus; Norwig; Petsch (2014), S.169.
15 Fiebig (2014), S.135.
16 Fiebig (2014), S.135-136.
17 Fischer (2014).
18 Ebd.