Im Rahmen dieser Projektarbeit soll folgende Forschungsfrage untersucht werden: Welche Bedeutung hat die Implementierung einer vergleichenden Qualitätsanalyse auf die Versorgungsqualität bei Partnern der optimierten Zusammenarbeit in der gesetzlichen Unfallversicherung?
Mit Hilfe der Suchmaschinen Google Scholar und der digitalen Bibliothek von studynet onlineplus wurde nach geeigneter Literatur gesucht. Hierbei wurde vornehmlich nach den Suchbegriffen vergleichende Qualitätsanalyse, Qualitätssicherung, Versorgungsqualität, Zertifizierung von Rehabilitationskliniken, Qualitätsmanagement, Qualitätsindikatoren und Prozessmanagement recherchiert.
Im ersten Teil dieser Arbeit werden zunächst die Begrifflichkeiten im QM in Form des Qualitätsbegriffs und der Qualitätssicherung näher erläutert. Im zweiten Teil werden die Voraussetzungen zur Teilnahme der beteiligten Einrichtungen an der VQA im ambulanten und stationären Sektor und deren Aufgaben sowie Durchführung in der Praxis vorgestellt. Im Anschluss wird näher beleuchtet, welche Bedeutung und Auswirkungen die Einführung einer VQA bei den beteiligten Einrichtungen auf die Versorgungsqualität hat. Dabei werden die jeweiligen verschiedenen Bereiche im Hinblick auf ihre Prozess- und Ergebnisqualität bewertet. Abschließend werden in einem Fazit die Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begrifflichkeiten im Qualitätsmanagement
2.1 Qualität und Qualitätsmanagement
2.2 Qualitätssicherung
3 Vergleichende Qualitätsanalyse (VQA)
3.1 Ambulanter Sektor
3.2 Stationärer Sektor
4 Durchführung der VQA in der Praxis
4.1 Beteiligung der Ärzte und Therapeuten
4.2 Assessmentinstrumente Patientenbeteiligung
4.3 Bewertung durch Mitarbeitende im Reha-Management
5 Auswirkungen von VQA auf die Versorgungsqualität
6 Fazit
7 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 01: Aufgaben der Reha-Einrichtung und der VBG
Abbildung 02: Assessmentinstrumente in der VQA
Abbildung 03: Bewertungsbogen VQA für Reha-Manager/innen
Abkürzungsverzeichnis
ABMR Arbeitsplatzbezogene Muskuloskelettale Rehabilitation
BAR Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
BGSW Berufsgenossenschaftliche Stationäre Weiterbehandlung
DGUV Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
EAP Erweiterte Ambulante Physiotherapie
QM Qualitätsmanagement
SGB Sozialgesetzbuch
VBG Verwaltungs-Berufsgenossenschaft
VQA Vergleichende Qualitätsanalyse
1 Einleitung
Im Hinblick auf die zunehmende Patientensicherheit und Versorgungsqualität in der Rehabilitation hat der Gesetzgeber mit Einführung des Sozialgesetzbuches (SGB) IX in § 20 als Gesamtziel die Optimierung der Rehabilitation durch Unterstützung von qualitätssichernden Maßnahmen von den beteiligten Rehabilitationsträgern gefordert. Mit § 37 Abs. 1 SGB IX wurde die Grundlage zur Durchführung vergleichender Qualitätsanalysen (VQA) für ein effektives Qualitätsmanagement (QM) der Leistungserbringer normiert (BAR, 2018, S. 8-17). Neben den Trägern der Renten- und Krankenversicherungen setzen die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ihren Auftrag nach § 37 Abs. 1 SGB IX mit VQAs in speziellen Rehabilitationseinrichtungen um (Mülheims et al, 2015, S. 579). Es gilt, über die Analyse der Prozesse und des Outcomes den Ist-Stand rehabilitationsmedizinischer Arbeit aufzuzeigen und mit Hilfe von Analysekriterien die Qualität der Therapieumsetzung zu bewerten. Dabei sollten als Ziel nachhaltige Impulse zur Weiterentwicklung der Versorgungsqualität umgesetzt werden (VBG, 2017, BAR; 2018, S. 8-17).
