Kostenrechnerische Überlegungen im Rahmen des internen Rechnungswesen sind für auf Wirtschaftlichkeit bedachte Unternehmungen von großer Bedeutung. Dabei tritt die strategische Orientierung und die Dynamisierung der Kostenrechnung immer mehr in den Vordergrund.
Infolge der wirtschaftlichen Veränderungen der zurückliegenden Jahre, die sich vor allem in der Verschärfung und der Internationalisierung des Wettbewerbs zeigen, gewinnen neben der Preis- und Konditionenpolitik Wettbewerbsfaktoren wie Qualitätspolitik, logistisch perfekte Lösungen sowie Innovationsstrategien von Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Dieser Fortschritt führt zu einem enormen Anstieg der Vorleistungskosten v.a. im Bereich von Forschung und Entwicklung sowie der Nachleistungskosten, was die strategische Unternehmensführung im Rahmen einer periodengerechten Erfolgsermittlung zunehmend erschwert. Die Bedeutung einer Verrechnung dieser Kosten über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes oder Systems lässt eine Weiterentwicklung der traditionellen und entscheidungsorientierten Kostenrechnungssysteme für notwendig erscheinen. Das Konzept der Lebenszyklusrechnung (Life Cycle Costing) versucht, hierauf Antworten zugeben. Da dieses Konzept eine Betrachtung über die Produktions- und Vermarktungsphase hinaus ermöglicht, darf es nicht als Ersatz, sondern lediglich als Ergänzung der Kosten- und Leistungsrechnung verstanden werden.
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Bedeutung und die Einsatzfelder des Life Cycle Costings. Nach einer einführenden Definition und Entwicklung dieses Konzeptes erfolgt die Herstellung von Zusammenhängen zur Kosten- und Leistungsrechnung. Anschließend wird die Methodik und Vorgehensweise des Life Cycle Costing am Beispiel des Produktlebenszyklus verdeutlicht und in Beziehung zum Target Costing gesetzt. Die Einsatzfelder werden anhand der Modelle des Produkt-, Kunden-, Markt- und Lieferantenlebenszyklus beschrieben. Eine abschließende Würdigung und ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen soll die Arbeit schließlich abrunden.
INHALTSVERZEICHNIS
1.Einführung und Zielsetzung
2.Bedeutung des Life Cycle Costings
2.1 Begriffsabgrenzung
2.2 Entwicklungslinien der Lebenszyklusrechnung
2.3 Ziele der Lebenszyklusrechnung
2.4 Auswirkungen auf die Kostenrechnung und damit verbundene Möglichkeiten
3.Methodik und Vorgehensweise der Lebenszyklusrechnung
3.1 Grundstruktur und Besonderheiten der Lebenszyklusrechnung
3.2 Beziehungszusammenhang zwischen Life Cycle Costing und Target Costing
4.Einsatzfelder der Lebenszyklusrechnung
4.1 Produktlebenszyklusmodell
4.2 Kundenlebenszyklusmodell
4.3 Marktlebenszyklusmodell
4.4 Lieferantenlebenszyklusmodell
5.Fazit
ANHANG
LITERATURVERZEICHNIS
1. Einführung und Zielsetzung
Kostenrechnerische Überlegungen im Rahmen des internen Rechnungswesen sind für auf Wirtschaftlichkeit bedachte Unternehmungen von großer Bedeutung. Dabei tritt die strategische Orientierung und die Dynamisierung der Kostenrechnung immer mehr in den Vordergrund.
Infolge der wirtschaftlichen Veränderungen der zurückliegenden Jahre, die sich vor allem in der Verschärfung und der Internationalisierung des Wettbewerbs zeigen, gewinnen neben der Preis- und Konditionenpolitik Wettbewerbsfaktoren wie Qualitätspolitik, logistisch perfekte Lösungen sowie Innovationsstrategien von Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Dieser Fortschritt führt zu einem enormen Anstieg der Vorleistungskosten v.a. im Bereich von Forschung und Entwicklung sowie der Nachleistungskosten, was die strategische Unternehmensführung im Rahmen einer periodengerechten Erfolgsermittlung zunehmend erschwert.[1] Die Bedeutung einer Verrechnung dieser Kosten über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes oder Systems lässt eine Weiterentwicklung der traditionellen und entscheidungsorientierten Kostenrechnungssysteme für notwendig erscheinen. Das Konzept der Lebenszyklusrechnung (Life Cycle Costing) versucht, hierauf Antworten zugeben. Da dieses Konzept eine Betrachtung über die Produktions- und Vermarktungsphase hinaus ermöglicht, darf es nicht als Ersatz, sondern lediglich als Ergänzung der Kosten- und Leistungsrechnung verstanden werden.[2]
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Bedeutung und die Einsatzfelder des Life Cycle Costings. Nach einer einführenden Definition und Entwicklung dieses Konzeptes erfolgt die Herstellung von Zusammenhängen zur Kosten- und Leistungsrechnung. Anschließend wird die Methodik und Vorgehensweise des Life Cycle Costing am Beispiel des Produktlebenszyklus verdeutlicht und in Beziehung zum Target Costing gesetzt. Die Einsatzfelder werden anhand der Modelle des Produkt-, Kunden-, Markt- und Lieferantenlebenszyklus beschrieben. Eine abschließende Würdigung und ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen soll die Arbeit schließlich abrunden.
