Psychologische Konzepte der Arbeitszufriedenheit haben in den letzten Jahrzehnten an Popularität gewonnen. Diesen Sachverhalt offenbart die Vielzahl der in den vergangenen Jahren veröffentlichten wissenschaftlichen Publikationen zu diesem Themenbereich.
Die vorliegende Arbeit ist dem Ziel gewidmet, zentrale Bedingungsfaktoren herauszufinden, die im Schulalltag Arbeitszufriedenheit oder Arbeitsunzufriedenheit bei Lehrkräften auslösen können. In einer kritischen Betrachtung der Ergebnisse werden potentielle Fördermöglichkeiten von Arbeitszufriedenheit bei Lehrkräften aufgezeigt.
Inhalt
1. Einleitung
2. Arbeitszufriedenheit - Betrachtung unterschiedlicher Definitionsansätze
2.1 Bedürfnistheorien
2.2 Instrumentalitätstheorien
2.3 Balance-Theorien
3. Besonderheiten des Lehrerberufs und ihr Einfluss auf Arbeitszufriedenheit
3.1 Rollen und Rollenkonflikte von Lehrkräften
3.2 Umgang von Lehrkräften mit emotionalen Belastungen
3.3 Einstellungen von Lehrkräften zu ihrem Beruf
4. Zentrale Variablen der Arbeitszufriedenheit und ihre Bedeutung im pädagogischen Umfeld
4.1 Berücksichtigung von Bedürfnissen
4.2 Stellenwert von Belohnungen
4.3 Soziale Interaktion
5. Fördermöglichkeiten von Arbeitszufriedenheit bei Lehrkräften
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Psychologische Konzepte der Arbeitszufriedenheit haben in den letzten Jahrzehnten an Popularität gewonnen. Diesen Sachverhalt offenbart die Vielzahl der in den vergangenen Jahren veröffentlichten wissenschaftlichen Publikationen zu diesem Themenbereich.
Ich widme die vorliegende Arbeit dem Ziel, zentrale Bedingungsfaktoren herauszufinden, die im Schulalltag Arbeitszufriedenheit oder Arbeitsunzufriedenheit bei Lehrkräften auslösen können. In einer kritischen Betrachtung der Ergebnisse werden potentielle Fördermöglichkeiten von Arbeitszufriedenheit bei Lehrkräften aufgezeigt.
Zunächst grenze ich den thematischen Bereich der Arbeitszufriedenheit von verwandten psychologischen Feldern ab und stelle kurz einige besonders einflussreiche Theorien der Arbeitszufriedenheit vor. Es ist mir bewusst, dass ein solcher Überblick jeglicher Vollständigkeit entbehrt. Da ich jedoch den Hauptteil meiner Arbeit den Bedingungsfaktoren widmen möchte, die im pädagogischen Feld von Bedeutung sind, halte ich diese Vorgehensweise für angemessen.
Im Kapitel 3 beschäftige ich mich gezielt mit der Analyse des beruflichen Umfeldes von Lehrpersonal und stelle Faktoren vor, die für die Arbeitszufriedenheit von Lehrkräften von Bedeutung sein können. Das darauf folgende Kapitel dient zur Übertragung der im Kapitel 2 vorgestellten Theorien auf die im Kapitel 3 analysierte Arbeitsumgebung von Lehrkräften. Es sollen also die in der wissenschaftlichen Literatur häufig betrachteten Faktoren von Arbeitszufriedenheit im spezifisch pädagogischen Umfeld in den Fokus geraten.
2. Arbeitszufriedenheit - Betrachtung unterschiedlicher Definitionsansätze
Der Forschungsbereich Arbeitszufriedenheit steht in engem Zusammenhang mit anderen psychologischen Untersuchungsgegenständen. Zentrale Einflussgrößen sind vor allem Theorien der Arbeitsmotivation, einstellungsrelevante Konzepte und Bedingungsfaktoren emotionaler Prozesse. Um ein klares Perzept vom Gegenstandsbereich der Arbeitszufriedenheit zu erhalten, soll zunächst eine Abgrenzung zu den eng verwandten Themengebieten stattfinden.
Während Konzepte der Arbeitsmotivation sich mit „Verhaltensdispositionen im Hinblick auf Art und Auswahl des Verhaltens sowie mit deren Stärke und Intensität“ beschäftigen, konzentriert sich der Forschungsbereich Arbeitszufriedenheit auf „die affektiven Empfindungen gegenüber der Arbeit und den möglichen Konsequenzen hieraus.“ (Weinert 1998, 202) Kritiker gehen jedoch davon aus, dass durch die Betonung der emotional-affektiven Komponente bei der Definition von Arbeitszufriedenheit eine längere zeitliche Erstreckung von Zufriedenheit als Persönlichkeitsmerkmal unberücksichtigt bleibt. Sie verbinden daher emotionale Zustände mit der Bewertung der Arbeit und gehen davon aus, dass sich durch diese Verkopplung individuelle Einstellungen zur Arbeit ergeben, die dem zeitlichen Umfang von Arbeitszufriedenheit gerechter werden (vgl. Rosenstiel 2003, 424).
