Im Folgenden wird ein Konzept zur Speicherung der bereitgestellten Windenergie und somit einer autarken Stromversorgung von Traumstadt präsentiert. Zunächst werden Annahmen bezüglich des notwendigen Umfangs von Energiebereitstellung, -verbrauch und dadurch notwendiger Speicherleistung getroffen. Anschließend werden verschiedene Speichertechnologien anhand technischer, ökonomischer und ökologischer Faktoren verglichen. Anschließend erfolgen Kostenkalkulation und Umsetzungsvorschläge für das erarbeitete Konzept.
Um eine autarke Stromversorgung durch Windenergie für Traumstadt bereitzustellen, bietet ein Pumpspeichersystem vielfältige Vorteile. Auf Basis der getroffenen Annahmen ist diese Technologie momentan wirtschaftlich gesehen am ehesten zu realisieren. Alternativ ist langfristig gesehen, bedingt durch eine starke Entwicklung im Chemie- und Automobilsektor hin zur E-Mobilität, eine Zunahme des Batteriebedarfs und ein damit einhergehender Preisrückgang zu erwarten. Somit steigt auch die Attraktivität für andere Anwendungen, insbesondere Batterien als Technologie mit Zukunftsperspektive. Zudem wäre ein weiterer Ausbau der Energiequellen durch Photovoltaik und Biogas-Anlagen eine Option, um Produktionsschwankungen stärker zu glätten und somit den Speicherbedarf weiter zu reduzieren.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Notwendige Annahmen
3. Relevante Technologien zur Speicherung von elektrischer Energie
4. Kostenanalyse und Finanzierungsmöglichkeiten
5. Umsetzungsmöglichkeiten
6. Handlungsempfehlungen und Fazit
Literaturverzeichnis
Abstract
Im Folgenden wird ein Konzept zur Speicherung der bereitgestellten Windenergie und somit einer autarken Stromversorgung von Traumstadt präsentiert. Zunächst werden Annahmen bezüglich des notwendigen Umfangs von Energiebereitstellung, -verbrauch und dadurch notwendiger Speicherleistung getroffen. Anschließend werden verschiedene Speichertechnologien anhand technischer, ökonomischer und ökologischer Faktoren verglichen. Anschließend erfolgen Kostenkalkulation und Umsetzungsvorschläge für das erarbeitete Konzept. Um eine autarke Stromversorgung durch Windenergie für Traumstadt bereitzustellen, bietet ein Pumpspeichersystem vielfältige Vorteile. Auf Basis der getroffenen Annahmen ist diese Technologie momentan wirtschaftlich gesehen am ehesten zu realisieren. Alternativ ist langfristig gesehen, bedingt durch eine starke Entwicklung im Chemie- und Automobilsektor hin zur E-Mobilität, eine Zunahme des Batteriebedarfs und ein damit einhergehender Preisrückgang zu erwarten. Somit steigt auch die Attraktivität für andere Anwendungen, insbesondere Batterien als Technologie mit Zukunftsperspektive. Zudem wäre ein weiterer Ausbau der Energiequellen durch Photovoltaik und Biogas-Anlagen eine Option, um Produktionsschwankungen stärker zu glätten und somit den Speicherbedarf weiter zu reduzieren
1.Einführung
Bei der Energiewende handelt es sich um eine politisch induzierte, tiefgreifende Transformation des deutschen Energiesystems, die eine hohe gesellschaftliche Rückendeckung erfährt, Unternehmen und Politik aber vor große Herausforderungen stellt.1 Die ehrgeizigen Ziele der Energiewende können nur durch die Entwicklung, Einführung und Verbreitung der dafür benötigten Technologien im Verbund mit entsprechenden gesellschaftlichen, politischen und institutionellen Rahmenbedingungen umgesetzt werden, wobei wirtschaftliche und ökologische Aspekte nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Hierbei kommt der Windenergie in Deutschland verstärkt Bedeutung zu. Die Chance einer Versorgung aus Windenergie in Kombination mit einer geeigneten Technologie als Speicher wird im folgenden Projekt aufgezeigt. Für Traumstadt (50.000 Einwohner), das geographisch am Fuße eines Mittelgebirges gelegen ist, wird ein Konzept zur autarken Stromversorgung der Haushalte durch Windenergie vorgestellt. Bei einer Energieversorgung aus Windkraft kommt es zu einer räumlichen und zeitlichen Diskrepanz zwischen der Bereitstellung auf Angebotsseite und dem Verbrauch der Haushalte auf Nachfrageseite. Um diese Unterschiede auszugleichen, ist ein Energiespeicher notwendig.2 Zunächst werden Annahmen bezüglich des notwendigen Umfangs von Energiebereitstellung, -verbrauch und dadurch notwendiger Speicherleistung getroffen. Anschließend werden verschiedene Speichertechnologien verglichen. Nach Abwägung technischer, ökonomischer und ökologischer Faktoren wird die für dieses Projekt vorteilhafte Option näher beleuchtet. Anschließend erfolgen Kostenkalkulation und Umsetzungsvorschläge für das erarbeitete Konzept.
