Für die meisten Menschen zählt der „erste Eindruck“, den ein anderer beim gegenseitigen Kennenlernen auf sie macht. Doch was ist eigentlich dieser „erste Eindruck“? Zunächst einmal wird er stark von der äußeren Erscheinung des Gegenüber beeinflusst, da diese natürlich viel offensichtlicher hervortritt als Charaktereigenschaften, Vorlieben, Abneigungen oder Einstellungen, die in einem ersten Gespräch nur oberflächlich wahrgenommen werden können. Die Äußerlichkeiten jedoch sind diejenigen, die sofort ins Auge stechen und aufgrund derer ein Mensch als erstes beurteilt wird. Dazu gehören einerseits Mimik und Gestik, andererseits aber Dinge, mit denen jeder seine Erscheinung selbst beeinflussen kann. Neben der Frisur, der Kosmetik oder dem Schmuck zählt dazu vor allem die Kleidung. Mit Hilfe dieser, kann nämlich nicht nur der persönliche Geschmack gezeigt, sondern auch der eigene soziale Status betont werden. Teilweise geschieht dies unbewusst, doch in dem Moment, wo Kleidung speziell dazu dient intellektuelle, kulturelle oder soziale Überlegenheit sowie ökonomischen Wohlstand zu demonstrieren, wird sie ostentativ konsumiert. Auf den folgenden Seiten werde ich unter anderem versuchen zu erklären, wo die Ursachen für ein solches Verhalten liegen, was für eine Wirkung es hat und wieso diese zu Stande kommt. Dabei werde ich mich vornehmlich auf die arabische Welt konzentrieren, da dieses Phänomen dort zwar nicht neu ist, jedoch bei einigen Beispielen, wie dem der Elitehochzeit, sehr gut deutlich wird. Während ich an dem vorliegenden Thema arbeitete, vielen mir immer neue Dinge ein, die gut dazu passen würden und welche ich somit unbedingt einarbeiten wollte. Da dies aber den Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätte und um nicht allzu sehr vom Hauptthema abzuweichen, musste ich einige Ideen außen vor lassen.[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsklärung
3. Ursachen und Zweck ostentativen Konsums – Der Kapitalbegriff nach Pierre Bourdieu
3.1 Der Kapitalbegriff
3.2 Kulturelles Kapital
3.3 Soziales Kapital
3.4 Die Umwandlung der Kapitalarten
3.5 Abgrenzung durch „Geschmack“
4. Ostentativer Konsum von Kleidung am Beispiel der Hejazi
4.1 Die Hejazi vor
4.2 Veränderungen der Kleidung nach der Einigung
5. Die arabische Elitehochzeit
6. Die Hochzeit als Wettbewerb der Familien
7. Die Notwendigkeit der Abgrenzung – Die Zivilisationstheorie von Norbert Elias
8. Zusammenfassung
9. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Für die meisten Menschen zählt der „erste Eindruck“, den ein anderer beim gegenseitigen Kennenlernen auf sie macht. Doch was ist eigentlich dieser „erste Eindruck“? Zunächst einmal wird er stark von der äußeren Erscheinung des Gegenüber beeinflusst, da diese natürlich viel offensichtlicher hervortritt als Charaktereigenschaften, Vorlieben, Abneigungen oder Einstellungen, die in einem ersten Gespräch nur oberflächlich wahrgenommen werden können. Die Äußerlichkeiten jedoch sind diejenigen, die sofort ins Auge stechen und aufgrund derer ein Mensch als erstes beurteilt wird. Dazu gehören einerseits Mimik und Gestik, andererseits aber Dinge, mit denen jeder seine Erscheinung selbst beeinflussen kann. Neben der Frisur, der Kosmetik oder dem Schmuck zählt dazu vor allem die Kleidung. Mit Hilfe dieser, kann nämlich nicht nur der persönliche Geschmack gezeigt, sondern auch der eigene soziale Status betont werden. Teilweise geschieht dies unbewusst, doch in dem Moment, wo Kleidung speziell dazu dient intellektuelle, kulturelle oder soziale Überlegenheit sowie ökonomischen Wohlstand zu demonstrieren, wird sie ostentativ konsumiert.
Auf den folgenden Seiten werde ich unter anderem versuchen zu erklären, wo die Ursachen für ein solches Verhalten liegen, was für eine Wirkung es hat und wieso diese zu Stande kommt. Dabei werde ich mich vornehmlich auf die arabische Welt konzentrieren, da dieses Phänomen dort zwar nicht neu ist, jedoch bei einigen Beispielen, wie dem der Elitehochzeit, sehr gut deutlich wird.
