In dieser Arbeit soll ein Ansatz gefunden werden, die Frage zu beantworten, warum junge Deutsche in den Krieg ziehen. Dabei soll festgestellt werden, wer überhaupt ausreist, ob das Geschlecht, die Schulbildung oder der soziale und ethnische Hintergrund eine Rolle spielen. Warum sind diese Personen für die salafistische Szene so interessant, was bedeutet Salafismus überhaupt und wie kommt es zu den Radikalisierungen. Es sollen Gründe aufgezeigt werden.
Zusätzlich soll ein Radikalisierungsprozess anhand der Person Denis Cuspert dargestellt werden. Ich habe mich für dieses Thema entschieden, da ich persönlich zu Beginn dieser Arbeit nicht nachvollziehen kann, wie ein in Deutschland aufgewachsener Jugendlicher oder junger Erwachsener sein Leben für eine Ideologie, die für Blut, Gewalt und Tod steht, wegwirft und womöglich stirbt. Ich möchte die Handlungen dieser Menschen nicht rechtfertigen, aber verstehen, warum sie handeln, wie sie handeln.
Im Jahr 2019 leben immer noch viele Menschen mit dem Gedanken, Terror sei ein ausländisches Problem. Terror sei weit weg, Terror betrifft uns nicht. Terror sei etwas, von dem man in der Zeitung liest, was man im Fernsehen sieht oder was im Internet steht. Doch Terror betrifft die Menschen in Deutschland sehr wohl. Besonders die Terrorakte in Frankreich und Deutschland müssten dies eigentlich klargemacht haben: Der Terror ist da. Ob das nun ein Lastkraftwagen auf einem Weihnachtsmarkt in Berlin oder ein Sprengsatz in einer Bäckerei in Lyon ist.
Dabei geht aber auch Gefahr von in Europa und damit auch in Deutschland sozialisierten, radikalisierten Personen aus, die im schlimmsten Fall in IS-Kriegsgebiete wie Syrien ausreisen, um dort den "Dschihad" zu führen. Es kann sich um Personen handeln, die in der direkten Nachbarschaft wohnen, die sich im Bekanntenkreis befinden oder schlimmstenfalls Teil der Familie sind.
Inhalt
1 Einleitung
2 Wer reist aus?
2.1 Datenauswertung
2.2 Europäer attraktiv
3 Was ist Salafismus?
4 Denis Cuspert
5 Wie kommt es zu Radikalisierungen?
6 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Im Jahr 2019 leben immer noch viele Menschen mit dem Gedanken, Terror sei ein ausländisches Problem. Terror sei weit weg, Terror betrifft uns nicht. Terror sei etwas, von dem man in der Zeitung liest, was man im Fernsehen sieht oder was im Internet steht. Doch Terror betrifft die Menschen in Deutschland sehr wohl. Besonders die Terrorakte in Frankreich und Deutschland müssten dies eigentlich klar gemacht haben: Der Terror ist da. Ob das nun ein Lastkraftwagen auf einem Weihnachtsmarkt in Berlin oder ein Sprengsatz in einer Bäckerei in Lyon ist. Dabei geht aber auch Gefahr von in Europa und damit auch in Deutschland sozialisierten, radikalisierten Personen aus, die im schlimmsten Fall in IS-Kriegsgebiete wie Syrien ausreisen, um dort den „Dschihad“ zu führen. Es kann sich um Personen handeln, die in der direkten Nachbarschaft wohnen, die sich im Bekanntenkreis befinden oder schlimmstenfalls Teil der Familie sind. In dieser Arbeit soll ein Ansatz gefunden werden, die Frage zu beantworten, warum junge Deutsche in den Krieg ziehen. Dabei soll festgestellt werden, wer überhaupt ausreist, ob das Geschlecht, die Schulbildung oder der soziale und ethnische Hintergrund eine Rolle spielen. Warum sind diese Personen für die salafistische Szene so interessant, was bedeutet Salafismus überhaupt und wie kommt es zu den Radikalisierungen. Es sollen Gründe aufgezeigt werden. Zusätzlich soll ein Radikalisierungsprozess anhand der Person Denis Cuspert dargestellt werden. Ich habe mich für dieses Thema entschieden, da ich persönlich zu Beginn dieser Arbeit nicht nachvollziehen kann, wie ein in Deutschland aufgewachsener Jugendlicher oder junger Erwachsener sein Leben für eine Ideologie, die für Blut, Gewalt und Tod steht, wegwirft und womöglich stirbt. Ich möchte die Handlungen dieser Menschen nicht rechtfertigen, aber verstehen, warum sie handeln, wie sie handeln.