Im Rahmen dieser Projektarbeit soll folgende Forschungsfrage untersucht werden: Welche Bedeutung hat die Implementierung einer vergleichenden Qualitätsanalyse auf die Versorgungsqualität bei Partnern der optimierten Zusammenarbeit in der gesetzlichen Unfallversicherung?
Mit Hilfe der Suchmaschinen Google Scholar und der digitalen Bibliothek von studynet onlineplus wurde nach geeigneter Literatur gesucht. Hierbei wurde vornehmlich nach den Suchbegriffen vergleichende Qualitätsanalyse, Qualitätssicherung, Versorgungsqualität, Zertifizierung von Rehabilitationskliniken, Qualitätsmanagement, Qualitätsindikatoren und Prozessmanagement recherchiert.
Im ersten Teil dieser Arbeit werden zunächst die Begrifflichkeiten im QM in Form des Qualitätsbegriffs und der Qualitätssicherung näher erläutert. Im zweiten Teil werden die Voraussetzungen zur Teilnahme der beteiligten Einrichtungen an der VQA im ambulanten und stationären Sektor und deren Aufgaben sowie Durchführung in der Praxis vorgestellt. Im Anschluss wird näher beleuchtet, welche Bedeutung und Auswirkungen die Einführung einer VQA bei den beteiligten Einrichtungen auf die Versorgungsqualität hat. Dabei werden die jeweiligen verschiedenen Bereiche im Hinblick auf ihre Prozess- und Ergebnisqualität bewertet. Abschließend werden in einem Fazit die Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst.
2 Begrifflichkeiten im Qualitätsmanagement
In der Wirtschaft sind seit einigen Jahrzenten die Begriffe Qualitätsmanagement und -sicherung fester Bestandteil der Unternehmensführung. Im Gesundheitswesen sind diese Elemente durch die Finanzierungsprobleme der Krankenversicherung zum Thema geworden (Ertl-Wagner et al, 2012, S. 16). Dies führte zur gesetzlichen Aufgabe, ein QM gemäß den §§ 135-137 SGB V einzuführen. Danach sind die Leistungserbringer zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der erbrachten Leistungen verpflichtet. Dazu zählen sowohl zugelassene Krankenhäuser als auch Erbringer von Vorsorgeleistungen oder Rehabilitationsmaßnahmen sowie Einrichtungen, mit denen ein Vorsorgevertrag nach § 111a SGB V besteht. Was allerdings unter den Begriffen Qualität und QM sowie Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu verstehen ist, wird in den nächsten beiden Abschnitten näher erläutert.
2.1 Qualität und Qualitätsmanagement
Als zentraler Begriff im QM steht der Begriff Qualität für die Güte oder Beschaffenheit eines Prozesses, Produktes oder einer Dienstleistung. Dabei findet die Qualitätsnorm DIN EN ISO 9000 ihre Anwendung. Für Dienstleistungen in der Gesundheitsversorgung ist die DIN ISO 9001 maßgeblich. Durch die im Winter 2012 veröffentlichte deutsche Fassung der neuen Norm DIN EN 15224:2012 wurde diese speziell zugeschnitten auf Krankenhäuser und definiert den Rahmen und die Anforderungen an ein prozessorientiertes QM. Mittlerweile hat die Geschäftswelt in den letzten Jahren durch die Digitalisierung zahlreiche Veränderungen und Herausforderungen mit sich gebracht, so dass die Norm zur Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement überarbeitet wurde. Aktuell wird daher für die Zertifizierung die Norm DIN EN ISO 9001:2015 berücksichtigt. Sie passt sich den heutigen Unternehmensrealitäten an und soll dazu dienen, den Anforderungen von Unternehmen aller Größen und Branchen für den nationalen und internationalen Wettbewerb gerecht zu werden (Fünfgeld et al, 2018, S. 120-123).