Während ich an dem vorliegenden Thema arbeitete, vielen mir immer neue Dinge ein, die gut dazu passen würden und welche ich somit unbedingt einarbeiten wollte. Da dies aber den Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätte und um nicht allzu sehr vom Hauptthema abzuweichen, musste ich einige Ideen außen vor lassen.
2. Begriffsklärung
Der Begriff Prestige bedeutet soviel wie Ansehen oder Geltung bei anderen Personen (Wahrig – Burfeind 1991: 607). Für „ostentativ“ kann man auch die Worte offensichtlich, augenscheinlich bzw. prahlerisch oder betont verwenden (Wahrig – Burfeind 1991: 537). Konsum ist der Verbrauch sowohl von täglichen Bedarfsmitteln als auch von anderen Gütern (Wahrig – Burfeind 1991: 397).
Als ostentativen Konsum kann also der offensichtliche Verbrauch von täglichen Bedarfsartikeln wie Lebensmitteln, Kleidung usw. bezeichnet werden mit dem Ziel Wohlstand oder Macht zu demonstrieren und Ansehen in der Gesellschaft zu erlangen oder dieses zu bestätigen bzw. zu legitimieren.
3. Ursachen und Zweck ostentativen Konsums – Der Kapitalbegriff nach Pierre Bourdieu
3.1 Der Kapitalbegriff
Nach dem französischen Soziologen Pierre Bourdieu darf die gesellschaftliche Welt nicht aufgrund von kurzzeitigen aktuellen Zuständen beurteilt, sondern muss im geschichtlichen Zusammenhang gesehen werden. Somit hält er die Einführung des Kapitalbegriffs mit dem „Konzept der Kapitalakkumulation“ für notwendig. Nach seiner Definition ist „Kapital [...] akkumulierte Arbeit, entweder in Form von Materie oder in verinnerlichter ‚inkorporierter’ Form“ ( Kreckel 1983: 183). Hiernach bedeutet die Anhäufung von Kapital die Aneignung sozialer Energie, nämlich als verdinglichte bzw. lebendige Arbeit. Diese Akkumulation ist ein langwieriger Prozess und sorgt somit dafür, dass das gesellschaftliche Leben nicht wie ein „Glücksspiel“ verläuft, bei dem ein Tellerwäscher von einem Augenblick zum nächsten zum Millionär werden kann, sondern wandelt sich nur langsam. (Kreckel 1989: 183)
Das Kapital selbst initiiert Wachstumsprozesse indem es „Profite produzieren wie sich selbst reduzieren oder auch wachsen“ (Kreckel 1983: 183) kann. Dadurch, dass es die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft bestimmt und über die Möglichkeiten der einzelnen Individuen entscheidet, spiegelt die Verteilungsstruktur der Kapitalarten auch die Gesellschaftsstruktur wider. (Kreckel 1989: 183)
Bourdieu hält den Kapitalbegriff der Wirtschaftstheorie für zu eng gefasst. Diese betrachte nämlich nur das ökonomische Kapital und reduziere alle Austauschverhältnisse auf den Warentausch, der als Ziel die Profitmaximierung und den ökonomischen Eigennutz als Motiv hat. Er sieht jedoch diesen Warentausch nur als spezielle Form von sozialem Austausch. Wenn aber das Kapital nur ökonomischer Art wäre, müssten somit alle anderen Austauscharten uneigennützig sein und dürften keinen Profit einbringen. (Kreckel 1989: 184)
Es muss also verschiedene Sorten von Kapital geben. Hier unterscheidet Bourdieu zwischen dem schon genannten ökonomischen Kapital, welches unmittelbar in Geld umsetzbar ist, und kulturellem sowie sozialem Kapital, die sich nur in bestimmten Fällen in ökonomisches umwandeln lassen. (Kreckel 1989: 185)
3.2 Kulturelles Kapital
Auch das kulturelle Kapital wird nochmals in drei Unterarten geteilt.