2 Wer reist aus?
2.1 Datenauswertung
Um die Ausreisemotivationen junger, deutscher Staatsbürger verstehen zu können, ist es hilfreich zu wissen, wer überhaupt ausreist. Wer sind diese Menschen, die ihre Familie, ihre Freunde, im Prinzip ihr ganzes Leben hinter sich lassen, um in einem weit entfernten Land, den Krieg Anderer zu führen? Wer riskiert sein Leben für eine solch fremde Sache. Das Bundesamt für Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt und das Hessische Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus haben dies in ihrer Fortschreibung der „Analyse der Radikalisierungshintergründe und -verläufe der Personen, die aus islamistischer Motivation aus Deutschland in Richtung Syrien oder Irak ausgereist sind“ aus dem Jahre 2016 herausgearbeitet. Hierbei wird festgestellt, dass 79 Prozent der ausgereisten Personen männlich und 21 Prozent weiblich sind. Dabei sind die Ausgereisten zum Zeitpunkt ihrer ersten Ausreise zwischen 13 und 62 Jahre alt. Es zeigt sich somit eine sehr große Spanne und es sind nicht unbedingt nur junge Menschen. Trotzdem liegt der Durchschnitt der Ausgereisten bei 25,8 Jahren, was deutlich macht, dass die jungen Menschen den Großteil ausmachen. In Zahlen heißt das: 164 Ausgereiste sind zwischen 18 und 21 Jahre alt. Die nächstgrößte Altersgruppe sind die 26- bis 29-Jährigen, bestehend aus 143 Ausgereisten (Bundesamt für Verfassungschutz, Bundeskriminalamt, Hessisches Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus, 2016, S. 12, 13) . Die Altersverteilung bei der ersten Ausreise wird direkt mit der Altersverteilung zum Stichtag am 30.06.2016 verglichen. Hier befindet sich die Altersspanne zwischen 14 und 65 Jahren, der Mittelwert der Ausgereisten liegt bei 28,3 Jahren. Dabei fällt auf, dass die Zahlen der unter 18-Jährigen am Stichtag, sich im Vergleich zu den vorherigen Zahlen auf unter ein Drittel verringert haben. Auch die Zahlen der 18- bis 21- und 22- bis 25-Jährigen sind gesunken, jedoch mit steigendem Alter immer weniger. Ab der Altersstufe 26- bis 29-Jährigen steigen die Zahlen ausnahmslos. Dies lässt sich damit erklären, dass die bei ihrer ersten Ausreise unter 18-Jährigen altern und folglich nicht mehr unter 18 Jahre alt sind. Somit sind sie nun unter den höheren Altersgruppen aufgeführt und dies steigt zunehmend, bis bei den 26- bis 29-Jährigen die Anzahl zum Stichtag, die Anzahl bei der ersten Ausreise übersteigt (Bundesamt für Verfassungschutz, Bundeskriminalamt, Hessisches Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus, 2016, S. 13).
Es ist aufgeführt, dass Angaben zum Familienstand von 688 Personen vor der ersten Ausreise vorliegen. 44 Prozent, also weniger als die Hälfte waren ledig, 28 Prozent waren nach deutschem Recht verheiratet, weitere 22 Prozent waren nach islamischem Ritus verheiratet und 16 Personen hatten einen festen Lebenspartner. Genau zwei Drittel der nach deutschem Recht verheirateten Personen waren von Geburt an muslimisch, 29 Prozent waren Konvertiten und vier Prozent waren nicht-muslimischer Herkunft. Mehr als die Hälfte. In Zahlen: 385 Personen besaßen einen eigenen Hausstand und 290 Personen von 688 hatten zum Zeitpunkt der erstmaligen Ausreise Kinder (Bundesamt für Verfassungschutz, Bundeskriminalamt, Hessisches Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus, 2016, S. 13).