2. Notwendige Annahmen
Zunächst muss der Stromverbrauch der Haushalte pro Jahr abgeschätzt werden, wobei der Umfang an produzierter Windenergie ausreicht, um genügend Energie bereitzustellen. Allerdings besteht vor allem im produktionsschwächsten Zeitraum des Jahres ein Produktionsausfallrisiko. Genau für diese Perioden muss Energie gespeichert werden, wohingegen bei starker Überproduktion der Speicher gefüllt, in ein mögliches Netz eingespeist oder die Produktion schlichtweg auf das Niveau des notwendigen Energieverbrauchs reduziert werden kann. Im späteren Verlauf zeigt sich zudem, dass aufgrund verschiedener Einflussfaktoren die Speicherleistung höher sein muss als der Verbrauch.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Herleitung der Haushaltsverteilung von Traumstadt auf Basis der Haushaltsverteilung in Deutschland
Zunächst wird eine prozentuale Unterteilung der 50.000 Einwohner in 1-5+ Personen-Haushalte (HH) auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes zum deutschen Bevölkerungsprofil vorgenommen, da mit zunehmender Personengröße der Stromverbrauch pro Kopf sinkt.3 Bei dieser Segmentierung bilden 1HH (40,8%;10215HH), 2HH (34,4%;8613HH) und 3HH (24,8%;3105HH) die Mehrheit, gefolgt von 4HH (9%;2278HH) und 5+HH (3%;826HH).
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Kalkulation des Jahresstromverbrauchs von Traumstadt unter Berücksichtigung des Haushaltsverbrauchs und prozentualem Anteil elektrischer Heizanwendungen
Für diese Gruppen werden anhand des Stromspiegels für Deutschland 2016 Verbrauchswerte pro Haushalt hochgerechnet.4 Die Kalkulation berücksichtigt, dass 25% der deutschen Haushalte mit Strom heizen, was einen entsprechend höheren Stromverbrauch im Vergleich zu den restlichen 75% zur Folge hat.5 In der Summe ergibt sich für Traumstadt auf Basis der getroffenen Annahmen ein Jahresverbrauch von 72.049 MWh.
Verglichen mit einer Grobkalkulation bei durchschnittlich 2,1 Personen und einem gewichteten Verbrauch von 2750 kWh (ohne elektrisches Heizen) bzw. 3492,5 kWh (mit elektrischem Heizen) pro Haushalt, würde sich ein Jahresverbrauch von 69896 MWh und somit eine Abweichung von 3% ergeben, was die Notwendigkeit dieser genaueren Berechnung unterstreicht.6 Bei der Analyse der zu bereitstellenden Ausgleichsleistungen werden Produktion und Konsum im Zeithorizont von Monaten, Wochen und Tagen betrachtet, da bei Bereitstellung durch Windenergie eine Speicherleistung über längere Zeitperioden (Wochen) notwendig ist, als beispielsweise bei Photovoltaik-Anlagen, wo Produktionsvolatilität eher im Tagesverlauf auftritt.7
Da der Verbrauch der Haushalte pro Monat Schwankungen je nach Tageszeit, Wochentag und Saison unterliegt, werden zur Berechnung Standartlastprofile herangezogen. Diese Kategorisierung größerer Zielgruppen macht insofern Sinn, da bestimmte Verbrauchergruppen ähnlichen Mustern beim Stromverbrauch folgen und sich Lasten somit relativ gut prognostizieren lassen.8 Eine saisonale Kategorisierung erfolgt anhand verschiedener Verbrauchsperioden und gewichtet mithilfe eines Dynamisierungsfaktors (berücksichtigt Jahreszeit beim Stromverbrauch) den monatlichen Verbrauch der Haushalte pro Monat.9
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Dynamisierungsfaktor nach Verbrauchsperiode
Der höchste bzw. niedrigste Energieverbrauch findet sich im Dezember mit 7.273MWh bzw. in den Monaten von Juni bis August mit jeweils 4.918 MWh; erwartungsgemäß ist dieser in den Wintermonaten höher als im Sommer.
