Bereits seit einigen Jahren steht die Kinder- und Jugendhilfe vor der komplexen Herausforderung, dem Spannungsverhältnis zwischen einer Erosion der finanziellen Haushaltlage einerseits und steigender qualitativer und quantitativer „Auftragslage“ andererseits gerecht werden zu müssen. Maßgeblich im Bereich der „Hilfen zur Erziehung“ (§§ 27 ff. SGB VIII) werden effiziente und effektive Arbeits- und Organisationsstrukturen immer notwendiger, um den rechtlichen Vorgaben und fachlichen Zielen entsprechen zu können. Vor dem Hintergrund dieses wachsenden Reformdrucks und der einhergehenden Suche nach einem zweckdienlichen, konzeptionellen Ansatz, kristallisierten sich die Gestaltungsprinzipien der „Sozialraumorientierung“ als favorisierte „Lösungsstrategien“ heraus.
Hinter der Leitvokabel „Sozialraumorientierung“ verbergen sich vielfältige sowohl innovative als auch „wiedergeborene“ methodische Grundsätze und Tätigkeitssegmente, die tiefgreifende, fachliche, strukturelle und organisatorische Um- bzw. Neuausrichtungen implizieren. In jüngster Zeit wird die „geographisch ausgerichtete Handlungsperspektive“ darüber hinaus unter dem Schlagwort „Sozialraumbudgets“ mit finanziellen Modifikationen verbunden.
Dem allgemeinen Reformfluss folgend begab sich vor rund vier Jahren auch der Landkreis Aurich im Rahmen eines mehrfunktional-vernetzen Organisations- und Personalentwicklungsprozesses auf den Weg zur Sozialraumorientierung. Programmatischer Anspruch war es, speziell im Bereich der Erziehungshilfen dank sozialraumorientierter Arbeits-, Organisations- und Finanzierungsstrukturen die isolierten Handlungslogiken des professionellen und bürokratischen Systems auf „einen Nenner“ zu bringen, um perspektivisch über qualifizierte, effiziente und kostengünstige Versorgungs- und Handlungsstrategien zu verfügen.
In der vorliegenden Arbeit werden die hinter dem „Weg des Landkreises Aurich zur Sozialraumorientierung“ stehenden fachlichen, strukturellen, organisatorischen sowie finanziellen Modifikationen und Vorgehensweisen im Hinblick auf die bevorstehende Praxiseinführung eruiert und kritisch reflektiert.
Inhaltsverzeichnis
- Prolog
- I. Inhaltsverzeichnis
- II. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
- III. Abkürzungsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Hintergründe des Reformbedarfs in der Kinder- und Jugendhilfe
- 2.1 Die leeren Kassen“
- 2.2 Das steigende „Fallaufkommen“ speziell im Bereich der Erziehungshilfen
- 2.3 Die,,versäulte“ Jugendhilfestruktur
- 2.4 Der Leistungsberechtigte und seine Stellung als Rechtssubjekt
- 2.5 Die Individualisierung
- 2.6 Zwischenfazit
- 3. Die theoretischen und konzeptionellen Wurzeln der Sozialraumorientierung
- 3.1 Die Gemeinwesenarbeit
- 3.2 Die lebensweltorientierte Jugendhilfe
- 3.3 Die Dienstleistungsorientierung
- 3.4 Die Verwaltungsmodernisierung/ Das „Neue Steuerungsmodell“
- 3.5 Zwischenfazit
- 4. Die Sozialraumorientierung in der Kinder- und Jugendhilfe
- 4.1 Der Sozialraum
- 4.2 Die methodischen Grundsätze der Sozialraumorientierung
- 4.2.1 Kundenorientierung und Partizipation
- 4.2.2 Ressourcenorientierung
- 4.2.3 Flexibilisierung der Hilfen
- 4.2.4 Kooperation und Vernetzung
- 4.2.5 Prävention
- 4.2.6 Zwischenfazit
- 4.3 Die Tätigkeitssegmente der sozialraumorientierten Arbeit
- 4.3.1 Fallspezifische Arbeit
- 4.3.2 Fallübergreifende Arbeit
- 4.3.3 Fallunspezifische Arbeit
- 4.4 Die strukturellen und fachlichen Voraussetzungen der Implementierung sozialraumorientierter Konzepte
- 4.4.1 Die Bildung von Sozialräumen
- 4.4.2 Die Unterstützung durch politische Beschlüsse
- 4.4.3 Eine auf den Sozialraum ausgerichtete,,Infrastruktur (-politik)
- 4.4.4 Ein „,kooperatives Miteinander“ zwischen öffentlichen und freien Trägern sowie das erforderliche Fundament
- 4.4.5 Ein,, vernetztes Arbeiten\" auf allen Ebenen der Jugendhilfe sowie entzerrte Verantwortungssphären
- 4.4.6 Eine angepasste, regelmäßige Personalentwicklung
- 4.4.7 Eine Führungskraft mit weitreichenden Schlüsselqualifikationen
