Das Thema Werbung ist in der heutigen Zeit zu einem bedeutungsvollen Wirtschaftsfaktor geworden. Dies ist insbesondere mittels der Einführung von Social-Media-Kanälen wie z. B. Instagram erreicht worden, auf welchen die sogenannten Influencer mittels ihrer Postings Produkte und Dienstleistungen von diversen Unternehmen bewerben. Da stellt sich die Frage, ob die klassische gedruckte Werbeanzeige, die seit ca. dem 17. Jahrhundert in Deutschland existent ist, noch zukunftsfähig sei und inwiefern diese bereits einem Wandel unterzogen worden ist. Aus eben genanntem Grund setzt sich diese wissenschaftliche Arbeit zum Ziel, den Wandel eben jener Textsorte, der Werbeanzeige, zu analysieren. Im Rahmen der Erforschung von Textsortenwandel stellen sich Werbeanzeigen als vorteilhaft heraus, weil sich der Ursprung dieser zeitlich mehr oder minder gut eingrenzen lässt, da sie mit der Existenz von Zeitungen respektive Zeitschriften einhergehen. Des Weiteren erweist sich diese Art von Textsorte als trefflich, um die jeweilige zeitgenössische Sprache und auch soziokulturelle Lage der Gesellschaft widerzuspiegeln. Nach einer Definition der zu untersuchenden Textsorte in Kapitel 2, die u. a. auf Basis von Brinkers fünfschritten Analysemodell beruht, werden die grundsätzlichen Bausteine von Werbeanzeigen im Kapitel 3 dargelegt. Unterteilt werden die Bausteine nochmals in textuelle (Kapitel 3.1) sowie visuelle Merkmale (Kapitel 3.2), da beide Arten von Charakteristika bei einer vollständigen Werbeanzeigenanalyse vonnöten sind. Im Anschluss an diesen Part wird in Kapitel 4 ein kurzer, prägnanter und diachroner Überblick über die Entwicklung der Textsorte Werbeannoncen vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart aufgezeigt. In Kapitel 5 erfolgt anschließend methodisch eine empirische Analyse der Textsorte Werbeanzeigen anhand von drei Inseraten der Marke Nivea aus den Jahren 1931, 1982 und 2018. Laut Fandrych/ Thurmair müsse eine solche Untersuchung von Textsorten diverse Analysegrößen inkludieren. Die Autoren fassen darunter „die Kommunikationssituation, die Textfunktion, die thematisch-strukturelle und die formal-grammatische Ebene“ (Fandrych / Thurmair, 2011, S. 17) zusammen. Diese Dimensionen existieren auch innerhalb der fünfschrittigen Textsortenanalyse nach Brinker, welche als Stütze der empirischen Anzeigenanalyse fungieren soll.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition der Textsorte Werbeanzeige
3. Bausteine von Werbeanzeigen
3.1 Textuelle Bausteine der Textsorte Werbeanzeigen
3.2 Visuelle Bausteine der Textsorte Werbeanzeigen
4. Historie der Textsorte Werbeanzeigen vom 17. Jahrhundert bis zur
5. Textsortenwandel repräsentativ am Beispiel von Werbeanzeigen der Marke Nivea
5.1 Werbeanzeige der Marke Nivea aus dem Jahre 1931
5.2 Werbeanzeige der Marke Nivea aus dem Jahre 1982
5.3 Werbeanzeige der Marke Nivea aus dem Jahre 2018
6. Fazit und Ausblick
I. Literaturverzeichnis
II. Anhang
1. Einleitung
Das Thema Werbung ist in der heutigen Zeit zu einem bedeutungsvollen Wirtschaftsfaktor geworden. Dies ist insbesondere mittels der Einführung von Social-Media-Kanälen wie z. B. Instagram erreicht worden, auf welchen die sogenannten Influencer mittels ihrer Postings Produkte und Dienstleistungen von diversen Unternehmen bewerben. Da stellt sich die Frage, ob die klassische gedruckte Werbeanzeige, die seit ca. dem 17. Jahrhundert in Deutschland existent ist, noch zukunftsfähig sei und inwiefern diese bereits einem Wandel unterzogen worden ist.