2. Bedeutung des Life Cycle Costings
Durch den enormen Anstieg von Vor- und Nachleistungskosten gewinnt die periodenübergreifende Betrachtung eines Systems über den gesamten Lebenszyklus hinweg zunehmend an Bedeutung.
2.1 Begriffsabgrenzung
Die Lebenszyklusrechnung (Life Cycle Costing) stellt ein solches Instrument zur mehrperiodischen Planung, Steuerung und Kontrolle der totalen Kosten eines Kostenträgers über den gesamten Lebenszyklus dar.[3] Im Mittelpunkt stehen dabei die totalen Kosten des betrachteten Systems, auch Life Cycle Costs genannt, die alle Kosten von der Entwicklung bis zur Entsorgung eines Systems beinhalten.[4] Die Verwendung des Begriffs „Kosten“ ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht jedoch nicht ganz zutreffend. Vielmehr sollte aufgrund der periodenübergreifenden Betrachtung von Ein- und Auszahlungen die Rede sein, die im Rahmen dieses Konzepts optimiert werden sollen.[5] Neben dem klassischen Produktbezug kann dieses Modell auch auf Projektvorhaben, Kooperationen mit Kunden und Lieferanten sowie auf die Erschließung und Entwicklung neuer Märkte angewendet werden.[6]
Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt, dass sich die Kundenansprüche, für die nicht mehr nur günstige Preise und Konditionen das ausschlaggebende Kriterium sind, gewandelt haben. Seitens der Kunden werden zunehmend eine hohe Qualitätssicherheit der Produkte sowie eine verbindliche Einhaltung von Lieferversprechen hinsichtlich Termin und Menge verlangt. Logistisch perfekte Lösungen sind hierbei von grundlegender Bedeutung. Die beobachtbare Verkürzung von Lebenszyklen stellt außerdem eine große Herausforderung an die Innovationskraft und –geschwindigkeit eines Unternehmens dar.[7] Die Folge sind steigende Vorlaufkosten durch erhöhte Ausgaben für Forschung, Entwicklung und Konstruktion sowie für die Fertigungsvorbereitung. Auf der anderen Seite müssen Anlagen, Werkzeuge und sonstige Gegenstände, die nach der Nutzung keine Verwendung mehr finden umgerüstet oder entsorgt werden. Oft sind dabei strenge Umweltvorschriften zu beachten. All dies führt zu stark angestiegenen Nachleistungskosten.[8]
Diese zunehmende Diskrepanz zwischen der Festlegung und der Entstehung von Produkt- bzw. Projektkosten aufgrund neuer Entwicklungs- und Produktionstechnologien macht wiederum eine möglichst frühzeitige Prognose der Kosten über den gesamten Lebenszyklus notwendig. Die Abschätzung von Entwicklungen für Geschäftsbereiche über einen längeren Zeitraum führt zu einer Dynamisierung der Kostenrechnung, so dass nicht mehr der Periodenerfolg, sondern das Erfolgspotential als relevante Zielgröße im Vordergrund steht. Diese aperiodische und eher längerfristige Ausrichtung der Kosten-, Erlös- und Ergebniskonzeption soll die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität bereits im Vorstadium der Entwicklung analysieren und zu Verbesserungen verhelfen.[9]
Dem Lebenszyklus liegt dabei ein bestimmtes objektspezifisches Phasenschema zugrunde, das diesen Ablauf wiederspiegelt. Grundsätzlich lässt sich der Produktlebenszyklus, der im weiteren Verlauf der Arbeit beispielhaft für die übrigen Zyklen steht, in eine Entstehungs-, Markt- und Nachsorgephase unterscheiden (vgl. dazu Abbildung 1[10] ). In der Entstehungsphase, die technologische und betriebliche Vorlaufkosten verursacht, beschäftigt sich die Unternehmung vor allem mit Umfeldanalysen, Ideensuche sowie Forschung und Entwicklung. Dabei können auch Vorlauferlöse in Form von Fördermitteln oder Subventionen entstehen.[11] Die Vermarktungsphase ist durch die Markteinführung, -durchdringung, -sättigung und –degeneration eines Produktes gekennzeichnet. Laufende Produktions- und Vertriebskosten stehen hierbei Erlösen aus Produktverkäufen gegenüber. Neben den Folgekosten, die durch eventuelle Wartung, Reparatur, Gewährleistung oder auch Entsorgung entstehen, treten in der Nachsorgephase die Folgeerlösen auf.[12]