- 4.4.8 Zwischenfazit
- 5. Von der Sozialraumorientierung zum Sozialraumbudget
- 5.1 Die Gestaltung sozialraumorientierter Finanzierungsformen
- 5.2 Die mit der Einführung von Sozialraumbudgets verbundenen Intentionen
- 5.2.1 Eine,,Unabhängigkeit“ von „,Fällen“ für freie Träger
- 5.2.2 Die Förderung eines Eigeninteresses der freien Träger an flexiblen, präventiven und „, niedrigschwelligen\" Hilfen
- 5.2.3 Die Entfaltung fallübergreifender und fallunspezifischer Arbeit
- 5.2.4 Mehr Fachlichkeit im Hilfeplanverfahren
- 5.2.5 Eine Reduktion des Verwaltungsaufwandes
- 5.2.6 Finanzielle Vorteile
- 5.3 Die Überprüfung der fachlichen Intentionen aus dem nüchtern-distanzierten Blickwinkel der Juristen
- 5.3.1,,Rechtsansprüche sind immer budgetsprengend“
- 5.3.2 Das,, Wunsch- und Wahlrecht“ sowie die „Trägerpluralität“ müssen gewährleistet sein
- 5.3.3 Ein „,Fall“ darf nicht im „Feld\" verloren gehen
- 5.3.4 Die leistungsrechtlichen Beziehungen müssen als solche erkenntlich bleiben
- 5.4 Zwischenfazit
- 6. Praktische Realisierungen sozialräumorientierter Projekte
- 6.1 Das Bundesmodellprojekt INTEGRA
- 6.2 Das Umbauprojekt der Stadt Stuttgart
- 6.3 Das Bundesmodellprojekt in der Stadt Celle
- 6.4 Das Bundesmodellprojekt im Landkreis Tübingen
- 6.5 Erste Resultate und Erkenntnisse aus der Praxis
- 7. Die Ausgangslage und Vorgeschichte der Kinder- und Jugendhilfe im Landkreis Aurich
- 7.1 Die strukturelle und fachliche Ausgangslage
- 7.2 Die,,Vorgeschichte“ der Reformbestrebungen
- 8. Der Organisations- und Personalentwicklungsprozess im Landkreis Aurich
- 8.1 Das Kooperations- und Weiterbildungsprojekt mit der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/ Wilhelmshaven
- 8.1.1 Die Rahmenbedingungen der Kooperation
- 8.1.2 Der Themeneinstieg
- 8.2 Das Steuerungselement „Lenkungsgruppe“
- 8.3 Die Themenschwerpunktveranstaltung: „Case Management“
- 8.4 Die träger- und fallübergreifende Evaluation der ambulanten Jugendhilfen
- 9. Der Landkreis Aurich auf dem Weg zur Sozialraumorientierung
- 9.1 Einstieg in die Materie: Problemumriss und Zielsetzung
- 9.2. Die Sozialraumanalyse im Rahmen eines interdisziplinären Fach- und Praxisprojektes der Fachhochschule
- 9.3 Exkurs: Projektende - Projektbeginn - Planung des weiteren Vorgehens
- 9.4 Die,,interne“ Kommunikationsplattform „Dienstbesprechung“
- 9.5 Die Einbindung der Trägerlandschaft
- 9.6 Die Leitsätze als Grundlage der sozialraumorientierten Kooperationsarbeit
- 9.7 Das,,sozialraumorientierte“ Hilfeplanverfahren nach § 36 (2) KJHG
- 9.8 Die Bildung der Sozialräume im Landkreis Aurich
- 9.9 Die indikatorengestützte Personalbemessung
- 9.9.1 Die Auswahl „,personalbeeinflussender\" Kennzahlen
- 9.9.2 Die Datenerhebung
- 9.9.3 Das Berechnungsverfahren
- 9.9.4 Zwischenfazit
- 9.10 Von der Sozialraumorientierung zum Sozialraumbudget
- 9.10.1 Die geplanten Rahmenbedingungen
- 9.10.2 Das voraussichtliche Verfahren der Budgetgestaltung
- 9.10.3 Grundsatzüberlegungen geeigneter Kontroll-, Einfluss- und Anreizsysteme
- 9.10.4 Zwischenfazit
- 9.11 Vom Sozialraumbudget zum Sozialraumteam - die Organisationsstruktur einer sozialräumlichen und budgetierten Kooperationsarbeit
- 9.11.1 Die Planungs- und Steuerungsgruppe
- 9.11.2 Die Stabstellen,,Qualitätsentwicklung“ und „, Internes Controlling/ Budgetverwaltung“
- 9.11.3 Die Sozialraumteams
- 9.11.4 Die Sozialraumkonferenzen
- 9.11.5 Zwischenfazit
- 9.12 Die Qualitätsentwicklung und -sicherung
- 10. Einschätzung des sozialraumorientierten „Modernisierungsweges\" im Landkreis Aurich
- 10.1 Die Methodik der Sozialraumbildung
- 10.2 Das Verhältnis zu den politischen Gremien
- 10.3 Die sozialraumorientierte Arbeits- und Organisationsstruktur
- 10.4 Die vergangene, gegenwärtige und zukünftige Kooperation mit den freien Trägern
- 10.5 Die interne und externe Kooperations- und Netzwerkarbeit
- 10.6 Die,,Entzerrung“ der Verantwortungssphären
- 10.7 Die Bedeutung und Wirkung der Personalentwicklung
- 10.8 Der landkreisspezifische Führungsstil