Aus eben genanntem Grund setzt sich diese wissenschaftliche Arbeit zum Ziel, den Wandel eben jener Textsorte, der Werbeanzeige, zu analysieren. Im Rahmen der Erforschung von Textsortenwandel stellen sich Werbeanzeigen als vorteilhaft heraus, weil sich der Ursprung dieser zeitlich mehr oder minder gut eingrenzen lässt, da sie mit der Existenz von Zeitungen respektive Zeitschriften einhergehen. Des Weiteren erweist sich diese Art von Textsorte als trefflich, um die jeweilige zeitgenössische Sprache und auch soziokulturelle Lage der Gesellschaft widerzuspiegeln.
Nach einer Definition der zu untersuchenden Textsorte in Kapitel 2, die u. a. auf Basis von Brinkers fünfschritten Analysemodell beruht, werden die grundsätzlichen Bausteine von Werbeanzeigen im Kapitel 3 dargelegt. Unterteilt werden die Bausteine nochmals in textuelle (Kapitel 3.1) sowie visuelle Merkmale (Kapitel 3.2), da beide Arten von Charakteristika bei einer vollständigen Werbeanzeigenanalyse vonnöten sind. Im Anschluss an diesen Part wird in Kapitel 4 ein kurzer, prägnanter und diachroner Überblick über die Entwicklung der Textsorte Werbeannoncen vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart aufgezeigt. In Kapitel 5 erfolgt anschließend methodisch eine empirische Analyse der Textsorte Werbeanzeigen anhand von drei Inseraten der Marke Nivea aus den Jahren 1931, 1982 und 2018. Laut Fandrych/ Thurmair müsse eine solche Untersuchung von Textsorten diverse Analysegrößen inkludieren. Die Autoren fassen darunter „die Kommunikationssituation, die Textfunktion, die thematisch-strukturelle und die formal-grammatische Ebene“ (Fandrych / Thurmair, 2011, S. 17) zusammen. Diese Dimensionen existieren auch innerhalb der fünfschrittigen Textsortenanalyse nach Brinker, welche als Stütze der empirischen Anzeigenanalyse fungieren soll.
In Kapitel 6 folgt schließlich ein Fazit über die Resultate der erfolgten Textsortenuntersuchung ebenso wie ein Ausblick über mögliche weiterführende Analysen zu dieser Thematik.
2. Definition der Textsorte Werbeanzeige
Werbeanzeigen sind nicht eindeutig von anderen Textsorten zu demarkieren, da sie in vielfältigen Varianten vorliegen können. Insbesondere in der heutig hochgradig medialisierten Welt sind stets neue Darstellungsweisen zu entdecken. So kann diese Textsorte sowohl als klassische Annonce in einer Zeitung daherkommen, aber auch als Flyer, Anschlag an Litfaßsäulen oder als Anzeige in sozialen Medien wie z. B. bei Facebook oder Instagram.
Prinzipiell lässt sich eine Werbeanzeige als publik gemachte Bekanntmachung begreifen, die mit dem Ziel des Vermittelns einer Werbebotschaft verknüpft ist. Bendel weist dieser Textsorte noch weitere Charakteristika zu. Dabei führt sie folgende Aspekte an:
Werbeanzeigen sind
a) kürzere, in sich geschlossene Texte, die
b) in einem Printmedium erscheinen,
c) durch typografische Massnahmen vom redaktionellen Text abgetrennt sind, in denen
d) über Produkte oder Dienstleistungen informiert wird, welche
e) in grösserer Quantität oder über längere Zeit zu haben sind und
f) einem potenziell unbegrenzten Kundenkreis angeboten werden, mit dem Ziel,
g) die Empfänger zum Kauf bzw. zur Benützung des Angebotenen zu bewegen.
(Bendel, 1998, S. 16)
Diese Definition ist jedoch so gut wie allgemein gehalten und positioniert sich nicht intensiv hinsichtlich der linguistischen Merkmale und Bausteine einer Werbeanzeige. Ebendiese werden jedoch im weiteren Verlauf dieser wissenschaftlichen Arbeit weitgehender in den Fokus gerückt und untersucht.