Durch diese ganzheitliche Sichtweise wird schließlich die Effektivität und der Informationsaustausch zwischen verschiedenen Unternehmensbereichen sichergestellt. Somit stellt die Lebenszyklusrechnung auch die logische Konsequenz einer strategisch orientierten Kostenrechnung dar, da auf ihr die Planung, Steuerung und Kontrolle der Nutzenpotentiale einer Unternehmung aufbauen.[13]
2.2 Entwicklungslinien der Lebenszyklusrechnung
Ursprünglich wurde das Grundkonzept der Lebenszyklusrechnung für Großprojekte der auftragsorientierten Produktion entwickelt, um dem Nutzer neben den Anschaffungskosten auch den hohen Anteil möglicher Folgekosten aufzuzeigen. Entwicklungsgeschichtlich handelte es sich dabei zunächst um militärische Anlagen sowie öffentliche und private Bauten. Diesen Bereichen mit erfahrungsgemäß längerfristigen Lebenszyklen liegen über die Gesamtlebensdauer betrachtet ein summierter größerer Betrag an Betriebs- und Unterstützungskosten sowie Kostensubstitutionsbeziehungen zwischen den Kategorien der Lebenszykluskosten zugrunde.[14]
Später wurde der Anwendungsbereich jedoch allgemeingültiger mit größerem Schwerpunkt auf dem erwerbswirtschaftlichen Bereich mit dem hauptsächlichen Ziel, Ressourcenverschwendung zu vermeiden.[15] Daraus entwickelte sich schließlich ein allgemeingültiges Grundmodell der Lebenszyklusrechnung, das mit einem Phasenschema als Grundlage auf jegliche Art von Systemen anwendbar ist. Auch dieses Modell wurde im Hinblick auf komplexe und hochwertige Systeme sowie auf die Anlagenkostenrechnung und die Kostenrechnung für nicht technische Potentiale weiter modifiziert.[16]
Neuere Entwicklungsschwerpunkte beruhen auf immer kürzer werdenden Marktzyklen bei Verlängerung der Entstehungszyklen und damit einhergehenden steigenden Vorleistungskosten. Zudem gewinnt die Vermeidung von Nachleistungskosten und ihre Substitution durch Vorleistungskosten infolge von umweltpolitischen Maßnahmen sowie Sanktionierung von Nicht-Qualität immer mehr an Bedeutung. Bislang erfolgt jedoch nur eine ansatzweise Übertragung und Anpassung an die Erfordernis erwerbswirtschaftlicher Unternehmen, die Produkte in Massen- und Serienfertigung herstellen und in der primär die Perspektive des Produktherstellers eingenommen wird.[17] Ein Weiterentwicklungsbedarf des Life Cycle Costings steht außer Frage.
2.3 Ziele der Lebenszyklusrechnung
Grundsätzlich soll die Lebenszyklusrechnung durch eine effektive Planung, Steuerung und Kontrolle der Lebenszykluskosten eines bestimmten Kostenträgers dazu beitragen, das Erfolgspotential einer Unternehmung zu optimieren.[18]
Diese Unterstützung der strategischen Unternehmensführung kann einerseits durch eine Minimierung der Anfangs- und Folgekosten bei vorgegebener Leistungsqualität des betrachteten Kostenträgers geschehen. Die Qualität der Leistung kann hierbei durch das Unternehmen selbst oder den Nachfrager bestimmt werden. Andererseits besteht auch die Möglichkeit bei einem relativ variablen Leistungsprofil die Kosten zu optimieren. Besonders zu betonen ist hierbei die Kostensteuerung. Die Unternehmung steht diesbezüglich vor der Entscheidung, in welchem Umfang sie jeweils in die Entstehungs-, Vermarktungs- und Nachsorgephase investiert, um eine möglichst optimale Lösung zu erreichen.[19] In diesem Zusammenhang wurde empirisch nachgewiesen, dass niedrigere Folgekosten und somit geringere Gesamtkosten meist das Ergebnis höherer Anfangsaufwendungen sind.[20] Ein Ziel der Lebenszyklusrechnung ist somit, dem Management Kosteninformationen zur Verfügung zu stellen, um dadurch zur Unterstützung des gesamten Managementprozesses beizutragen.
