Sozialraumorientierung ist in den letzten Jahrzehnten, gerade im Rahmen der Jugendarbeit und Jugendhilfe immer wieder in der Fachdiskussion aufgetaucht. Sie meint die Orientierung und die Arbeit mit Jugendlichen, unter Einbezug ihrer in der Lebenswelt vorhandenen Ressourcen. Diese im sozialen Raum der Jugendlichen vorhandenen Ressourcen sollen erschlossen und auch für spätere Problematiken mit Jugendlichen nutzbar gemacht werden. Es soll deutlich werden, dass Sozialraumorientierte Budgets beziehungsweise Sozialraumbudgets eine Kombination aus lebensweltlichen Ressourcen und finanziellen Mitteln darstellen und nur in diesem Zusammenhang ihre gewünschte sozialräumliche Wirkung entfalten können. Dement-sprechend dürfen Sozialraumbudgets lediglich als Instrument zur Unterstützung Sozialraumorientierter Ansätze in der Jugendhilfe angesehen werden. Somit sind Sozialraumbudgets keineswegs mit Sozialraumorientierung gleichzusetzen, was in manchen Teilen der Fachliteratur so verstanden werden könnte.
Ziel dieser Arbeit ist es, aufzuzeigen, dass Sozialraumbudgets nur ihre positive Wirkung entfalten können wenn sie konkret auf die Bedingungen des jeweiligen Sozialraums konzipiert sind. Des Weiteren soll dargestellt werden, dass man Budgetkonzepte nicht einfach auf andere geographisch festgelegte Sozialräume übertragen kann, da jeder Sozialraum individuelle Gegebenheiten und Ressourcen in sich birgt, welche es zu berücksichtigen gilt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Aufbau der wissenschaftlichen Arbeit
- 2. Zum Begriff und den geschichtlichen Hintergründen in der fachlichen Diskussion
- 2.1 Lebensweltorientierung
- 2.2 Sozialraum und Sozialraumorientierung im Bereich der Jugendhilfe
- 2.3 Handlungslinien in der Entwicklung sozialraumorientierter Ansätze ab 1850
- 2.4 Sozialraumorientierung - ein wichtiges Moment der Jugendhilfe seit 1990
- 2.4.1 Die Einzelfall- und Zielgruppenarbeit
- 2.4.2 Die fallunspezifische und infrastrukturelle Arbeit
- 3. Die Sozialraumanalyse als Grundlage für sozialraumorientierte Konzepte
- 3.1 Handlungslinien in der Entwicklung von Sozialraumanalysen
- 3.2 Mögliche methodische Zugänge und Zielsetzungen zur Analyse eines Sozialraums
- 3.2.1 Lokalisierung und Abgrenzung eines Raums
- 3.2.2 Detaillierte, soziokulturelle Strukturanalyse des Sozialraums
- 3.2.3 Bestandsaufnahme im Quartier
- 3.2.4 Erfassung des subjektiven Empfindens der Bewohner gegenüber ihrem Sozialraum
- 3.3 Sozialraumanalysen in der Jugendhilfe
- 4. Steuerungs Möglichkeiten im Sozialraum und deren Verankerung im KJHG
- 4.1 Sozialraumbudgets
- 4.1.1 Koordination der Träger und der Budgetsummen, durch das KJHG
- 4.1.2 Ziele von Sozialraumbudgets
- 4.2 Steuerungsverantwortung der Träger bezüglich des Sozialraumbudgets
- 4.2.1 Trägerexklusivität im Sozialraum
- 4.2.2 Trägerpluralität im Sozialraum
- 4.2.3 Steuerungsbereich der Sozialraumgremien
- 4.3 Rechtliche Machbarkeiten sozialraumorientierter Ansätze im Kontext des KJHG
- 4.3.1 Der Hilfeplan nach §36 SGB VIII
- 4.3.2 Jugendhilfeplanung nach § 80 SGB VIII
- 4.3.3 Aktive Beteiligung des Leistungsberechtigten
- 4.3.4 Ansätze sozialräumlicher Ressourcenerschließung und Vernetzung
- 4.3.5 Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten § 5 und § 36 Abs. 1 SGB VIII
- 5. Zwei erfolgreiche Praxisprojekte sozialraumorientierter Finanzierung
- 5.1 Die Reform der Erziehungshilfen in Stuttgart
- 5.1.1 Ziele, Voraussetzungen und deren Umsetzung
- 5.1.2 Die Steuerungs- und Trägerverantwortung im Sozialraum
- 5.1.2.1 Die Steuerungsverantwortung
- 5.1.2.2 Die Trägerverantwortung
- 5.1.3 Die Budgetzusammensetzung und Verteilung
- 5.1.4 Problematiken und Aussichten bei der praktischen Umsetzung des Stuttgarter Modells
- 5.2 Das Bundesmodellprojekt INTEGRA
- 5.2.1 Ziele, Voraussetzungen und deren Umsetzung im Modellgebiet Celle
- 5.2.2 Die Steuerungs- und Trägerverantwortung im Sozialraum
- 5.2.3 Die Budgetzusammensetzung und Verteilung
- 5.2.4 Problematiken und Aussichten bei der praktischen Umsetzung des INTEGRA Modells
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe und die Relevanz verschiedener Finanzierungsansätze seit der Neuorganisation der Jugendhilfe ab 1990. Ein Schwerpunkt liegt auf der rechtlichen Vereinbarkeit von Sozialraumorientierung und Sozialraumbudgetierung mit dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), insbesondere bezüglich der Hilfen zur Erziehung (§ 27). Es wird geprüft, ob sozialraumorientierte Ansätze die bedarfsgerechte Umsetzung der Aufgaben des öffentlichen Trägers gewährleisten oder die Flexibilisierung und Individualisierung der Hilfen beeinträchtigen.