Für den Bereich des Gesundheitswesens werden drei Qualitätsdimensionen unterschieden. Bei der Strukturqualität handelt es sich um die Gestaltung der Rahmenbedingungen innerhalb eines Krankenhauses oder einer Reha-Klinik. Dabei werden die infrastrukturellen Bedingungen wie Gebäude, Ausstattung der Maschinen, Qualifikation der Mitarbeitenden, Räume, Material etc. berücksichtigt. Die zweite Dimension betrifft die Prozessqualität. Hierunter fallen die Planung, Organisation und Kontrolle der Behandlungsabläufe vom Beginn bis zum Ende. Hierbei werden klar definierte Arbeitsabläufe bzw. Behandlungspfade beschrieben, um z.B. Wartezeiten, Therapieverschiebungen oder Doppeluntersuchungen zu vermeiden. Die dritte Säule beschreibt die Ergebnisqualität. In dieser letzten Dimension wird die Differenz des Eingangs- und Ausgangszustandes bewertet. Im Gesundheitswesen wird hier der Focus auf die Patientenzufriedenheit gelegt. Die Auswertung erfolgt über spezielle Patientenfragebögen, zu Beginn der jeweiligen Behandlung zunächst mit den Zielen und Erwartungen und zum Ende mit den Fragen zur subjektiven Zufriedenheit (Kayser et al, 2016, S. 29-31). Was unter dem Begriff der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu verstehen ist, wird nun im nächsten Abschnitt betrachtet.
2.2 Qualitätssicherung
Bereits im Jahre 2003 hatte die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen nicht nur in der Krankenversicherung, sondern bereits trägerübergreifend erhebliche Bedeutung. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) hat eine erste „Gemeinsame Empfehlung“ zur Qualitätssicherung nach in Kraft treten des SGB IX eingeführt. Seit nunmehr über 17 Jahren haben sich eine Reihe fachlicher und inhaltlicher Weiterentwicklungen ergeben. Dazu zählt auch die trägerübergreifende Vereinbarung zum einrichtungsinternen QM nach § 37 Abs. 3 SGB IX. Wichtige Aspekte zur Einführung eines QM-Systems sind die Ausgestaltung mit den Elementen der Patientenorientierung, Verantwortung und Führung, Wirtschaftlichkeit, Prozessorientierung, Mitarbeiterorientierung und -beteiligung, Zielorientierung und Flexibilität, Fehlervermeidung und Umgang mit Fehlern sowie ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (Ertl-Wagner et al, 2012, S. 19). Mit Einführung des SGB IX wurden nun auch gesetzliche Regelungen für die Qualität der Rehabilitation von behinderten und von Behinderung bedrohten Menschen in § 20 getroffen. Als Rehabilitationsträger gehören damit auch die Berufsgenossenschaften als zuständige Kostenträger für die gesetzliche Unfallversicherung dazu (Ertl et al, 2012, S. 21). Wie sich die Qualitätssicherung in diesem Sozialversicherungszweig entwickelt, soll anhand der vergleichenden Qualitätsanalyse im ambulanten und stationären Sektor an beispielhaften zugelassenen Behandlungsformen beleuchtet werden.
3 Vergleichende Qualitätsanalyse (VQA)
Mit der VQA als Grundlage für ein effektives QM der Leistungserbringer sowohl im ambulanten als auch stationären Sektor setzt die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) als erster Träger der gesetzlichen Unfallversicherung in der Rehabilitation von Versicherten den gesetzlichen Auftrag nach § 37 Abs. 1 SGB IX um. Die VBG hat dazu die Form von Partnern der optimierten Zusammenarbeit eingeführt. Dabei werden im Rahmen der VQA, welches der externen Qualitätssicherung von Reha-Einrichtungen dient, Partner auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation vertraglich gebunden. Bis November 2018 waren insgesamt 74 Einrichtungen beteiligt (issa, 2019, S. 2-5). Welche Voraussetzungen die jeweiligen Einrichtungen erfüllen müssen, beschreiben die nächsten Abschnitte.
