Mit den Wendejahren 1989/1990 wurde ein grundlegender Neubeginn in den deutschpolnischen Beziehungen möglich und notwendig. Der Versöhnungsprozess zwischen Deutschland und Polen konnte beginnen. Beide Staaten arbeiteten an einem normalisierten Verhältnis: Wichtige Schritte auf diesem Weg waren die Anerkennung der Grenzen im Dezember 1990 und der Nachbarschaftsvertrag vom Juni 1991.
Die damaligen Außenminister Krzysztof Skubiszewski und Hans-Dietrich Genscher prägten im Jahre 1990 zum ersten Mal den Begriff der „deutsch-polnischen Interessensgemeinschaft“ (vgl. Bielecki 2001: 6). Diese Formel wurde in den folgenden Jahren fortwährend für das besondere Verhältnis zwischen Deutschland und Polen verwendet. Fast kein Politiker vergaß bei offiziellen Anlässen zu betonen, dass die deutsch-polnischen Beziehungen so gut wie niemals zuvor in der Vergangenheit seien. Beide Staaten verfolgten als gemeinsames Ziel die Aufnahme Polens in NATO und EU. Deutschland präsentierte sich in den Verhandlungen stets als Anwalt Polens.
Die positiven Entwicklungen schienen allerdings nicht von anhaltender Dauer zu sein. „Die deutsch-polnischen Beziehungen haben Mitte der Neunzigerjahre die Stagnationsphase erreicht“ (Sakson 2000: 972) wurde von Beobachtern bemerkt. Mehrere Ereignisse führten zu Missverständnissen und Irritationen auf beiden Seiten der Oder. Nach der Bundestagswahl 1998 folgte ein Regierungswechsel. Bisher wurde Helmut Kohl als Partner und Freund von Polen geschätzt. Es war nicht klar, was von dem neuen Kanzler Gerhard Schröder erwartet werden konnte. In Polen reagierte man mit Skepsis und Unsicherheit auf die neue Situation. Nach den Neuwahlen im Jahr 2005 verlor die rot-grüne Koalition ihre Regierungsmehrheit. Angela Merkel führt seitdem eine große Koalition aus CDU/CSU und SPD.
Aus der heutigen Perspektive ist es möglich zu erörtern, wie sich die Regierungsjahre der rotgrünen Koalition von 1998 bis 2005 auf die deutsch-polnischen Beziehungen ausgewirkt haben. Mehrere Ereignisse führten in dieser Zeit zu Missstimmungen und Irritationen. In dieser Arbeit sollen einige dieser Irritationen und Krisen in den deutsch-polnischen Beziehungen analysiert werden. Zu Anfang werden der Start der neuen Regierung 1998 und die damit ausgelösten Befürchtungen in Polen geschildert, anschließend die verschiedenen Kontroversen in den deutsch-polnischen Beziehungen dargestellt. Dabei wird nach historisch bedingten und durch aktuelle Umstände beeinflussten Konflikten unterschieden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG.
- 2. EINE NEUE DEUTSCHE REGIERUNG......
- 3. KONFLIKTE IN DEN DEUTSCH-POLNISCHEN BEZIEHUNGEN.
- 3.1. HISTORISCH BEDINGTE KONFLIKTE
- 3.1.1. Rückgabe von Kulturgütern
- 3.1.2. Entschädigung von ehemaligen Zwangsarbeitern.
- 3.1.3. Das Thema der Vertriebenen
- 3.1.4. Entschädigungsforderungen........
- 3.2. DURCH AKTUELLE UMSTÄNDE ENTSTANDENE SCHWIERIGKEITEN UND KONFLIKTE.
- 3.2.1. EU-Osterweiterung.
- 3.2.2. Gestaltung der Europäischen Union.........
- 3.2.3. Irak-Konflikt....
- 3.2.4. Erdgas-Pipeline durch die Ostsee...\n
- 3.1. HISTORISCH BEDINGTE KONFLIKTE
- 4. BEWERTUNG.......
- 5. AUSBLICK UND FAZIT …........
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die deutsch-polnischen Beziehungen während der Regierungszeit der rot-grünen Koalition von 1998 bis 2005. Sie untersucht, wie sich die Regierungswechsel in Deutschland auf das deutsch-polnische Verhältnis auswirkten und welche Irritationen und Krisen in dieser Zeit auftraten.
- Der Einfluss des Regierungswechsels in Deutschland auf die deutsch-polnischen Beziehungen
- Historisch bedingte Konflikte und ihre Auswirkungen
- Konflikte, die durch aktuelle Umstände entstanden sind
- Bewertung der deutsch-polnischen Beziehungen während der rot-grünen Koalition
- Ausblick und Fazit über die Zukunft des deutsch-polnischen Verhältnisses
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den historischen Hintergrund der deutsch-polnischen Beziehungen dar und zeigt auf, wie die „deutsch-polnische Interessensgemeinschaft“ in den Jahren nach 1989/90 entstand.
Kapitel 2 behandelt die Folgen des Regierungswechsels in Deutschland im Jahr 1998. Es werden die Reaktionen in Polen auf den Sieg der SPD und die damit verbundene Hoffnung auf eine „vierte Ostpolitik“ analysiert. Außerdem wird die Reaktion der deutschen Regierung auf die polnischen Erwartungen und die Schwierigkeit eines Paradigmenwechsels beleuchtet.
Kapitel 3 beschäftigt sich mit Konflikten in den deutsch-polnischen Beziehungen. Es werden sowohl historisch bedingte Konflikte wie die Rückgabe von Kulturgütern, Entschädigungsforderungen und das Thema der Vertriebenen behandelt, als auch Konflikte, die durch aktuelle Umstände entstanden sind, wie die EU-Osterweiterung, die Gestaltung der Europäischen Union und der Irak-Konflikt.
Schlüsselwörter
Deutsch-polnische Beziehungen, Rot-grüne Koalition, Regierungswechsel, historische Konflikte, EU-Osterweiterung, Irak-Konflikt, Erdgas-Pipeline, Versöhnungsprozess, Interessensgemeinschaft, Paradigmenwechsel.
- Arbeit zitieren
- Andreas Lorek (Autor:in), 2006, Aspekte der deutsch-polnischen Beziehungen während der Regierungszeit der rot-grünen Koalition , München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/65897