Weiterhin soll die Lebenszyklusrechnung Ergebnisverfälschungen infolge des Ausweises falscher Periodenergebnisse vermeiden. Im Gegensatz zur klassischen Kosten- und Leistungsrechnung, die Vor- und Nachleistungskosten jeweils zu Lasten der einzelnen Perioden verrechnet und somit die Produkte als Gemeinkostenbestandteile belastet werden, wird hier eine periodenübergreifende Sichtweise des Lebenszyklus vollzogen. Diese Dynamisierung der Kostenrechnung hat zur Folge, dass diese für den gesamten Lebenszyklus einmalig anfallenden Kosten zwei eigenständige Kostenkategorien darstellen und somit ein wirklichkeitsgerechtes Abbilden des Kostenverhaltens sicherstellt.[21]
[...]
[1] Vgl. MÄNNEL, Wolfgang: Entwicklungsperspektiven der Kostenrechnung, 5. Auflage, Lauf an der Pegnitz 1999, S. 110.
[2] Vgl. ZEHBOLD, Cornelia: Lebenszykluskostenrechnung, Wiesbaden 1996, S. 5-13.
[3] Vgl. FRÖHLING, Oliver: Lebenszykluskostenrechnung, in: Vahlens großes Controlling-Lexikon, hrsg. von Horváth, Péter – Reichmann, Thomas, München 1993, S. 399-400, hier S. 399.
[4] Vgl. FRANZ, Klaus-Peter – KAJÜTER, Peter: Kostenmanagement Wettbewerbsvorteile durch systematische Kostensteuerung, Band 33, Stuttgart 1997, S. 76.
[5] Vgl. COENENBERG, Adolf G.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 5. Auflage, Stuttgart 2003, S.473.
[6] Vgl. ZEHBOLD, C.: Lebenszykluskostenrechnung, 1996, S. 16-17.
[7] Vgl. MÄNNEL, W.: Entwicklungsperspektiven der Kostenrechnung, 1999, S. 110.
[8] Vgl. MÄNNEL Wolfgang: Frühzeitige Kostenkalkulation und lebenszyklusbezogene Ergebnisrechnung, Lauf an der Pegnitz 1994, S. 109.
[9] Vgl. FRANZ, K. P. – KAJÜTER, P.: Kostenmanagement1997, S. 75-77.
[10] Vgl. COENENBERG, A. G.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 2003, S.475.
[11] Vgl. FRANZ, K. P. – KAJÜTER, P.: Kostenmanagement, 1997, S. 76.
[12] Vgl. REICHMANN, Thomas: Handbuch Kosten und Erfolgs-Controlling, München 1995, S. 16-17.
[13] Vgl. ZEHBOLD, C.: Lebenszykluskostenrechnung, 1996, S. 1-14.
[14] Vgl. COENENBERG, A. G.: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 2003, S.473.
[15] Vgl. PFEIFFER, Werner – WIESS, Enno – STRUBL, Christoph: Systemwirtschaftlichkeit. Konzeption und Methodik zur betriebswirtschaftlichen Fundierung innovationsorientierter Entscheidungen, Göttingen 1994, S. 40.
[16] Vgl. ZEHBOLD, C.: Lebenszykluskostenrechnung, 1996, S. 105-117.
[17] Vgl. ZEHBOLD, C.: Lebenszykluskostenrechnung, 1996, S. 118-129.
[18] Vgl. BROKEMPER, Andreas: Strategieorientiertes Kostenmanagement, München 1998, S.44.
[19] Vgl. FRANZ, K. P. – KAJÜTER, P.: Kostenmanagement, 1997, S. 75-77.
[20] Vgl. FRÖHLING, O.: Lebenszykluskostenrechnung, 1993, S. 399.
[21] Vgl. MÄNNEL, W.: Entwicklungsperspektiven der Kostenrechnung, 1999, S. 110-111.