Die Ausgereisten kommen aus dem gesamten Bundesgebiet, sowohl aus Groß- und Kleinstädten, als auch aus dörflichen Gemeinden. Bei 162 Städten und Gemeinden, in denen diese Menschen vorher gelebt haben, gibt es nur 13 Städte, aus denen eine zweistellige Personenzahl ausgereist ist. Hierbei liegt das Minimum bei 11 Zählern und der Maximalwert bei 107. Aus diesen 13 Städten stammen insgesamt 394 Personen, also annähernd die Hälfte der hier Dargestellten. Nur ungefähr jeder Zehnte hatte seinen Wohnort im ländlichen Raum, 89 Prozent waren vor ihrer Ausreise in einem städtischen Umfeld wohnhaft (Bundesamt für Verfassungschutz, Bundeskriminalamt, Hessisches Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus, 2016, S. 14).
Die aus Deutschland ausgereisten Personen stammen aus insgesamt 38 verschiedenen Ländern, doch ganze 61 Prozent wurden in Deutschland geboren. Als nächstgrößeres Geburtsland folgt mit einem hohen Abstand die Türkei mit sechs Prozent, danach kommen mit jeweils fünf Prozent Syrien und Russland. Es gibt bei 193 im Ausland Geborenen, Informationen über den Zeitpunkt ihrer Einreise. 39 Prozent sind im Kindesalter oder im frühen Jugendalter, das heißt, sie sind unter 14 Jahren nach Deutschland gekommen, also sozialisierten sie sich primär in Deutschland. 23 Prozent waren Jugendliche und Heranwachsende im Alter von 14 bis 21 Jahren und der Rest waren Personen im Erwachsenenalter ab 21 Jahren. Informationen zur ersten Staatsangehörigkeit existieren zu 769 Ausgereisten. Eine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen 62 Prozent und 96 Prozent dieser Personen haben diese als erste und 35 Prozent haben diese als einzige Staatsangehörigkeit. Eine weitere Staatsangehörigkeit haben 27 Prozent, dabei kommen am häufigsten Deutsch-Türken mit 21 Prozent, Deutsch-Marokkaner mit 17 Prozent, Deutsch-Tunesier mit 13 Prozent, Deutsch-Afghanen mit 11 Prozent und Deutsch-Syrer mit 7 Prozent vor. Insgesamt sind über 46 verschiedene Staatsangehörigkeiten vorzufinden, den größten Teil macht nach der deutschen, die türkische mit 19 Prozent und die marokkanische Staatsangehörigkeit mit sieben Prozent aus. Mit jeweils fünf Prozent folgen die russische, die syrische, die tunesische und die afghanische Staatsangehörigkeit (Bundesamt für Verfassungschutz, Bundeskriminalamt, Hessisches Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus, 2016, S. 15).
Der Irrglaube, alle Ausreisenden seien durchweg dumm, Schulabbrecher und arbeitslos, kann recht schnell durch Zahlen widerlegt werden. Von 72 Personen ist bekannt, dass sie vor ihrer Ausreise Schüler waren und davon besuchte ein Viertel sogar ein Gymnasium oder eine Berufsschule. 36 Prozent von insgesamt 289 der Ausgereisten, zu denen Informationen über ihren höchsten Schulabschluss vorliegen, haben ihr Abitur erlangt. 23 Prozent erlangten die Mittlere Reife, 27 Prozent einen Haupt- oder Volksschulabschluss und 7 Prozent haben einen sonstigen Abschluss. Der Rest verfügt über keinen Schulabschluss. Es liegen Informationen zu insgesamt 116 Personen bezüglich einer Ausbildung vor ihrer ersten Auseise vor. Eine Ausbildung abgeschlossen haben 42 Prozent, 26 Prozent haben vor der Ausreise erst eine begonnen und 32 Prozent haben eine Ausbildung abgebrochen. Zu 94 Personen liegen Erkenntnisse vor, dass sie ein Studium angefangen haben, aber nur 10 Prozent haben es abgeschlossen. 28 Prozent haben es vor Abschluss abgebrochen und 63 Prozent erst vor der Ausreise angefangen. Insgesamt ist bei 111 Personen bekannt, dass sie vor ihrer Ausreise berufstätig waren, 166 waren zu dem Zeitpunkt ihrer Ausreise arbeitslos (Bundesamt für Verfassungschutz, Bundeskriminalamt, Hessisches Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus, 2016, S. 16, 17).