Das „inkorporierte“ oder verinnerlichte Kulturkapital ist immer körpergebunden und kann auch als Bildung bezeichnet werden. Um diese zu erlangen muss ein Verinnerlichungsprozess vorausgehen, in den man Zeit investieren muss. Da die Lern- und Unterrichtszeit von jedem selbst bereitgestellt wird, ist die Inkorporation von Bildungskapital nicht durch fremde Personen möglich. Es ist also fester Bestandteil eines Individuums und kann somit auch nicht kurzfristig weitergegeben oder in materielle Güter umgewandelt werden. (Kreckel 1989: 186 - 187)
Die ersten Prozesse der Aneignung kulturellen Kapitals finden immer unbewusst statt und werden von den äußeren Umständen beeinflusst. So ist zum Beispiel die Sprache von der Herkunftsregion oder auch dem sozialen Status der Familie geprägt. Sie wird sozial vererbt. Der Besitz großen kulturellen Kapitals gilt in der Gesellschaft als etwas Besonderes und somit hat derjenige, der über „seltenes Wissen“ verfügt, größere Chancen auf Profitgewinn als andere, die dieses Wissen nicht haben. Dafür muss jedoch eine Bildung erlangt werden, die über das Minimum hinausgeht. Um die nötige Zeit zu finanzieren ist der Besitz ökonomischen Kapitals notwendig. (Kreckel 1989: 187)
Das objektivierte Kulturkapital beinhaltet kulturelle Güter wie Bilder, Bücher, Lexika, Instrument oder Maschinen. Es ist also teilweise materiell übertragbar, jedoch nur im Sinne des juristischen Eigentums. Hierfür ist wiederum ökonomisches Kapital von Nöten. Um diese Güter zu nutzen sind jedoch Fähigkeiten erforderlich, die persönlich erlernt werden müssen; also inkorporiertes Kapital. Ein Buch zu erwerben ist also nur die eine Seite, die andere ist zu verstehen, was in ihm steht, wofür die Fähigkeit des Lesens ebenfalls erworben werden muss. (Kreckel 1989: 188)
Inkorporiertes Kulturkapital, das durch schulische Titel sanktioniert und rechtlich garantiert wird, bezeichnet Bourdieu auch als institutionalisiertes Kapital. Diese Titel gelten unabhängig von Personen und sind Zeugnisse für kulturelle Kompetenz. Damit geben sie eine gewisse Garantie auf ein bestimmtes ökonomisches Kapital, da sie einen mehr oder weniger definierten Wert auf dem Arbeitsmarkt haben. (Kreckel 1989: 190)
3.3 Soziales Kapital
Das soziale Kapital sind Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruhen. Die Beziehungen innerhalb dieser Gruppe bestehen immer auf der Grundlage von materiellen bzw. symbolischen Tauschbeziehungen, denn ein soziales Netzwerk entsteht nie ausschließlich aufgrund geographischer, ökonomischer oder sozialer Nähe. Das Sozialkapital hängt von der Größe dieses Netzwerkes und dem Kapital seiner Mitglieder ab. Es vergrößert das eigentlich verfügbare Kapital des Einzelnen, auch wenn dies meist nicht bewusst angestrebt wird. Beziehungsnetze sind keine natürlichen Gegebenheiten, sondern das „Produkt individueller oder kollektiver Investitionsstrategien, die bewusst oder unbewusst auf der Schaffung und Erhaltung von Sozialbeziehungen gerichtet sind, die früher oder später einen unmittelbaren Nutzen versprechen“ (Kreckel 1983: 192). Um diese Beziehungen aufrecht zu erhalten ist ein ständiger Austausch nötig, bei dem jedoch die gruppenspezifischen Grenzen beachtet werden müssen. Die ausgetauschten Dinge können sowohl materiellen als auch symbolischen Charakter haben und werden als Zeichen der gegenseitigen Anerkennung betrachtet. Für die Erhaltung der sozialen Netzwerke ist also die Investition von Zeit und Geld Voraussetzung. (Kreckel 1989: 190 – 195)
3.4 Die Umwandlung der Kapitalarten
Alle diese Kapitalarten sind voneinander abhängig und lassen sich ineinander umwandeln. Grundsätzlich kann jede andere durch ökonomisches Kapital gewonnen werden, wozu aber eine Transformationsarbeit zu leisten ist. Bei dem Erwerb von Gütern oder Dienstleistungen fallen keine zusätzlichen „Kosten“ an, wogegen andere nur mit Hilfe eines bestimmten Sozialkapitals erlangt werden können. Dies funktioniert kurzfristig nur, wenn die dadurch beanspruchten Beziehungen schon lange Zeit existieren und der Austausch als selbstverständlich wahrgenommen wird. (Kreckel 1989: 195)
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