„Zwei Richtungen der Filmtheorie – die neoformalistische, kognitive Theorie einerseits und die poststrukturalistisch-psychoanalytische Theorie andererseits – bieten zwei stark divergierende Beschreibungen des Filmzuschauers.“ , schreibt Stephen Lowry in seinem Aufsatz „Film-Wahrnehmung-Subjekt“. Diese zwei unterschiedlichen Modelle der Interaktion von Film und Filmzuschauer sollen in der folgenden Arbeit aufgezeigt werden. Als Grundlage zum Verständnis der Rolle des Zuschauers in der psychoanalytischen Filmtheorie, die sich unter anderem auf die psychoanalytischen Schriften Freuds und Lacans beruft, soll hierbei Christian Metz´ Buch „Der imaginäre Signifikant. Psychoanalyse und Kino.“ von 1977 dienen.
Für die Darstellung des Zuschauermodells in der neoformalistischen Filmtheorie, die theoriehistorisch gesehen auf die psychoanalytische Filmtheorie folgt und sich selbst als Reaktion auf diese versteht , orientiert sich diese Arbeit an David Bordwells Buch „Narration in the Fiction Film.“ aus dem Jahre 1988.
Der wesentliche Unterschied beider Theorien in der Modellierung des Verhältnisses von Film und Zuschauer besteht darin, dass die psychoanalytische Theorie davon ausgeht, dass sich der Film den Zuschauer unterwirft. Sie beschreibt folglich einen passiven Zuschauer, der „durch unbewusste Faktoren determiniert“ ist. Nach neoformalistischer Definition hingegen konstruiert der Zuschauer durch seinen aktiven Kognitionsprozess den Film.
Um diese Tatsache zu belegen, werden im Folgenden beide Modelle dargestellt, wobei darauf hingewiesen werden muss, dass es der Umfang dieser Arbeit nicht gestattet, auf alle Details der genannten Theorien einzugehen, sondern sie sich auf die wesentlichen Punkte beschränken muss. Während der Darstellung wird bewusst auf eine Kommentierung oder gar Wertung verzichtet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Zuschauermodell in der psychoanalytischen Filmtheorie
- Die Identifikation des Zuschauers - Das all-wahrnehmende Subjekt
- Der Zuschauer als Voyeur - keine Kinoaktivität ohne Sexualtriebe
- Der Zuschauer als Fetischist
- Das Zuschauermodell im Neoformalismus - bzw. der kognitiven Filmtheorie
- Der Kognitionsprozess - Der aktive Rezipient
- Der filmische Wahrnehmungsprozess
- Zusammenfassung
- Literatur- und Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich zum Ziel, zwei gegensätzliche Modelle der Filmrezeption, nämlich die psychoanalytische Filmtheorie und den Neoformalismus, gegenüberzustellen. Sie analysiert, wie diese Theorien den Zuschauer als aktiven oder passiven Akteur im Filmerlebnis begreifen.
- Die Rolle des Zuschauers in der psychoanalytischen Filmtheorie und seine Identifikation mit dem Film
- Die Bedeutung von unbewussten Faktoren und der Einfluss von Sexualität auf die Filmrezeption
- Das Konzept des "all-wahrnehmenden Subjekts" und seine Beziehung zur Leinwand
- Der aktive Kognitionsprozess des Zuschauers in der neoformalistischen Theorie
- Der Unterschied zwischen passiver und aktiver Filmrezeption
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und stellt die beiden zu vergleichenden Filmtheorien, die psychoanalytische Theorie und den Neoformalismus, vor. Es wird erläutert, dass diese Theorien unterschiedliche Vorstellungen vom Verhältnis von Film und Zuschauer vertreten.
Das zweite Kapitel beleuchtet das Zuschauermodell der psychoanalytischen Filmtheorie. Es wird die Theorie von Christian Metz und seine Auseinandersetzung mit Lacans Spiegelstadium erläutert. Die Identifizierung des Zuschauers mit dem Film und die Rolle von unbewussten Faktoren und Sexualität in diesem Prozess stehen im Vordergrund.
Im dritten Kapitel wird das Zuschauermodell des Neoformalismus vorgestellt, das den Zuschauer als aktiven, kognitiven Akteur begreift. Es wird die Theorie von David Bordwell und seine Vorstellung vom filmischen Wahrnehmungsprozess dargestellt.
Schlüsselwörter
Psychoanalytische Filmtheorie, Neoformalismus, Zuschauermodell, Identifikation, Kognition, Spiegelstadium, Voyeurismus, Fetischismus, Filmrezeption, aktiver Zuschauer, passiver Zuschauer.
- Arbeit zitieren
- Viktor Witte (Autor:in), 2007, Das Zuschauermodell der psychoanalytischen Filmtheorie und des Neoformalismus, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/87836