Seit der Diskussion um die Humanisierung des Arbeitslebens (vgl. Gaugler, Kolb & Ling, 1977) wurden unterschiedliche humanwissenschaftliche Konzepte entworfen, deren zentraler Forschungsgegenstand die Arbeitszufriedenheit ist.
Zuvor behinderte die auf Taylor zurückgehende homo oeconomicus Prämisse eine empirische Untersuchung der Arbeitszufriedenheit. Taylor ging Anfang des vorigen Jahrhunderts davon aus, dass Individuen sich entscheiden dort zu arbeiten, wo sie im Austausch für ihre Arbeit den größten Nutzen erfahren. In den dreißiger Jahren mehrten sich in der Diskussion um die Arbeitszufriedenheit jedoch bereits soziale Akzente, die von der human-relations-Bewegung vertreten wurden. Erst die selbstverwirklichungsorientierten Ansätze, die in den fünfziger und sechziger Jahren von Autoren wie Maslow und Herzberg entwickelt wurden, führten zur umfangreichen humanwissenschaftlichen Betrachtung des Phänomens Arbeitszufriedenheit. Seit etwa zwanzig Jahren geraten zunehmend persönlichkeitsorientierte Aspekte ins Blickfeld der Wissenschaft. Es wird zunehmend davon ausgegangen, dass zentrale Komponenten der Arbeitszufriedenheit vermehrt in kontextuell unabhängigen und individuell hochgradig differierenden Persönlichkeitszügen zu suchen sind.
Weinert fasst wichtige Variablen als Determinanten für Arbeitszufriedenheit zusammen. Dabei warnt er jedoch auch vor Allgemeinerungen. Er geht davon aus, dass nicht angenommen werden kann, dass die Arbeit denselben Stellenwert im Leben eines jeden Menschen einnimmt (vgl. Weinert 2004, 271). Aus diesem Grund ist nicht jede Variable für unterschiedliche Mitarbeiter von derselben Bedeutung. Dennoch nennt Weinert als wichtigste variierende Determinanten die Be- und Entlohnungssysteme, die Arbeit selbst, die Beförderungsmöglichkeiten, , die allgemeinen Arbeitsbedingungen, die Mitarbeiter und Vorgesetzten, die Reglementierung der Organisation, die Wertestruktur und die Selbstwertschätzung der arbeitenden Person (ebd.). Bei näherer Betrachtung der Weinertschen Determinanten lassen sich diese den von Rosenstiel aufgestellten Untergruppen physisch-ökonomische, soziale, selbstverwirklichungsorientierte und persönlichkeitsorientierte Faktoren von Arbeitszufriedenheit zuordnen (vgl. Rosenstiel 2003, 426).
Im folgenden sollen drei besonders einflussreiche und aufeinander aufbauende, theoretische Konzepte zur Arbeitszufriedenheit vorgestellt werden, die die Bedeutung der einzelnen Faktoren in unterschiedlichem Maße betonen:
2.1 Bedürfnistheorien
Den Bedürfnistheorien liegt eine enge Verknüpfung von Emotionen und Einstellungen gegenüber der Arbeit mit dem Zustand der Arbeitszufriedenheit zugrunde. Dabei wird davon ausgegangen, dass Personen positive Einstellungen gegenüber Gegenständen entwickeln, denen sie einen positiven Effekt auf ihre Bedürfnisbefriedigung zuschreiben. Um mit ihrer Arbeit zufrieden zu sein – im Sinne dessen, dass Personen eine positive Einstellung zu ihrer Arbeit entwickeln – müssen nach dem bedürfnisorientierten Ansatz im Kontext der Arbeit Bedürfnisbefriedigungen erfahren oder antizipiert werden. Arbeitsunzufriedenheit wird als psychologisch-physiologischer Spannungszustand verstanden, der durch im Arbeitsleben unbefriedigte Bedürfnisse ausgelöst wird. Versteht man Emotionen als Bewertungen aktueller Individuum-Umwelt-Beziehungen, so fungieren diese als Signalgeber für das Gelingen von Bedürfnisbefriedigungen.
