Vergewaltigung ist eines der großen Tabuthemen des 20. und 21. Jahrhunderts. Besonders die massenhafte Vergewaltigung in Kriegszeiten ist ein Phänomen, das nachträglich aus dem kulturellen Gedächtnis gelöscht beziehungsweise als eine, durch die Biologie und Natur des, in der Rolle eines Kriegers befindenden Mannes, begründete Tat marginalisiert und oftmals als unvermeidliches Nebenprodukt des Krieges angesehen wird. Schamgrenzen, ausgedrückt im gesellschaftlichen Desinteresse sorgen dafür, sie als historisch wenig bedeutungsvoll anzusehen und dementsprechend in der Forschung zu behandeln (vgl. Seifert in Stiglmayer 1993: 106); daher die geringe Anzahl der Autoren, die sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben.
Die „offiziellen“ Gründe und Legitimationen für (Massen-)Vergewaltigungen sind von Krieg zu Krieg unterschiedlich; Mal ist es die Rache, ein anderes Mal die Frustration und die Sinnlosigkeitsgefühle der Soldaten oder eine befohlene ethnische Säuberung, in deren Ausführung Vergewaltigung politisch funktionalisiert wird. Die Psychologie der Täter ist allerdings dieselbe. Die Vergewaltiger sind ,,alle ganz normale Männer, die im Krieg das tun, was Männer in Kriegen bisher immer getan haben, jeder auf seine Weise, in seinem Rahmen und mit seinen Zielen“ (Stiglmayer 1993: 111). Möchte man Vergewaltigung während und kurz nach Kriegen erklären, so muss man dies immer auch mit Blick auf die historisch-soziologischen Begebenheiten tun. Diese Ausarbeitung widmet sich dem Thema von daher nicht nur aus psychologischer Perspektive, sondern bindet den Kontext, in dem Vergewaltigung stattfindet, mit ein.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Einleitung
- 2. Unterschiede und Ähnlichkeiten von Vergewaltigung im Zuge dreier Kriege
- 2.1. Vergewaltigung gegen Ende des 2. Weltkrieges am Beispiel Berlins
- 2.2. Vergewaltigung im Vietnamkrieg
- 2.3. Vergewaltigung während des Bosnienkonflikts
- 3. Vergewaltigung als sexueller Ausdruck von Aggression?
- 4. Vergewaltigung als Bestandteil männlicher Kommunikation
- 5. Der Einfluss der militärischen Institution
- 6. Sozialpsychologische Erklärungsversuche
- 6.1. Die Entstehung der männlichen Sexual- und Aggressionstriebe
- 6.2. Zur Entwicklung männlicher Geschlechtsidentität
- 6.3. Die kulturelle Konstruktion des Mannes
- 6.4. Bedrohte Männlichkeit im Krieg und die Konsequenzen
- 7. Die Abhängigkeit des Menschen von Institutionen
- 8. Zusammenfassende Thesen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die Arbeit befasst sich mit dem Thema Vergewaltigung im Krieg und verfolgt das Ziel, dieses Phänomen aus historisch-soziologischer und sozialpsychologischer Perspektive zu analysieren. Neben der Darstellung der unterschiedlichen Formen von Vergewaltigung in verschiedenen Kriegen werden die zugrunde liegenden Beweggründe der Täter und die Einflüsse der jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Kontexte beleuchtet.
- Vergewaltigung als Kriegsverbrechen und ihre Auswirkungen auf die Opfer
- Sozialpsychologische Erklärungsansätze für Vergewaltigung im Krieg
- Die Rolle der militärischen Institution und die Sozialisation von Männern
- Die Bedeutung von historischen und gesellschaftlichen Kontexten
- Die Konstruktion von Männlichkeit und ihre Bedeutung für die Entstehung von Gewalt
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Kapitel 1: Die Einleitung führt in das Thema Vergewaltigung im Krieg ein und beleuchtet die historische und gesellschaftliche Relevanz des Themas. Außerdem werden die Forschungslücken und die verschiedenen Erklärungsansätze vorgestellt, die im Laufe der Arbeit betrachtet werden.
- Kapitel 2: Dieses Kapitel vergleicht die unterschiedlichen Formen von Vergewaltigung in drei verschiedenen Kriegen: dem Zweiten Weltkrieg, dem Vietnamkrieg und dem Bosnienkonflikt. Dabei werden die jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Hintergründe sowie die Motive der Täter beleuchtet.
- Kapitel 3: In diesem Kapitel wird die Frage diskutiert, ob Vergewaltigung als sexueller Ausdruck von Aggression verstanden werden kann. Die verschiedenen Theorien und Argumente werden dargestellt und kritisch hinterfragt.
- Kapitel 4: Dieses Kapitel untersucht, inwiefern Vergewaltigung als Bestandteil männlicher Kommunikation betrachtet werden kann. Hierbei werden die sozialen und kulturellen Normen und die Rolle der Männlichkeitskonstruktionen beleuchtet.
- Kapitel 5: Das Kapitel analysiert den Einfluss der militärischen Institution auf die Entstehung von Gewalt und Vergewaltigung. Es wird untersucht, wie die militärische Sozialisation und die Hierarchien innerhalb der Armee die Täter beeinflussen.
- Kapitel 6: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit sozialpsychologischen Erklärungsansätzen für Vergewaltigung im Krieg. Die Entstehung der männlichen Sexual- und Aggressionstriebe, die Entwicklung der männlichen Geschlechtsidentität sowie die kulturelle Konstruktion des Mannes werden beleuchtet.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie Krieg, Vergewaltigung, Gewalt, Männlichkeit, Sozialisation, Kultur, Geschichte, Gesellschaft, und psychologische Erklärungsansätze. Im Zentrum der Betrachtung stehen die Auswirkungen von Krieg auf das Individuum und die Gesellschaft sowie die Frage, wie Gewalt und Vergewaltigung im Krieg sozial und psychologisch erklärt werden können.
- Arbeit zitieren
- Christoph Egen (Autor:in), 2006, Vergewaltigung im Krieg: Historisch-soziologische Betrachtungen und sozialpsychologische Erklärungsversuche, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/64940