„Sprache verbindet!“ Doch manchmal scheint gerade das Gegenteil der Fall zu sein. Unser Gespräch entwickelt sich zu einem Streitgespräch und wir verstehen nicht, warum das so ist. Wir stellen uns dann vielleicht die Frage, wie wir kommunizieren müssen, damit Kommunikation gelingt. Gerade vor wichtigen Gesprächen machen wir uns vermehrt Gedanken zu dieser Frage und suchen vielleicht sogar Hilfe bei den Kommunikations-Experten, deren Theorien und Ratschläge in jeder öffentlichen Bibliothek oder im Buchhandel zu finden sind. Doch welche dieser vielen Theorien ist in der Praxis wirklich anwendbar und somit wert, beachtet zu werden?
Der Psychologe Friedemann Schulz von Thun entwickelte ein Kommunikationsmodell, das erklärt, wie zwischenmenschliche Kommunikation im Privaten, aber auch im beruflichen Alltag, wo das Professionelle und Menschliche miteinander verwoben sind, gelingen kann.
Die vorliegende Hausarbeit behandelt die Frage, ob die Anwendung des 4-Seiten-Modells von Schulz von Thun eine Hilfe im Klärungsgespräch mit dem Vorgesetzten bietet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das 4-Seiten-Modell von Schulz von Thun
2.1 Begriffsdefinitionen
2.2. Theorieentwicklung und Anwendungsfelder
2.3 Appellebene
2.4 Sachebene
2.5 Selbstkundgabeebene
2.6 Beziehungsebene
2.7 Kommunikationsstörungen – Ursachen und Interventionen
2.7.1 Hören auf einem Ohr
2.7.2 Inkongruente Botschaften
2.7.3 Fehlendes Kontextverständnis
2.7.4 Implizite Botschaften
3. Das Klärungsgespräch
3.1 Gesprächsplanung
3.2 Gesprächsdurchführung
3.3 Gesprächsanalyse anhand des 4-Seiten-Modells
3.3.1 Gesprächsatmosphäre
3.3.2 Sicht des Senders
3.3.3 Sicht des Empfängers
4. Zusammenfassende Bewertung und Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Sprache verbindet!“ Doch manchmal scheint gerade das Gegenteil der Fall zu sein. Unser Gespräch entwickelt sich zu einem Streitgespräch und wir verstehen nicht, warum das so ist. Wir stellen uns dann vielleicht die Frage, wie wir kommunizieren müssen, damit Kommunikation gelingt. Gerade vor wichtigen Gesprächen machen wir uns vermehrt Gedanken zu dieser Frage und suchen vielleicht sogar Hilfe bei den Kommunikations-Experten, deren Theorien und Ratschläge in jeder öffentlichen Bibliothek oder im Buchhandel zu finden sind. Doch welche dieser vielen Theorien ist in der Praxis wirklich anwendbar und somit wert, beachtet zu werden?
Der Psychologe Friedemann Schulz von Thun entwickelte ein Kommunikationsmodell, das erklärt, wie zwischenmenschliche Kommunikation im Privaten, aber auch im beruflichen Alltag, wo das Professionelle und Menschliche miteinander verwoben sind, gelingen kann. (Schulz von Thun, 2007)
Die vorliegende Hausarbeit behandelt die Frage, ob die Anwendung des 4-Seiten-Modells von Schulz von Thun eine Hilfe im Klärungsgespräch mit dem Vorgesetzten bietet.
Im Folgenden werden dazu in Kapitel 2, dem Theorieteil dieser Hausarbeit, zunächst einige zentrale Begriffe als Grundlage des Verständnisses für das 4-Seiten-Modell definiert. Danach wird die Entwicklung und das 4-Seiten-Modell als theoretische Grundlage dieser Hausarbeit vorgestellt. Dabei stehen die vier Ebenen der Kommunikation im Fokus. Es wird auch gezeigt, wie Kommunikationsstörungen entstehen, und welche Interventionsmöglichkeiten es gibt. Nachfolgend wird in Kapitel 3 die praktische Anwendung des Modells geschildert. Vorgestellt wird, wie das theoretische Wissen bei der Vorbereitung auf das Klärungsgespräch einbezogen und bei der anschließenden Durchführung umgesetzt wurde. Des weiteren erfolgt eine kurze Zusammenfassung des Gesprächs, um darauf an zwei
Gesprächssequenzen zu analysieren, wie das theoretische Wissen um Kommunikationszusammenhänge mit Hilfe des 4-Seiten-Modells angewendet wurde, und inwieweit es für die Gesprächsführung hilfreich gewesen war. In Kapitel 4, dem Schlussteil dieser Hausarbeit, werden die Ergebnisse zusammengefasst und bewertet. Infolgedessen kann schlussendlich die Frage beantwortet werden, ob die Anwendung des 4-Seiten-Modells von Schulz von Thun eine praktische Hilfe im Klärungsgespräch mit dem Vorgesetzten war.