Der bedürfnisorientierte Ansatz Herzbergs geht davon aus, dass Arbeitszufriedenheit und Arbeitsunzufriedenheit analytisch zu trennen sind, da sie auf unterschiedlichen Ursachen basieren und differierende Einflüsse auf das Verhalten von Mitarbeitern innerhalb von Organisationen haben. Anhand dieser Grundannahme entwickelt Herzberg seine Zwei-Faktoren-Theorie. In einem weiteren Schritt unterteilt er die im Arbeitsleben besonders relevanten Bedürfnisse in Hygiene- und Motivationsbedürfnisse. Erstere entsprechen den als extern zu bezeichnenden Faktoren und beziehen sich auf das Arbeitsumfeld wie etwa auf die Mitarbeiter und die äußeren Arbeitsbedingungen. Die Motivationsbedürfnisse sind eher interner Natur und stehen in engem Zusammenhang mit den Inhalten der Arbeit. Herzberg geht davon aus, dass nur die kombinierte Befriedigung beider Bedürfniskategorien zu dem Zustand der Arbeitszufriedenheit führen kann.
Die alleinige Befriedigung der Hygiene-Bedürfnisse kann nach der Zwei-Faktoren-Theorie keine Arbeitszufriedenheit bedingen, sondern nur einen neutralen emotionalen Zustand gegenüber der Arbeit initiieren. Erst die zusätzliche Erfüllung der Motivations-Bedürfnisse kann zu Arbeitszufriedenheit führen.
Die von Herzberg 1967 aufgestellte Theorie wurde seither vielfach kritisiert. Insbesondere wurde Herzberg die strenge Trennung von Arbeitszufriedenheit und Arbeitsunzufriedenheit vorgeworfen, da nicht nachgewiesen werden konnte, dass nicht alle der im Arbeitsleben relevanten Faktoren Einfluss auf ausschließlich eine dieser beiden Dimensionen haben. Auch die Nichtbeachtung interindividueller Unterschiede zwischen den arbeitenden Personen stieß in den Folgejahren auf Kritik. Dennoch ist der Ansatz von Herzberg äußerst einflussreich auf die spätere Entwicklung der die Arbeitzufriedenheit betreffenden Forschung gewesen, da er als einer der ersten die Bedeutung von selbstverwirklichungsorientierten Aspekten im Arbeitsleben aufgriff und somit den Weg für neue Zugangsweisen zum Problembereich ebnete.
2.2 Instrumentalitätstheorien
Instrumentalitätstheorien basieren im wesentlichen auf der Annahme, dass Arbeitszufriedenheit und Arbeitsunzufriedenheit auf dem Verhältnis zwischen erwarteten und tatsächlich erhaltenen (finanziellen und nichtfinanziellen) Belohnungen beruhen. Dabei kommt den personenbezogenen Unterschieden in der individuellen Wahrnehmung von Wirklichkeit eine hohe Bedeutung zu.
Porter & Lawler entwickeln 1968 ein Modell, dass im Gegensatz zu den bedürfnisorientierten Ansätzen interindividuellen Differenzen einen hohen Stellenwert einräumt. Arbeitszufriedenheit kann nach dieser Theorie dann erreicht werden, wenn die von der arbeitenden Person als angemessen empfundene Belohnung mit der realen Belohnung übereinstimmt oder sie übertrifft. Kritik unterliegt der auch als Zirkulationsmodell bezeichnete Ansatz von Porter & Lawler im Hinblick auf die starke Vernachlässigung der objektiven Arbeitsbedingungen (vgl. Stamouli 2003).
2.3 Balance-Theorien
Die Balance-Theorien sind als Weiterentwicklungen der Instrumentalitätstheorien zu verstehen. Balance-Theoretiker gehen davon aus, dass Arbeitsunzufriedenheit durch emotionale Spannungszustände hervorgerufen wird. Die Ursachen dieser Spannungszustände werden im wesentlichen anhand von Theorien der kognitiven Dissonanz erklärt. Demnach entstehen emotionale Unausgeglichenheiten dann, wenn erwartete Ergebnisse nicht mit tatsächlichen Ergebnissen übereinstimmen. Dies umfasst im Gegensatz zu den Annahmen der Instrumentalitätstheoretiker, dass auch Ergebnisse oder Belohnungen, die besser als erwartet ausfallen zu Arbeitsunzufriedenheit führen können. Arbeitszufriedenheit basiert daher ausschließlich auf der Gleichgewichtung von individuell erwarteter und tatsächlicher Belohnung.
Lawler führt 1973 das zuvor gemeinsam mit Porter entworfene Zirkulationsmodell in diesem Sinne fort und integriert Aspekte von Theorien der kognitiven Dissonanz. Er geht anhand des überarbeiteten Modells davon aus, dass Belohnungen, die die subjektiven Erwartungen übertreffen, emotionale Spannungszustände in Form von Unbehagen auslösen und somit nicht zu Arbeitszufriedenheit beitragen.
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- Arbeit zitieren
- Mirja Brandenburg (Autor:in), 2006, Faktoren der Arbeitszufriedenheit bei Lehrkräften, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/65807