Die Baumkrabbe Aratus pisonii (Unterfamilie Sesarminae) ist eine von wenigen brachyuren Arten, die in der Adultphase zu einer vollständig arborealen Lebensweise übergeht und in Mangrovengebieten eine außergewöhnliche ökologische Nische besetzt. Im Rahmen dieser Arbeit wurde untersucht, inwieweit Aratus pisonii ihr Verhalten mithilfe einer „inneren Uhr“ an den Gezeitenwechsel und an Tageslichtperiode anpasst.
Sechs Weibchen wurden über 26 Tage unter experimentell kontrollierten Bedingungen gehalten und ihre Bewegungen mithilfe einer Digitalkamera fortlaufend dokumentiert. Von weiteren Weibchen wurden die Larven aufgezogen und bei diesen die Nahrungsaufnahme in Abhängigkeit der Tageszeit, des Häutungszyklus und des Entwicklungsstadiums untersucht. Unter konstant gehaltenen Bedingungen wurden außerdem die Vertikalwanderungen von Zoëa I aufgezeichnet.
Die Untersuchung lieferte folgende Ergebnisse: Die adulten Krebse waren zu jeder Tageszeit relativ gleichmäßig aktiv. Leichte circatidale und diurnale Schwankungen in der Bewegungshäufigkeit waren jedoch signifikant. Vor allem hatten die Tiere vermehrt den Kontakt zum Wasser aufgesucht, wenn im Feld gerade die Ebbe begann. Der Zweck dieses periodischen Verhaltens wurde damit in Zusammenhang gebracht, dass sich Aratus pisonii vornehmlich von marinen Inkrustierungen der Baumrinde ernährt, an der nach jeder Flut neue Organismen ansiedeln.
Der Reproduktionszyklus trächtiger Weibchen war stark mit der Mondphase synchronisiert. Mehr als 80 % hatten um die Zeit der Syzygien abgelaicht. Alle übrigen Larven schlüpften ausnahmslos kurz vor den Quadraturen. Dies wurde als eine alternative Verbreitungsstrategie gedeutet, um dem größten Konkurrenzdruck zu entgehen.
Der circatidale Schwimmrhythmus von Zoëa I war hoch signifikant. Da der obere Aufenthalt in der Wassersäule zeitlich mit der Ebbeperiode im Feld zusammenfiel, wird in situ ein schneller Export aus dem Ästuar erreicht.
Die höchste Fraßrate der Zoëa I wurde während der Lichtperiode gemessen. Dies mag eine Anpassung an Nahrungsquellen sein, die im Feld eher bei Tageslicht verfügbar sind (Diatomeen und Tintinnidae).
Die Nahrungsaufnahme und Schwimmaktivität der Larven variierte besonders stark mit dem Häutungszyklus. Während der ersten 24 Stunden nach der Ecdysis war die Fraßrate in jedem der vier Zoëa-Stadien mindestens doppelt so hoch wie im folgenden 24-stündigen Intervall. Frisch gehäutete Larven hielten sich außerdem vermehrt an der Wasseroberfläche auf.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.2 Leben im Rhythmus der Gezeiten und im Tag/Nacht-Wechsel
- 1.3 Untersuchungsziel
- 2. Das Untersuchungsgebiet
- 3. Material und Methoden
- 3.1 Arbeitsmittel
- a) Laborumgebung
- b) Meerwasservorrat
- c) Allgemeine Arbeitsmittel
- d) Automatischer Zähler für Planktonorganismen
- 3.2 Untersuchung adulter Weibchen
- a) Probenahme und Hälterung
- b) Aktivitätsrhythmen
- 3.3 Untersuchung der Larven
- 3.3.1 Larvenaufzucht
- a) Larvenaufzucht - Methode 1
- b) Larvenaufzucht - Methode 2
- 3.3.2 Fraßexperimente
- a) Fraẞrate über den Verlauf der Entwicklungsstufen und Häutungszyklen