3.1 Ambulanter Sektor
Im ambulanten Sektor werden neben den klassischen Behandlungen wie Krankengymnastik, Physiotherapie, Lymphdrainage, Elektrotherapie etc. auf Einzel-Verordnung sogenannte Komplextherapien verordnet. Sinn und Zweck dieser Therapien ist es, im Rahmen des Rehabilitations-Managements die Behandlungen so zu koordinieren, dass die Versicherten nach einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit wieder ihre bisherige Tätigkeit wettbewerbsfähig ausüben können. Es werden für bestimmte Verletzungsbilder entsprechende Standards entwickelt, zu welchem Zeitpunkt diese Maßnahmen im Rehabilitationsverlauf eingesetzt werden. Angeboten wird im ambulanten Sektor die Erweiterte Ambulante Physiotherapie (EAP) (DGUV, 2014, S. 1). Hierbei handelt es sich um eine Therapieform, die aufgrund von Ergebnissen der Leistungssportler in der ambulanten Therapieform entwickelt wurde. Wohnortnah wird eine intensivierte physiotherapeutische Behandlung durch ein muskuläres Aufbautraining unterstützt. Neben der Physiotherapie und Krankengymnastik zählen zu weiteren Behandlungselementen die medizinische Trainingstherapie, Elektrotherapie, Hydro- und Thermotherapie, manuelle Lymphdrainage und Massage und die Ergotherapie. Dabei können die einzelnen Behandlungselemente isoliert oder kombiniert eingesetzt werden (Kohler, 2013, S. 144).
Für die Zulassung einer Einrichtung zu diesem Verfahren sind bestimmte Anforderungen zu erfüllen. Diese Anforderungen beinhalten die Rahmenbedingungen für die Strukturqualität als notwendige Voraussetzung zur Zulassung durch die Landesverbände der DGUV. Im Einzelnen werden personelle Voraussetzungen, wie die ärztliche Beteiligung eines kooperierenden Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie oder Physikalische und Rehabilitative Medizin und eines speziellen Behandlungsteams von staatlich anerkannten Physiotherapeuten, Krankengymnasten, Masseuren, Sportlehrern und Ergotherapeuten vorgeschrieben (DGUV, 2014, S. 1-3). Zudem müssen Qualitätskriterien der räumlichen Ausstattung erfüllt sein. Neben der Barrierefreiheit der Therapieeinrichtung müssen Therapieräume und Behandlungskabinen mit entsprechenden Größen, ein Aufenthaltsraum, Toiletten, Duschen und Umkleideräume sowie ein Besprechungsraum für Fallbesprechungen mit den Reha-Managern der Berufsgenossenschaften nachgewiesen werden (DGUV, 2014, S. 3). Zusätzlich beinhaltet die Anforderung an die Strukturqualität die apparative Ausstattung. Bei der Zulassung zur EAP müssen Systeme zur Messung der Kraft und Leistung an den oberen und unteren Extremitäten und dem Rumpf vorhanden sein. Dies kann beispielweise ein Isokinetisches System leisten. Weitere Voraussetzungen sind Geräte für die medizinische Trainingstherapie, dynamische Fahrradergometer und Oberkörperergometer sowie die apparative Ausstattung zur Koordinationsschulung, Kryotherapie, Wärmebehandlung, Elektrotherapie und entsprechende Motorbewegungsschienen für Schulter und Knie (DGUV, 2014, S. 3-4).
Um die Qualität der Behandlung sicherzustellen sind vertraglich als Pflichten die Durchführung qualitätssichernder Maßnahmen und die Teilnahme an Qualitätssicherungsprogrammen in den Anforderungen aufgeführt. Zudem wird auch die Erstellung eines Therapieplanes zu Beginn der Behandlung und während des Verlaufes gefordert. Wie diese Berichte formal zu erstellen sind, wurde nicht vereinbart. Die Möglichkeit, die Versorgungsqualität der verschiedenen Einrichtungen miteinander zu vergleichen, ist dadurch nicht gegeben. Hier setzt die VQA der VBG an.