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Jahresstromverbrauch von Traumstadt nach Monaten mit saisonaler Gewichtung durch jeweiligen Dynamisierungsfaktor
Zur Herleitung der Windproduktion betrachtet man den Produktionsverlauf von Windkraftanlagen in Deutschland im Jahresverlauf auf Basis von Daten des Fraunhofer-Instituts aus dem Jahr 2014. Dieser unterliegt ebenfalls saisonalen Schwankungen und kann auf Windenergieproduktion in Traumstadt prozentual übertragen und nach Monaten gewichtet werden.
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Jahresproduktion der Windenergie in Deutschland im Jahr 2014 nach Monaten
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Approximation der Jahresproduktion der Windenergie von Traumstadt nach Monaten
Für Windkraft sind Berechnungen von Verfügbarkeitskennzahlen in der Praxis aufgrund von Planungsschwierigkeiten bei den Faktoren Wind und Instandhaltung schwierig. Obwohl ausreichend Produktionskapazitäten in Traumstadt vorhanden sind, besteht ein Ausfallrisiko. Es kommt zu Zeiträumen mit Flauten (Unterproduktion), Stürmen (Überproduktion), technischen Störungen, Wartungs- und Reparaturarbeiten und Begehungen(Stilllegung).Für diese Perioden muss Energie gespeichert werden, wohingegen bei Leistungsspitzen (starke Überproduktion) der Speicher gefüllt, in ein mögliches Netz eingespeist oder die Produktion schlichtweg auf das Niveau des notwendigen Energieverbrauchs reduziert werden kann.10 Besonders wichtig ist hierbei die Betrachtung der Produktionsminima für das Jahr 2014 in Deutschland, die gleichzeitig Zeiträume mit dem höchsten Ausfallrisiko auf Monats-, Wochen- und Tagessicht darstellen:
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Minimale und maximale Windproduktion in Deutschland im Jahr 2014 11
Diese finden sich im Juli mit 3.563MWh, in KW 40 (29.09-05.10) mit 0,32 TWh und am 02.10 mit 0,009 TWh.12
Durchschnittlich läuft eine Windkraftanlage aus technischer Sicht an 98% der Stunden des Jahres und hätte damit eine Stillstandzeit von 176 Stunden bzw. 8 Tagen. Jedoch müssen meteorologische „worst-cases“ bzw. „Dunkle Flauten“ (engl.: dark calm) wie Sturm- und Flautephasen von max. 2 Wochen zur Abschätzung eines maximalen Ausfallrisikos berücksichtigt werden.13
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Deltas aus Stromproduktion- und Verbrauch in Traumstadt
Für Traumstadt ergibt sich eine maximal zu speichernde Energie aus dem größten, negativen Delta von Produktion (min.) und Verbrauch (max.) im September von -2.677 MWh und einem Monatsverbrauch von 6.074 MWh über einen Zeitraum von 2 Wochen. Unberücksichtigt der Energieverluste aufgrund der Speichertechnologie müssen also 3.037 MWh bzw. 50% des Monatsverbrauchs gespeichert und somit jegliche Engpässe des Jahres genutzt werden.
