In Polkes Zeichnungen der 60er Jahre, in denen der Künstler auf verschiedenen Ebenen den Ästhetizismus der Moderne überwindet und damit die Grenzen der Institution Kunst sprengt bzw. erweitert, lohnt sich einmal der Versuch, die permanenten Metamorphosen von Polkes Œuvres still zu stellen. Dies soll in dieser Arbeit anhand der so genannten „Richter-Kampagne“ aus dem Jahr 1965 geschehen, die am Ende einer Reihe von Kugelschreiber- Zeichnungen aus den frühen 60er Jahren steht. Diese Bilderserie besitzt jedoch insofern eine andere Qualität, als dass sie anscheinend die Metamorphosen des Gesamtwerkes selbst zum Stillstand bringt. Denn die „Richter-Kampagne“ scheint die formalen wie motivischen Bedingungen der in den zwei Jahren zuvor entstandenen Zeichnungen zu verdichten. Somit liegt der Verdacht nahe, dass die „Richter-Kampagne“ die auf Werbe-Ikonographien beruhenden Zeichnungen zwischen 1963 und 1965 abschließt. Die „Richter-Kampagne“ birgt somit nicht nur einen hermeneutischen Schlüssel zu den frühen Zeichnungen Polkes, sondern markiert ebenfalls einen Ausweg aus der Abstraktion hin zu einer neuen, gegenständlichen Kunst, die jedoch nicht in eine mimetische Repräsentationslogik zurückfällt.
Inhaltsverzeichnis
- Einstieg und Ausweg – Gegenständlichkeit und Abstraktion
- Materialität und Stil der „Richter-Kampagne“
- Wege aus der Abstraktion
- Die Hinwendung zum Alltäglichen
- Die Integration des Trivialen
- Die Appropriation massenmedial vermittelter Bilder
- Die Dezentrierung des Künstlersubjekts
- Das Leistungsvermögen von Polkes neuer Gegenständlichkeit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text untersucht Sigmar Polkes „Richter-Kampagne“ aus dem Jahr 1965 als scheinbar dilettantischen Ausweg aus der Abstraktion und als Ausgangspunkt für eine neue, gegenständliche Kunst. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Analyse der Materialität und des Stils der Zeichnungen sowie der Einordnung der „Richter-Kampagne“ in den Kontext der Kunstgeschichte der 60er Jahre.
- Die Überwindung des Ästhetizismus der Moderne und die Grenzen der Institution Kunst
- Die Hinwendung zur alltäglichen Wirklichkeit und die Integration des Trivialen in der Kunst
- Die appropriation massenmedial vermittelter Bilder als Ausdruck einer neuen Form der Gegenständlichkeit
- Die Dezentrierung des Künstlersubjekts und die Bedeutung von Materialität und Stil für die Entstehung des Werkes
- Die Rolle der „Richter-Kampagne“ als Ausweg aus der Abstraktion und als Weg zu einer neuen Gegenständlichkeit
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einstieg und Ausweg - Gegenständlichkeit und Abstraktion
Dieses Kapitel stellt Sigmar Polkes „Richter-Kampagne“ als einen Wendepunkt in seinem Œuvre dar, der die Metamorphosen des Gesamtwerkes scheinbar zum Stillstand bringt. Die Zeichnungen der „Richter-Kampagne“ verdichten die formalen und motivischen Bedingungen der vorherigen Zeichnungen und markieren somit einen Abschluss für Polkes Auseinandersetzung mit der Werbe-Ikonographie. Der Text argumentiert, dass die „Richter-Kampagne“ als Ausgangspunkt für eine neue, gegenständliche Kunst verstanden werden kann, die jedoch nicht in eine mimetische Repräsentationslogik zurückfällt.
2. Materialität und Stil der „Richter-Kampagne“
Der Fokus dieses Kapitels liegt auf der Analyse der Materialität und des Stils der Zeichnungen der „Richter-Kampagne“. Die Verwendung billiger Materialien wie Kugelschreiber und Din A4-Schreibmaschinenbögen wird als Ausdruck einer Hinwendung zur umgebenden gesellschaftlichen Wirklichkeit interpretiert. Das Material fungiert gleichzeitig als Bedingung für die inhaltliche Ausgestaltung der Zeichnungen und erzeugt eine strukturelle Kohärenz zwischen Träger und Dargestellten. Der Text diskutiert die Frage, ob die motivische Knappheit der Zeichnungen dem billigen Material geschuldet ist oder einer programmatischen Hinwendung zur Alltagswelt.
3. Wege aus der Abstraktion
Dieses Kapitel betrachtet die „Richter-Kampagne“ im Kontext der Kunstgeschichte der 60er Jahre und beleuchtet die verschiedenen Wege, die Polke aus der Abstraktion findet. Es werden die Hinwendung zum Alltäglichen, die Integration des Trivialen, die Appropriation massenmedial vermittelter Bilder und die Dezentrierung des Künstlersubjekts als zentrale Aspekte der „Richter-Kampagne“ hervorgehoben. Das Kapitel zeigt, wie Polke die Grenzen der Institution Kunst sprengt und eine neue Form der Gegenständlichkeit entwickelt, die auf der Integration von Elementen der Popkultur und der Alltagswelt basiert.
4. Das Leistungsvermögen von Polkes neuer Gegenständlichkeit
Dieses Kapitel behandelt die Bedeutung der „Richter-Kampagne“ als Ausdruck einer neuen Gegenständlichkeit und als Beweis für Polkes Fähigkeit, die Abstraktion zu überwinden und eine neue, zeitgemäße Kunstform zu entwickeln. Es wird die Bedeutung der „Richter-Kampagne“ für die deutsche Malerei des 20. Jahrhunderts sowie für die Entwicklung der Kunst im Kontext der Postmoderne untersucht.
Schlüsselwörter
Sigmar Polke, Richter-Kampagne, Gegenständlichkeit, Abstraktion, Werbe-Ikonographie, Materialität, Stil, Alltagswelt, Appropriation, Popkultur, Kunstgeschichte, Moderne, Postmoderne.
- Arbeit zitieren
- Frank Dersch (Autor:in), 2007, Die Richter-Kampagne, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/87743