Brinker hat dahingegen ein Analysemodell vorgestellt, welches eine exaktere Untersuchung einer Textsorte möglich machen solle. Dazu seien folgende fünf Schritte nötig:
Schritt 1: Beschreibung der Textfunktion
Schritt 2: Beschreibung der Kommunikationsform und - häufig eng damit verknüpft - des Handlungsbereichs
Schritt 3: Beschreibung von thematischen Restriktionen (vor allem im Hinblick auf die temporale und die lokale Orientierung)
Schritt 4: Beschreibung des zugrunde liegenden thematischen Musters (der Grundform der thematischen Entfaltung) und der Art der Musterrealisierung (der Realisationsform)
Schritt 5: Beschreibung textsortenspezifischer sprachlicher (lexikalischer und syntaktischer) und ggf. nichtsprachlicher Mittel
(Brinker, 1997, S. 133)
Als Textfunktionen (Analyseschritt 1) können der Textsorte Werbeanzeige nach Brinker eine appellative sowie eine informative Eigenschaft zugeschrieben werden. Die appellative Textfunktion wird zumeist nur indirekt verwendet, da in Werbeanzeigen seltener eine direkte Kaufaufforderung des Produkts zu erkennen ist. (vgl. Brinker, 1997, S. 133 ff.)
Die Kommunikationsform dieser Textsorte (Analyseschritt 2) ist nach Brinker eine Komposition von visuellen und textuellen Elementen. Die gesamte Anzeige trete dabei in monologischer Form im öffentlichen Raum respektive Handlungsbereich in Erscheinung. Dieser öffentliche Raum bezeichnet bei Werbeanzeigen zumeist Zeitungen und Zeitschriften sowie Litfaßsäulen. Emittent und Rezipient seien dabei räumlich und zeitlich voneinander separiert. (vgl. Brinker, 1997, S. 133 ff.)
Als thematische Restriktion nach Brinker und übergeordnetes Ziel (Analyseschritt 3) dieser Textsorte sind die Anpreisung und der Verkauf von Waren respektive Dienstleistungen anzusehen. Dies geschehe in den meisten Fällen jedoch nur indirekt und nicht, wie bereits zuvor erwähnt, mittels eines direkten Kaufappells. (vgl. Brinker, 1997, S. 133 ff.) Darüber hinaus kann Werbung im Allgemeinen nach Schweiger / Schrattenecker auch die Ziele „Einführungswerbung“, „Erhaltungs- oder Erinnerungswerbung“, „Stabilisierungswerbung“, „Expansionswerbung“ oder „Imagebildung“ (Schweiger / Schrattenecker, 1995, S. 55) abdecken.
Die thematische Entfaltung nach Brinker (Analyseschritt 4) ist bei Werbeanzeigen als argumentativ anzusehen. Realisiert werde sie bei dieser Textsorte meistens im persuasiven Sinne, da mithilfe der Anzeige der adressierte Konsument zum Kauf des angepriesenen Produkts respektive der Dienstleistung überzeugt werden solle. (vgl. Brinker, 1997, S. 133 ff.)
Auf Analyseschritt 5 nach Brinker, der „Beschreibung textsortenspezifischer sprachlicher (lexikalischer und syntaktischer) und ggf. nichtsprachlicher Mittel“ (Brinker, 1997, S. 133), wird in dieser wissenschaftlichen Arbeit das größte Augenmerk gelegt. Diesem Analyseschritt wird ein eigenes Kapitel gewidmet; nämlich das nachfolgende Kapitel 3: Bausteine von Werbeanzeigen.
3. Bausteine von Werbeanzeigen
3.1 Textuelle Bausteine der Textsorte Werbeanzeigen
Werbeanzeigen der letzten Jahre respektive Jahrzehnte bedienen sich meistens einem ganz bestimmten Repertoire an sprachlichen und visuellen Bausteinen. Nach Janich sind den textuellen Merkmalen die Schlagzeile, der Fließtext, der Slogan, der Produktname sowie weitere Formen von Textelementen, wie z. B. Adds oder Inserts zuzuordnen (vgl. Janich, 2013, S. 53 ff.).