Eine zweite Form der ambulanten Komplextherapie stellt die Arbeitsplatzbezogene Muskuloskeletale Rehabilitation (ABMR) dar. Als Voraussetzung zur Zulassung zu diesem Therapieverfahren muss die Einrichtung eine EAP-Zulassung bereits vorliegen haben. Personell ist die Kooperation mit einem Arzt nicht ausreichend, dieser muss mit seinen rehabilitativen Qualifikationen mindestens halbtags präsent sein. Zudem sind mindestens zwei Ergotherapeuten mit Erfahrung in arbeitsplatzbezogenen Therapien gefordert. Des Weiteren ist als Voraussetzung der Strukturqualität eine separate Fläche von mindestens 50 qm für Screening-Tests und arbeitsplatzbezogener Therapie für ein Simulationstraining mit entsprechender Ausstattung nachzuweisen. Um die Leistungsfähigkeit der Versicherten abschließend zu bewerten sind zudem der Einsatz eines Functional Capacity Evaluation – Systems, wie z. B. dem EFL-Test nach Isernhagen vorzuhalten (DGUV, 2012, S. 1-3). Voraussetzung hierfür sind zunächst der Abgleich des Patientenfähigkeitsprofils mit dem erhobenen Tätigkeitsprofil. Dabei wird der Versicherte innerhalb von zwei Tagen im Hinblick auf die verbliebene Funktions- und Leistungsfähigkeit bezogen auf seine bisherige Tätigkeit oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt getestet. Der Unfallversicherungsträger erhält damit eine Aussage, ob der Versicherte wieder in seine ursprüngliche Arbeit eingegliedert werden kann oder ggf. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben notwendig sind (Wandschneider & Böhm, 2015, S. 77-80).
Um nun eine VQA von Einrichtungen im ambulanten Sektor durchzuführen, hat die VBG die Zusammenarbeit von Partnern der optimierten Zusammenarbeit entwickelt. Im ambulanten Sektor werden Einrichtungen zugelassen, die sowohl die Strukturqualität der EAP- als auch der ABMR-Zulassung der DGUV erfüllen. Zudem werden anhand einer Checkliste die personellen und sachlichen Strukturen in ambulanten Einrichtungen überprüft (Lukasczik et al, 2016, S. 111-118). Jede Einrichtung, welche die Voraussetzungen der EAP und ABMR erfüllt, kann sich über die Homepage der VBG über die Mindestanforderungen informieren und die Aufnahme als Partner beantragen. Personelle Pflichtanforderungen sind neben einem Leitenden Arzt, ein/e Klinische/r Psychologin/Psychologe mit Erfahrung im Schmerzassessment und in der Schmerztherapie, Personal in der Physiotherapie oder Ergotherapie mit zusätzlicher Fortbildung in handtherapeutischen Techniken und in der Diät- und Ernährungsberatung. Weiterhin wird im Bedarfsfall die Einbindung von Personal in der Logopädie sichergestellt (VBG, 2019a, S. 4-5). An sachlichen Voraussetzungen sind für die räumliche Ausstattung zusätzlich ein Raum für die Anpassung von Hilfsmitteln durch einen Orthopädietechniker sowie ein Bewegungsbad vorzuhalten. Ein wichtiger Punkt für die Versorgungsqualität ist zudem die Anforderung, dass bei medizinischer Notwendigkeit zeitgerecht Untersuchungen, wie Magnetresonanz- oder Computertomographien, Laboruntersuchungen oder Gefäßdiagnostik sowie Laboruntersuchungen und erste kardiologische Maßnahmen durchgeführt werden können (VBG, 2019a, S. 5-6).
