In den Fachanforderungen Wirtschaft/Politik Sekundarstufe I von Schleswig-Holstein ist das Thema "Die Rechtsordnung" aufgeführt. Als grundlegender Inhalt werden hier "Rechtsstaatliche Grundsätze" und "Jugendliche in der Rechtsordnung" genannt.
In dieser Rechtsordnung ist die Deliktsfähigkeit ein wichtiger Punkt, da sie die Fähigkeit ist sich durch schuldhaftes Handeln verantwortlich zu machen und somit die Voraussetzung für Schadenersatzpflicht ist. Es handelt sich um ein Thema mit hohem Lebensweltbezug für Kinder und Jugendliche, die zukünftig auch Eltern sein könnten. Die Verwendung von Fallbeispielen in meiner Stunde unterstreicht diesen Lebensweltbezug und schafft Motivation. Diese Stunde ist für eine 9. Klasse geplant.
Inhaltsverzeichnis
Didaktische und methodische Entscheidungen
Quellen- und Literaturverzeichnis
Stundenraster
Auszüge aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
§ 828 Minderjährige
§ 832 Haftung des Aufsichtspflichtigen
Haften Eltern für ihre Kinder?
Hauptintention der Unterrichtsstunde:
Die Schülerinnen und Schüler (SuS) lösen Fragen zur Deliktsfähigkeit, indem sie sich mit Gesetzestexten auseinandersetzen. (Sachurteilskompetenz)
Angestrebte und zu fördernde Kompetenzen:
Die SuS
- untersuchen Fallbeispiele, indem sie Gesetzestexte aus dem BGB zur Hilfe nehmen. (Erschließungskompetenz)
- arbeiten in Gruppen, indem sie einander zuhören und helfen und miteinander diskutieren. (Sozialkompetenz)
- kommen zu einem Urteil, indem sie das Fallbeispiel vor der Klasse präsentieren. (Sachurteilskompetenz)
Didaktische und methodische Entscheidungen
In den Fachanforderungen Wirtschaft/Politik Sekundarstufe I von Schleswig-Holstein ist im „Themenbereich 1: Politik betrifft uns“ (S. 21) das Thema „Die Rechtsordnung“ aufgeführt. Als grundlegender Inhalt werden hier u.a. „Rechtsstaatliche Grundsätze“ und „Jugendliche in der Rechtsordnung“ genannt.
In dieser Rechtsordnung ist die Deliktsfähigkeit ein wichtiger Punkt, da sie die Fähigkeit ist sich durch schuldhaftes Handeln verantwortlich zu machen und somit die Voraussetzung für Schadenersatzpflicht ist. Es handelt sich um ein Thema mit hohem Lebensweltbezug für Kinder und Jugendliche, die zukünftig auch Eltern sein könnten. Die Verwendung von Fallbeispielen in meiner Stunde unterstreicht diesen Lebensweltbezug und schafft Motivation.
Als Einstieg zeige ich einen Film Clip, der etwas länger als eine Minute ist. Es ist ein kleines Mädchen zu sehen, das auf einer Vernissage versehentlich ein Kunstwerk zerstört. Die SuS äußern spontan, welche Gedanken dieser Clip in ihnen auslöst. Ggf. gebe ich weitere Impulse, um auf die Stundenfrage zu kommen. Ich erhoffe mir, dass es für die Klasse nicht ganz eindeutig ist, wie es hier mit dem Schadensersatz aussieht. Ich zeige der Klasse das Schild „Eltern haften für ihre Kinder!“, das den meisten SuS bekannt vorkommen wird. Sie können erneut spontan ihre Assoziationen äußern, bevor ich das Schild umdrehe. Es ist die leicht veränderte Formulierung „Haften Eltern für ihre Kinder?“ als Stundenfrage zu sehen. Ich zeige der Klasse dazu das BGB und erkläre, dass der Umgang mit solchen Fällen in diesem Buch geregelt ist und wir darin Antworten finden werden.