Die Schlagzeile ist nach Janich das zentrale Textelement einer Werbeanzeige und damit gleichzeitig der aufmerksamkeitserregende Blickfang neben den Illustrationen. Der auch unter dem Begriff Headline bekannte Baustein könne zudem in eine Sub- sowie eine Topheadline differenziert werden. Die Position des Bausteins innerhalb der Anzeige könne dabei auch variieren. (vgl. Janich, 2013, S. 55) Als Funktion werde der Schlagzeile u. a. der „Aufmerksamkeit erregende[] und produktspezifische[] Zusatznutzen“ (Janich, 2013, S. 56) zugeschrieben. Dieser solle laut Janich zur Distinktion von Produktsubstituten dienen. Als Beispiele für diesen Nutzen nennt sie das Hervorheben der spezifischen Merkmale von Produkten, den Hinweis auf die richtige Benutzung oder auch das Einbetten des Produkts in „allgemeine Wertvorstellungen“. Als Sprachstrategien können u. a. Fragen, Imperative, rhetorische Stilmittel oder markante Zeichensetzungen in die Schlagzeilen eingebunden werden. (vgl. Janich, 2013, S. 56 f.) Dem Fließtext wird nach Zielke eine informatorische und beeinflussende Wirkung zugeschrieben. Sogenannte „Shortcopies“ – kurz gehaltene Texte aus wenigen Sätzen – nehmen dabei oft den suggestiven Part ein, wohingegen „Longcopies“, die mehr als fünf Sätze inkludieren, eine informatorische Funktion erfüllen. (vgl. Zielke, 1991, S. 79 ff.) Der Slogan ist nach Janich eine sich wiederholende, das Image formende, manchmal ellipsenartige Werbeaussage, welche eine stetige Identifizierung mit der Marke oder dem Produkt ermöglicht, da der Slogan oft anzeigen- und manchmal auch produktübergreifend verwendet wird. (vgl. Janich, 2013, S. 59 ff.) Der Produktname ist laut Janich eine Zwischenform von Eigennamen von Objekten sowie Appellativen, welche z. B. eine komplette Reihe von Objekten mit gleichen Merkmalen klassifiziert. Außerdem sei der Produktname von Unternehmens- und Markenbezeichnungen zu differenzieren. Somit könne er die Bezeichnung eines einzelnen Produkts oder auch einer ganzen Serie sein. (vgl. Janich, 2013, S. 63 ff.) Platen differenziert diesen Werbebaustein darüber hinaus in drei größere Gruppen. Zur ersteren, den „Übernahmen“, werden Produktnamen gezählt, deren Bezeichnungen aus der Standardsprache entlehnt worden sind.
„Konzeptformen“ seien solche Begrifflichkeiten, die sich partiell aus der natürlichen Sprache herleiten lassen, jedoch darüber hinaus morphologische Abwandlungen enthalten. Exemplarisch wäre an dieser Stelle das Produkt Yogur-ette zu nennen, an wessen Namen erkennbar ist, dass das Produkt mit Joghurt in Zusammenhang stehe respektive Komponenten dieses Produkt enthalte. Der dritten Gruppe, der Gruppe der „Kunstwörter“, gehören Kurzwörter oder Neologismen an, welche keinen Bezug zu bereits existierenden Lexemen der natürlichen Sprache darstellen. (vgl. Platen, 1997, S. 39 ff.)
Im Allgemeinen lässt sich schließlich sagen, dass die Textsorte Werbeanzeige syntaktisch mittels elliptischer und prägnanter Sätze charakterisiert werden kann. Auf die Interpunktion wird, insbesondere bei Anzeigen aus der heutigen Zeit, teilweise verzichtet. Auch die Regelung der Groß- und Kleinschreibung wird partiell mittels des Einbindens von zumeist klein geschriebenen Anglizismen aufgebrochen. Die grammatische Kohärenz ist aufgrund des geringen Textanteils nicht besonders hoch. Die genannten Aspekte sind jedoch nicht zu pauschalisieren, da es bei der in den nächsten Kapiteln zu untersuchenden diachronen Entwicklung von Werbeanzeigen Differenzen zu erkennen gibt. Tendenziell könnte vermutet werden, dass in der Werbebranche heutzutage die Anzahl an Ellipsen stärker zu- und die Kohärenz der Textbausteine dahingegen weiter abnehmen. Die Vielfältigkeit an Lexemen könnte zudem als recht hoch zu bezeichnen sein, da in der Werbung ebenfalls eine facettenreiche Mischung an Produkten respektive Dienstleistungen beworben wird und der Wortschatz an die jeweilige Domäne gekoppelt ist.