Voraussetzung für die Teilnahme ist ebenfalls, dass die Einrichtungen ein internes Qualitätsmanagement sicherstellen, welches nach § 37 Abs. 2 S. 2 SGB IX nach einem von der BAR anerkannten QM-Verfahren zertifiziert ist. Für eine nachhaltige Sicherung des Rehabilitationsergebnisses sollten im Rahmen eines ganzheitlichen Therapieansatzes im Rahmen der medizinischen Rehabilitation Sportangebote vermittelt werden. Diese könnten z.B. in Form von Nordic Walking oder Rollstuhlsport angeboten werden. Für dauerhaft körperlich eingeschränkte Rehabilitanden und Rehabilitandinnen sollten zur besseren Bewältigung des Alltags Übungsempfehlungen nach Beendigung der Komplextherapie individuell erarbeitet werden (VBG, 2019a, S. 8-9).
3.2 Stationärer Sektor
Im stationären Sektor kann als Partner der optimierten Zusammenarbeit ein Krankenhaus oder eine Rehabilitationsklinik an der VQA teilnehmen, welche die Anforderungen der Zulassung zur berufsgenossenschaftlich stationären Weiterbehandlung (BGSW) für Verletzungen des Stütz- und Bewegungsapparates oder des zentralen und peripheren Nervensystems erfüllen (§ 34 SGB VII). Dazu muss zwingend die Zulassung zur bereits im ambulanten Sektor beschriebenen Therapieform der ABMR vorhanden sein (VBG, 2019b, S. 4).
Mit der BGSW wird die umfassende Rehabilitation von Versicherten sichergestellt, um diese sowohl medizinisch, beruflich und sozial zu rehabilitieren. Aus den Ergebnissen der Therapie lassen sich auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder der sozialen Teilhabe ableiten. In der physikalischen Therapie sollten verschiedene Behandlungselemente wie Physiotherapie und Krankengymnastik, medizinische Trainingstherapie, Elektrotherapie und Mechanotherapie wie manuelle Lymphdrainage mit der Ergotherapie, arbeitsplatzbezogenen Inhalten sowie im Bedarfsfall Ernährungsberatung, Hilfsmittelversorgung oder der psychologischen Betreuung kombiniert werden (DGUV, 2016a, S. 1). Auf neurologischem Fachgebiet sind außerdem während der BGSW eine Sport- und Bewegungstherapie, eine Sprach-/Sprech- und Schlucktherapie, eine Therapie faszialer Paresen und eine neuropsychologische Therapie je nach Verletzungsart sicherzustellen. Für die Therapie von schweren Schädel-Hirn-Traumata (SHT) und Querschnittslähmungen sind die Qualitätsstandards der gesetzlichen Unfallversicherung zu beachten. Die Qualitätsstandards der SHT-Verletzten beachten dabei das Phasenmodell der BAR, wobei sich hier in den einzelnen Phasen nach den speziellen Bedürfnissen der versicherten Personen angelehnt wird. (DGUV, 2015, S. 33-36).
Für die Zulassung als Partner der optimierten Zusammenarbeit mit der VBG müssen diese Einrichtungen im Vergleich zu den ambulanten Häusern eine enge Zusammenarbeit mit einem Handchirurgen oder einer Handchirurgin nachweisen. Diese verfügen über die Qualifikation für die handchirurgische Versorgung nach § 37 Abs. 3 S. 1 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger und die Zusatzbezeichnung „Handchirurgie“. Die Beratung der Unfallverletzten hat kurzfristig zu erfolgen und der Therapieplan wird entsprechend ergänzt. Für die räumliche Ausstattung ist zu berücksichtigen, dass für die Tätigkeit der Handchirurgen ein geeigneter Raum zur Verfügung steht. Mit dieser Vorgabe wird den Verletzungsbildern der handchirurgischen Indikationen und den daraus häufig resultierenden Komplikationen besondere Rechnung getragen (VBG, 2019b, S. 5).