- Rechtliche Vereinbarkeit von Sozialraumorientierung und KJHG
- Analyse verschiedener Finanzierungsmodelle in der Jugendhilfe
- Wirkung von Sozialraumbudgets auf die Jugendhilfe
- Historische Entwicklung und aktuelle Ansätze der Sozialraumorientierung
- Methoden der Sozialraumanalyse in der Jugendhilfe
Zusammenfassung der Kapitel
1. Aufbau der wissenschaftlichen Arbeit: Diese Einleitung beschreibt die Forschungsfrage der Arbeit, die sich mit der Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe und deren Finanzierungsansätzen auseinandersetzt. Es wird die rechtliche Vereinbarkeit mit dem KJHG untersucht und die Frage gestellt, ob Sozialraumorientierung die Flexibilisierung und Individualisierung der Hilfen fördert oder behindert. Die Arbeit definiert zentrale Begriffe, beleuchtet historische Ansätze und aktuelle Handlungslinien in der Diskussion um Jugendhilfe und kündigt die anschließende Vorstellung der Sozialraumanalyse und einen Ausblick auf Zukunftsperspektiven an.
2. Zum Begriff und den geschichtlichen Hintergründen in der fachlichen Diskussion um Sozialraumorientierung: Dieses Kapitel definiert den Begriff der Sozialraumorientierung und beleuchtet dessen historische Entwicklung, insbesondere im Kontext der Lebensweltorientierung und der Jugendhilfe. Es analysiert die verschiedenen Perspektiven auf den Sozialraum und seine Bedeutung für die Arbeit mit Jugendlichen. Der Abschnitt skizziert die Herausforderungen, die sich aus unterschiedlichen Auffassungen von Sozialraumorientierung und deren Umsetzung ergeben. Die unterschiedliche Nutzung öffentlicher Räume durch Kinder und Jugendliche im Vergleich zu Erwachsenen wird als zentraler Aspekt der Sozialraumorientierung hervorgehoben.
3. Die Sozialraumanalyse als Grundlage für sozialraumorientierte Konzepte: Dieses Kapitel widmet sich der Sozialraumanalyse als methodisches Instrument zur Identifizierung und Lokalisierung jugendspezifischer Problemlagen. Es beschreibt verschiedene methodische Zugänge und Zielsetzungen einer solchen Analyse, darunter die Lokalisierung und Abgrenzung von Räumen, detaillierte soziokulturelle Strukturanalysen, Bestandsaufnahmen im Quartier und die Erfassung des subjektiven Empfindens der Bewohner. Der Zusammenhang zur Jugendhilfearbeit wird betont und die Anwendungsmöglichkeiten über den Bereich Jugendhilfe hinaus aufgezeigt (z.B. städtebauliche Missstände).
4. Steuerungs Möglichkeiten im Sozialraum und deren Verankerung im KJHG: Dieses Kapitel analysiert die Steuerungsmechanismen im Sozialraum und deren rechtliche Verankerung im Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG). Es behandelt insbesondere Sozialraumbudgets, ihre Koordination, Ziele und die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten der Träger (Trägerexklusivität vs. Trägerpluralität). Die Rolle der Sozialraumgremien und die rechtlichen Möglichkeiten sozialraumorientierter Ansätze im Kontext des Hilfeplans (§36 SGB VIII) und der Jugendhilfeplanung (§80 SGB VIII) werden ausführlich diskutiert. Der Fokus liegt auf der aktiven Beteiligung der Leistungsberechtigten und der Erschließung sozialräumlicher Ressourcen.
5. Zwei erfolgreiche Praxisprojekte sozialraumorientierter Finanzierung: In diesem Kapitel werden zwei erfolgreiche Praxisprojekte vorgestellt: die Reform der Erziehungshilfen in Stuttgart und das Bundesmodellprojekt INTEGRA. Für jedes Projekt werden Ziele, Voraussetzungen, Umsetzung, Steuerungs- und Trägerverantwortung, Budgetzusammensetzung und Verteilung sowie Problematiken und Aussichten der praktischen Umsetzung detailliert beschrieben. Der Vergleich beider Projekte verdeutlicht die unterschiedlichen Herausforderungen und Lösungsansätze bei der Implementierung sozialraumorientierter Finanzierungsmodelle.