3.2 Visuelle Bausteine der Textsorte Werbeanzeigen
Sind im Kapitel 3.1 zuvor die textuellen Bausteine von Werbeanzeigen analysiert worden, so widmet sich dieses Kapitel den visuellen Merkmalen. Bildelemente werden laut Janich in der Werbebranche verwendet, um insbesondere eine emotive Wirkung und somit eine erhöhte Aufmerksamkeit beim Rezipienten zu erzielen. Des Weiteren werde in der Werbung häufig die „Imagery-Strategie“ (Janich, 2013, S. 76) nach Janich mittels visueller Bausteine angewandt. Folglich werden Firmen und Markennamen sowie Slogans mit bestimmten Bildern verknüpft, welche sich in diversen Werbeanzeigen respektive -kampagnen des entsprechenden Unternehmens oder der Marke befinden, um mit Hilfe dieser das beworbene Produkt oder Unternehmen im Gedächtnis der Rezipienten zu festigen. (vgl. Janich, 2013, S. 76) Zielke differenziert in funktioneller Hinsicht drei verschiedene Bildelemente. Das „Key-Visual“ sei eine Abbildung des beworbenen Produkts. Das „Catch-Visual“ dient laut Zielke als „Blickfänger“ und stellt den Hintergrund dar, den das Werbeobjekt umgibt, um dieses hervorzuheben. Unter „Focus-Visuals“ seien schließlich kleinere zusätzlich eingefügte Bildelemente aufzufassen, welche z. B. vertiefende Produktinformationen inkludieren können. (vgl. Zielke, 1991, S. 81 ff.)
4. Historie der Textsorte Werbeanzeigen vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart
Der Beginn der schriftlichen Werbeannoncen sei nach Bendel ca. im 17. Jahrhundert anzusiedeln (vgl. Bendel, 1998, S. 38). Silvia Bendel stellt mittels ihrer Korpusanalyse fest, dass sich historische Werbeanzeigen zumeist am Ende einer Zeitung vorfinden und sich bezüglich der Schriftart und -größe nicht von den restlichen Zeitungsartikeln abheben. Ab dem 18. Jahrhundert können sie partiell mittels Überschriften, wie z. B. „Advertissement“, von den sonstigen Nachrichten differiert werden. Des Weiteren erscheine der Text meistens im simpel gehaltenen Blocksatz. Markante sprachliche Charakteristika der Werbebotschaften zu jener Zeit seien „lange, komplexe Sätze und Satzgefüge“. Diese inkludieren häufig Relativsätze, welche eine eindeutigere Deskription des Produkts möglich machen. Auch das Partizip Präsens, das Perfekt, die Verwendung vielzähliger Adjektive und Enumerationen dienen diesem Zweck. Fremdwörter seien in den Werbeanzeigen des 17. und 18. Jahrhunderts bereits vereinzelt zu finden. Die meisten seien Lehnwörter aus der französischen Sprache, welche zu der damaligen Zeit einen erheblichen Einfluss auf die deutsche Sprache ausübte. (vgl. Bendel, 1998, S. 134 ff.) Ellipsen treten erstmalig ab den 1840er Jahren in Konkurrenz zu den komplexen Satzgefügen der Jahrzehnte zuvor. Diese erscheinen zunächst in kürzeren Anzeigen. In den textlastigeren, welche u. a. den Preis und die Verwendungsweise des Produkts inkludieren, halten elliptische Sätze erst ungefähr eine Dekade später Einzug. Zudem treten die ersten Konstituenten auf, welche Affinitäten zu den in der Gegenwart häufig verwendeten Slogans aufweisen. Diese heben sich stilistisch und rhetorisch von den übrigen Textbausteinen ab und beinhalten laut Hohmeister eine „dreigliedrige[] Satzfügung mit rhythmischen Parallelismus“ (Hohmeister, 1981, S. 192).
Bis 1900 setzt sich nach Hohmeister schließlich eine Kombination von Text und Bild durch (vgl. ebd., S. 191 ff.).