Anschließend erläutere ich die anstehenden Aufgaben und verteile Puzzlestücke in der Klasse. Die SuS müssen sich nun anhand dieser zu Gruppen zusammenfinden. Ich achte beim Austeilen darauf, dass die DAZ-Schülerinnen in verschiedenen Gruppen sind und leistungsstarke AnsprechpartnerInnen zur Klärung von Fragen haben. Aus jeder Gruppe kommt ein Mitglied zu mir nach vorne und holt das Arbeitsmaterial. Für jedes Gruppenmitglied gibt es die Auszüge aus dem BGB (mit drei erklärenden Fußnoten, um die Gesetzestexte etwas zu entlasten) und eines von drei Fallbeispielen. Zu jeder Gruppe gibt es eine Kontrollgruppe, so dass sich sechs Gruppen ergeben. Die SuS überlegen, ob die Personen in ihren Fallbeispielen deliktsfähig sind und ob die Eltern für den Schadensersatz aufkommen müssen und halten ihre Ergebnisse auf dem Arbeitsblatt fest. Jedes Fallbeispiel beschäftigt sich mit einem anderen Alter und anderen Umständen. Ich notiere die Uhrzeit an der Tafel, wann die Arbeitsphase abgeschlossen sein sollte. Die Gruppen stellen ihre Ergebnisse anschließend vor der Klasse vor, ggf. ergänzt oder korrigiert die Kontrollgruppe diese. Als Hörauftrag füllen die zuhörenden SuS ein Arbeitsblatt zur Sicherung aus. Die Ergebnisse werden jeweils verglichen, nachdem die Kontrollgruppe sich geäußert hat. Nach den Präsentationen kommen wir zum ursprünglichen Fallbeispiel vom Anfang der Stunde zurück und beantworten die Frage „Haften Eltern für ihre Kinder?“ abschließend mit dem neu erworbenen Wissen. Mit Hilfe eines Lückentexts als Hausaufgabe sollen die SuS nochmals ihr Wissen festigen. Ggf. dient dieser Lückentext auch als didaktische Reserve, sofern noch Arbeitszeit übrig ist.
Quellen- und Literaturverzeichnis
Fachanforderungen Wirtschaft/Politik. Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein. Kiel 2016
Bürgerliches Gesetzbuch. München 2020
Recht, verständlich. Nicola Lindner. Bonn 2019
https://www.youtube.com/watch?v=pUUrg4doBFE vom 15.04.2020
Stundenraster
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auszüge aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
§ 828 Minderjährige
(1) Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich.
(2) Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug [...] einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich1 herbeigeführt hat.
(3) Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht2 hat.
§ 832 Haftung des Aufsichtspflichtigen
(1) Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht3 genügt [...]
Haften Eltern für ihre Kinder?
Der 8-jährige Linus spielt auf der Straße Fußball. Der Vater wäscht und putzt seit 45 Minuten sein Auto und hat seitdem auch nicht auf seinen Sohn geachtet. Versehentlich kickt Linus den Fußball auf die Straße, als Herr Huber mit seinem Auto in die Straße einbiegt, dem Ball hektisch ausweicht und gegen einen Gartenzaun fährt. Herr Huber ist schwer verletzt, sein Auto hat eine Delle und beim Zaun müssen wahrscheinliche einige Teile ausgetauscht werden.
1. Lest euch den Fall „Linus“ durch.
2. Lest euch die Auszüge aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch durch.
3. Erklärt ob Herr Huber Schadensersatz von Linus fordern kann und begründet dies.
4. Erläutert ob die Eltern für ihr Kind haften und begründet dies.
5. Bereitet euch darauf vor, den Fall vor der Klasse zu präsentieren.
Beschreibt zuerst den Fall und gebt dann eure Arbeitsergebnisse wieder.
[...]
1 Wer vorsätzlich handelt, tut Dinge mit Absicht!
2 Wie clever und reif ist die Person, um die Einsicht zu haben, welche Folgen das Handeln haben könnte?
3 Die Eltern erfüllen ihre Aufsichtspflicht, wenn sie alle 15-30 Minuten einen Kontrollblick zum Kind werfen.