- 10.9 Die Grundsatzüberlegungen des budgetierten Sozialraumkonzeptes
- 10.10 Die Potentiale des indikatorengestützten Personalbemessungssystems
- 10.11 Die Orientierung am „Celler-Modell“
- 10.12 Die Funktionalität der externen Prozessbegleitung durch die Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/ Wilhelmshaven
- 11. Perspektivische Empfehlungen für eine erfolgsversprechende Umsetzung der Sozialraumorientierung im Landkreis Aurich
- 11.1 Mittels prozessbegleitender Fachcontrollingverfahren die (potentiellen) Zielgruppen erreichen
- 11.2 Einen kommunalpolitischen „Rückhalt“ und „Willen“ erzeugen
- 11.3 Das Beharrungsvermögen überwinden, um eine Sozialraumpräsens des Sozialen Dienstes zu garantieren
- 11.4 Die zukünftige „Kooperationsarbeit“ mittels konkreter Ziele besiegeln und die gemeinschaftlichen Qualitätsstandards multifunktional nutzen
- 11.5 Weitreichende Kooperationsbereitschaften herstellen
- 11.6 Innerbetrieblich klare Verantwortungsstrukturen schaffen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit analysiert den Weg des Landkreises Aurich hin zur Sozialraumorientierung im Rahmen eines Organisations- und Personalentwicklungsprozesses. Die Arbeit untersucht die Hintergründe des Reformbedarfs in der Kinder- und Jugendhilfe, die theoretischen und konzeptionellen Wurzeln der Sozialraumorientierung und die praktischen Realisierungen sozialraumorientierter Projekte.
- Die Bedeutung von Reformbedarf in der Kinder- und Jugendhilfe
- Die theoretischen und konzeptionellen Grundlagen der Sozialraumorientierung
- Die praktische Umsetzung von Sozialraumorientierung in verschiedenen Regionen
- Der Organisationsprozess und die Personalentwicklung im Landkreis Aurich
- Perspektivische Empfehlungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Sozialraumorientierung
Zusammenfassung der Kapitel
Die ersten Kapitel dieser Arbeit befassen sich mit den Herausforderungen in der Kinder- und Jugendhilfe, die zu einem Reformbedarf führen. Es werden die „leeren Kassen“, das steigende Fallaufkommen und die „versäulte“ Jugendhilfestruktur analysiert. Anschließend werden die theoretischen und konzeptionellen Wurzeln der Sozialraumorientierung erörtert, wobei die Gemeinwesenarbeit, die lebensweltorientierte Jugendhilfe und die Dienstleistungsorientierung als wichtige Ansätze betrachtet werden.
Weitere Kapitel befassen sich mit den methodischen Grundsätzen der Sozialraumorientierung, den Tätigkeitssegmenten der sozialraumorientierten Arbeit und den strukturellen und fachlichen Voraussetzungen für die Implementierung sozialraumorientierter Konzepte. Darüber hinaus wird das Konzept des Sozialraumbudgets vorgestellt und die praktischen Realisierungen sozialraumorientierter Projekte in verschiedenen Regionen Deutschlands untersucht.
Die Arbeit betrachtet dann die Ausgangslage und Vorgeschichte der Kinder- und Jugendhilfe im Landkreis Aurich. Es folgt eine Darstellung des Organisations- und Personalentwicklungsprozesses im Landkreis Aurich, der die Einführung der Sozialraumorientierung zum Ziel hat.
Schlüsselwörter
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem Thema Sozialraumorientierung im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe. Die Arbeit fokussiert auf die Reformbedürfnisse in der Jugendhilfe, die theoretischen Grundlagen der Sozialraumorientierung, die praktische Umsetzung von Sozialraumkonzepten sowie die Organisation und Personalentwicklung in einem spezifischen Landkreis. Wichtige Begriffe sind: Sozialraumorientierung, Jugendhilfe, Reformbedarf, Gemeinwesenarbeit, lebensweltorientierte Jugendhilfe, Dienstleistungsorientierung, Sozialraumbudget, Fallmanagement, Kooperation, Vernetzung, Personalentwicklung.
- Arbeit zitieren
- Dip. Sozial-Betriebswirtin Nataly Barkmann (Autor:in), 2006, Der Landkreis Aurich auf dem Weg zur Sozialraumorientierung im Rahmen eines Organisations- und Personalentwicklungsprozesses, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/62976