Ein Anmerkung zum Genderaspekt in dieser Hausarbeit: Die Verwendung der männlichen und weiblichen Form erfolgt ohne Systematik, es sind jeweils Frauen und Männer gemeint.
2. Das 4-Seiten-Modell von Schulz von Thun
2.1 Begriffsdefinitionen
Interaktion
Interaktion ist das aufeinander bezogene Verhalten zweier oder mehrerer Personen. Schulz von Thun zeigt, dass Kommunikationsgeschehen Interaktion ist, wenn er sagt:
„... denn die Kommunikation ist ja nicht damit beendet, ... es geht ja erst richtig los! Der Empfänger reagiert, wird dadurch zum Sender und umgekehrt, und beide nehmen aufeinander Einfluss. Wir sprechen von Interaktion.“ (Schulz von Thun 2002a, S.82).
Kommunikation
Der Begriff Kommunikation wird vielfältig definiert. Die Ansicht, bei Kommunikation gehe es nur um den Austausch von Daten über einen gemeinsamen Kanal, wie beispielsweise bei Shannon & Weaver (1949, zitiert nach Schmidtmann 2006, S14f), Kommunikation sei nur ein Vorgang der
Aktion und Reaktion, steht der Überzeugung gegenüber, dass es sich dabei um mehr handelt. So definiert Watzlawick die Kommunikation in seinem zweiten Axiom als einen Vorgang der Informationsvermittlung, dem immer auch ein Beziehungsaspekt innewohnt (Watzlawick, Beavin, & Jackson 1969). Damit ist Kommunikation immer zugleich insofern Metakommunikation, als dass die Beziehungsbotschaft des Senders klar macht, wie er den Inhaltsaspekt vom Empfänger verstanden haben möchte (Dorsch, 2004, S. 650). An einer Kommunikation sind mindestens zwei Kommunikationspartner beteiligt; hier werden sie als Sender und Empfänger bezeichnet. Schulz von Thun schreibt: „Kommunikation ist ein Wechselwirkungsgeschäft mit mindestens zwei Beteiligten.“ (Schulz von Thun, 2002a, S.83) und bringt damit den Interaktionsaspekt der Kommunikation zum Ausdruck. Sender und Empfänger tauschen meist wechselseitig mittels der Sprache, Stimme und Körpersprache Informationen aus. Schulz von Thun bezeichnet diese Informationen als Nachrichten. Diese Nachrichten beinhalten viele Botschaften mit verbalen und nonverbalen Anteilen (Schulz von Thun, 2002a, S.33).
Metakommunikation (griechisch „meta“: neben, über)
Metakommunikation ist die Kommunikation über die Kommunikation. Explizite Metakommunikation kann bei Kommunikationsstörungen zur Klärung von Missverständnissen beitragen. Aus einer distanzierten Warte, der „Feldherrenhügel“ Position, wird über die stattgefundene Kommunikation gesprochen. Gute Metakommunikation setzt zwei Dinge voraus, einmal eine ehrliche Selbsterkenntnis und dann den Mut, offen über das eigene Befinden (Selbstkundgabe) zu sprechen (Schulz von Thun, 2002a, S. 91f).
Kommunikationsstörung
Von gestörter oder nicht gelungener Kommunikation wird gesprochen, wenn die Nachricht des Senders beim Empfänger nicht so ankommt, wie sie vom Sender gemeint war;
Sender und Empfänger verstehen sich nicht (vgl 2.7).
2.2. Theorieentwicklung und Anwendungsfelder
Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun ist als Professor der Psychologie an der Universität Hamburg tätig. Er ist Leiter des „Arbeitskreises Kommunikation und Klärungshilfe“. Sein Forschungsschwerpunkt ist es, die zwischenmenschliche Kommunikation in der Familie, Partnerschaft und im beruflichen Umfeld verständlicher zu machen.