Schlüsselwörter
Sozialraumorientierung, Jugendhilfe, Sozialraumbudget, KJHG, SGB VIII, Lebensweltorientierung, Sozialraumanalyse, Hilfeplanung, Trägerverantwortung, Ressourcenerschließung, Partizipation, Praxisprojekte, Finanzierung, Rechtliche Rahmenbedingungen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe
Was ist der Inhalt dieser wissenschaftlichen Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe und die Relevanz verschiedener Finanzierungsansätze, insbesondere seit der Neuorganisation der Jugendhilfe ab 1990. Ein Schwerpunkt liegt auf der rechtlichen Vereinbarkeit von Sozialraumorientierung und Sozialraumbudgetierung mit dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), der Analyse verschiedener Finanzierungsmodelle, der Wirkung von Sozialraumbudgets, der historischen Entwicklung und aktuellen Ansätzen der Sozialraumorientierung sowie der Methoden der Sozialraumanalyse in der Jugendhilfe. Zwei Praxisprojekte (Stuttgart und INTEGRA) werden detailliert vorgestellt und verglichen.
Was versteht man unter Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe?
Die Arbeit definiert den Begriff der Sozialraumorientierung und beleuchtet dessen historische Entwicklung im Kontext der Lebensweltorientierung und der Jugendhilfe. Sie analysiert verschiedene Perspektiven auf den Sozialraum und dessen Bedeutung für die Arbeit mit Jugendlichen, inklusive der Herausforderungen, die sich aus unterschiedlichen Auffassungen ergeben. Die unterschiedliche Nutzung öffentlicher Räume durch Kinder und Jugendliche im Vergleich zu Erwachsenen wird als zentraler Aspekt hervorgehoben.
Welche Rolle spielt die Sozialraumanalyse?
Die Sozialraumanalyse wird als methodisches Instrument zur Identifizierung und Lokalisierung jugendspezifischer Problemlagen dargestellt. Die Arbeit beschreibt verschiedene methodische Zugänge und Zielsetzungen, wie die Lokalisierung und Abgrenzung von Räumen, detaillierte soziokulturelle Strukturanalysen, Bestandsaufnahmen im Quartier und die Erfassung des subjektiven Empfindens der Bewohner. Der Zusammenhang zur Jugendhilfearbeit und Anwendungsmöglichkeiten über den Bereich Jugendhilfe hinaus (z.B. städtebauliche Missstände) werden betont.
Wie werden Sozialraumorientierung und KJHG miteinander vereinbart?
Die Arbeit analysiert die Steuerungsmechanismen im Sozialraum und deren rechtliche Verankerung im KJHG. Es werden Sozialraumbudgets, ihre Koordination, Ziele und die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten der Träger (Trägerexklusivität vs. Trägerpluralität) behandelt. Die Rolle der Sozialraumgremien und die rechtlichen Möglichkeiten sozialraumorientierter Ansätze im Kontext des Hilfeplans (§36 SGB VIII) und der Jugendhilfeplanung (§80 SGB VIII) werden ausführlich diskutiert. Der Fokus liegt auf der aktiven Beteiligung der Leistungsberechtigten und der Erschließung sozialräumlicher Ressourcen. Die Arbeit prüft, ob sozialraumorientierte Ansätze die bedarfsgerechte Umsetzung der Aufgaben des öffentlichen Trägers gewährleisten oder die Flexibilisierung und Individualisierung der Hilfen beeinträchtigen.
Welche Praxisprojekte werden vorgestellt?
Die Arbeit präsentiert zwei erfolgreiche Praxisprojekte sozialraumorientierter Finanzierung: die Reform der Erziehungshilfen in Stuttgart und das Bundesmodellprojekt INTEGRA. Für jedes Projekt werden Ziele, Voraussetzungen, Umsetzung, Steuerungs- und Trägerverantwortung, Budgetzusammensetzung und Verteilung sowie Problematiken und Aussichten der praktischen Umsetzung detailliert beschrieben. Der Vergleich beider Projekte verdeutlicht die unterschiedlichen Herausforderungen und Lösungsansätze bei der Implementierung sozialraumorientierter Finanzierungsmodelle.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Wichtige Schlüsselwörter sind: Sozialraumorientierung, Jugendhilfe, Sozialraumbudget, KJHG, SGB VIII, Lebensweltorientierung, Sozialraumanalyse, Hilfeplanung, Trägerverantwortung, Ressourcenerschließung, Partizipation, Praxisprojekte, Finanzierung und Rechtliche Rahmenbedingungen.
- Arbeit zitieren
- Diplom Sozialwissenschftlerin Isabell Wieloch (Autor:in), 2005, Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/84893