3. Relevante Technologien zur Speicherung von elektrischer Energie
Sekundäre Energiespeicher werden grundsätzlich in Strom-, Wärme-, Kraftstoff-, und Gasspeicher unterteilt und führen dabei mehrmals die Prozesse Einspeichern (Laden), Speichern und Ausspeichern (Entladen) durch.14 Solche Systeme wandeln elektrische Energie in andere Speicherformen um, ermöglichen Flexibilität in der Energieversorgung und können konventionelle Kraftwerke mit einer gesicherten Leistung ersetzen. Folgende Speicherlösungen lassen sich technisch prinzipiell zum Ausgleich der zeitlichen Volatilität realisieren und werden nach den Dimensionen Versorgungssicherheit, Energieeffizienz, Speicherkapazität, Effizienz bei Ladung und Entladung, Kosten, Lebensdauer, geographische Voraussetzungen und ökologischer Fußabdruck bewertet:15
- Pumpspeicherwerke
- Batterien
- Druckluftspeicherkraftwerke
- Power to Gas
- Kondensatoren
- Magnetische Speicher
Während Kondensatoren nicht über die notwendige Speicherkapazität verfügen, finden magnetische Speicher aufgrund von Selbstentladungsraten von 20% in der Praxis kaum Anwendung. Druckluftspeicher und Power-to-Gas Lösungen sind zwar standortunabhängig, verfügen allerdings im Vergleich zu Batterien und Pumpspeichern über einen deutlich geringeren Wirkungsgrad (Energieverluste bei einem Lade-/Entladezyklus) und generieren teils höhere Kosten.16
[...]
1 Vgl. Sterner, 2015, S. 3-4.
2 Vgl. Sterner, 2015, S. 4.
3 Vgl. https://www.destatis.de/EN/FactsFigures/Indicators/LongTermSeries/Population/lrbev05.html.
4 Vgl. Braun, 2016, S. 4.
5 Vgl. https://www.bdew.de/internet.nsf/id/4556D78DC7757097C1257F3B004F8A1A/$file/20%20 Stromverbrauch%20im%20Haushalt_Januar%202016_Charts.pdf S.7.
6 Vgl. http://www.die-stromsparinitiative.de/stromkosten/stromverbrauch-pro-haushalt/index.html.
7 Vgl. http://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Speicher/speichertechnologien.html.
8 Vgl. Probst, 2013, S.1.
9 Vgl. Probst, 2013, S.2.
10 Bei sehr schwachem Wind (unter 4 m/s) produziert die Windenergieanlage keinen elektrischen Strom: Der Wind ist zu schwach um die Rotorwelle anzutreiben. Die Windenergieanlage steht still oder dreht sehr langsam, was Trudelbetrieb genannt wird. Bei normalem Wind (4 bis 12 m/s) dreht die Windenergieanlage und produziert Leistung, aber der Wind ist noch zu schwach, um die Nennleistung der Anlage zu erreichen. Von der Windleistung wird so viel wie möglich in mechanische Energie umgewandelt. Bei Starkwind (12 bis 25 m/s) ist die angebotene Windleistung zu groß und die Anlage muss in ihrer Leistungsabgabe begrenzt werden. Die Anlage wird dann „gepitcht“. Der Pitchwinkel nimmt mit der Windgeschwindigkeit zu (von 0° bis circa 30 °) und die Auftriebskraft wird so beeinflusst, dass die Leistungsabgabe der Windenergieanlage konstant bei Nennleistung bleibt. Bei Sturm (ab 25 m/s) ist der Wind so stark, dass die Windenergieanlage abgeschaltet werden muss, um eventuelle Schäden zu vermeiden. (Bundesverband WindEnergie, 2016)
11 Burger, 2015, S. 14-41.
12 Burger, 2015, S. 14-41.
13 Vgl. IWES, 2013, S. 8.
14 Vgl. Díaz-González, 2012, S. 2155.
15 Vgl. Energiewende, 2014, S. 12.
16 Vgl. Díaz-González, 2012, S. 2155-2162.
- Arbeit zitieren
- Roman Braun (Autor:in), 2016, Wie gelingt autarke Stromversorgung aus Windenergie? Ein Strategiepapier, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/899809