Werbeanzeigen zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehen laut Bendel des Öfteren mit Bild-Text-Kombinationen einher. Des Weiteren verändert sich diese Textsorte dahingehend, dass abstraktere Lexeme verwendet werden. Ebenso treten die Produkt- und Markenbezeichnungen zunehmend in den Vordergrund. Außerdem werde die Syntax minimiert und imperativische Aufforderungen verwendet, welche wiederum den Konsumenten stärker in den Fokus rücken, als es in Anzeigen aus den vorigen Jahrhunderten noch der Fall ist. In den 1950ern Jahren schließlich ergänzen „Phrasen“ und „Redensarten“, welche Bendel als die späteren Slogans identifiziert, die sich dynamisch entwickelnde Textsorte Werbeanzeige. (vgl. Bendel, 1998, S. 7 f.) Nach Hohmeister könne man in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die ersten Einflüsse der englischen Sprache auf die Werbung konstatieren. Auch finden sich sukzessive weitere Akronyme und Kurzwörter in Inseraten wieder. (vgl. Hohmeister, 1981, S. 248 ff.) Ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sei laut Hohmeister schließlich ein enormer Anstieg an Anglizismen zu verzeichnen. Auffällig sei, dass englische Lexeme des Öfteren als Komposita mit deutschen Wörtern verbunden werden. Des Weiteren weist Hohmeister darauf hin, dass zu Beginn der 1960er Jahre Werbetexte in Erscheinung treten, welche aus kurzen, oftmals elliptischen Sätzen, aber mit „umfangreiche[m] syntaktische[n] Gefüge“ bestehen. (vgl. Hohmeister, 1981, S. 269) Diese nach Hohmeister genannten Veränderungen von Werbeanzeigen im 20. Jahrhundert werden auch im folgenden Kapitel 5 anhand der empirischen Untersuchung von Annoncen der Marke Nivea ergründet.
5. Textsortenwandel repräsentativ am Exempel von Werbeanzeigen der Marke Nivea
Die Firma Beiersdorf brachte laut Fährmann Ende des Jahres 1911 die erste Cremedose der Marke Nivea auf den deutschen Markt. Der Produktname Nivea sei angelehnt an das lateinische Lexem nix (Anm: im Genitiv = nivis), welches die Bedeutung Schnee trage. Somit sollte eine Assoziation mit der ebenfalls weißen Creme Nivea hergestellt werden. Zudem sei bei der linguistischen Interpretation dieses Produktnamens der zeitgenössische Kontext miteinzubeziehen, da zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Schönheitsideal einer Frau einer hellen, weißen Haut entsprach. (vgl. Fährmann, 2006, S. 217) Der Produktname Nivea könne in die Kategorie der „Konzeptformen“ (Platen, 1997, S. 39 ff.) eingeordnet werden, da der Name dem Lateinischen entlehnt, jedoch das Suffix abgewandelt worden ist.
Um eine Werbeanzeige analysieren zu können, sind nach Bechstein nicht nur die textuellen Bausteine von Relevanz, sondern auch die jeweiligen Informationen zum Produkt oder der Dienstleistung sowie der Kontext, in welchem die Anzeige erschienen ist. Diese Interdisziplinarität zeige, dass neben textuellen Merkmalen auch die semantischen zur vollständigen Analyse einer Werbeanzeige bedacht werden sollten. (vgl. Bechstein, 1987, S. 414) In den folgenden Subkapiteln wird eine solche Analyse anhand des Exempels von Werbeanzeigen des Produkts Nivea aus den Jahren 1931, 1982 und 2018 erfolgen.