Für die Aufnahme der Versicherten gilt eine Frist von maximal sieben Tagen für eine Komplextherapie, wobei die ärztliche Aufnahmeuntersuchung am gleichen Tag zu erfolgen hat. Damit wird gleich zu Beginn ein ärztlicher Befund sichergestellt und Verzögerungen der Aufnahme sollten durch Partner der optimierten Zusammenarbeit vermieden werden (VBG, 2019b, S. 7). Ansonsten gelten neben einer nachhaltigen Sicherung des Rehabilitationsergebnisses und der Qualitätsanforderungen die gleichen Kriterien der Checkliste, wie sie bereits im ambulanten Sektor aufgeführt wurden. Wie sich die VQA nun in der Praxis gestaltet, wird im nächsten Abschnitt näher erläutert.
4 Durchführung der VQA in der Praxis
Die VQA zeichnet sich in der Praxis durch einen multi-perspektivischen longitudinalen Ansatz aus. Dabei werden sowohl subjektive als auch objektive Daten der beteiligten Akteure im Rehabilitations-Verfahren berücksichtigt. Bei der Durchführung der VQA wurden somit die Ärzte, Therapeuten, die Rehabilitanden und die jeweiligen Mitarbeitenden im Reha-Management modular beteiligt. Darauf aufbauend sollen faire Vergleiche der Prozess- und Ergebnisqualität zwischen beteiligten Reha-Einrichtungen abgeleitet werden (Lukasczik et al, 2016, S. 111-118).
4.1 Beteiligung der Ärzte und Therapeuten
Die Ärzte und Therapeuten werden mit einem Vordruck für das Berichtswesen beteiligt. Bevor der Versicherte zu der Komplextherapie aufgenommen wird, erfolgt die Beantragung der Aufnahme entweder durch einen beteiligten Durchgangsarzt mittels Verordnung oder durch die Einrichtung selbst. Der Reha-Manager bietet dem Versicherten unter Berücksichtigung seines Wunsch- und Wahlrechtes zunächst Partner der optimierten Zusammenarbeit in Wohnortnähe an. Sofern sich der Versicherte für eine vorgeschlagene Einrichtung entscheidet, informiert sich der Reha-Manager bei der Klinik nach einem Aufnahmetermin. Sobald dieser bekannt ist, erfolgt die Kostenzusage mit dem ärztlichen/therapeutischen Bericht per Fax. In diesem Vordruck ergänzt der Reha-Manager auf Seite zwei den Bericht mit einer vorläufigen Prognose zur voraussichtlichen Arbeitsfähigkeit. Dieses Datum ergibt sich aus den vorhergehenden Rehabilitations-Planungen, die gemeinsam mit den Versicherten und den Ärzten persönlich besprochen wurden. Alternativ wäre auch ein Datum anhand der Standards für Heilverfahren und Rehabilitation möglich. Dabei handelt es sich um Empfehlungen für 25 verschiedene häufig vorkommende Verletzungen mit idealtypischem Verlauf (Froese, 2015, S. 3-141).
Im Rahmen der ärztlichen Eingangsuntersuchung wird nun der Teil A des Berichtes zur VQA vom Arzt mit den notwendigen Stammdaten sowie dem allgemeinen Gesundheitszustand ausgefüllt. Weiterhin werden mögliche Hinweise, die Einfluss auf die Rehabilitation der Versicherten haben könnten, in Bezug auf berufliche, soziale oder persönliche Kontextfaktoren vermerkt. Dabei sollten sowohl fördernde als auch hemmende Faktoren auf den Reha-Erfolg angegeben werden. Sollte eine Verständigung in deutscher Sprache nur eingeschränkt möglich sein, erfolgt ein Hinweis, dass ein Dolmetscher für Besprechungen notwendig wird. Sofern der Arzt mit unserer Prognose zur Arbeitsfähigkeit nicht einverstanden ist, wird eine entsprechende Begründung und Vorschläge für weitere Maßnahmen sowie eine Einschätzung, ob die bisherige Tätigkeit voraussichtlich wieder wettbewerbsfähig ausgeübt werden kann, abgegeben. Sollten zusätzliche ergänzende Maßnahmen zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit notwendig werden, wie z.B. Fahrproben, Leistungen in Form der Kraftfahrzeughilfe (z.B. Führen eines PKW mit Automatikgetriebe), Anpassungen des Arbeitsplatzes oder eine innerbetriebliche Umsetzung, werden diese ebenfalls vermerkt. Zudem erfolgen in Teil A Angaben zu beantragten Zusatzleistungen aus dem Rahmenvertrag, wie z.B. psychologische Untersuchungen, handtherapeutische Leistungen oder Beförderungsleistungen. Diese müssen vor Behandlungsbeginn von der VBG genehmigt werden (VBG, 2019c, S. 1-2).
