Der Energiekonzern Enron schockierte Anleger und Mitarbeiter am 3. Dezember 2001 mit der damals noch grössten Pleite in der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte. Das Unternehmen hatte während Jahren seinen Gewinn zu hoch ausgewiesen und Schulden teilweise nicht in der Bilanz berücksichtigt.
Von solchen Fällen der Wirtschaftskriminalität hören wir vermehrt aus den Medien. Nicht nur in der USA auch in der Schweiz treten immer häufiger Fälle von Wirtschaftskriminalität auf. Die Wirtschaftsprüfergesellschaft Price Waterhouse Coopers hatte im Jahr 1999 eine Umfrage bei den 579 grössten Schweizer Unternehmen durchgeführt und festgestellt, dass der geschätzte Vermögensverlust bei den befragten Gesellschaften bei rund CHF 380 Millionen pro Jahr liegt. Dies ist eine beträchtliche Summe.
Obwohl die Toleranz gegenüber Wirtschaftskriminalität in der Gesellschaft grösser ist als die Toleranz gegenüber Strassenkriminalität, ist der finanzielle Schaden, der durch die Wirtschaftskriminalität entsteht, gewaltig.
Es besteht das Vorurteil, dass vor allem Menschen aus der Unterschicht deviantes oder delinquentes Verhalten zeigen. Wirtschaftsdelikte hingegen werden oft als Kavaliersdelikte angesehen. Die meisten soziologischen Theorien versuchen vor allem abweichendes Verhalten der sozialen Unterschicht zu erklären. Mich interessiert, wie diese Modelle Wirtschaftskriminalität – angewendet auf den Fall von „Enron“ - erklären können, deren Akteure ja einer höheren sozialen Schicht zugehören.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begründung der Themenwahl
- Begriffsklärung: Abweichendes Verhalten
- Begriffsklärung: White-Collar- und Wirtschaftskriminalität
- Vorgehensweise, Zielsetzung
- Soziologische Theorien abweichenden Verhaltens
- Theorie der differenziellen Assoziation nach Sutherland
- Anomietheorie nach Merton
- Soziologische Theorien zur Erklärung von Wirtschaftskriminalität
- Theorie der differenziellen Assoziation zur Erklärung von Wirtschaftskriminalität
- Anomie-Theorie zur Erklärung von Wirtschaftskriminalität
- Vergleich, Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Erklärung von Wirtschaftskriminalität anhand zweier bedeutender soziologischer Theorien, der Theorie der differenziellen Assoziation und der Anomietheorie. Der Fokus liegt dabei auf der Anwendbarkeit dieser Theorien auf den Fall von „Enron“, um zu analysieren, ob sie Wirtschaftsdelikte, die von Akteuren der höheren Gesellschaftsschicht begangen werden, adäquat erklären können.
- Anwendbarkeit der Theorie der differenziellen Assoziation auf Wirtschaftskriminalität
- Anwendbarkeit der Anomietheorie auf Wirtschaftskriminalität
- Vergleich der beiden Theorien hinsichtlich ihrer Erklärungskraft für Wirtschaftsdelikte
- Analyse des Falls „Enron“ im Kontext der beiden Theorien
- Diskussion der Bedeutung von Wirtschaftskriminalität in der Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Kontext und die Motivation für die Themenwahl beleuchtet. Dabei werden die Begriffe abweichendes Verhalten, White-Collar-Crime und Wirtschaftskriminalität definiert und voneinander abgegrenzt. Die Einleitung skizziert zudem den Fokus der Arbeit und die Vorgehensweise bei der Analyse des Falls „Enron“.
Im zweiten Kapitel werden zwei soziologische Theorien zur Erklärung von deviantem Verhalten vorgestellt: die Theorie der differenziellen Assoziation nach Sutherland und die Anomietheorie nach Merton. Beide Theorien fokussieren auf die sozialen Bedingungen und Einflüsse, die zu abweichendem Verhalten führen können.
Das dritte Kapitel widmet sich der Anwendung der beiden Theorien auf Wirtschaftskriminalität. Dabei wird untersucht, ob die Theorien, die primär zur Erklärung von Devianz in der Unterschicht entwickelt wurden, auch auf Wirtschaftsdelikte der oberen Gesellschaftsschicht übertragen werden können.
Schlüsselwörter
Diese Arbeit befasst sich mit den Themen Wirtschaftskriminalität, White-Collar-Crime, abweichendes Verhalten, soziologische Theorien, differenzielle Assoziation, Anomie, „Enron“, Fallstudie, Gesellschaftsschicht, Sozialisation.
- Quote paper
- Karolina Weber (Author), 2003, Vergleich bedeutender soziologischer Theorien zur Erklärung von deviatem Verhalten - Wirtschaftskriminalität erläutert am Beispiel 'Enron', Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/65306