5.1 Werbeanzeige der Marke Nivea aus dem Jahre 1931
Im Folgenden wird die Werbeannonce aus dem Jahr 1931 (siehe Anhang, Abbildung 1) anhand des fünfschrittigen Textsortenanalysemodells nach Brinker untersucht. Betrachtet man die Anzeige unter dem Aspekt des 1. Analyseschritts, so lässt sich konstatieren, dass dieser Annonce eine appellative Funktion attestiert werden kann. Die Appellfunktion wirkt jedoch nur indirekt, da keine direkte Kaufaufforderung an den Rezipienten zu verzeichnen ist, sondern lediglich die Vorzüge des Produkts Nivea -Creme und die dafür verlangten geringen Preise im Fließtext betont werden. Zudem kann der exemplarisch ausgewählten Annonce eine informative Eigenschaft attribuiert werden, da der etwa ein Drittel der gesamten Anzeige einnehmende Fließtext Informationen über die Wirkungsweise und Verwendung des propagierten Produkts inkludiert. Oppositionell zur Anfangszeit der Werbeanzeigen enthält das in diesem Subkapitel zu analysierende Exempel sowohl textuelle als auch visuelle Elemente (Analyseschritt 2), wobei das Verhältnis ungefähr bei zwei (Bildanteil) zu eins (Textanteil) liegt. Interpretiert man die vorliegende Werbeanzeige mit dem Fokus auf die thematische Restriktion (Analyseschritt 3), so kann als übergeordnetes Ziel der Verkauf der dargestellten Nivea -Produkte identifiziert werden. Dies wird dadurch belegt, dass sowohl zwei Produkte abgebildet sind als auch die Preise der jeweiligen Artikelgrößen am Ende des Fließtextes aufgeführt werden. Des Weiteren wird es sich um eine Werbebotschaft handeln, die eine Erinnerung an die, zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahrzehnte existierende, Produktpalette der Marke hervorrufen soll. Dicht damit verbunden ist der Analyseschritt 4, welcher die thematische Entfaltung fokussiert. Im Beispiel von Nivea tritt die Persuasion in den Vordergrund. Zu erkennen ist dies an der Betonung der positiven Konsequenzen, welche aus der Verwendung konkludiert werden sollen. Sprachlich wird dies mittels einiger positiv konnotierter Lexeme im Fließtext erreicht (siehe „kräftigt“, „belebt“, „geschmeidig“, „jugendlich“). Zudem kann sich der Text wie eine Bedienungsanleitung interpretiert werden, indem Satz für Satz exakt beschrieben wird, in welcher Art und Weise und zu welchem Zweck das Produkt angewendet werden solle. Spezifische sprachliche Textsortenmerkmale (Analyseschritt 5) sind mittels der Schlagzeile, dem Slogan und dem Fließtext zu identifizieren. Des Weiteren findet der Produktname in sämtlichen Textbausteinen Erwähnung. Die Schlagzeile wird druckgraphisch mittels der großen Schriftgröße hervorgehoben. Der Fließtext ist in 27 kurzen Zeilen mit ungefähr 110 - 120 Lexemen verfasst worden. Somit lässt sich sagen, dass die Werbeanzeige insgesamt noch recht textlastig daherkommt. (vgl. Brinker, 1997, S. 133 ff.) Im Folgenden wird jedoch auf die sprachlichen und visuellen Mittel noch genauer eingegangen.
Bei der Werbeanzeige aus dem Jahre 1931, welche noch in schwarz-weiß Tönen illustriert ist, wird bereits mit textuellen sowie visuellen Elementen gearbeitet. Die Schlagzeile „Beim Wintersport NIVEA CREME“ ist elliptisch und prägnant und gibt den Produktnamen wieder und darüber hinaus auch bereits einen Hinweis auf den Nutzen des Produkts; in diesem Fall die Verwendung im Wintersport. Der Produktname wird in dieser Anzeige druckgraphisch in Fettdruck hervorgehoben. Die Schlagzeile ist semantisch und lexikalisch mit dem Fließtext verknüpft, da letzterer die Headline informativ unterstützt und erklärt, warum sich das beworbene Produkt vorteilhaft für das Betreiben von Wintersport sei. Der Slogan „Nivea-Creme: Grösste Wirkung. Geringste Kosten!“ ist dahingegen versteckt und in kleinerer Schrift unterhalb des Fließtextes gehalten. Jener hebt sich nur von diesem ab, in dem er in dickerer Schrift gedruckt ist. Der Fließtext umfasst fünf kurze Abschnitte mit jeweils zwei bis sieben Zeilen. Er ist rechtsbündig angeordnet und nimmt etwa ein Drittel der gesamten Werbeanzeige ein. Insgesamt inkludiert der Text, wie bereits oben beschrieben, über 110 Lexeme. Auch die Anzahl der Wörter pro Satz ist bei diesem Exempel noch recht hoch; sie liegt bei ca. 12 – 20 Lexemen pro Satz. Somit liegt an dieser Stelle ein informierender „Longcopies“-Text (Zielke, 1991, S. 79 ff.) nach Zielke vor.
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