- b) Fraẞrate über den Verlauf eines Tages
- c) Fraẞrate in Abhängigkeit der Futtertier-Dichte
- 3.3.3 Vertikalwanderungen
- 3.3.4 Metamorphose-Reize
- 3.3.1 Larvenaufzucht
- 3.4 Statistische Datenanalyse
- 3.4.1 Überprüfung von Stichproben
- 3.4.2 Analyse von Zeitserien-Datensätzen
- a) Übersicht
- b) Standardmethoden-Repertoire
- c) Analyse-Schema
- 3.1 Arbeitsmittel
- 4. Ergebnisse
- 4.1 Adulte Aratus pisonii
- 4.1.1 Allgemeine Beobachtungen
- 4.1.2 Reproduktion
- 4.1.3 Aktivitätsrhythmen
- a) Rohdaten und allgemeine Beobachtungen
- b) Datenfilterung und abschnittsweise Kreuz-Korrelation
- c) Spektralanalyse
- d) Phasenbeziehungen
- 4.2 Larven von Aratus pisonii
- 4.2.1 Larvenentwicklung
- a) Allgemeine Beobachtungen: Morphologie und Wachstum
- b) Laboraufzucht: Entwicklungsdauer und Überlebensrate
- 4.2.2 Fraßexperimente
- a) Nahrungsaufnahme über den Entwicklungsverlauf
- b) Nahrungsaufnahme im Verlauf eines Tages
- c) Fraẞrate in Abhängigkeit der Beutetier-Dichte
- 4.2.3 Schwimmrhythmus von Zoëa I
- 4.2.1 Larvenentwicklung
- 4.1 Adulte Aratus pisonii
- 5. Diskussion
- 5.1 Methodenkritik
- a) Larvenaufzucht
- b) Fraẞexperimente
- c) Aktivitätsrhythmen
- 5.2 Die Bedeutung biologischer Rhythmen als Anpassungsstrategie von Aratus pisonii
- 5.1 Methodenkritik
- 6. Literatur
- 7. Anhang
- 7.1 Gezeitentabellen
- 7.2 Rohauswertung der Fotoserien
- 7.3 Daten aus der Larvenaufzucht
- 7.4 Daten der Fraẞexperimente
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit untersucht die ökologischen Anpassungen der Baumkrabbe Aratus pisonii an den Gezeitenwechsel und den Tageslichtzyklus in den Mangroven von Itamaracá, Nordbrasilien. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, inwieweit die Krabbe ihre Verhaltensmuster mithilfe einer „inneren Uhr“ an diese Umweltfaktoren anpasst.
- Aktivitätsrhythmen adulter Krabben
- Reproduktionszyklen und Larvenentwicklung
- Fraßverhalten der Larven in Abhängigkeit von Tageszeit und Häutungszyklus
- Vertikalwanderungen der Larven
- Die Bedeutung biologischer Rhythmen als Anpassungsstrategie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Baumkrabbe Aratus pisonii und ihre Besonderheiten vor. Das Untersuchungsgebiet wird im zweiten Kapitel beschrieben. Kapitel 3 erläutert die verwendeten Methoden und die einzelnen Experimente, die im Rahmen der Arbeit durchgeführt wurden. Die Ergebnisse der Untersuchung werden in Kapitel 4 präsentiert, mit Fokus auf die Aktivitätsrhythmen adulter Krabben, die Larvenentwicklung und das Fraßverhalten der Larven. Die Diskussion in Kapitel 5 setzt sich mit der Methodenkritik und der Bedeutung biologischer Rhythmen als Anpassungsstrategie auseinander.
Schlüsselwörter
Aratus pisonii, Baumkrabbe, Mangroven, Gezeitenwechsel, Tageslichtzyklus, Aktivitätsrhythmen, Reproduktion, Larvenentwicklung, Fraßverhalten, Vertikalwanderungen, biologische Rhythmen, Anpassungsstrategie.
- Quote paper
- Christoph Schmitt (Author), 2004, Beiträge zur Ökologie der Baumkrabbe Aratus pisonii in den Mangroven von Itamaracá, Nordbrasilien, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/78814