In Teil B des Berichtes werden das Funktionelle Anforderungs- und Fähigkeitsprofil sowie die Therapieziele im Beruf und Alltag der Versicherten eingetragen. Diese Angaben werden in der Regel von den leitenden Therapeuten angegeben. Zunächst wird ein übergeordnetes Therapieziel vereinbart. Dies könnte z.B. lauten: Verrichten der zuletzt ausgeübten Tätigkeit oder optimales Gangbild ohne Schmerzsymptomatik etc. Dabei werden die Anforderungen zu Therapiebeginn (z.B. Gewicht, Wiederholungszahl, Zeit), die zur Bewältigung des beschriebenen Anforderungsprofils notwendig sind ergänzt. In einer Tabelle werden dann die Fähigkeiten der Versicherten zum Beginn, zur Verlängerung und zum Ende der Behandlung für das beschriebene Therapieziel vermerkt. Dabei sollen die Therapieziele in einer für den Versicherten verständlichen Sprache formuliert werden, wie sie im Beruf und Alltag gewählt werden. Ziele könnten z.B. sein, Schmerzen im linken Sprunggelenk beim Treppensteigen vermindern oder die nächste Bushaltestelle ohne Hilfsmittel zu erreichen bzw. zwei Stunden am Tag Treppensteigen mit Paketen bis zu fünf Kilogramm. Um diese kritischen Anforderungen zu erreichen werden Zielkriterien zur Bewertung beschrieben. Dies könnten z.B. Schmerzfreiheit null auf einer Skala null bis zehn sein oder ohne Pause 1500 Meter ohne Unterarmgehstützen gehen oder fünf Kilogramm von Boden auf Taillenhöhe heben und dabei 40 Treppenstufen tragen. Durch die vorgegebenen Zeitpunkte der Angaben kann eine Entwicklung der Fähigkeiten der Versicherten beschrieben und nachvollzogen werden, so dass die Einrichtungen die Möglichkeit besitzen in Teil B abschließend eine Verlängerung der jeweiligen Komplextherapie für zwei Wochen zu beantragen. Die VBG prüft unmittelbar den Verlängerungsantrag und wird diesen genehmigen oder bei begründeten Tatsachen, wie etwa einem Mangel eines erkennbaren Leistungsfortschritts, ablehnen (VBG, 2019c, S. 3).
Bei Beendigung der Therapiemaßnahme wird abschließend der Teil C des Vordrucks vom Arzt der Einrichtung ausgefüllt. Dabei wird zunächst eine Einschätzung zur Prognose abgegeben, ob die Versicherten ihre bisherige berufliche Tätigkeit wieder ausüben können. Dabei können evtl. Einschränkungen bei der Ausübung vermerkt werden. Ebenso können Empfehlungen bei Berücksichtigung der Kontextfaktoren zur Erhaltung des Therapieerfolgs festgehalten werden. Dies können z.B. die Verordnung von krankengymnastischen Therapien in arbeitsfreier Zeit sein. Bei einer kritischen Würdigung des Gesamtverlaufs können noch Informationen zur Motivation und Mitarbeit der Versicherten, Komplikationen im Heilverlauf oder Verzögerungen durch unfallunabhängige Erkrankungen abschließend angegeben werden (VBG, 2019c, S. 4).
Eine Übersicht der einzelnen Aufgaben der Reha-Einrichtung und die Aufgaben der VBG bzgl. des Ablaufes der Dokumentation kann folgender Abbildung entnommen werden:
Abbildung 01: Aufgaben der Reha-Einrichtung und der VBG
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: VBG, 2017
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