In seinem Kommunikationsmodell vereint er die Arbeitsergebnisse verschiedener namhafter Kollegen auf dem Gebiet der Kommunikationsforschung. So baut er auf den Grundlagen der Gesprächspsychotherapie nach Rogers von Anne-Marie und Reinhard Tausch auf, dessen Assistent er von 1967-1971 gewesen war. Außerdem beschäftigte er sich von 1977-1984 mit Ruth Cohns Humanistischer Psychologie und ihrem Modell der Themenzentrierten Interaktion (TZI). Darüber hinaus berücksichtigt er die Beiträge des Gestaltpsychogen Fritz Perls. Zusätzlich wurde seine Theorieentwicklung durch das Selbststudium der Veröffentlichungen des Individualpsychologen Alfred Adler beeinflusst. Und nicht zuletzt bezog er die Arbeitsergebnisse von Karl Bühler und Paul Watzlawick in seine Theorieentwicklung ein (Schulz von Thun, 2002a, S. 13, 30).
1981 erschien sein Buch „Miteinander reden - Störungen und Klärungen“, in dem er, von kleinen Änderungen abgesehen (vgl. 2.5. Selbstkundgabe), das 4-Seiten-Modell in der heute bekannten Form ausführlich diskutiert.
Da im Modell nicht nur die Erkenntnisse oben aufgeführter Wissenschaftler zusammengeführt sind, sondern auch seine Erfahrungen aus zahlreichen Trainingskursen mit Führungskräften und Lehrern einfließen, ist seine Theorie eine praxisorientierte Kommunikationstheorie, die sozialpsychologische Forschungsergebnisse berücksichtigt, aber sie [seine Modelle] „folgen nicht nach dem streng wissenschaftlichen Verständnis der empirischen Sozialpsychologie“ (Schmidtmann, 2006).
Sein Modell findet in vielen Bereichen der Gesellschaft und anderen Wissenschaftsdisziplinen seine Anwendung, beispielsweise in der Pädagogik und Erwachsenenbildung, Psychologie, Theologie, in Schulbüchern, etc. (Schulz von Thun, 2007).
Das vier Seiten Modell
Schulz von Thun entwickelte das Schema des 4-Seiten-Modells, auch als Kommunikationsquadrat bekannt, indem er die Theorien von Bühler und Watzlawick zusammenführte. Schulz von Thun führt aus:
„Dieses Modell ist angeregt durch Bühler (1939) und Watzlawick (1969). Bühler unterscheidet ... Darstellung (=Sachinhalt), Ausdruck (=Selbstoffenbarung) und Appell. Watzlawick unterscheidet zwischen dem Inhalts- und Beziehungsaspekt von Nachrichten. Der <Inhaltsaspekt> ist gleichbedeutend mit dem <Sachinhalt> des vorliegenden Modells.“ (Schulz von Thun, 2002a, S. 30).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.: Das Kommunikationsquadrat (Schulz von Thun, 2007)
Nachrichten und Botschaften
Eine Nachricht ist der Gegenstand der Kommunikationsanalyse. Die Analyseeinheit kann aus einem Wort, einem Satz, einem ganzen Vortrag oder auch aus einem stillschweigenden Verhalten bestehen.
Eine Nachricht ist „quadratisch“, wie das Kommunikationsquadrat mit seinen vier Seiten demonstriert. Die Nachricht besteht aus verschiedenen
Botschaften, die verbale und nonverbale Anteile enthalten. Nonverbale Anteile werden durch unsere Körpersprache und Stimme erzeugt, sie sagen etwas über das verbal Geäußerte aus und qualifizieren somit die Nachricht (Schulz von Thun, 2002a, S. 37).
Aus allen Botschaften einer Nachricht können vier Kernbotschaften selektiert werden, sie vertreten die verschiedene Seiten des Kommunikationsquadrats. Der Sender spricht mit vier Schnäbeln und der Empfänger hört mit vier Ohren. Alle Ebenen werden vom Sender und Empfänger möglichst gleichrangig beachtet (Schulz von Thun, 2002a, S.16), so dass im Idealfall die vier Kernbotschaften aus den vier Schnäbeln eines Senders auf die adäquaten vier Ohren des Empfängers treffen.
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