Dem Salafismus gehören 624 der ausgereisten Personen an, ungefähr 96 Prozent der Personen, zu denen es Informationen gibt, außerdem ist bei 134 Personen bekannt, dass es sich um Konvertiten handelt. Die meisten von Ihnen konvertierten im Alter von unter 22 Jahren (Bundesamt für Verfassungschutz, Bundeskriminalamt, Hessisches Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus, 2016, S. 17).
Die „Analyse der Radikalisierungshintergründe und -verläufe der Personen, die aus islamistischer Motivation aus Deutschland in Richtung Syrien oder Irak ausgereist sind“ zeigt auf den ersten Seiten besonders, dass viel mehr Männer als Frauen ausreisen, wobei mehr als die Hälfte der Personen in Deutschland geboren sind. Es wird deutlich, dass auch viele der Personen ein Leben mit einer Zukunft hinter sich lassen. Das heißt, dass viele Ausreisende ihre Familie, ihren Arbeitsplatz und auch ihre Zukunftsperspektiven einfach wegwerfen, ob es sich nun um ein bestandenes Abitur, ein Studium oder eine abgeschlossene Ausbildung handelt. Zum großen Teil sind es junge Menschen, die Deutschland verlassen. Doch es fällt besonders auf, dass diese Personen aus allen Ecken Deutschlands kommen. Sie decken fast alle Altersgruppen und Familien- sowie Bildungsstände ab. Folglich lässt sich der Ursprung nicht generalisieren. Somit kann es in jedem Umfeld zu Radikalisierungen und Ausreisen kommen.
2.2 Europäer attraktiv
Da nun geklärt ist, wer ausreist, kommt die Frage auf, was junge Europäer für die salafistische Szene so attraktiv macht. Warum nimmt man so eine Mühe auf sich, um diese Menschen zu rekrutieren? Die Antwort ist simpel. Europäer können fast überall hinreisen. Sie sind unauffällig und wenn sie zurück nach Deutschland kommen, können sie dort Anschläge verüben. Man kann den Menschen nur vor den Kopf gucken, was im Inneren vorgeht, weiß nur die Person selbst. Ob ein Umdenken vor der Rückreise stattgefunden hat? Niemand kann das so wirklich beantworten, im Prinzip nur die Person selbst. Ein Ziel des Islamischen Staates ist es zu wachsen, um vermögender und mächtiger zu werden, also ist es zwangsläufig, dass auch Personen in Deutschland angeworben werden.
3 Was ist Salafismus?
Es wird deutlich, dass eine Menge junger Deutscher zum Islam konvertieren und sich in der salafistischen Szene radikalisieren. Doch was bedeutet Salafismus eigentlich? Die muslimische Religionslehrerin, Islamwissenschaftlerin und Autorin Lamya Kaddor gibt darauf eine präzise Antwort. So lässt sich der Salafismus dem sunnitischen Islam und dem fundamentalistischen Spektrum zuordnen. Der Ansatz der Fundamentalisten liegt darin, sich angeblich auf die Ursprünge der Religion zu konzentrieren. Sie sind kompromisslos und ignorieren neue Erkenntnisse, welche mit dem Fortschreiten der Zeit einhergehen. Dabei wollen sie den Koran wortwörtlich auslegen. Doch der Salafismus kann in zwei Lager unterteilt werden. Es gibt die unpolitische Fraktion, die diesen Glauben privat auslebt und den puristischen Salafismus, dessen Anhänger die Gesellschaft aktiv verändern und ihrem Idealbild anpassen möchten und dies besonders unter der Anwendung von Gewalt (Kaddor, 2015, S. 13, 14). Viele der radikalisierten Deutschen werden manipuliert, bis sie das Ziel haben, für den Islamischen Staat an vorderster Front zu kämpfen, also in den „Dschihad“ zu ziehen, den bewaffneten Krieg für die Religion. Im Deutschen wird dieser Begriff oft mit „Heiliger Krieg“ übersetzt. Dabei steht „Dschihad“ zunächst einmal nur für „Anstrengung“ und „Bemühung“, eine Art Selbstüberwindung und Selbstläuterung. Aber auch für einen Verteidigungskrieg, der vom religiösen Oberhaupt ausgerufen werden kann. Da es seit dem Tod des Propheten Muhammad kein Oberhaupt mehr gibt, dürfte es auch keinen „Dschihad“ geben (Kaddor, 2015, S. 14, 15) .
[...]